Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ein Zauberwort bringt selbst griesgrämige Gesichter zum Leuchten: Ferien! Nun ist es soweit, und ab geht's in die Berge, an die See oder in ferne Länder. Ganz oben im Gepäck: die Sehnsucht nach Ruhe und Erholung bei denen, die vor Erschöpfung nach Luft schnappen. Denn bei vielen Menschen ist jene empfindliche Waage, die Arbeit und Ruhe ausbalanciert, aus dem Gleichgewicht geraten. Andere aber, die ihr Leben als öde und langweilig erfahren, erhoffen sich im Urlaub  Abwechslung und den ultimativen Kick. Die Frage ist nur: Bringt denn der Urlaub den Menschen, was sie ersehnen? Viele finden auch in diesen Wochen nicht zur Ruhe. Sie wechseln zwar die Bühne, aber nicht  das Stück. „Action" steht auch im Urlaub auf dem Programm. Auch da muss man sich beweisen, dass man etwas leistet und sich daher etwas leisten kann. So kehren nicht wenige mit derselben inneren Leere, derselben Reizbarkeit, Nervosität und Niedergeschlagenheit zurück. Nur dass die sich hinter braun gebrannten Gesichtern verbergen. Die Erholung hat die tieferen Schichten des Seele nicht erreicht, dort, wo Angst und Trauer, aber auch Freude und Hoffnung ihren Ursprung haben. Was tun, damit der Urlaub nicht verkracht? Im Markus-Evangelium fordert Jesus seine gestresste Jüngerschaft einmal auf: „Kommt mit mir an einen einsamen Ort...." (Markus 6,31). Und sie fahren auf die andere Seite des Sees. Gemeint ist die „andere Seite" unseres Lebens, die immer und überall zu kurz kommt: Stille, Begegnung mit der Natur und ihren Elementen Wind, Sonne und Wasser. Die Schönheit der Schöpfung wird man kaum erfahren an irgendeinem Teutonengrill, in lauten Bars und lärmenden Discos, bei Ballermann und Sangria. Die „andere Seite" - das bedeutet auch, Menschen meines Vertrauens, Partnerinnen und Partnern, Kindern und Freunden neu und tiefer zu begegnen. Da kann es schon  passieren, dass An- und Aufgestautes sich plötzlich Bahn bricht, aber danach versteht man sich besser. Urlaub ist Zwischenstation für Rückblick und Ausblick. Die „andere Seite" meint durchaus auch die Begegnung mit Gott: Ein gestammeltes Gebet am Morgen und am Abend. Ein bewusst eingebauter Gottesdienstbesuch. Ein Gespräch darüber, was die Welt zusammenhält. Das mobilisiert Kräfte, die aus der Tiefe kommen. Abwehrkräfte für den ständigen Abwehrkampf unseres Lebens, Antriebskräfte gegen die bleierne und lähmende Müdigkeit. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11137
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