Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wer Kinder hat, hat ein Problem." Ich war eingeladen zu einer Diskussionsveranstaltung. Um Familienleben in unserer Zeit ging es. Und am Ende kam heraus: wer Kinder hat, hat ein Problem. Man findet keine Kinderbetreuung, es gibt zu wenig Kindergartenplätze und Ganztagsschulen. Und außerdem sind Kinder ein Armutsrisiko für ihre Eltern. Ist ja auch alles richtig, manches weiß ich aus eigener Erfahrung. Da muss die Politik noch viel tun, damit neue Familienmodelle gelebt werden können.
Hinterher war ich trotzdem erschrocken. Auf einmal habe ich gedacht: Wenn das die Kinder hören könnten, dass sie ein Problem sind oder - was ja auch stimmt - ein Armutsrisiko für ihre Eltern. Gott sei Dank waren keine Kinder bei der Diskussion dabei. Aber auf einmal wurde mir klar: Sie hören das, die Kinder. Sie hören es, wenn Sie fernsehen oder Radio hören. Und wahrscheinlich hören sie es auch, wenn zu Hause die Eltern schimpfen, weil die Kita mal wieder nicht geöffnet hat oder weil sie nicht wissen, wer das kranke Kind betreuen soll. Sie kriegen es mit, wenn ihre Eltern streiten, wer sich denn nun um die Kinder kümmern soll.
Wie das wohl für die Kinder ist? Wahrscheinlich werden sie irgendwann begreifen: ich bin ein Problem. Und wahrscheinlich werden sie sich denken. Na, ich kriege so ein Problem später mal nicht.
Dabei sind Kinder doch eigentlich ein Glück! Ein großes Glück. Mit jedem Kind fängt die Welt neu an, sagt man. Bei den Kindern und mit den Kindern findet man die Welt, wie Gott sie haben will, hat Jesus gesagt. „Ihnen gehört das Reich Gottes" (Mk 10,14) heißt das in der Bibel. Man kann sicher vieles aufzählen, was an den Kindern so neu, so unverbraucht ist, dass man sich vorstellen kann, dass sie Gott noch ganz nah sind. Wenn Sie schon mal einen Säugling auf dem Arm gehabt haben, wissen Sie das: Da geht einem das Herz auf und ganz viel Fürsorge und Wärme breitet sich aus. Das Herz wird einem ganz weit davon. Oder wenn sie einmal am Rand des Fußballplatzes gestanden haben, wo ihr Sohn oder ihre Enkelin in der D-Jugend kickt. Wenn man ihre Freude sieht und ihre Enttäuschung, wenn man mit ihnen fiebert, sich mit ihnen freut oder versucht, sie zu trösten: Da spürt man das Leben ganz unverbraucht und direkt.
Kinder machen das Leben neu, auch und erst recht für ihre Eltern. Mit ihnen kann man erleben, wie wunderbar Gott seine Welt gemacht hat. Deshalb ist es schön, mit Kindern zu leben. Über die praktischen Fragen muss man reden und Lösungen dafür finden. Da hat die Politik noch viel zu tun, um unser Land familienfreundlich zu machen. Da gibt es Probleme. Aber die Kinder sind es bestimmt nicht. Kinder sind ein Glück.

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