Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wie ist das eigentlich mit der Seele? Haben wir eine, Sie und ich? Haben wir eine Seele? Haben wir eine Seele, mit der wir empfinden können und fühlen, die macht, dass wir uns freuen oder wütend mit der Faust auf den Tisch hauen? Oder haben wir bloß neuronale Verschaltungen und Synapsen im Gehirn, mit chemischen Reaktionen und elektrischen Strömen, die in uns Freude erzeugen, Stress und Angst und Wut? Es gibt Wissenschaftler, die sehen das so: das Gehirn macht die Seele, sagen sie. Unser ganzes Verhalten ist physikalisch erklärbar und im Gehirn festgelegt.
Kann man also gar nicht selber entscheiden? Bin ich meinem Gehirn ausgeliefert und den elektrischen Strömen, die da hin und her gehen? Kann ich womöglich gar nichts dafür, wie ich mich verhalte, ob ich freundlich bin, ängstlich oder wütend?
Ich kann das nicht glauben. Meine Erfahrung sagt etwas anderes und meine Glaube auch. Ob ich jemanden liebe, das ist nicht bloß eine Sache der Hormone, je älter ich werde, desto deutlicher spüre ich das. Und wenn ich Angst habe und unruhig bin, dann kann ich zwar Beruhigungspillen einnehmen, die machen mich ruhig. Aber sie verändern mich auch sonst und dämpfen mein ganzes Wesen. Viel wohltuender ist es, wenn einer mit mir redet, mich in den Arm nimmt, mir sagt: Hab keine Angst. Ich bin bei dir. Zusammen schaffen wir das. Es nimmt mich einer in den Arm und die Verschaltungen in meinem Gehirn kommen wieder zur Ruhe. Das ist meine Seele, glaube ich, die mein Gehirn bewegt oder beruhigt, je nachdem. Mein Inneres, das Erfahrungen macht und auf Erfahrungen reagiert und aus Erfahrungen lebt.
Dass wir eine Seele haben, die uns öffnet für die Welt, für die anderen Menschen für Gott - das macht uns erst wirklich zu Menschen, glaube ich deshalb. Die Bibel erzählt das in der Schöpfungsgeschichte in einem Bild: Gott, heißt es da, haucht dem Menschen Lebensatem ein, da wird er zu einer lebendigen Seele (1. Mose 2,7).
Ein Mensch ist eine lebendige Seele. Nicht bloß ein mehr oder weniger gut funktionierendes Gehirn. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Seele pflegen. Wie das geht? Gute Erfahrungen tun der Seele gut. Die geben meiner Seele Vertrauen ins Leben - dann fällt es mir leichter, offen zu sein für andere und mit anderen vertrauensvoll zu leben. Dann fällt mir das Leben leichter. Wir können uns auch gegenseitig die Seele pflegen: Wenn ich anderen zeige: du kannst dich auf mich verlassen. Zu mir kannst du kommen, wenn du mich brauchst - das tut der Seele gut. Und das tut auch den Verschaltungen im Gehirn gut. Die funktionieren dann besser.

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