Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Kannst Du mich am Freitagabend am Bahnhof abholen?", hat mich eine  Freundin gefragt. „Gerne, ich werd' da sein", hab ich geantwortet.
Und nun ist es soweit:
„Bitte Vorsicht an Gleis eins. Es fährt ein der Regionalexpress von München nach Lindau." Kommt es aus dem Lautsprecher.
Die Schranken sind unten. Das Signal steht auf grün. Und da kommt er auch schon, dieser behäbige rote Koloss. Die Bremsen quietschen. Der Zug steht.
Türen gehen auf. Wo sie wohl aussteigen mag? Da entdecke ich ein bekanntes Kleidungsstück. Sie winkt, hat mich auch entdeckt. Dieser erste Augenblick des Wiedersehens, diese kurze und doch riesige Freude. Gut, dass du da bist - wie schön, dass du auf den Bahnhof gekommen bist, sagen die Blicke.
Ich hole gern Menschen am Bahnhof ab... und freu mich auch sehr, wenn ich abgeholt werde.
Ankommen ist ein gutes Gefühl. Ankommen nicht nur an einem Ort, sondern auch bei jemandem. Ankommen bei einem oder mehreren Menschen, die mir vertraut sind tut gut und hat für mich noch eine ganz andere Qualität und Tiefe.
Es geschieht dann, wenn ich meinen Anker werfen darf in den Augen des anderen und spüre, bei Dir bin ich zu Hause -  in einer Umarmung, die mich wieder ganz werden lässt.
 Oder dann, wenn ich erfahren darf, da versteht mich einer ganz ohne Worte - dann bin ich wirklich angekommen, - anwesend, im wahrsten Sinne des Wortes.
In Zeiten, da ich mich aus dem Blick verloren habe, durch was auch immer, wünsche ich mir, dass ich doch endlich wieder ankommen möge bei mir selbst.
Dabei erlebe ich, dass die Reise nach innen recht beschwerlich sein kann, weil die Gleise so verworren sind und die Weichen neu gestellt werden müssen, damit das gelingen kann.
Ankommen bei mir das möchte ein Leben lang (vielleicht) auch ein ganz Anderer. Seine Ankunftszeit heißt immer, er ist auf kein bestimmtes Gleis festgelegt und womöglich ist er schon da und wartet auf mich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10967
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