SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

Jetzt hab ich's versiebt. Jetzt hab ich mich so blamiert, da kann ich mich nie wieder melden und meine Meinung sagen. Jetzt hab ich einen so blöden oder so schlimmen Fehler gemacht - jetzt muss ich ganz still sein und sage am besten gar nichts mehr.
Ist ihnen das auch schon mal passiert, dass sie so gedacht haben? Vielleicht als Pfarrerin oder Lehrerin, nachdem man sie mit Alkohol am Steuer erwischt hat? Soll ja vorkommen. Oder als Politiker, wenn sie etwas falsch entschieden haben? Oder als Vater oder Mutter, nachdem sie ihr Kind ungerecht behandelt haben?
Dann hat man keine Autorität mehr, hat es in einem besonders spektakulären Fall geheißen. Ich kann mir gut vorstellen, wie das ist. So ein Fehler, der verfolgt einen dann oft bis in den Schlaf und bis in die Träume.
So ging es vielleicht auch Jesaja, dem Propheten, von dem man in der Bibel lesen kann. Er sollte im Namen Gottes reden und Kritik üben an den Vorgängen in seinem Land. Aber er traute sich das nicht zu. Wie kann ich, hat er anscheinend empfunden, ich habe schon zu viel gesagt, was nichts getaugt hat. Wie könnte ich im Namen Gottes reden. Dazu fehlt mir die Autorität. Das verfolgte anscheinend auch diesen Jesaja bis in seine Träume. Bis er, das hat er später selber erzählt, von Gott träumt. In der Bibel ist dieser Traum aufgeschrieben, heute wird in den evangelischen Kirchen darüber gepredigt.
Im Traum sieht Jesaja Gott auf einem Thron sitzen, majestätisch und prächtig, wie einen König. Und - im Traum passieren ja merkwürdige Dinge:
 Gott wirft ihn nicht raus. Im Gegenteil. Gott schickt einen seiner Engel mit einer glühenden Kohle - der berührt Jesajas Lippen und sagt dazu: Deine Schuld ist getilgt und deine Sünde gesühnt (Jes. 6, 7).

Gott selbst also macht einen neuen Anfang möglich für diesen Gottesmann. Er beauftragt ihn und gibt ihm die Autorität dazu. Jetzt kann Jesaja seinen Auftrag als Prophet Gottes wieder übernehmen, trotz allem, was gewesen ist. Jetzt kann er wieder, klar und laut und öffentlich sagen, was zu sagen ist. Und jetzt traut er sich das auch wieder zu.
Von dieser Erfahrung des Gottesmannes Jesaja erzählt die Bibel. Und ich bereife: So ist Gott. Er verzichtet nicht auf seine Menschen und das, was sie tun können, weil sie einen Fehler gemacht haben. Ich finde das ermutigend. Und mir scheint deshalb: man muss sich nicht verstecken, wenn man einen Fehler gemacht hat. Gott kann einen trotzdem brauchen. Vielleicht mit dieser Erfahrung erst recht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10905
weiterlesen...