Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Haben sie sich schon einmal hingesetzt und gesagt: Ich gehe keinen Schritt mehr weiter? Ich kenne das Gefühl, wenn gar nichts mehr geht. Dabei sollte es eigentlich nur eine kleine Wanderung werden und der Gipfel war ja auch gar nicht so weit entfernt. Genug zu trinken haben wir trotzdem mitgenommen, man kann ja nie wissen. Vier Stunden Aufstieg stand im Wanderführer.
Anfangs lief alles bestens, nur die Sonne war etwas heiß, aber wir hatten ja genug zu trinken. Aber dann wurde es richtig hart: Wir sahen den Gipfel schon, aber auf dem nächsten Kamm angekommen, lag noch ein Tal vor uns und so mussten wir zunächst erst wieder absteigen um drüben wieder aufzusteigen.
Beim ersten Mal dachte ich, das schaffst du schon, beim zweiten Mal auch noch. Aber beim dritten Mal war die Luft raus. Der Gipfel war zum Greifen nah, aber vor uns lag ein tiefes Tal und das war zu viel für mich. Richtig sauer war ich. Nein, das pack ich nicht. Und so habe ich mich hingesetzt und die anderen sind ohne mich weitergezogen.
An dieses Erlebnis muss ich denken, wenn ich mir mal wieder ganz sicher war und dann erleben muss, dass der Gipfel doch viel weiter ist. Dann wünsche ich mir manchmal jemanden, der mich auf seine Schultern nimmt und auf den Berg hoch trägt - so wie Papa und Mama früher. Könnte Gott heute nicht diese Rolle übernehmen? Könnte Gott mich nicht an mein Ziel bringt, egal wie?
Vielleicht könnte Gott das, aber er will es nicht, denn wir sind keine kleinen Kinder mehr. Kleine Kinder kann ich schnell auf die Schulter nehmen - mit Erwachsenen muss ich anders umgehen. Daher ist Gott oftmals eher wie ein guter Freund, der sich neben mich setzt, wenn ich am Boden zerstört bin. Der mich einlädt, doch erst einmal Pause zu machen. Und der mir dann neue Perspektiven aufzeigt, um mit dieser Situation umzugehen.
Von solche „Bergerlebnisse" werden wir nicht verschont. Aber ich weiß heute, dass ich nicht alles alleine lösen und schaffen muss. Und so setzte ich mich heute ganz bewusst hin und rede mit Gott. Ich erwarte nicht mehr, dass er mich auf jeden Gipfel trägt. Aber ich spüre, wie mir seine Gegenwart hilft, wieder aufzubrechen um meine und seine Ziele zu erreichen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10812
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