SWR4 Abendgedanken BW

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'Da wird auch dein Herz sein', so lautet das Motto des 33. Evangelischen Kirchentags, der in dieser Woche in Dresden stattfindet.
„Was soll ich mir dabei denken?", fragt sich Erwin. „Das klingt doch sehr allgemein."
Erika findet das Thema gut. „Das ist es doch gerade", meint sie. „Bei jedem ist es was anderes. Menschen hängen ihr Herz an die verschiedensten Dinge. Und das ist dann das Wichtigste für sie. 'Woran einer sein Herz hängt, das ist sein Gott.' Hat Martin Luther gesagt."
„Sein Herz an etwas hängen...Was soll ich mir da vorstellen?"
 „Na, stell dir vor, jemand ist süchtig, spielsüchtig zum Beispiel. Tag und Nacht denkt er an nichts anderes als daran, wie er zu Geld kommt, damit er weiter spielen kann. Er hat sein Herz daran gehängt und ist nicht mehr frei."
„Das ist ja nun ein sehr extremes Beispiel", wendet Erwin ein.
„Das kommt in den besten Familien vor. Wie jede Sucht. Oder einer denkt nur noch an seine Arbeit, der macht sich irgendwann kaputt. Das ist doch auch nicht gut."
„Na ja, man kann sein Herz doch auch an etwas Gutes hängen, an die Familie zum Beispiel, an ein schönes Hobby. Oder sogar daran, dass man anderen Menschen helfen will. Darf man das auch nicht?"
Erika hat das Gefühl, er will sie aufs Glatteis führen und sagt erst mal nichts. Doch dann fällt ihr etwas ein.
„Vielleicht wird es immer dann problematisch, wenn ich denke, dass ich ohne das nicht leben kann, und alles andere wird dann unwichtig."
Erwin nickt, aber er ist noch nicht zufrieden.
„Es muss doch einen Grund geben, warum man das tut. Warum hängt man sich so sehr an die Arbeit, ans Geld, oder von mir aus auch an andere Menschen?"
„Ich weiß es nicht. Wir Menschen sind eben so."
 „Ich glaube", sagt Erwin, „man tut es, weil man sich an etwas festhalten will. An etwas, das einem eine Bedeutung gibt. Und einen spüren lässt, dass man lebt."
„Das ist ja eigentlich irgendwie menschlich" sagt Erika, „dass man eine Bedeutung haben will. Und spüren will, dass man lebt."
„Ich glaube", sagt Erwin, „am besten spürt man das, wenn man für andere da ist. Oder eine Aufgabe hat. Ohne dass man sich abhängig macht dabei."
Erika holt tief Luft. „Wie ist es dann mit Gott, also dem wirklichen, echten Gott? Dem sind wir doch wichtig, der gibt doch jedem Menschen eine Bedeutung. Der will doch, dass wir füreinander da sind. Dass unser Herz auch für andere schlägt, nicht nur für ihn."
„Wenn das so ist", sagt Erwin, „dann müsste das der richtige Gott sein."

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