SWR1 3vor8

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Bittet und es wird euch gegeben! Das ist ein Rat, den Jesus seinen Jüngern gegeben hat. Und er hat nicht nur gemeint, dass man andere Leute bitten soll. Er hat auch das Beten gemeint, als er geraten hat: „Bittet und es wird euch gegeben! Sucht und ihr werdet finden! Klopft an und es wird euch aufgemacht." (Lk 11, 8)

Bis vor Kurzem hätte ich da heftig widersprochen. „So einfach ist das nicht. Es hat mir mal jemand gesagt: Lass mich in Ruhe. Das ist doch deine Sache! Seither bitte ich niemanden mehr um Hilfe. Das soll mir nicht noch mal passieren." Und viele erzählen mir, dass es ihnen mit dem Beten so ähnlich gegangen ist. Es hat nicht geklappt, sagen sie. Gott hat mich nicht erhört. Beten hat keinen Sinn.
Ich muss zugeben: Ich tue mich auch schwer mit dem Bitten. Aber jetzt habe ich Christian und Martin kennen gelernt, 2 Studenten, beide gerade mit dem Examen fertig. Martin hat sich da ganz allein durchgebissen. Eine große Anstrengung war das, endlose Tage in der Bibliothek, am Ende ein paar Nächte durchgearbeitet und am Schluss eine Zitterpartie, ob er es schafft. Jetzt hinterher sagt er: Das war ja eine furchtbare Zeit und er hat jetzt schon Angst vor der nächsten Herausforderung.
Christan hat es anders gemacht. Er hat Helfer gehabt. Natürlich hat er die Aufgabe selber gelöst, den Entwurf gemacht und die Berechnungen. Aber er hat Leute gebeten, ihm zu helfen bei der Formatierung und bei der Reinschrift, Leute, die die Zeichnungen kopiert haben und das Modell zusammen geklebt, und Freunde, die ab und zu mal ein paar Pizzas für alle vorbei gebracht haben oder Erdbeeren mit Schlagsahne. Jetzt sagt er: das war eine richtig gute Zeit. Es ging auch ein paar Nächte durch. Aber es hat richtig Spaß gemacht. Im Grunde war es ein Abenteuer, das wir zusammen bestanden haben.
Bittet, so wird euch gegeben. Von Christian habe ich gelernt: Wer bittet, kann nicht erwarten, dass er sein Problem abgenommen bekommt. Aber: wer bitten kann, der öffnet sich für das Leben. Der findet Menschen, die ihm nah sind und ihn unterstützen. Bitten ist nicht ein Zeichen von Schwäche. Bitten ist kommunikativ. Bitten verbindet Menschen miteinander. Dann wird das Leben gut: ein Abenteuer und es macht Spaß, es gemeinsam zu bewältigen. Wer dagegen perfekt sein will und alles allein schaffen: dem wird das Leben schwer und anstrengend.
So ist das mit dem Bitten, sagt Jesus, und auch mit dem Beten. Es fällt nicht gleich die Lösung für mein Problem vom Himmel. Aber ich habe einen, der mich unterstützt und mir hilft, zu leben. Mit dem Bitten fängt das Leben an - gerade auch in schweren Zeiten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10749
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