Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Brücken gehören zu den ältesten Kulturleistungen der Menschheit. Sie sind oft imposante Bauwerke und Meisterleistungen der Ingenieurskunst. Schon die alten Römer haben Brücken gebaut - für die Menschen und ihre Fahrzeuge, sogar um Wasser über weite Strecken zu leiten. Brücken sind dazu da, Wege zu verkürzen, neue Verbindungen herzustellen und Menschen zueinander zu führen.
Brücken haben etwas Faszinierendes: weit gespannt von einem Ufer zum anderen; von einer Talseite zur gegenüberliegenden; von Insel zu Insel; oder über eine Schlucht, wie die einstige Brücke von Mostar über den Fluss Neretva. „Mostar" heißt übersetzt die „alte Brücke". Vor 450 Jahren wurde sie anstelle einer alten Römerbrücke gebaut. Mostar liegt in der Herzegowina, an der Grenze zu Bosnien. Dieses europäische Kulturdenkmal wurde 1993 in blindem Fanatismus während des Bosnienkrieges zerstört. Brücken sind schon immer beliebte Angriffsziele gewesen, wenn Völker aufeinander einschlagen. Zehn Jahre nach ihrer Zerstörung überspannt das Bauwerk wieder den Fluss Neretva. 
Brücken - auch im übertragenen Sinn ist dieses Bild unerschöpflich. Zum Beispiel abgebrochene Brücken: aufgekündigte Freundschaften, unterbrochene Begegnungen - wegen unterschiedlicher Ansichten, Enttäuschungen oder schlimmer Erfahrungen. Welche Adressen habe ich aus meinem Kalender gestrichen? Welche Telefonnummern vergessen? 
Abgebrochene Brücken müssen aber nicht das letzte Wort sein. Man kann sie wieder herstellen. Brücken schütten Gräben zwar nicht zu; ebnen Unterschiede nicht ein; schaffen Hindernisse nicht weg. Sie ersetzen auch nicht das überbrückende, versöhnende Wort. Doch! Das versöhnende Wort baut eine Brücke. - Über Brücken kann ich gehen, sie machen Begegnung möglich. Und: solche Brücken führen nicht ins Leere.

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