SWR1 3vor8

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In den Anfängen verwurzelt - Apostelgeschichte 2,14.22-33
Ostermontag
Das Christentum hat sich außerordentlich schnell ausgebreitet vor 2000 Jahren - und das alles ohne Fernseher, Handy und Internet. Man weiß zwar nicht genau, was sich damals alles abgespielt hat. Doch eine Erklärung scheint für die Erfolgsgeschichte des frühen Christentums sicher: Es waren die engen sozialen Netze der ersten Christen. Und wohltätig sein, das hat es in der heidnischen Antike nicht gegeben. Die Christen haben für Alte und Kranke gesorgt. Sie haben sich darum gekümmert, dass die Toten würdig bestattet wurden. Das ist für uns selbstverständlich, ist aber für die Antike revolutionär gewesen. Erst mit den Christen sind Mitleid, Barmherzigkeit und Nächstenliebe salonfähig geworden. Das geht zurück auf Jesus. Davon ist heute und immer wieder in der Zeit nach Ostern - in den katholischen Gottesdiensten zu hören. Wie Jesus „Wohltaten spendend"    (Apostelgeschichte 10,38) umherzog, Gutes tat, Kranke heilte und sich mit Wundern und Zeichen auf die Seite der Erniedrigten und Beleidigten gestellt hatte. Für Jesus sind nicht die Fragen entscheidend, wer Leid, Krankheit und Tod verursacht hat. Wichtig ist für Jesus das Mitleiden, das Helfen und Heilen. Und wie ich Jesus verstehe, gibt es für ihn kein dringlicheres Gebot als das: Leiden zu heilen oder wenigstens zu lindern. Ihm geht es darum, alle heilsamen und heilenden Kräfte zu mobilisieren, die es gibt - vor allem die Liebe. Für ihn ist es allein die Liebe, die die vielfältigen Zumutungen des Lebens erträglich macht und aushalten lässt. Aus diesen Anfängen haben sich höchste Werte in unserer Zivilisation entwickelt: die Würde und Freiheit des Menschen, Menschenrechte, Toleranz und Solidarität. Diese Werte sind alles andere als selbstverständlich. Die hat man nicht einfach. Sie sind zerbrechlich. Um all das zu erreichen, wurde lange, mühsam und schmerzlich gerungen und gekämpft - oft gegen die Widerstände der Kirche. Doch die tiefsten Wurzeln liegen in der jüdisch-christlichen Sicht des Menschen: Der Gott der Bibel hat ihn mit einer einmaligen, unverwechselbaren, einzigartigen Würde ausgestattet. Immer wieder laufen die Menschen Gefahr, diese Wurzeln zu vergessen oder gar zu verleugnen. Wollen wir eine Zukunft haben in Frieden, Freiheit und in sozialer Gerechtigkeit - bei uns und im Blick auf die Herausforderungen der einen Welt - dann ist es notwendig, dass wir uns unserer geistigen Wurzeln erinnern. Dann können wir das, was uns geprägt hat, lebendig erhalten. Denn: Wer weiß, wo er her kommt, der kann vielleicht auch besser sagen, wo es lang geht.  

Ich wünsche Ihnen einen schönen Ostermontag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10513
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