SWR4 Abendgedanken RP

SWR4 Abendgedanken RP

Das Kreuz - mit ihm steht und fällt der christliche Glaube. Und deshalb ist es das Symbol für die christliche Religion. Das Kreuz steht für die Einsamkeit und Gottverlassenheit, in die ein Mensch geraten kann.
Wenn ich mein Kreuz auf mich nehme oder mein Kreuz trage, dann heißt das so viel wie: Ich sage ja zu meinem Leben, so wie es ist. Auch wenn es nicht so gut ist. Wenn ich zum Beispiel von Kollegen gemobbt werde, oder wenn ich meinen Arbeitsplatz verliere. Ich sage ja zu meinem Leben, auch wenn eine Beziehung in die Brüche gegangen ist oder wenn ein lieber Mensch gestorben ist. Ich sage ja, auch wenn bei mir eine schwere Krankheit diagnostiziert worden ist.
Zurecht fühlen Menschen sich deswegen verlassen, einsam und verraten. Nicht anders ist es Jesus ergangen. Er hat gewusst, dass er für viele gefährlich geworden war. Er hat gewusst, dass viele seinen Tod gewollt haben.  Deshalb hat er in den letzten Stunden in Freiheit zu Gott gebetet: Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen!
Aber der Kelch ist nicht an ihm vorübergegangen. Es war ein kurzer Prozess, den man ihm gemacht hat. Jesus hatte keine Chance. Deshalb hat er auch geschwiegen bis zuletzt. Dort am Kreuz ist er schließlich gestorben. Einsam, verzweifelt, gottverlassen.
Deshalb ist das Kreuz bis heute das Symbol der Christen. Es steht für all die ausweglosen Situationen, in die ein Mensch geraten kann. Es steht für all das Schlimme, das Menschen einander antun können.
Und es steht für den, der dort gehangen hat. Jesus von Nazareth. Der uns gezeigt hat: Niemand bleibt einsam und verzweifelt. Und niemand ist wirklich gottverlassen. Auch wenn es sich anfühlt wie das Ende. Vor Gott ist es nicht das Ende. Vor Gott ist es nur ein Durchgang zu einem anderen Leben. Im Ende keimt ein neuer Anfang.
Als Christ glaube ich daran: Gott lässt mich nicht allein. Er geht mit mir, auch in die tiefste Gottverlassenheit hinein. Das macht mir Mut und gibt mir Kraft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10491
weiterlesen...