SWR3 Gedanken

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Monika ist vier Jahre alt und eigentlich wie alle Kinder in ihrem Alter. Sie spielt gern mit ihren Puppen, sie lacht viel und sie versteckt sich gerne. Und doch ist Monika anders, denn sie ist von Geburt an blind.
Sie kann die vielen bunten Blumen im Garten nicht sehen. Und auch nicht wie andere Kinder ein Bilderbuch entdecken. Und trotzdem ist sie ein fröhliches Kind. Als hätte sie alle Farben dieser Welt in ihrem Herzen.
Vor ein paar Tagen habe ich sie beobachtet, wie sie allein im Garten unterwegs ist. Wie eine Katze krabbelt sie über den Rasen. Einmal greift sie mit ihren kleinen Händchen nach einem Ball. Sie setzt sich aufrecht hin und hält ihn sich vor das Gesicht. Sie riecht an ihm. Lange und intensiv. Und dabei schmunzelt sie. „Ein blauer Ball" ruft sie auf einmal aus und wirft ihn in die Luft. Ein blauer Ball? Tatsächlich ist er grün, aber für sie riecht er blau und sie freut sich über einen blauen Ball.
Der grüne blaue Ball beschäftigt mich noch eine Weile. Ist wirklich alles, was ich wahrnehme und sehe, so wie es ist? Ein Beispiel: Ich sehe einen jungen Mann, der keine Arme und Beine mehr hat. Und sofort denke ich: der arme Kerl! Ist das ein Leben? Aber dann höre ich ihm zu und bin bewegt von seiner Lebensfreude, von seinen Träumen und von dem, was er alles kann: Tauchen, auf einem Surfbrett übers Wasser gleiten, sogar Golf spielen. Kurzum: Ich sehe einen Menschen, der schwer behindert ist und der so ganz anders, als ich vermute, sein Leben genießen und gestalten kann.
In der Bibel sagt Jesus einmal: Menschen sehen erst nur, was vor Augen ist. Gott aber schaut das Herz an. Mit dem Herzen sehen, das macht erst wirklich sehend. Die kleine Monika hat mir gezeigt, wie das gehen kann.

 

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