Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Petrus Waldus hat sein Geld einfach zum Fenster hinausgeschmissen. Das war im Jahr 1177 in Lyon. Unter seinem Fenster standen die Armen der Stadt und freuten sich, denn Petrus Waldus hatte viel Geld. Er wollte es nicht mehr haben. Er hängte seinen Beruf als Kaufmann an den Nagel und führte bis zu seinem Tod ein Leben nach dem Vorbild Jesu: Er lebte ohne Besitz und erzählte den Menschen von Gott. Wann er gestorben ist, weiß man eigentlich gar nicht so genau, aber der 12. April 1217 gilt als sein Todesdatum, also heute vor 794 Jahren.
Sein Lebensstil hat viele Menschen im Mittelalter angesprochen und er hatte bald in Frankreich, Italien und auch in Deutschland Anhänger. Wie er selbst sind sie als Wanderprediger durchs Land gezogen oder sie haben solche Prediger aufgenommen und ihnen gerne zugehört. „Waldenser" hat man sie genannt.
Mich beeindrucken, die feste Überzeugungen haben und sich das auch etwas kosten lassen. Ich finde, sie sind Vorbilder. Petrus Waldus und seine Anhänger gehören dazu.
Es hat ihn wirklich was gekostet. Damals durften nur Geistliche - also Priester oder Bischöfe - öffentlich predigen: Deshalb hat die Kirche die Waldenser zu so genannten Ketzern erklärt. Die besitzlosen Wanderprediger und alle, die sie aufnahmen, wurden blutig verfolgt. Bis es sie nur noch in ein paar Alpentälern in Frankreich und Italien gab. Dort, im Schutz der Berge, konnten sich die Waldenser halten.
Als Martin Luther die damalige Kirche erneuern wollte, fühlten sich die Waldenser ihm sehr verbunden und schlossen sich der Reformation an. Ihre Leidensgeschichte war damit allerdings nicht zu Ende. Immer wieder wurden sie angegriffen und verfolgt. Es grenzt an ein Wunder, dass es sie immer noch gibt.
Heute sind die Waldenser die evangelische Kirche Italiens. Besonderes Merkmal der heutigen Waldenser ist ihr Engagement für Bedüftige und Arme. Obwohl sie eine sehr kleine Kirche sind, die selbst auf Unterstützung angewiesen ist, setzen sie sich für benachteiligte Menschen ein - genau wie das schon ihr Gründer Petrus Waldus getan hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10433
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