Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Wenn ich das nur besser könnte... Schade, dass ich diesen Fehler immer wieder mache...dass ich das einfach nicht schaffe...
Heute Morgen erzähle ich Ihnen eine Geschichte.
Für alle - ganz besonders aber für diejenigen, die über einen Fehler nicht hinweg kommen oder sich eine Schwäche nicht verzeihen können.
Es war einmal eine alte Frau, die hatte zwei Schüsseln zum Wasserholen. Die hingen von den Enden der Stange, die sie über ihren Schultern trug. Eine der beiden Schüsseln hatte einen Sprung. Die andere war ohne Makel und fasste stets die volle Portion Wasser.
Die Schüssel mit dem Sprung war am Ende der langen Wanderung - vom Fluss zurück zum Haus der Frau - nur noch halb voll. So ging das zwei Jahre lang jeden Tag.
Die alte Frau brachte immer nur anderthalb Schüsseln Wasser mit nach Hause.
Die makellose Schüssel war natürlich sehr stolz auf ihre Leistung. Die Schüssel mit dem Sprung aber schämte sich wegen ihres Makels. Sie war betrübt, dass sie nur die Hälfte dessen verrichten konnte, wofür sie gemacht worden war.
Nach zwei Jahren sagte die Schüssel mit dem Sprung zu der alten Frau:
Ich schäme mich so wegen meines Sprungs. Auf dem ganzen Weg läuft Wasser aus.
Da antwortete die alte Frau: Ist dir aufgefallen, dass auf deiner Seite des Weges Blumen blühen, aber auf der Seite der anderen Schüssel nichts blüht?
Ich habe auf deiner Seite des Pfades Blumensamen gesät, weil ich von deiner Schwäche wusste. Nun hast du sie jeden Tag gegossen, wenn wir nach Hause liefen. In diesen zwei Jahren konnte ich herrliche Blumen pflücken und den Tisch damit schmücken.
Wenn du nicht genau so wärest, wie du bist, wäre das nicht möglich gewesen.
Die Geschichte gibt mir zu denken. Sie erinnert mich, dass nicht nur meine Stärken, sondern gerade auch meine Fehler und Schwächen mein Leben interessant und einzigartig machen. Und ich kann nur hoffen, dass Gott nochmals ganz anders auf meine Stärken und Schwächen schaut.
Davon war auch Dietrich Bonhoeffer überzeugt. Sonst hätte er nicht sagen können: Für Gott ist es nicht schwerer, mit unseren Schwächen etwas anzufangen als mit unseren Stärken.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10350
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