Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Jeden Tag werden wir beim Namen gerufen. Und nicht erst seit heute. Es ruft schon seit wir geboren sind. Und jeder Rufer und jede Ruferin hat einen Klang in unserem Herzen hinterlassen.
Zuerst haben wohl Mutter und Vater gerufen. Wissen Sie noch wie das klang, wenn der Vater gerufen hat, weil es Zeit war, nach Hause zu kommen oder die Großmutter, wenn das Essen fertig war?
Und wie anders hat es sich angehört, wenn der Bruder oder die Schwester riefen.
Die Freundin, der Freund. Mein Lateinlehrer, wenn er mich beim Abschreiben erwischt hat. Viele Menschen haben einen Klang in meinem Herzen hinterlassen, je nach dem, wie sie meinen Namen riefen.
Ich glaube, es führt eine Spur von diesen Klängen zu diesem ursprünglichsten und ersten Ruf, mit dem Gott mich rief. Dorothea.
Die Bibel hält daran fest, dass Gott seine Menschen ruft: So spricht, der dich geschaffen hat: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du gehörst zu mir.
Das lädt ein zu glauben: du bist einmalig und einzigartig. Da höre ich heraus:
so wie du bist, ist sonst keiner und keine.
Und so einmalig und einzigartig bist du geschaffen, nicht um mit dir alleine zu sein und nur für dich zu leben, sondern um zusammen mit den anderen Kindern des göttlichen Vaters oder der göttlichen Mutter eine Familie zu sein.
Ich glaube, man kann das auch ganz konkret spüren, dieses ‚ich bin gerufen, angesprochen und geliebt'. Zum Beispiel, wenn Männer und Frauen einander lieben, sich in ihrer Einmaligkeit entdecken, dann ist da etwas von diesem ursprünglichen: Ich bin gerufen, angesprochen, geliebt.
Und wenn es Zeiten gibt, wo ich alleine in die leere Wohnung zurückkehre und keiner meinen Namen ruft und ich mich einsam fühle? Dann kann es tröstlich sein, mich zu erinnern: dass da noch einer meinen Namen kennt. Und mich mit großer Zärtlichkeit ruft, auch dann noch, wenn ich älter werde und mich selbst nicht mehr ansprechend finde.
Der mich ruft, kennt meinen Namen. Es bedeutet mir viel. Nicht liebe Kundin, nicht sehr geehrte Patientin, nicht liebe Mitbürgerin. Nein: Dorothea sagt er zu mir. So als gäbe es nur eine, und das tut mir gut. Obwohl ich natürlich wissen kann, dass es noch andere Töchter gibt, die so heißen.
Von Gott beim Namen gerufen, das heißt für mich, umgeben von Liebe. Sie sagt zu mir: Hab keine Angst, hab nur Vertrauen. Du gehörst zu mir. Einmalig und kostbar bist du für mich. Welch ein Anruf an diesem Morgen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10339
weiterlesen...