Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Nirgendwo als in unserem Leben strömt, von morgens bis abends, zwischen den Ufern unserer Häuser, Straßen und Begegnungen, das Wort, in dem Gott wohnen will...". Kommt dies nicht ein wenig gestelzt daher? Will Gott wirklich in unseren Worten wohnen? Madeleine Delbrêl, eine französische Schriftstellerin ist davon überzeugt. Diese Frau war alles andere als eine religiöse Spinnerin. Nach ihrer eigenen Bekehrung zum christlichen Glauben wirkte sie bis zu ihrem Tod als Sozialarbeiterin in den kommunistisch geprägten Arbeitervierteln in der Bannmeile von Paris. In diesem Milieu mussten solche Sätze erst durchs Feuer harter Kritik, ehe sie im Tagebuch dieser tief gläubigen Frau ihren Niederschlag fanden.
„Nirgendwo als in unserem Leben strömt von morgens bis abends... das Wort, in dem Gott wohnen will..." Dann wohnt er ja schon in jedem freundlichen Gruß, mit dem Sie heute früh Ihre Kolleginnen und Kollegen begrüßen. Gott wäre zuhause in jedem Wort der Ermutigung, das Eltern ihren Kindern mit auf den Schulweg geben, in jedem aufmunternden Zuspruch für einen Kranken. Im fröhlichen Lachen, mit dem wir Freude miteinander teilen, wäre Gott ebenso zuhause wie in jedem Wort des Trostes, das wir für Trauernde übrig haben. Er mietet sich ein, wenn wir einander mit klaren  Worten kritisieren und ermahnen müssen. Er fühlt sich daheim in Worten der Anerkennung und des Lobes, nach denen die Menschen in der Arbeitswelt von heute oft vergeblich schmachten.
Aber sind Worte nicht nur Schall und Rauch, wie ein Sprichwort meint? Gewiss - kaum vorstellbar, dass Gott in hohlen Phrasen oder im banalen Geschwätz daherkommt. In unglaubwürdigen Floskeln oder leeren Worthülsen wird er auch nicht gerne wohnen wollen. „Es gibt Worte, die nur den Windhauch vermehren", weiß schon Kohelet, ein Prediger im Alten Testament (6,11). 
Wenn wir unsere Worte aber aufladen mit Achtsamkeit und Liebe, mit Freude und Humor, dann nistet sich die göttliche Botschaft darin ein und weckt in den Menschen das Vertrauen, dass Gott sie annimmt und liebt. 
Gerne gebe ich Ihnen für heute den guten Rat des Apostels Paulus weiter. Er mahnt die Menschen im seinem Brief an die Epheser: „Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt und dem, der es hört, Nutzen bringt" (Epheserbrief 4, 29).

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10270
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