Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Geld allein macht nicht glücklich. Das sagt fast jeder und diese Weisheit ist inzwischen auch bei den Wirtschaftsexperten angekommen. Bei denen heißt das: Wachstum allein macht nicht glücklich. Wenn die Politik nur auf Wirtschaftswachstum setzt, und hofft, damit würden sich alle Probleme lösen lassen, dann ist das ein Irrtum. Denn so gesehen wäre ja zum Beispiel ein Verkehrsstau wachstumsfördernd, weil mehr Benzin verbraucht wird. Also wird mehr Benzin verkauft und das Wirtschaftswachstum steigt. Aber das kann es ja nicht sein. Denn dabei fragt keiner nach der verpesteten Luft und nach den entnervten Menschen, die stundenlang im Stau sehen.
Deshalb hat eine Kommission bedeutender Wirtschaftsexperten, darunter zwei Nobelpreisträger[1], jetzt andere Maßstäbe für den Wohlstand eines Landes erarbeitet. Dazu gehören zum Beispiel auch Gesundheit und Bildung, Bürgerrechte und politische Mitbestimmung, soziale Bindungen und gesunde Umwelt. Nur wenn das alles zusammen kommt, können die Menschen in einem Land zufrieden und glücklich leben. Wenn zum Beispiel in einem Land diie Wirtschaft wächst, aber trotzdemein großer Teil der Bevölkerung von Bildung und Gesundheitsfürsorge ausgeschlossen ist, dann kann es dort keinen Wohlstand geben. Dann sind die Menschen unzufrieden und fühlen sich unsicher. Dann gibt es kein Wohlbefinden.
Vielleicht, denke ich jetzt, ist das ein Grund, warum in unserem Land die Unzufriedenheit so groß ist, obwohl die Wirtschaft wächst. Denn Wachstum ist nicht alles, vor allem dann nicht, wenn zu wenige davon profitieren.
Was aber macht glücklich? Es gibt dazu viele kluge Antworten. Eine ist von Jesus. Der hat gesagt:
„Glückselig sind die, die von Herzen freundlich sind. Denn sie werden die Erde als Erbe erhalten. Glückselig sind die, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit. Denn sie werden satt werden. Glückselig sind die, die barmherzig sind. Denn sie werden barmherzig behandelt werden". (Mt 5, 5-7)
Wenn das stimmt, dann müsste in unserem Land eigentlich nicht das Wachstum gesteigert werden, sondern die Barmherzigkeit und die Freundlichkeit. Dann könnten wir den Wohlstand verteilen, damit für alle das Wohlbefinden mehr wird und das Glück. Ich finde, das ist eine bedenkenswerte Alternative nicht nur für die Politik, sondern auch für Sie und mich. Eine Umfrage hat ergeben, dass viele Menschen das inzwischen auch so sehen: Durch Wirtschaftswachstum lässt sich künftig nicht noch mehr Lebensqualität erreichen. Weil Geld allein ja nicht glücklich macht.


[1] Stiglitz-Sen Kommission; vgl. z.B. DIE ZEIT, 17.2.2011, Nr 8, S.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10241
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