Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Was ich als einfacher Mensch nicht verstehe", hat mir ein Hörer geschrieben, „Wie kann man sagen: Gott würde dies tun, er wird jenes nicht machen. Gott will dies und jenes will er nicht? Das kann man doch nicht wissen" schreibt er weiter, „Gott ist doch nicht verpflichtet, immer so zu agieren, wie es von ihm gesagt und vermutet wird. Da meine ich, Gott ist als Schöpfer viel größer, als dass wir kleinen Menschen, auch Pfarrer und Pfarrerinnen, ihn stets gleich darstellen und ihm keine Flexibilität lassen."

Die Fragen dieses Hörers beschäftigen mich jetzt besonders, wenn ich die Nachrichten von der Katastrophe in Japan höre. Wer könnte da von Gottes Willen reden! Es gibt Zeiten, da ist Gott nicht zu verstehen. Manchmal geht mir das schon in meinem eigenen Leben so und nun erst recht, wenn ich an diese Katastrophe denke.

Schon vor Jahrtausenden haben Menschen erfahren, dass man Gott nicht festlegen kann. Mose zum Beispiel wollte Gottes Namen wissen - wahrscheinlich hat er gehofft, so könnte er herausfinden, wer Gott ist und vor allem, wie er ist und was er will. Aber das einzige, was er gehört hat, war: „Ich bin, der ich bin!" oder auch: „Ich werde sein, der ich sein werde." Man kann nicht im Voraus wissen, was Gott tun wird und was nicht. Wer behauptet, dass er das weiß, der benutzt Gott, um seine eigenen Vorstellungen zu bekräftigen, meine ich. Man kann Gott nicht immer verstehen. Nur, dass er da sein wird. Das ist sicher. Das hat er damals dem Mose versprochen.

Und wir Christen glauben: Gott lässt sich da finden, wo seine Menschen sind. Wir glauben: Er ist zur Welt gekommen, um den Menschen nahe zu sein. Allen Menschen, besonders denen, die keine Hilfe mehr sehen. In Jesus Christus und durch Jesus Christus hat Gott gezeigt, wie er für seine Menschen da ist. Ganz nah. Genau da, wo sie ihn brauchen. Jesus hat Traurige getröstet und Verzweifelte ermutigt. An ihm haben die ersten Christen damals gesehen, dass Gott kein Leben aus seiner Hand fallen lässt. Sogar über den Tod hinaus hält er alle Menschenleben in seiner Hand. Weil Jesus ihnen so nahe war, konnten die Menschen damals das spüren und es hat sie aufgerichtet. Und Jesus hat den Menschen gesagt: auch ihr könnt einander Gottes Nähe spüren lassen.

Für die Menschen in Japan können wir es wenigstens versuchen, meine ich: mit unseren Gedanken und unseren Gebeten und mit konkreter Hilfe. Wir können Gott bitten: Hilf den Menschen dort in ihrem Leid. Gib den Trostlosen Trost. Halte ihr Leben in deiner Hand. Gib den Helfern Ruhe und Besonnenheit. Und sei uns allen nahe mit deinem Segen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10239
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