Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Die Menschen im Norden Japans müssen jetzt neben allem anderen Leid auch noch das Restrisiko tragen. So schnell kann das gehen, sogar in einem so hoch technisierten Land.

Ein Restrisiko bleibt immer, sagen die Wissenschaftler und Politiker, wenn sie davon reden, dass sie die Gefahren neuer Technik im Griff haben. Aber eigentlich ist das ganz unwahrscheinlich, wir tun, was menschenmöglich ist, sagen sie. Jetzt ist eingetreten, was niemand für möglich gehalten hatte: eine Naturkatastrophe von gigantischem Ausmaß.

Und die Menschen in Japan müssen das Restrisiko tragen. Für den Wohlstand der Industrienation hat man das Restrisiko in Kauf genommen, so wie hier bei uns in Deutschland und in vielen anderen Ländern auch. Ohne die Energie der Atomkraftwerke, hat man gesagt, sei kein Fortschritt und kein Wohlstand möglich. Man hat gemeint, man könne mit moderner Technik die Natur beherrschen, sogar in einem Land, in dem sie besonders unberechenbar ist. Nun ist der schlimmste, der angeblich ganz unwahrscheinliche Fall eingetreten. Und jetzt muss man auf die Natur hoffen: auf den Wind, der die Strahlung aufs Meer hinaus treibt, wenn es zum Äußersten kommt.

Was den Wohlstand möglich gemacht hat, ist zugleich seine größte Bedrohung. Wo Menschen meinen, wie Gott sogar die Natur beherrschen zu können, da kommt es zu einer Katastrophe und man muss sagen: Mit so einer Naturgewalt konnte doch keiner rechnen.

Dass Menschen wie Gott sein wollen, davon erzählt schon die Bibel. Die Geschichte vom Sündenfall erzählt: wo sie das versuchen, da zeigt sich, wie nahe beieinander Gut und Böse liegen. Ich hoffe und bete für die Menschen in Japan. Aber ich kann auch diesen anderen Gedanken nicht verdrängen: Wo Menschen wie Gott sein wollen und Grenzen überschreiten, da liegt der Fluch gleich neben dem Guten, das man sicher auch bewirken kann. Wo Menschen wie Gott eingreifen in die Natur und die Folgen für die Zukunft gar nicht absehbar sind wie bei der Gen-Technik und bei der Atomtechnologie - da bleibt dieses schreckliche Restrisiko. Und das müssen jetzt womöglich in Japan Hunderttausende erleiden.

Ich glaube, in unserem Land sollten wird das als Warnung nehmen: Natürlich darf man nicht übertrieben ängstlich sein. Dann gibt es keinen Fortschritt. Aber es gibt Grenzen. Und Gott sei Dank gibt es auch Alternativen und umkehren ist möglich. Ich finde, darüber muss neu nachgedacht werden, nicht nur, solange Wahlkampf ist. Gott gebe den Verantwortlichen Weisheit und Einsicht, dass sie lernen, Menschen zu bleiben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10237
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