Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Ich habe es doch nur gut gemeint. Einer musste ja die Notbremse ziehen. So konnte das doch nicht weitergehen.“
Ich bin ein ungeduldiger Mensch. Ich verstehe jeden, der so denkt. Ich habe schon ab und zu gemeint, ich müsste irgendwo eingreifen – und dann ist die Sache erst recht schief gegangen. Hätte ich bloß den Mund gehalten! Hätte ich bloß die Finger davon gelassen. Aber dann ist es zu spät und ich mache mir schreckliche Vorwürfe.
In den biblischen Geschichten vom Leiden und Sterben Jesu kommt auch das vor: dass Menschen es vielleicht bloß gut gemeint haben – und dabei haben sie nur Unheil angerichtet.

Zitat 3:
Es waren noch zwei Tage bis zum Passafest und dem Fest der Ungesäuerten Brote. Die führenden Priester und die Gesetzeslehrer suchten nach einer Möglichkeit, Jesus heimlich zu verhaften und umzubringen. »Auf keinen Fall darf es während des Festes geschehen«, sagten sie, »sonst gibt es einen Aufruhr im Volk.«
Darauf ging Judas Iskariot, einer aus dem Kreis der Zwölf, zu den führenden Priestern, um ihnen Jesus in die Hände zu spielen. Sie freuten sich darüber und versprachen ihm Geld. Von da an suchte Judas eine günstige Gelegenheit, Jesus zu verraten.


Die religiösen Führer damals: wollten sie wirklich nur ihren Einfluss und ihre Macht erhalten? War es nicht ihre Pflicht, die Leute vor religiösen Schwärmern und Verführern zu schützen? Und Judas: Man weiß nicht viel von ihm. Aber viele Gelehrte halten es für möglich, dass er Jesus provozieren wollte. Jesus sollte endlich zeigen, was in ihm steckt, endlich die Träume der Leute erfüllen. Es war höchste Zeit. Judas konnte nicht mehr warten. Deshalb war ihm jedes Mittel recht.
Sehr schnell hat er einsehen müssen, dass er Furchtbares angerichtet hat. Das habe ich nicht gewollt, hat er dann gesagt. Und schließlich: Aber ich habe mir doch nicht anders zu helfen gewusst.
Judas, der Verräter, die Priester und Gesetzeslehrer: Sie gehörten nicht zu denen, die abwarten und alles laufen lassen. Sie wollten die Sache selbst in die Hand nehmen. Sie wollten sich selber helfen. Manchmal denke ich, solche Leute gibt es viel zu wenige. Ich habe mir auch schon Vorwürfe gemacht, weil ich mich nicht getraut habe, einzugreifen.
Aber es kann eben auch ganz verkehrt sein, was man tut. Hilft es da, sich zu erinnern: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann?“ Vielleicht. Darauf jedenfalls will ich hoffen.
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