Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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 „Nimm dir Zeit für Veränderungen" - die Empfehlung eines jüdischen Rabbiners. Damit tu ich mich besonders schwer. Ja nicht zu viele Veränderungen. Es ist bequemer, an dem festzuhalten, was sich bewährt hat. Da weiß ich, wo ich dran bin. Und manchmal habe ich auch Angst vor Veränderungen und fliehe ins Vergangene, ins Vertraute. Aber da täusche ich mich gehörig, denn es ist unmöglich, den Strom des Lebens, meines Lebens aufzuhalten. Darauf macht der griechische Philosoph Heraklit (ca. 540-480 v. Chr.) aufmerksam mit seinem bekannten Wort: „panta rhei - alles fließt". Und er erinnert daran, dass eben nichts beständig ist, sondern alles einem ständigen Wandel, einer ständigen Veränderung unterworfen ist: Aus einem Stein wird irgendwann einmal Sand, aus einem hübschen Mädchen wird mit der Zeit eine alte Frau. Das gilt auch für die inneren Empfindungen. Nicht jedes Gefühl ist von Dauer, sondern wird von einem neuen abgelöst. Nichts wird von Dauer sein, alles wird sich ändern. Dem möchte ich mich aber nicht blindlings und nicht willenlos ausliefern. Ich möchte versuchen, es immer wieder zu beherzigen: „Nimm dir Zeit für Veränderungen", um in allen Veränderungen Ich selbst zu bleiben. Das heißt für mich auch, mein Denken, meine Einstellungen, meine Wertvorstellungen immer wieder zu überprüfen. Zu schauen, ob die Ziele noch stimmen, die ich mir gesetzt hatte. Ob sie noch dazu dienen, dass mein Leben gelingt, oder ob sie mich in die Irre führen. 
 Und ich glaube, das hat mit dem alten Wort „Treue" zu tun. Treue ist das, was die wechselnden, die sich verändernden Zeiten überdauert. Abgeleitet ist treu von dem altgermanischen Wort „deru" und das heißt Eiche, Eichenholz. Treu bedeutet demnach ursprünglich: stark, fest sein wie eine Eiche. Und die hält bekanntermaßen manchem stand. Wer treu ist, lässt sich nicht so schnell drausbringen und wird mit allerhand Schwierigkeiten fertig. Treue überdauert die wechselnde, die sich veränderte Zeit: Ich verlasse mich auf jemanden, ich vertraue jemandem, trotz mancher Unterschiede und sich einstellender Veränderungen. Und jemand vertraut mir, verlässt sich auf mich. Treu bin ich am ehesten dann, wenn ich auch mir selber gegenüber treu bleibe, trotz und bei allen Veränderungen. Und ich glaube, dass auch Gott treu zu mir, treu zu jedem steht, trotz allen Veränderungen.

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