Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Manche Leute möchten alles perfekt machen. Ist das eigentlich gut oder schlecht? Beides, habe ich neulich in einem Zeitungsartikel gelesen, es gibt nämlich zwei Arten von Perfektionismus.
Einerseits gibt es Menschen, die auf einem bestimmten Gebiet Höchstleistungen bringen wollen. Dazu gehören zum Beispiel Sportler oder Musiker. Sie können eine Sache eigentlich schon sehr gut. Aber sie versuchen, es immer noch besser zu machen. Dafür geben sie alles. Das ist völlig in Ordnung.
Und dann gibt es Menschen, die nicht nur in einem Bereich ihres Leben perfekt sein wollen, sondern überall. Ihnen geht es gar nicht darum, immer besser zu werden, sondern sie wollen vor allem eins: Keine Fehler machen. Eine Sache fehlerlos zu machen, gibt ihnen Sicherheit. Ihr Perfektionismus soll sie davor bewahren, von anderen kritisiert zu werden. Damit setzen sie sich unheimlich unter Druck, denn überall immer gleich gut zu sein, das ist sehr anstrengend, so anstrengend, dass manche perfektionistisch veranlagten Menschen krank davon werden.
Der Apostel Paulus hat in einem seiner Briefe die verschiedenen Menschen einmal mit den unterschiedlichen Gliedmaßen an einem Körper verglichen (1. Korinther 12): Wie der Körper viele verschiedene Körperteile hat, so sind auch die Menschen ganz unterschiedlich. Und wie eine Hand eine ziemlich schlechte Figur als Auge abgeben würde, so sind auch Menschen für unterschiedliche Aufgaben unterschiedlich gut geeignet.
Ich verstehe das so: Niemand ist überall gleich gut, aber jeder hat von Gott eine besondere Begabungen und ein besonderes Talent bekommen. Ich denke, wenn Gott die Menschen so geschaffen hat, dann geht es ihm nicht darum, dass alle alles gleich gut machen. Er möchte viel lieber, dass ich die besondere Gabe, die er gerade mir gegeben hat, erkenne und daraus etwas mache. Dass ich nicht überall perfekt bin, ist für Gott kein Drama. Aber ich glaube, er fände es schade, wenn ich nicht das entdecke, was ich wirklich gut kann, weil ich so damit beschäftigt bin keine Fehler zu machen.
In dem Zeitungsartikel wurde eine Psychologin übrigens nach den Gründen von ungesundem Perfektionismus gefragt. Einer davon liege in der Kindheit, hat sie geantwortet. Menschen setzen sich unter Druck und wollen perfekt sein, wenn ihnen ihre Eltern vermittelt haben: „So, wie du bist, bist du nicht okay. Geliebt wirst du nur für die 1 in Mathe". (FAZ 31.12.2010, C1) - Dass meine eigenen Kindern das nicht denken, darauf will ich als Vater achten. Damit meine Kinder ohne Druck aufwachsen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10047
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