Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Gott sucht offensichtlich immer die falschen Leute aus. Jedenfalls bekommt man den Eindruck, wenn man in die Bibel schaut. Ich staune immer wider darüber.
Da ist zum Beispiel ein Mann namens Mose. Gott hat ihn für eine ganz besondere Aufgabe ausgesucht: Mose soll das Volk Israel aus Ägypten befreien, wo sie als Sklaven für den König von Ägypten, den Pharao, schuften müssen. Eine Leitungsaufgabe ersten Ranges. Aber was macht Mose, als er erfährt, wofür Gott in haben will. Er fragt ganz entgeistert: „Ich soll zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen? Wer bin ich schon?" (2. Mose 4,10). Und dann fängt er an mit Gott zu diskutieren: „Die Israeliten werden mir eh nicht glauben, dass du mich geschickt hast (2. Mose 4,1), und außerdem bin ich kein großer Redner, vor Leuten zu sprechen fällt mir echt schwer (2. Mose 4,10)".
Ich frage mich: Hätte Gott das nicht wissen müssen? Hätte er sich nicht jemand aussuchen können, der sich der Sache gewachsen fühlt? Einen, der nicht rum druckst, sondern sagt: „Her mit dem Job. Ich liebe Herausforderungen. Wann kann ich anfangen?"
Hat sich Gott in Mose getäuscht? Ich glaube nicht, denn in der Bibel gibt es das öfter, dass Gott Menschen beauftragt, die sich diese Aufgabe gar nicht zutrauen. Irgendwie scheint das bei Gott Methode zu haben. In einem Lied heißt es: „Es ist Gottes Art, dass er sich die Looser - die Verlierer - aussucht und nicht die Gewinner".
Aber warum ist das so? Vielleicht deshalb, weil es Gott gar nicht so sehr auf die Stärke der Menschen ankommt, sondern viel mehr darauf, dass sie ihm vertrauen. Gott verlangt gar nicht von ihnen, dass sie das, was sie tun sollen, aus eigener Kraft stemmen. Gott lässt niemand allein mit seiner Aufgabe. Er selbst kann und will Menschen die Kraft geben, die sie brauchen. Als Mose sagt, dass er sich den Job nicht zutraut, antwortet Gott: „Ich will mit dir sein." (2. Mose 3, 12). Und als Mose einwendet, dass ihm das Reden schwer fällt, sagt Gott: „Ich will dich lehren, was du sagen sollst". (2. Mose 4,12)

Gott hat Mose für eine ganz besondere Aufgabe ausgewählt. Aber ich denke, was er ihm versprochen hat, das verspricht er jedem Menschen. Das Macht mir Mut wenn ich an meine Aufgaben und Herausforderungen denke. Dietrich Bonhoeffer hat das so erlebt, denn er hat gesagt:

„Ich glaube,
dass Gott uns in jeder Notlage
soviel Widerstandskraft geben will,
wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen."
Mose hat seine Sache übrigens sehr gut gemacht, obwohl er sich das zunächst gar nicht vorstellen konnte.

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