SWR1 3vor8

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Die Völker sind wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waage (Jes. 40, 15)

Wie ein Tropfen am Eimer. Wie ein einzelnes Sandkorn, das auf einer Waage liegt und diese absolut nicht bewegen kann. Wenn es mir nicht gut geht, fühle ich mich manchmal so. Es ist doch egal, ob ich da bin oder nicht, denke ich dann. Wen interessiert das schon. Was würde denn fehlen ohne mich.
Der Bibelabschnitt, der heute in den evangelischen Gottesdiensten gelesen und in der Predigt bedacht wird, der scheint das noch zu verschärfen. Sogar Die Völker sind für Gott wie Tropfen an einem Eimer oder wie ein Sandkorn auf der Waage. Das baut mich nicht gerade auf. Kein Wunder, dass es so schief läuft in der Welt. Gott ist so weit weg, so hoch oben, so groß: Wie kann er da ein Sandkorn überhaupt sehen oder sich um einen Tropfen am Eimer der Welt kümmern?
Wenn man weiter liest, merkt man allerdings: Jesaja, der Prophet, meint das ganz anders. Er meint genau das Gegenteil. Gott ist so groß, glaubt er, so unvergleichlich, dass er sich um jedes einzelne Staubkorn kümmern kann. Als er mit seinen Landsleuten in eigentlich hoffnungsloser Situation ist, nach einem verlorenen Krieg, sagt er ihnen das weiter. Gott kümmert sich um jeden einzelnen. „Er gibt dem Müden Kraft. Und er macht die stark, die nicht mehr weiter können." Gott hat es nicht nötig, sich aus allem rauszuhalten. Er muss nicht fürchten, an Ansehen zu verlieren, wenn er sich mit den Beschädigten abgibt und mit denen, die Schaden genommen haben. Er kann bei den Menschen aushalten, denen die Kraft ausgegangen ist. Gott ist groß.
So groß ist Gott, dass er sich klein machen kann und denen beistehen, die sich einsam und klein fühlen wie ein einzelnes Sandkorn. Jesaja hat zu seiner Zeit erfahren, dass Gott das tut. Sie haben die schlimmen Zeiten durchgestanden damals, miteinander und mit dem Vertrauen auf Gott. Und sie haben gejubelt, als es überstanden war und sie wieder hoffen konnten. Gott kann sich klein machen und denen beistehen, die ihn brauchen, weil sie allein nicht weiter können.
Wir Christen glauben, dass man das an Jesus ganz besonders gut sehen kann. In ihm ist Gott Mensch geworden. Damit er denen beistehen kann, die sich verlassen vorkommen, so, wie Maria und Josef damals in ihrem Stall in Bethlehem.
Manchmal, wenn ich mich so ganz unwichtig fühle, tut mir dieser Gedanke gut. Und wenn mich dann jemand in den Arm nimmt und freundlich mit mir redet, dann spüre ich: Jetzt macht sich Gott klein für mich, damit ich mich wieder aufrichten kann. Und mich groß fühlen und unvergleichlich wichtig, denn der große Gott kümmert sich um mich.

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