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SWR4 Abendgedanken

Viele Menschen, vor allem ältere, kennen noch das Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben“. Zu Beginn des Sommers wird es heute noch in vielen Gottesdiensten gesungen. Früher sind die ersten Strophen auch bei Dorffesten und in Landvereinen gesungen worden. Die erste Hälfte des Liedes spricht die Naturverbundenen an: „Die Bäume stehen voller Laub“ und: „Die Lerche schwingt sich in die Luft“ Aber auch: „Der Weizen wächset mit Gewalt.“ In meiner Kinderzeit im Kindergottesdienst und bei manchen Festen haben wir uns auch auf die erste Hälfte des Liedes beschränkt.
Später, als ich mich mit dem ganzen Lied befasst habe, habe ich entdeckt, dass Paul Gerhardt bei aller Freude an der Schöpfung und dem Leben hier und heute, den Blick weiten will. Er verlockt zu einem Blick hinter den Horizont.
Er will Sehnsucht nach dem Himmel wecken. Er besingt das mit alten Bildern:
„Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du’s uns so lieblich gehen
auf dieser armen Erden;
was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt
und güldnen Schlosse werden.“
Mir gefällt an dem Sommerlied von Paul Gerhardt mit den Himmelsstrophen, dass er beides zusammen hält: hier und heute das Leben dankbar genießen und mich auf ein Leben nach dem Tod freuen. Der Liederdichter will mir helfen, dass ich mich auf den Himmel freuen kann.
Mich sprechen diese Bilder an. Mir sagen sie: Es gibt mehr als das, was wir heute erfahren. Ich darf mich auch auf ein Leben nach dem Tod freuen. Dabei muss ich das Leben auf der armen, vergänglichen Erde nicht schlecht machen. Aber ich muss es auch nicht krampfhaft festhalten. Ich muss nicht alles haben. Ich kann anderen gönnen, was sie können und haben, und kann mich mitfreuen. Ich kann abgeben und teilen. Ich meine, wer mit dem Himmel, mit einem Leben nach dem Tod rechnet, kann besser mit dem Unvollkommenen umgehen und mit dem, was nicht so gelingt. Das Leben hier und heute und das Leben in der Ewigkeit sind beide von Gott gegeben. Daran möchte ich mich halten.

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SWR4 Abendgedanken

Zum Sommerbeginn gehört für mich das Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben“. Ich singe es beim Joggen und beim Gottesdienst im Grünen mit der Gemeinde. Mit den Kindern haben wir es gesungen, als sie klein waren. Ich habe das Lied mit seinen 15 Strophen in den letzten Jahren auswendig gelernt. Zugegeben manche Worte und Bilder klingen altertümlich und fremd für unsere Zeit, wie: „Die Glucke führt ihr Völklein aus“. Bei manchen Aussagen schmunzle ich. Ich liebe es trotzdem. Es ist mein Lied für den Sommerbeginn. Und wie mir manche bestätigt haben, ihres auch.
Manche Strophen haben in meinem Leben ihren besonderen Platz. Die Strophe von der „unverdrossnen Bienenschar“, die ständig hin- und herfliegt, erinnert mich an einen längst verstorbenen Imker. Zu Beginn des Sommers haben wir jedes Jahr einen Gottesdienst auf seiner Bergwiese mit ihm zusammen gefeiert. Da durften wir die Strophe von der „unverdrossnen Bienenschar“ nicht weglassen. Eine andere Strophe fällt mir im Freibad ein. Diese Strophe besingt das „Lustgeschrei der Schaf und ihrer Hirten“. Das habe ich in Natura zwar nie gehört, aber immer mit Kindern im Freibad in Verbindung gebracht. Lust am Leben, sich austoben dürfen. Da spricht mir das alte Lied aus dem Herzen.
„Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben“. Das Lied hat etwas herzhaft Kindliches. Es ermuntert, dass ich mich auf den Weg mache. In der Natur spaziere. Aufmerksam hinschaue und hinhöre. Pflanzen und Tiere als Gabe Gottes des Schöpfers ansehe. Beim intensiven Betrachten soll mir das Herz aufgehen. Ich soll ins Staunen kommen, nichts für selbstverständlich halten und die Geschöpfe Gottes für so wertvoll, dass sie bewahrt werden.
Irgendwie kann ich Paul Gerhardt zustimmen, wenn er im aufmerksamen Wahrnehmen der Schöpfung nicht anders kann, als Gott zu loben, den Schöpfer des Lebens:
„Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun
erweckt mir alle Sinnen.
ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt
aus meinem Herzen rinnen.“
Da stimme ich gern mit ein, kindlich und herzhaft und singe mit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20099
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SWR4 Abendgedanken

Heute vor 600 Jahren wurde Jan Hus beim Konzil in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Er hatte gegen Missstände in seiner damaligen Kirche gepredigt und geschrieben. Zu machtvoll war sie ihm, zu reich und zu verdorben. Jan Hus kämpfte für eine Reform der Kirche. Sie sollte Jesus Christus allein zum Oberhaupt haben. Kirchliche Hierarchien waren ihm verdächtig. Die Bibel sollte allein als Autorität gelten. An ihr sollte sich alles Leben in der Kirche ausrichten. Beim Abendmahl sollen alle Brot und Wein gereicht bekommen. So hat er das Abendmahl zu seiner Zeit gefeiert. In der Bethlehemskirche in Prag hatte er auf Tschechisch gepredigt. Er hatte einen großen Zulauf aus dem Volk.
Aber natürlich: die Kirchenleitung sah ihn als Bedrohung. Deshalb wurde er zum Konzil eingeladen. Auf dem Konzil von Konstanz sollte die Kirche befriedet werden. Verwirrung hat es gegeben um den rechtmäßigen Papst. Ein neuer gemeinsamer Papst sollte gewählt werden. Auf dem Weg zu dieser Papstwahl hat man auch mit anderen Widerständen in der Kirche aufgeräumt. Zunächst wollte man mit Jan Hus verhandeln und ihn zum Widerruf seiner Lehren bewegen. Aber dann ist er doch - heute vor 600 Jahren – auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Zwar hatte ihm der deutsche König Sigismund freies Geleit versprochen, aber sich nicht wirklich dafür eingesetzt. „Hus“ heißt auf Tschechisch „Gans“. Kurz vor seiner Verbrennung soll Jan Hus deshalb gesagt haben: „Heute bratet ihr eine Gans, aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen.“ Später wurde dieser Ausspruch von manchen auf Martin Luther hin gedeutet, der ja in vielem genauso gedacht und gepredigt hat wie Hus.
Jan Hus ist bis heute in Tschechien eine Symbolgestalt. Auf dem Altstädter Ring in Prag steht eine Steinfigur von ihm in überdimensionaler Größe.
Wie gedenken wir des Märtyrers Jan Hus? Ich meine durch ehrliches Bedauern, wie das Papst Franziskus ausgedrückt hat. Die Frage nach der Wahrheit darf nie durch Macht gelöst werden. Und dann wünsche ich mir, dass ich auch den Mut habe zu dem zu stehen, was für mich unverzichtbar wichtig ist, für meinen Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Christus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20098
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SWR4 Abendgedanken

Miteinander beten verbindet. Das erleben christliche Frauen weltweit in jedem Jahr am ersten Freitag im März. Heute also. Heute ist der Weltgebetstag der Frauen.
Beim Weltgebetstag wird immer auch das Gebet gebetet, dass Jesus seinen Nachfolgern beigebracht hat, das Vaterunser. Es ist das Gebet, dass die Welt umspannt. Im Vaterunser ist alles aufgehoben, was das Leben schön und was es schwer macht. Die Bitte um das tägliche Brot hat da Platz, damit die Sorgen um die Ernährung uns nicht entmutigen. Aber auch die Vergebung der Schuld kommt darin vor, damit wir nicht unversöhnlich gegeneinander, sondern miteinander im Frieden leben.
Das Außergewöhnliche am Vaterunser sind die drei ersten Bitten. Da geht es um Gott selbst. Da bitten wir, dass Gottes guter Wille in unserem Leben sich entfalten kann gegen alle Bosheiten. Das Vaterunser ist auch die Grundlage für den Weltgebetstag. Das Vaterunser erinnert Menschen auf der ganzen Welt, dass Gott wie eine liebende Mutter und wie ein guter Vater zu uns ist.
Der Weltgebetstag für dieses Jahr wurde von Frauen von den Bahamas vorbereitet. In fast jeder Kirche findet er heute Abend auch bei uns in Deutschland statt. Vor allem Frauen danken Gott für das Leben und in diesem Jahr besonders für die prachtvolle Schöpfung, wie man sie zum Beispiel auf der Inselwelt der Bahamas mit ihren malerischen Küsten finden kann. In den Gebeten wird Gott aber auch geklagt, wo Leben in Gefahr ist. Geklagt wird die Gewalt gegenüber Frauen, auch die häusliche Gewalt in vielen Familien. Das ist eine große Not auf den Bahamas.
Der Weltgebetstag ist eine erfreuliche globale Veranstaltung. Nicht alles Globale auf unserer Welt ist erfreulich. Bei globalen Veranstaltungen und Vernetzungen muss man genau hinschauen, wer die Gewinner und wer die Verlierer sind.
Beim Weltgebetstag gibt es nur Gewinnerinnen. Denn eine weltweite Gebetsgemeinschaft, in der Frauen einander mitteilen, was das Leben schön und was es schwer macht, so eine Gemeinschaft bereichert alle.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19311
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SWR4 Abendgedanken

Wer in einer Krise steckt, der braucht nicht gute Ratschläge und auch nicht Kritik und Ermahnungen. Wer in einer Krise steckt, der fragt: Wie komme ich da raus? Und da helfen am besten die Erfahrungen, die andere gemacht haben. Menschen, die auch Krisen durchgestanden haben. An deren Erfahrungen kann ich mich in meiner Krise vielleicht orientieren.
Vor Kurzem habe ich einen Kurs durchgeführt, da haben wir das versucht.  Wir haben nach den Erfahrungen des Propheten Elia gefragt. Der war auch in eine tiefe Krise geraten – und hat den Weg da heraus gefunden. Seine Geschichte wird in der Bibel erzählt.
Im Kurs haben wir einander Situationen geschildert, in denen Krisen entstehen. Zum Beispiel, wenn wir jemanden durch den Tod verlieren oder weil sich jemand von uns trennt. Wenn Prüfungen vor einem liegen, geraten manche Menschen in Krisen.

 

Dann haben wir auf Elias Geschichte geschaut. Elia war in die Krise geraten, als er eben einen triumphalen Sieg errungen hatte. Aber er hat sich übernommen. Er ist zu weit gegangen und hat Schreckliches angerichtet. Als er dann noch von der Königin Isebel, seiner Widersacherin, seine Tötung angekündigt bekommt, hat das ihn in eine schwere Krise gestürzt. Mein ganzer Einsatz für den Gott Israels ist umsonst gewesen, sagt er und wünscht sich den Tod herbei. Er erbittet ihn von Gott. Er sucht ihn im Schlaf in der Wüste.
Gott reagiert anders, als Elia es sich wünscht. Er schickt ihm einen Engel. Der gibt ihm Brot zu essen und Wasser zu trinken. Der richtet ihn wieder auf. Er macht ihm keine Vorwürfe. Aber er schickt ihn auf einen langen Weg. Er soll Gott begegnen. Und dann begegnet ihm Gott ganz anders, als er es erwartet hat, nicht im Sturm, nicht im Erdbeben und nicht im Feuer. Nicht so wie es sich Elia immer vorgestellt hat. Gott begegnet ihm ganz behutsam und zart. Er spricht ihn ganz leise an. So kann Elia die Höhle verlassen, in der er sich verkrochen hat, und Gott neu begegnen. Die Krise hat ihn für eine neue Sicht von Gott vorbereitet.
Gott will Elia nicht für sein Versagen bestrafen. Er will, dass er lebt und reif wird, gerade durch seine Krise hindurch. Deshalb glaube ich: Krisen sind Chancen. Es gibt kein lebendiges Leben ohne Krisen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19310
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SWR4 Abendgedanken

Angst gehört zu unserem Menschsein. Angst ist wichtig. Angst warnt vor Unvorsichtigkeit. Angst ist ein Seismograph. Sie hilft mir spüren, wenn ich bedroht bin. Angst ist unverzichtbar. Aber Angst ist kein guter Ratgeber. Wer sich von der Angst leiten lässt, schlägt leicht einen falschen Weg ein. Wer Angst hat reagiert hektisch. Dann kann eine Situation noch schlimmer werden.
Angst kann man nicht weg reden und nicht auf Dauer verdrängen. Gegen Angst hilft nur Vertrauen. Als ich ein Kind war, habe ich im Dunkeln Angst gehabt. Aber wenn meine Mutter bei mir war, war die Angst viel kleiner oder ist sogar ganz verschwunden. Als ich älter wurde, habe ich ein Lied gegen die Angst entdeckt, ein Lied des Vertrauens, ein altes Lied. Es stammt aus einer Zeit, die viel Angst und Leid mit sich gebracht hat, die Zeit des 30-jährigen Kriegs vor 400 Jahren. Da hat Paul Gerhardt ein Lied gegen die Angst gedichtet. Es beginnt so:
„Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich;
so oft ich ruf und bete, weicht alles hinter sich.“
Paul Gerhard in seiner Angst hat sich am Apostel Paulus orientiert. Denn das Lied ist eine Vertonung von einem Bibelwort. Es heißt so: „Wenn Gott für uns ist, wer kann sich dann noch gegen uns stellen? … Was kann uns von Christus und seiner Liebe trennen? Etwa Leid, Angst oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder gar die Hinrichtung?“ Gewaltige Worte gegen die Angst sind das. Der Apostel Paulus hat sie an die Gemeinde in Rom geschrieben. Paulus hat gewusst, wovon er schreibt. Er ist verfolgt, gefangen genommen und ausgepeitscht worden. Er hat Angst gehabt und Schmerzen erlitten. Aber mitten in diesen schrecklichen Zeiten, schreibt er, hat er gespürt: Gott lässt mich nicht los und hilft mir, das alles zu ertragen.
Auch in unserer Zeit gibt es vieles, was einem Angst machen kann. Da will auch ich mich an die Erfahrung des Paulus halten. Dasa Motto, dass die evangelische Kirche für diesen Monat März ausgesucht hat, erinnert mich daran. „Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?“ Mit diesem Satz tröstet und ermutigt mich der Apostel Paulus auch heute.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19309
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SWR4 Abendgedanken

„Sie gehen doch bald in den Ruhestand“, bekomme ich in letzter Zeit des Öfteren zu hören. Da zucke ich zusammen. So sehe ich die kommende Lebenszeit nicht. „Ruhestand“ finde ich nicht den richtigen Ausdruck. Wenn die Berufszeit zu Ende geht, dann erhält ein Mensch sein Auskommen, ohne noch etwas zusätzlich leisten zu müssen. Aber ich finde: wenn jemand noch Freude und Kraft hat, sich einzubringen, dann sollte er nicht in den Ruhestand treten.
Es gibt viel zu tun!

Wenn zukünftig bei meiner Berufsbezeichnung die beiden Buchstaben stehen „i.R.“, lese ich nicht: im Ruhestand, sondern „in Rente“. Ich kann vom Eingezahlten leben. Ich kann mich aber ehrenamtlich einbringen – in einem anderen Bereich vielleicht. Da wo ich berufstätig war, da sollen ruhig andere Neues versuchen Aber: Es gibt vieles, wofür ich zu wenig Zeit hatte. Jetzt habe ich dafür Zeit.

 „I.R.“ – heißt für mich aber auch „in Reduktion“. Ich darf reduzieren. Ich gebe ab, was ich größtenteils gern gemacht habe. „Du bist zu beneiden“, hat mir ein guter Bekannter gesagt, „Du darfst von der Pflicht zur Kür wechseln.“ Machen, was ich gut kann und gern mache, etwas vom dem machen, was ich schon immer gern machen wollte, darauf freue ich mich. Aber reduzieren eben, auf keinen Fall mit demselben Einsatz weitermachen. Aus dem bisherigen Arbeitsbereich werde ich mich herausnehmen und dem Nachfolger nicht im Weg stehen.

„I.R.“ heißt für mich auch „in Reichweite“. Ich kann befragt werden, klären helfen, unterstützen, wenn ich gebraucht werde. Es ist in Ordnung, dass ich nicht in Reserve gehe und auch nicht in Rufweite. Nein, Reichweite genügt. Erreichbar sein, wenn ich nötig bin.

In Rente, in Reduktion, in Reichweite. Das verbirgt sich für mich hinter den beiden Buchstaben „i.R.“ Ich verbinde das mit viel Dankbarkeit für mein Berufsleben. Ich danke Gott, meinem Schöpfer dass ich gebraucht worden bin und dass ich meinen Arbeitsplatz ausfüllen konnte. Ich bitte ihn um den Segen, noch eine Zeit lang meine Erfahrungen und Begabungen einbringen zu können, mit den Kräften und Möglichkeiten, die Gott mir lässt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19308
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SWR4 Abendgedanken

„Macht euch keine Sorgen!“ Das steht heute in den Losungen. Die Losungen gibt es seit 285 Jahren. Für jeden Tag stehen in einem kleinen Buch zwei Verse aus der Bibel, einer aus dem Alten Testament und einer aus dem Neuen Testament. Heute beginnt das Wort aus dem Neuen Testament so: „Macht euch keine Sorgen!“

Wie soll ich das verstehen? Sorgen gehört doch zu unserem Leben. Sorgen ist wichtig. Ich mache Besorgungen, weil ich dafür sorgen muss, dass ich ausreichend zum Essen habe. Eltern sorgen für ihre Kinder, dass sie etwas zum Anziehen haben. Fürsorge und Vorsorge – das gehört zu unseren Aufgaben. Fürsorge und Vorsorge, die müssen sein. Die können also nicht gemeint sein bei der Aufforderung: „Macht euch keine Sorgen!“

Aber was meint dann der Apostel Paulus?

Ich verstehe ihn so: Es gibt ein Sorgen, dass mich am Leben hindert. Da dreht sich alles um mich selbst und um das, wofür ich verantwortlich bin. Wenn die Sorge um das Essen oder die Fürsorge für die Kinder im Mittelpunkt meines Lebens stehen, kann mich das lähmen. Die Sorgen bedrücken mich. Dagegen schreibt Paulus: Sorgen sollen mich nicht hindern gern zu leben und mich am Leben zu freuen.

 „Macht euch keine Sorgen!“ Das entlastet mich und befreit mich. Paulus schreibt an seine Freunde in der Stadt Philippi: „Macht euch keine Sorgen! Im Gegenteil! Wendet euch in jeder Lage an Gott. Tragt ihm eure Anliegen vor – in Gebeten und Fürbitten und voller Dankbarkeit.“ Mir sagt das: Ich muss meine Sorgen nicht für mich behalten. Ich kann sie vor Gott  aussprechen. Ich kann ihm nennen, was mir Sorgen macht. Was aus meinen Kindern wird oder im Alter mit mir. Ich kann ihm auch die Sorgen sagen, die andere Menschen betreffen und auch den so sehr bedrohten Frieden in der Welt.

Dafür kann ich ihn bitten. So kann ich meine Sorgen los werden. Das macht mich frei. So kann ich mich für das einsetzen, was mir aufgegeben ist und was mir zu tun möglich ist. Abgeben und teilen. Mich einsetzen für andere, die mich brauchen. Nicht um mich selbst kreisen und um meine Sorgen. Darum also: Macht euch keine Sorgen!

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SWR4 Abendgedanken

Morgen ist Heilig Abend. Ich freue mich vor allem auf den Gottesdienst in der Christnacht. Wie jedes Jahr singen wir dann eines der schönsten Weihnachtslieder:
"Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.“
Zuerst wird es dunkel sein in der Kirche, nur eine Kerze auf dem Altar wird brennen.
Dann hören wir Worte aus der Bibel, die das Kommen des Heilands der Welt versprechen. Nach jeder Lesung werden Lichter angezündet. Am Ende haben alle, die die Christmette mitfeiern, ihre Kerzen entzündet und auch die Lichter des Christbaumes leuchten.
Die Lichter machen deutlich, wie das ist, wenn Gott zur Welt kommt. Die Menschen spüren, wie es hell wird, wo sie bloß Dunkelheit und Sorgen gesehen haben.
Und wer morgen nicht zum Gottesdienst gehen kann – warum auch immer? Ich meine, man kann auch für sich allein das alte Lied wieder entdecken, es singen oder summen:
„Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.“
Dietrich Bonhoeffer, der Theologe und Widerstandskämpfer und Märtyrer im Dritten Reich, hat am 4. Advent 1943 aus dem Gefängnis an seinen Freund geschrieben: "Außerdem habe ich zum ersten Mal in diesen Tagen das Lied: 'Ich steh an deiner Krippen hier...' für mich entdeckt. Ich hatte mir bisher nicht viel daraus gemacht. Man muss wohl lange allein sein und es meditierend lesen, um es aufnehmen zu können. Es ist in jedem Wort ganz außerordentlich gefüllt und schön." Bonhoeffer hat am eigenen Leib erfahren, was in diesem Weihnachtslied so beschrieben wird:
"Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne."
Aus diesem Weihnachtslied hat er Hoffnung geschöpft und Kraft. Selbst in seiner Gefängniszelle hat er sich nicht einsam gefühlt. Er hat die Nähe Gottes gespürt. Die hat ihn getragen. „Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.“
Ich liebe es auch, dieses Lied, besonders diese Strophe, die mich erinnert, dass Jesus die Sonne ist, die mir Licht, Leben, Freud und Wonne bringt.
Das lässt mich etwas ahnen vom Geheimnis des Weihnachtsfestes und der Geburt des Gottessohnes in unserer Welt. Wir sind Gott teuer und lieb. Das macht mir die Welt hell.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18889
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SWR4 Abendgedanken

Nur noch zwei Tage bis Heilig Abend. Für manche ist noch viel zu tun. Das Weihnachtsfest will vorbereitet sein. Letzte Geschenke einkaufen, den Baum schmücken, alles für das Essen richten.
Aber wozu das alles? Manchmal gerät das in Vergessenheit in all dem Trubel. Mir helfen alte Adventslieder, damit mir der Sinn für Weihnachten nicht verloren geht. Eines habe ich besonders gern:
"Es kommt ein Schiff, geladen bis an sein' höchsten Bord,
trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewigs Wort."
Die getragene Melodie und die gelassenen Worte malen das Bild eines gemächlich auf dem Rhein dahintreibenden Schiffes. Es ist voll geladen. Da ist Eile nicht angebracht. Die Worte und die Melodie des Adventsliedes machen mich neugierig.
Was ist das für ein Schiff? Was trägt es mit sich? Was bringt es zu uns?
Ich entdecke, es geht um eine Person. Die ist vom ewigen Gott in die Welt gesendet worden: "Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewigs Wort." Das sagt deutlich, wie kostbar und einzigartig diese Person ist. Das Schiff, das den Sohn Gottes trägt, bringt das Geschenk der Liebe Gottes zu uns Menschen.
Das Adventslied lädt mich ein das Geschenk Gottes bewusst anzusehen und anzunehmen. Ich werde nach Bethlehem zum Stall geführt, dahin, wo Gottes Sohn zur Welt gekommen ist. Das ist kein großartiger Platz. Da leben Menschen ziemlich verloren und einsam.
"Zu Bethlehem geboren im Stall ein Kindelein,
gibt sich für uns verloren; gelobet muss es sein."
Dahin geht Gott. Und nur wer bereit ist, auch zu den Einsamen und Verlorenen zu gehen, nur der kann richtig Weihnachten feiern. Der kann dieses Kind in Empfang nehmen.
Mich erinnert das an Heilig Abend in meiner Jugendzeit. In einer kleinen Gruppe sind wir nachmittags in die Obdachlosenunterkunft gegangen. Wir haben die Weihnachtsgeschichte vorgelesen, einige Weihnachtslieder gesungen und ein paar Geschenke verteilt. Die Männer und Frauen ohne eigenes Zuhause sind davon angerührt worden und wir auch. Mit ihnen zusammen haben wir Weihnachten gefeiert und uns über das Geschenk Gottes gefreut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18888
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