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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

26JAN2025
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Mitten unter uns gibt es ein Problem, das noch viel zu wenig angegangen wird. Jeder fünfte Erwachsene fühlt sich einsam. Offensichtlich nimmt diese Zahl sogar zu – und das nicht nur, weil immer mehr Menschen alleine leben. Der Anteil der Einpersonenhaushalte liegt in unserem Land inzwischen bei mehr als 41 %. Aber auch inmitten der eigenen Familie bleibt die Sehnsucht nach Kontakt und Zugehörigkeit oft unerfüllt. Man kann sich auch einsam fühlen, obwohl man viele Bekannte hat oder eigentlich überhaupt nicht alleine ist.

Eine solche Geschichte wird im Johannesevangelium der Bibel erzählt. Da kommt eine Frau in der heißen Mittagszeit an den großen Brunnen ihres Heimatortes, um Wasser zu schöpfen. Normalerweise macht man das am frühen Morgen oder dann wieder gegen Abend. Dann wird der Brunnen zum lebendigen Treffpunkt: Es wird geredet, man tauscht sich aus und erfährt das Neueste.

Die Frau müsste also nicht alleine sein am Brunnen. Geht sie den anderen bewusst aus dem Weg? Vielleicht, denn über Mittag ist normalerweise niemand hier. Aber heute sitzt Jesus am Brunnen und er bittet sie um Wasser. Sie ist verwundert. Jesus ist Jude, sie Samariterin. Normalerweise meiden Juden diese Gegend und sie wollen auch nichts mit den Samaritern zu tun haben. Schnell sind sie im Gespräch miteinander. Und plötzlich geht es um mehr als Wasser, auch um mehr als den alten Streit zwischen Samaritern und Juden um eine bestimmte Glaubensrichtung. Es geht um sie, um ihr Leben, um ihre unerfüllten Beziehungen.  Warum sie vielleicht die anderen meidet und das Gefühl hat, nicht verstanden zu werden. Nicht gesehen zu werden, mit den eigenen Wünschen oder Sorgen, das macht einsam.

Jesus geht auf ihre Fragen ein. Er spürt ihren Wunsch, ihr Sehnen, dass ihr Leben nochmals eine Wende erfahren kann. Es geht jetzt nicht mehr um die Vergangenheit. Es geht mit jedem Satz im Gespräch um das Jetzt und um ihre Zukunft. Sie weiß um den kommenden Messias, der den Schwachen und Einsamen helfen wird. Sie hofft auf diesen Retter Gottes. Und Jesus sagt zu ihr: „Ich bin’s, der mit dir redet.“

Das Gespräch mit Jesus hat diese Frau offensichtlich angerührt und ihre Haltung verändert. In ihr ist etwas heil geworden – hat sie mit neuer Hoffnung erfüllt. Jesus hat zu ihr am Brunnen gesagt:

„Wer von diesem Wasser hier trinkt, wird wieder Durst bekommen. Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben. Denn das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.“

Plötzlich weiß die Frau, was zu tun ist. Sie lässt ihren Krug am Brunnen stehen. Sie läuft in die Stadt hinein. Sie kann wieder auf andere zugehen und sie hat weit mehr als Wasser nur für sich dabei. Sie spricht zu den Leuten: „Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe, ob er nicht der Christus sei!“ Die Geschichte ist schnell zu Ende erzählt. Diese Frau wurde tatsächlich zur Quelle und zum Wegweiser für andere. Jesus wurde in der Stadt Sychar mit offenen Armen aufgenommen und er blieb einige Tage dort. Viele fanden damals zum Glauben an ihn. Ein neues Miteinander ist entstanden.

Und heute? Gar nicht so viel anders. Wenn Menschen sich gesehen und verstanden wissen von Gott. Manchmal spürt man plötzlich, dass Gott etwas lenkt, die Gedanken und das eigene Herz neu erfüllt. Gott schenkt solche Momente, in denen die Einsamkeit durchbrochen und ein neues Miteinander, der Blick nach vorne geschenkt wird. Das haben wir gerade jetzt bitter nötig: Nicht noch mehr auseinanderstreben, sich aus dem Weg gehen oder verurteilen und sich immer einsamer erleben.

Jesus hat der Frau am Brunnen und den Menschen in Sychar ein neues Miteinander geschenkt. Dafür bete ich auch für unsere Gesellschaft. Und dass Gott solche Brunnengespräche und Neuanfänge schenkt.

Ja, auf Jesus trifft man bis heute überraschend, nicht nur einsam am Brunnen oder mit vielen im Gottesdienst, manchmal auch, wenn man auf einen einzigen, einsamen Menschen zugeht.

Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen – und einen gesegneten Sonntag.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

10NOV2024
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Gerade jetzt, wenn die Tage immer kürzer werden, genieße ich jede einzelne Sonnenstunde. Jeden Morgen hoffe ich inständig, dass der Nebel sich verflüchtigt und etwas vom Gold des Herbstes in meinen Alltag leuchtet. Und ich brauche auch noch ein anderes Licht. Ein Hoffnungslicht. Denn dunkel sind nicht nur die Tage, selbst hier bei uns bangen viele um ihren Arbeitsplatz. Da schrumpft die Zuversicht. Ich brauche Hoffnungsbilder!

Heute, am Sonntag, ohne den Alltagsstress geht das leichter. Da sind die Gedanken freier. Frei, um nicht nur die eigenen Grenzen, sondern auch die Möglichkeiten Gottes wahrzunehmen. Oft genügt ein kleiner, heller Punkt am Horizont, um die eigene Hilflosigkeit zu überwinden, ein Licht, an dem ich mich neu ausrichten kann.

Bei mir sind es oft bestimmte Bibelworte. Sie beschreiben zum Beispiel, wie Gott Gerechtigkeit und Frieden, ja himmlische Zustände herbeiführen wird. Ein solches Wort von Gottes Hilfe hat der Prophet Micha vor 2800 Jahren formuliert. Es ist ein ganz wirkungsvolles Bild, und auch bei mir setzt es Hoffnung frei, – obwohl die Umstände heute ganz andere sind.

Micha sagt: Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 

Ein wunderbares Bild von einer Friedenszeit! Ich sehe den Schmied vor mir, wie er mit kräftigen Schlägen das glühende Eisen formt und Schwerter zu Pflugscharen macht… Wie die Leute aufhören, sich gegenseitig umzubringen und stattdessen gemeinsam das Feld bestellen …

Andererseits frage ich mich: ist das nicht naiv, angesichts der vielen gegenwärtigen Konflikte, einfach unrealistisch, was Micha da vor sich sieht?  Wie soll das Wirklichkeit werden? Es passiert doch eher das Gegenteil: Die Kriegsmaschinerie wird aufgebläht; es wird in Rüstung investiert.

Auch Micha hatte diesen Sätzen harte Kritik an den damaligen Zuständen vorangestellt und nichts beschönigt. Micha war Realist. Er meinte also nicht, dass es ab sofort keine Konflikte und keinen Krieg mehr gibt, und schon gar nicht, dass Menschen diese Konflikte und andere Probleme einfach im Handumdrehen lösen könnten.

Nein, so nicht. Das Bild vom Schmied, der aus Schwertern Pflugscharen macht, ist eher eine Vision, die von der Zukunft her denkt. Vom Ziel, das Gott mit der Welt vorhat. Ein Zukunftsbild, das Gottes Willen ernst nimmt, ihn einbezieht. Es ist die Hoffnung, die sehnsüchtig darauf wartet, dass Gott etwas tun und die Dinge wenden wird. Micha glaubt daran. Er ist überzeugt, dass Gott die Dinge heilt. Und von diesem Bild, dass Gott tatsächlich einschreitet, von diesem Ende der Entwicklung her, strömt neue Kraft und Hoffnung in die Gegenwart hinein.

Ich habe gelernt, dass man ein Problem am besten lösen kann, wenn man es von seinem Ziel her betrachtet. Wenn ich klar vor Augen habe, wie das gute Ende aussehen soll, dann kann ich auch die schwierigen Schritte dorthin durchdenken. Viele Dinge scheitern, wenn man wie fixiert auf die Schwierigkeiten starrt, die sich bis zu einer Lösung vor einem auftürmen oder sich im Kleinklein der Problemlösungen verzettelt. Wenn das Ziel aber klar ist, dann kann jeder leichter darauf zugehen.

Diese Sätze habe ich in einem Vortrag gehört. Eigentlich ging es um große Bauvorhaben mit vielen Beteiligten. Und wie man Architekten, die vielen Handwerker, aber auch Bauherren und Planer besser untereinander zu Abstimmungen bringt. Gerade bei schwierigen Vorhaben haben die Projektentwickler die Erfahrung gemacht, dass nicht jeder Beteiligte nur seine Aufgabe und seine Interessen verfolgen sollte, sondern immer auch das große Ganze im Blick behält, alle miteinander ein gemeinsames Zielbild vor Augen haben. So kommt man schneller und besser ans Ziel.

Und ich habe mich gefragt: Ist es mit dem Glauben an Gott nicht ganz ähnlich? Wenn ich mich allein in meine Zweifel und Anfragen vergrabe, dann werden sie oft immer größer. Aber wenn ich mich mit anderen darüber austausche, wenn ich von meinen eigenen Erfahrungen und Hoffnungen berichte, auch einfach mal zuhöre, die Worte auf mich wirken lasse, dann kommt etwas in Gang. Bei mir selbst und bei anderen. Miteinander die Hoffnungsbilder teilen, miteinander vertrauen, sich inspirieren lassen und dann auch mutige Schritte tun, da kommt etwas in Bewegung.

Ich habe schon oft gestaunt, was in Gesprächen über den Glauben alles passiert ist oder in ganz normalen Gottesdiensten. Plötzlich fühle ich mich angesprochen und bin berührt. Oder ich erkenne, wie Gott schon längst am Wirken ist und Neues schafft.

Auch Frieden! In Familien! Zwischen Völkern und Ländern. Auch wichtige Fragen in unserer Gesellschaft, in unserer Welt, die sonst kaum lösbar sind, können neu gesehen, durch Beten und entschlossenes, positives Handeln vorangebracht werden. Und manches löst sich sogar wie durch ein Wunder. Weil Gott wirkt.

Neue Hoffnung wünsche ich Ihnen heute am Sonntagmorgen, und von Herzen Gottes Segen.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

18AUG2024
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Von meinen Enkelkindern lerne ich nochmals neu, wie einfach und schön „Leben“ und „Glauben“ geht.

Es war am ersten Sonntag im August: Meine Frau und ich haben mit den beiden Kleinsten einen Ausflug in den Höhenpark Killesberg in Stuttgart gemacht. Und auf der Heimfahrt fragt die Vierjährige ihren kleineren Bruder, der im Kindersitz neben ihr sitzt: „Sag mal Eli, findest du die Blumen auf dem Killesberg schön?“ Der Zweijährige will erst nicht antworten. Also bohrt sie nach: „Findest du die Blumen schön.“ Darauf vom kleinen Bruder ein knappes Ja. Sie weiter: „Und sag mal Eli, findest du das Bähnle dort schön?“ Nochmals ein knappes Ja. Dann die dritte Frage: „Sag mal Eli, findest du das Leben schön?“

Diese Frage hat mich ehrlich überrascht. Ob der kleine Eli geantwortet hat, habe ich gar nicht mitbekommen, denn ich habe mich im Stillen unwillkürlich selbst gefragt: „Findest du das Leben eigentlich schön?“ Und kann man darauf so einfach mit Ja oder Nein antworten? Wie schnell bin ich beim „Ja,aber…“. Das Leben und mein Alltag sind eben nicht immer nur leicht. Ich spüre, dass ich allmählich älter werde - auch nicht gerade schön. Und wer weiß, was die Zukunft für mein Leben und das meiner Enkel bringen wird… So manches lastet fast dauerhaft auf der Seele und den Gedanken.

Meine Enkelin dagegen hat einfach den Ausflug schön gefunden. Sie hat ihn genossen. Und nicht an den Tag gestern im Kindergarten gedacht. Und schon gar nicht daran, wie es später – in ein paar Jahren - in der Schule für sie sein wird. Oder ob, was sie einmal arbeiten wird. Was wir heute erlebt haben, war gut und schön. Die Fahrt mit dem Killesberg-Bähnle, die vielen Blumen, das alte Karussell, sie und ihr Bruder auf den Holzpferden, das Eis und jetzt gemütlich noch ein bisschen etwas im Auto snacken.

Das Leben ist schön. So drückt sich natürliche Dankbarkeit aus. Einfach mal einen Moment zufrieden sein. Der kleine Bruder sollte natürlich auch miteinstimmen. Und dann passt und stimmte das Leben für diesen Abend.

Die Frage meiner Enkelin klingt bei mir immer noch nach: „Findest Du das Leben schön?“ Ja, ich finde das Leben schön und lasse heute das „Aber“ ganz beiseite. Es kann warten bis Morgen. Und den schönen Tag heute, den nehme ich mit. Den halte ich fest.  Dafür bin ich Gott dankbar.

So einfach geht „Leben“ für mich heute. Und so einfach kann ich heute auch beten: Danke, Herr, für diesen schönen Tag. Danke für mein Leben. Danke für die Menschen, die dazu beigetragen haben. Viele sind das. Und jetzt auch meine Enkel. Am meisten aber du, lieber Gott, der du mir das Leben geschenkt hast.

Unsere Enkel haben mir und meiner Frau auf dem Killesberg aber auch gezeigt, wie gut es uns tut, wenn wir unbeschwert und voller Vertrauen zusammen in den Tag gehen.  

Es war am selben Tag auf dem Killesberg. Endlich hatten wir es ohne Kinderwagen mit den beiden Enkeln geschafft auf die Anhöhe zu kommen und standen dann am Fuße des eindrucksvollen Aussichtsturms. Da wollten wir unbedingt hoch.

Bis zur vierten und obersten Aussichtsplattform gibt es aber nur eine Metalltreppe, um hochzukommen. Keinen Lift. Außerdem muss man unbedingt schwindelfrei sein, denn der grobmaschige Stahldrahtzaun behindert an keiner Stelle die wunderbare Aussicht.

Da standen wir nun mit den beiden Kindern. Die Vierjährige wollte gleich allein hochrennen, was natürlich nicht ging, und den kleinen Bruder musste ich auf den Arm nehmen, ihn Stufe für Stufe hochtragen. Früher wären die 16 zusätzlichen Kilo sicher kein Problem gewesen, aber jetzt musste ich doch auf jeder Ebene erst einmal den Burschen kurz absetzen und tief Luft holen.

Ich kann eben nicht mehr so, wie früher. Aber meine Enkelin konnte ja auch nicht einfach, weil sie wollte und einfach losrennen. Aber ist das schlimm, wenn man aufeinander mehr achten und manchmal auch warten muss?

Miteinander hatten wir richtig viel Spaß und wir waren alle super stolz, als wir endlich oben angekommen sind, mit vereinten Kräften. Und haben wir die herrliche Aus- und Weitsicht einfach genossen.

Fast genauso glücklich waren wir, als wir die vielen Treppenstufen auch wieder gut hinuntergekommen sind. Unsere Enkel und wir. Die Enkel, die einfach vertraut haben, dass wir es schaffen, wenn wir sie an der Hand führen oder sie auf dem Arm tragen, mit dem uns möglichen Tempo vorwärtsgehen.

Ein kleines Erlebnis, fast sinnbildlich für das Leben und auch für den Glauben. Wie oft haben mich andere geführt und getragen, meine Eltern, gute Freunde, meine Frau. Wie oft hat wohl Gott meine Schritte in die richtige Richtung gelenkt, mich bewahrt, mich zurückgehalten oder im richtigen Moment vorwärtsgebracht, letztlich immer zu meinem Besten.

Dafür bin ich dankbar, unendlich dankbar. Das Leben ist schön. Nicht nur im Rückblick, sondern auch im zuversichtlichen Vertrauen auf Jesus Christus, der – in Person – die ausgestreckte Hand Gottes ist.

Seine Hand zu ergreifen, das wünsche ich Ihnen und einen gesegneten Sonntag.

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SWR4 Feiertagsgedanken

20MAI2024
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Hinter dem Pfingstfest steht eine besondere Geschichte. Die biblische Geschichte, wie Gottes Heiliger Geist zu den Menschen gekommen ist. Und ich habe wieder neu entdeckt, wie sie mir Mut und Hoffnung schenkt – gerade jetzt, in unseren unruhigen Zeiten.

Vielleicht geht es Ihnen auch so. Mich beschäftigt es sehr, was in unserer Gesellschaft passiert. Jugendliche, auch erwachsene Menschen gehen einfach so auf Politiker los, nicht mit Fragen oder Vorwürfen, sondern mit roher Gewalt. Unvermittelt und für die meisten unverständlich. Sicher, im Wahlkampf sind die Nerven angespannt, aber das erklärt doch nicht solche Ausbrüche.

Ist es nur eine zunehmende Verrohung oder wie es kürzlich ein Wissenschaftler ausgedrückt hat, bereits eine Durchrohung der Gesellschaft? Eine Durchrohung angesichts von andauernden Krisen und Problemen, von offensichtlich unlösbaren Interessenlagen und Konflikten, im Privaten wie weltweit.

Darüber habe ich mit einem Landtagsabgeordneten und einem meiner Arbeitskollegen diskutiert. Wie kann man dem begegnen? Der Kollege meinte, durch bessere Erziehung und Schulen, die sich kümmern. Auch durch mehr Information. Aber sind wir nicht alle bestens informiert, meinte der Politiker. Und es sei auch nicht möglich, jeden öffentlichen Platz und jede öffentliche Person rund um die Uhr zu schützen. Miteinander waren wir uns schnell einig, dass es um etwas Grundlegenderes geht, nämlich um Beziehung. Wann hört einer dem anderen noch wirklich zu? Und wer ist bereit, seine Meinung auch einmal zu ändern? Sich zu öffnen und umzudenken?  Das geht nur, wenn man vertrauensvoll miteinander reden und zuhören kann. Nicht auf die Schnelle sich gegenseitig Parolen an den Kopf knallen. Sondern in Ruhe reden, Argumente auch einmal sacken lassen, sie überdenken – und so ein Stück Weg miteinander gehen.

Genau das hat auch die Jünger um Jesus auf das Pfingstfest vorbereitet. Darauf, dass sie den Heiligen Geist Gottes empfangen haben. Es war ein langer Weg, den sie miteinander gegangen sind. Miteinander – obwohl auch sie unterschiedliche Meinungen hatten, wie es denn nun weiter gehen sollte, ohne ihren Anführer Jesus.  Der Tod von Jesus ist ein Schock für die Jünger gewesen. Dass er auferstanden ist, konnten sie zuerst kaum glauben, und dann war er in den Himmel aufgefahren und hatte sie allein zurückgelassen. Ängstlich haben sie sich zurückgezogen. Auch sie mussten das erst einmal sacken lassen, in ihrem sicheren Raum.

Bis zu dem Moment als Gott selbst eingegriffen hat. Mit seinem Geist, mit seiner Dynamik, mit einer neuen Kraft, die sie bis ins Innerste gepackt hat. Sie wollten raus, sie mussten raus. Raus aus der Isolation, auf andere zugehen, sich anderen mitteilen. Den anderen sagen, was sie mit Gott erlebt haben, dass Gott in diesen Tagen die Geschichte verändert hat, dass Jesus wieder da ist, dass er auch die Herzen und jeden einzelnen Menschen zum Besseren verändern kann. Deshalb feiern wir auch heute noch dieses Hoffnungsfest.

Ist es nicht gerade das, was wir auch gerade jetzt brauchen? Aufeinander zugehen, einander zuhören, ein Stück weit das Herz öffnen und weitersagen, was uns Mut und Hoffnung schenkt. Ein neues Miteinander wagen

Die Nachfolgerinnen und Nachfolger von Jesus waren begeistert über das, was Gott ihnen gezeigt und wie er ein neues Miteinander geschenkt hat. Und das haben sie weitergegeben – sind offen und positiv auf andere zugegangen und haben dazu eingeladen, den Weg miteinander weiterzugehen.

Kurz nach der Diskussion mit dem Abgeordneten und meinem Kollegen habe ich ein Interview mit einem Gewaltforscher gehört, der meinte:  Viele wissen gar nicht, was sie mit ihren ständigen schlechten Nachrichten, auch mit dieser andauernden und alarmierenden Untergangsrhetorik anrichten. Sie drängen andere in eine Art Notwehrhaltung. Und wer meint, sich ständig wehren zu müssen, wer sich für seine anderen Werte und Überzeugungen immer rechtfertigen muss, weiß sich unter Umständen auch nur noch mit Gewalt zu helfen. Vorsicht also mit dieser ständigen Haltung der Überlegenheit, der moralischen Überhebung.

Am ersten Pfingstfest beobachte ich eine andere Haltung. Die Ängstlichen bekommen neuen Mut, sie nehmen sich gegenseitig an. Von Geist Gottes bewegt, sprechen sie auch die fremden Menschen in der Stadt an, zeigen einander Respekt, wollen ihre Freude und ihre Entdeckung, ihren Glauben teilen.

Ja, ich wünsche mir so ein Pfingstfest auch bei uns. Heute und eigentlich immer wieder – auch durchs Jahr hindurch. Wer sich von Gott geliebt und getragen weiß, muss sich nicht zurückziehen, muss auch nicht in einer Abwehrhaltung beharren, kann aus sich herausgehen. Es gibt so viel, was uns Mut macht. Es gibt so viel, was der Glaube an Jesus uns schenkt. Es gibt so viel Hoffnung, welche die Untergangsrhetorik und auch das lautstarke Beweisen irgendeiner moralischen Überlegenheit hoffentlich schnell ablöst. Im Geist von Jesus kann so viel Gutes entstehen.

Das wünsche ich Ihnen und einen gesegneten Pfingstmontag.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

03MRZ2024
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Beim Stichwort „teuer erkauft“, was fällt Ihnen da ein? Ich musste natürlich musste ich zuerst an Geld, an hohe Summen denken. Und es gibt Sachen, die sind wirklich unfassbar teuer!

Kunstwerke zum Beispiel: Skulpturen oder Gemälde alter Meister. Im Jahr 2017 wurde ein Gemälde des Malers Leonardo da Vinci versteigert. Demselben Künstler, der auch die Mona Lisa gemalt hat. Es ist eine Darstellung von Jesus und hat den Titel: „Salvator Mundi“ oder auf Deutsch: "Der Retter der Welt."

Ein Jesus-Porträt vom legendären Leonardo da Vinci! Das war eine Sensation! Die Gebote haben sich damals überschlagen. Bei über 450 Millionen US-Dollar hat schließlich ein anonymer Bieter den Zuschlag erhalten. Teuer erkauft.

Können Sie das nachvollziehen? Dass jemand so viel Geld hergibt für ein einziges Bild? Wahrscheinlich ist der Käufer so reich, dass er das einfach so kann. Vielleicht ist er aber auch an seine Grenzen gegangen oder sogar darüber hinaus – einfach, weil er dieses einmalige, wunderschöne und kostbare Bild unbedingt haben musste. Dann hat er es „teuer erkauft“ einfach, weil es ihm das wert war.

Bei dem Stichwort „teuer erkauft“ muss ich aber auch an etwas ganz anderes denken, das mit Geld nichts zu tun hat: an die schrecklichen Kriegsbilder, an den hohen Blutzoll, der in jeden Tag bezahlt wird - für den Widerstand gegen irgendwelche Despoten und für jeden noch so kleinen Sieg im Kampf um die Freiheit.  Fast jeden Tag wird uns genau das in den Nachrichten vorgeführt, was „teuer erkauft“ eben auch bedeuten kann. Der Einsatz eines Lebens für die Freiheit.

Und heute lese ich in der Bibel im ersten Petrusbrief und höre ich im Gottesdienst (1Petr.1,18-21), dass Sie und ich, dass jeder einzelne Mensch für Gott einen so unschätzbar hohen Wert besitzt. Er lässt nicht zu, dass ich am Leben verzweifle und die Hoffnung aufgebe. Und für seinen Sohn, Jesus, ist kein Preis zu hoch, wenn er meine Freiheit teuer erkauft, durch sein eigenes Blut. Jesus ist der Retter aller Menschen und der ganzen Welt – der „Salvator Mundi“, wie in dem Gemälde von Leonardo da Vinci.

Ganz ruhig lässt Leonardo seinen Jesus erscheinen. Er blickt mich freundlich an. In seiner einen Hand hält er eine durchsichtige Glaskugel, eine Art Globus. Und die rechte Hand ist zum Segnen erhoben.

Dieser Jesus hat sein Leben für Sie und für mich eingesetzt. Sein wertvolles Blut wurde vergossen. Für mein Leben, für meine Freiheit. So unendlich viel bin ich, sind Sie Gott wert. Teuer erkauft. Mir gibt das Hoffnung und stärkt mein Vertrauen, wenn ich daran denke, dass Jesus die ganze Welt und jedes einzelne Leben in seiner Hand hält – wie die Glaskugel auf dem Bild von Leonardo da Vinci.

Jesus hat alles für mich getan und hält bereit, was ich brauche. Nämlich Freiheit. Ich muss mich nicht beherrschen lassen von den Schreckensnachrichten, die jeden Tag auf mich einströmen. Gott ist stärker. Und auch von meinen eigenen Fehlern muss ich mich nicht unterkriegen lassen. Gott wird wieder gerade rücken, was durch mich krumm und schief geworden ist. Und dafür muss nicht ich erst einmal etwas leisten und mich als würdig erweisen, sondern Gott setzt alles für mich ein, zahlt für mich den höchsten vorstellbaren Preis.

Nicht morgen, nicht irgendwann. Er hat es bereits getan. Mich teuer erkauft. Damit ich aus dieser Liebe und Hoffnung leben kann, die er mir entgegenbringt.

Und wieder muss ich an den Salvator Mundi, den Retter, den Erlöser der Welt denken. Denn in meinem Leben ist auch vieles nicht gelungen oder unweigerlich offengeblieben. Mit über 60 Jahren rückt zudem die Grenze meines eigenen Lebens näher. Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, dass er von den Toten auferstanden ist, was wir bald miteinander am Osterfest auch feiern werden.

Das ist meine Zukunftshoffnung – und es darf auch Ihre Zukunftshoffnung sein. Denn, was Christus getan hat, das gilt für jeden und jede von uns. Ob wir damit bisher viel anfangen konnten oder mit dem Glauben unsere Schwierigkeiten haben. Es geht nicht darum, was ich vorweisen kann oder eben nicht, sondern dass Christus seine Hand nach seinen Menschen ausstreckt, damit wir uns an ihm festhalten. So verstehe ich glauben. Jesus will unsere Hände ergreifen, uns halten und er will uns segnen.

Wie auf diesem wertvollen Gemälde. In der linken Hand hält Jesus unsere Welt, mein kleines Leben, meine kleine Welt, er umfängt mein ganzes Leben, ja unsere ganze Welt. Und mit der rechten Hand segnet er uns. Hier und für alle Zeiten.

Damit Liebe und Hoffnung auch mein Leben, Ihr Leben trägt und erfüllt. Das wünsche ich Ihnen heute von Herzen und einen gesegneten Sonntag.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

10DEZ2023
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Wie feiern Sie heute Advent? Mit Adventskranz und Kerzen, mit Weihnachtsmusik und Gebäck? So schön das auch ist, eigentlich braucht es nicht einmal das. Jesus sagt zum Advent: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ (Luk 21,28)

Einfach mal das Kinn und den Kopf heben, aufatmen, aufsehen. Gott kommt auf mich zu, so verstehe ich den Advent. Hoffnung und Hilfe ist schon unterwegs.

Und das haben wir gerade jetzt so nötig. Ich habe meine Kolleginnen und Kollegen gefragt, was sie denn so umtreibt und was sie sich im Advent wünschen. Alle haben über Stress geklagt. Und dass ihnen gerade vieles große Sorgen bereitet. „Seit Corona gibt es Wolken“, hat es einer auf den Punkt gebracht, „und die Wolken verziehen sich nicht mehr“.

Ein anderer hat gesagt: „Im Trubel dieser Tage klingen keine süßen Glocken.“ Er aber sehne sich nach einem Advent, der Menschen anrührt, und sie auf Weihnachten vorbereitet. Es gehe doch „um einen mutmachenden Ton, der sich verbreiten kann“.

Mir ist dabei klar geworden, dass auch ich oft ganz andere Töne verbreite, unter vielem stöhne, statt aufzusehen und selbst ein Adventsbote zu werden.

Dabei ist mir das früher ganz gut gelungen, und es hat mir Freude gemacht. Vor einigen Jahren habe ich mich mit der Kirche sogar aufs Glatteis gewagt, um Menschen den Advent nahezubringen. Mit einer aufblasbaren Kirche sind wir am Sonntagmorgen ins Heilbronner Eisstadion, die Kolbenschmidt-Arena gegangen. Und mitten unter den Leuten, die zum Schlittschuhlaufen gekommen waren, haben wir auf dem Eis die aufblasbare Kirche aufgestellt.

Über die Lautsprecher haben wir sogar Glocken läuten lassen. Es waren die des Petersdoms in Rom. Und jedes Mal, wenn das Eis aufbereitet wurde, haben wir sie läuten lassen und zu Kurzgottesdiensten und Gesprächen eingeladen.

Es war beeindruckend zu erleben, wie viele Menschen auf der Suche nach dem echten Advent und Weihnachten waren. Ein junger Mann sagte: „Klasse, dass ihr da seid. Ich brauch das.“ Ein Junge mit Migrationshintergrund, er war etwa 10 Jahre alt, wollte mir unbedingt ein Jesuslied vorsingen, dass er gelernt hatte: Hallelu, Hallelu, Hallelu, Halleluja, preiset den Herrn...
„Kirche sollte viel öfter mitten ins Leben hineinkommen“, sagte ein anderer Mann und er meinte das sehr ernst. Eine Frau, die vor Jahren sehr harte Enttäuschungen erlebt hatte, auch mit der Kirche, sagte mir: „Ich will wieder neu anfangen. Das Beten und Singen heute hat mir Mut gemacht, es gibt mir etwas.“ Und ich habe gelernt, dass es manchmal nur einen kleinen Anstoß braucht, damit es Advent wird und Menschen den Mut finden, um den Kopf zu heben und aufzuatmen – auch ganz ohne Adventskranz und Gebäck.

Auf der Eisfläche fiel mir etwas auf, was ich bisher nicht so beachtet hatte. Wenn die Schlittschuhläufer über die glatte Oberfläche fahren, ziehen sie tiefe Rillen hinein, an manchen Stellen sogar richtige Furchen und wenn einer hart bremst, bleiben sogar Löcher im Eis. Und es sammelt sich der Eisstaub, fast wie Schnee backt er zusammen, bildet richtige Brocken und kleine Hindernisse. Die Läufer haben, bevor das Eis wieder neu aufbereitet wurde, fast nur noch nach unten und auf die Stolperfallen gestarrt, um ja nicht hinzufallen.

Als ich das beobachtete, wie die Schwünge vorsichtiger gefahren wurden und die Köpfe mehrheitlich gesenkten waren, dachte ich: So geht es auch vielen von uns. Böse und enttäuschende Erfahrungen ziehen Furchen und Rillen ins Leben, es wird immer holpriger, voller Schrunden und Unebenheiten, voller Wunden und Hindernisse.

Auch ein Leben kann holprig und schwierig werden. Da braucht es Menschen, die trösten und zuhören, die ermutigen und helfen, die heilen und begleiten, die helfen, dass man den Kopf wieder heben und aufsehen kann. Weil so die Lebensbahn auch wieder geglättet und bereinigt wird. Manchmal braucht es einfach einen ersten Schritt, eine freundliche Geste, eine Ermutigung, weil jemand allein nicht mehr hören oder gar beten oder singen kann. Weil die Hoffnung auf Gott verschwunden ist.

Im tiefsten Inneren warten viele nur darauf, dass sich etwas tut in ihrem Leben. Dass sich ein sicherer Weg auftut, ohne Furchen und Löcher. Aber sie können es nicht mehr glauben. Deshalb kommt Gott, kommt Jesus auf uns zu. Und deshalb bin ich, sind Sie gerufen auf andere zuzugehen, um den Advent ins Leben dieser Menschen zu bringen. Und sei es in einer aufblasbaren Kirche wie damals in dem Eisstadion.

Auch ein Adventskranz, Kerzen und Gebäck können das. Aber eigentlich geht es auch ohne, denn Jesus sagt zum Advent: Los jetzt. Es hat längst begonnen. „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ Seht auf, lasst Euren Horizont weiten. Ich habe mich längst aufgemacht. Auch wenn Ihr selbst festsitzt, ich komme auf Euch zu, um Euch zu helfen. So verstehe ich Jesus.

Das wünsche ich Ihnen, ja uns allen, dass wir in dieser Adventszeit neu glauben, aufatmen und aufsehen – und Gottes Segen und Hilfe erleben.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

17SEP2023
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Das Beste kommt erst noch. Du hast Zukunft.“  Das klingt wie etwas, das man den Schulkindern, die gerade neu oder wieder in die Schule kommen, mit auf den Weg gibt. Du hast Zukunft. „Ich beschütze dich. Ich werde dich reich belohnen.“ Dieses Versprechen wurde einem Mann mit auf den Weg gegeben, der schon lang den Kinderschuhen entwachsen war.

Abraham hieß er. Jahre zuvor war aufgebrochen. Nicht aus der Not heraus. Auch nicht aus Abenteuerlust. Sondern weil Gott ihn berührt und angesprochen hatte. Abraham hatte Gottes Gegenwart gespürt und erkannt, dass er dieser Aufforderung folgen sollte. Er schenkte Gottes Wort Glauben. Das gibt es ja, so Momente, in denen man einfach erkennt. Jetzt ist etwas Neues dran, auch wenn es ein Wagnis ist. Und dann zieht man los und packt es an.

Abraham hatte auf Gottes Wort hin, den riskanten Aufbruch gewagt, seine Heimat, seine vertraute Umgebung, auch seine Verwandtschaft und seine ganzen Sicherheiten hinter sich gelassen. Er verließ sich darauf, dass Gott ihm ein neues Zuhause schenken wollte, weit weg von der Heimat.

Und Abraham war dort auch gut angekommen. Was er zurückgelassen hatte, wurde bald aufgewogen durch das, was er sich durch seinen Mut und harte Arbeit neu aufbauen konnte. Sein Lebensweg stand sichtbar unter Gottes Segen. Damit konnte er eigentlich zufrieden sein.

Aber da packte ihn ganz neu die Frage, was aus allem werden sollte, das er aufgebaut hatte. Die Sorge um die eigene Zukunft. Er wurde ja nicht jünger. Was sollte er hier in diesem Land, ohne Verwandtschaft, allein mit seiner Frau?

Die Sorge um die Zukunft treibt im Moment auch viele Menschen bei uns um. Nicht nur ältere Menschen. Sie wissen nicht wohin, mit diesen ganz grundsätzlichen Fragen.

Als Abraham sich diese grundlegenden Fragen stellt, da spricht Gott zu ihm. Mit einer neuen und jetzt weitergehenden Zusage: Du hast Zukunft. Ich beschütze dich. Dein Vertrauen wird dir großen Lohn einbringen. Gilt das auch für uns?

Wie kam es nun aber zu diesem neuen Versprechen an Abraham, der eigentlich schon in seinem letzten Lebensabschnitt angekommen war?

„Hab keine Angst Abraham“, sagte Gott zu ihm in einer Art Vision. „Ich beschütze dich und ich werde dich reich belohnen.“ Da brach es aus Abraham heraus: „Du weißt doch, dass ich keine Kinder habe.“ Bald muss ich alles, was ich habe, ohnehin loslassen und weggeben. Ist dann nicht alles verloren?

Verständlich, was Abraham bewegte und was er Gott entgegenhielt: Was nutzt das alles, was er hier erreicht und gewonnen hat? Es bringt doch nichts. Und ohne Nachfahren bringt es auch niemandem in seinem Umfeld etwas. Diese Frage ist bis heute für viele Menschen aktuell und sogar bedrückend, ob mit oder ohne Kinder. Für welche Zukunft setze ich mich ein? Und für wen die ganze Mühe, wofür ich mich aufgerieben und auch vieles aufgegeben habe?

Gott eröffnete Abraham nochmals eine ganz neue Sicht, einen viel weiteren Horizont als den, den er bisher verstehen konnte. Gott zeigte Abraham den Nachthimmel und die Sterne. „So zahlreich sollen deine Nachkommen sein“, versprach ihm Gott. Er schloss sogar einen Bund mit Abraham. Gottes Versprechen sollte für alle Zeiten und in alle Ewigkeit gelten.

Bald darauf setzte Gott auch ein neues Zeichen im Leben von Abraham und seiner Frau Sara. Sara wurde schwanger, entgegen allen Gesetzen der Natur, sie war ja auch schon alt. Die beiden erhielten einen Sohn. Und aus diesem Sohn sollte ein ganzes Volk entstehen, die Israeliten.

In dieser Geschichte geht es aber nicht nur um den sichtbaren irdischen Segen und die zahlreichen Nachkommen. Es geht auch darum, dass Gott den Menschen etwas über dieses Leben hinaus zusagt. Wer Gott vertraut und auch neue Wege wagt, der wird von Gott mit Zukunft beschenkt.  

„Du hast Zukunft. Das Beste kommt erst noch.“ Dieses Vertrauen auf Gott wünsche Ihnen heute von Herzen. Und einen gesegneten Sonntag.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

11JUN2023
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Das brauchen gerade so viele, neue Freude und Ermutigung, ja Hoffnung statt Zukunftsangst. Ausgerechnet viele jüngere Menschen haben Angst vor den vielen Krisen unserer Zeit, erst recht vor den Folgen! Aber Angst ist eine schlechte Ratgeberin. Und es darf nicht so weit kommen, dass der Geist der Furcht das ganze Leben beherrscht. Ich jedenfalls wehre mich dagegen, und mein Glaube ruft mich dazu auf. Am heutigen Sonntag ganz konkret mit einem Wort aus der Bibel. Da heißt es:  Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 

Kraft, Besonnenheit und Liebe – mit diesem Geist schickt Gott mich ins Leben. Und der heutige Sonntag hilft mir, Atem zu holen, neue Kraft zu schöpfen und die Hoffnung zu stärken. Sonntags lasse ich ganz bewusst meinen Alltag los. Ich lasse die Illusion los, dass ich alles steuern und lösen könnte.  Ich verändere die Perspektive, im Gottesdienst oder bei einem Spaziergang, und lege das, was mich umtreibt ganz bewusst in Gottes Hand.  Immer geht es darum, bewusst loszulassen und etwas Schönes und Erfreuliches in den Blick zu nehmen.  

Gerade in angespannten Zeiten hilft es mir, bewusst nach oben zu schauen, mich auch neu auf Gott auszurichten. Ich vertraue ihm die eigenen Sorgen an, in einem stillen Gebet, manchmal auch, indem ich diese aufschreibe und laut im Gebet ausspreche.

Mir hat dabei in letzter Zeit auch immer wieder das eben genannte Bibelwort geholfen: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Immer wieder habe ich über diesen Satz nachgedacht, ihn sozusagen meditiert und nachwirken lassen.

Interessanterweise wird darin zuerst betont, was der Geist Gottes nicht ist.
Er ist nicht der Geist der Furcht. Tatsächlich ist die Bibel voll von Geschichten und Begegnungen in denen Menschen sich fürchten oder zunächst nicht weiterwissen. Deshalb lässt Gott oft als allererstes folgenden Gruß ausrichten: Fürchte dich nicht! Und dabei passiert etwas. Die Angesprochenen verlieren ihre Angst, die Furcht weicht. Ihnen werden die Augen für etwas Neues geöffnet. Für die Wirklichkeit Gottes, für seine Hilfe, für sein wohlwollendes und heilendes Handeln. Oder eben eine neue Hoffnung oder Perspektive eröffnet. Zum Beispiel den Hirten in der Weihnachtsgeschichte. Ihnen wird gesagt: Euch ist heute der Heiland geboren. Gottes Hilfe für euch ist da.

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht. Diesen Gedanken nehme ich in den heutigen Sonntag hinein. Meine Sorgen und Ängste werden kleiner, weil ich an die Möglichkeiten Gottes glaube, weil ich sein „Fürchte dich nicht“ heute für mich höre.

Denn in der Bibel heißt es: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Das sind die Geschenke Gottes: Kraft, Liebe und Besonnenheit.

Haben Sie das auch schon erlebt? Von manchen Menschen geht eine besondere Ausstrahlung aus. Sie vermitteln Ruhe oder Freude, geben etwas Anregendes mit oder können einen begeistern. So ist es auch mit Gottes Geist. Er wirkt in das Leben hinein. Zum Guten.

Und er macht auch mit mir, mit Ihnen etwas. Wenn ich mich Gott öffne, wenn ich zum Beispiel zu ihm bete, erhalte ich etwas zurück. Glaube macht etwas mit mir.

Ich erhalte neue Kraft. Auch gegen das, was mich belastet. Da kommt Dynamik ins Leben hinein. Die erst vor kurzem verstorbene Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff hat in ihrem Roman "Das Pfingstwunder" so etwas beschrieben. Wie Menschen in unserer realismusgeplagten Welt Gott erfahren. So muss der Geisteswissenschaftler und bisher "knochenharte Realist" Professor Gottlieb Elsheimer begreifen, dass die Welt aus mehr als bloß Fakten besteht. Allein schon deshalb, weil ihn und andere in einem Raum diese Kraft erfasst und unversehens eine neue Sicht auf die Welt schenkt.

Neben der Kraft, die Menschen überrascht und bewegt, steht aber hier die Liebe. Gottes Kraft wird immer von der Liebe getragen. Sein Geist bewirkt in Menschen eine andere Haltung. Es geht nicht um Macht oder Triumph, sondern um neue Energie, die auch andere mitnimmt, die ansteckende Hoffnung verbreitet, die tragfähig ist. Genug Stärke, um der Furcht entgegentreten zu können.

Und als drittes Geschenk gegen die Furcht und Hoffnungslosigkeit schenkt Gottes Geist Besonnenheit. Also Vernunft und Einsicht, Geduld und Lebensweisheit, ein tiefes Durchatmen, damit die nötige Ruhe wieder einkehren kann.

Das alles ist die Grundlage für neue Hoffnung. Für Hoffnung statt Zukunftsangst. Gott hat uns nicht gegeben der Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

Dieser Geist Gottes soll auch in Ihrem Leben am heutigen Sonntag zum Zuge kommen. Ich glaube, dass Gott dieses Wunder tun kann oder wie es Ben Gurion, der Mitbegründer und spätere Ministerpräsident des Staates Israel einmal ausgedrückt hat: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.

Hoffnung statt Zukunftsangst, das wünsche ich Ihnen von Herzen und einen gesegneten Sonntag.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

02APR2023
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Heute, am Palmsonntag, wird Jesus als der verheißene König gefeiert. Aber: Ein mächtiger König auf einem Esel? Der Sohn eines Handwerkers, der mit ein paar einfachen und ganz alltäglichen Leuten als Wanderprediger unterwegs ist? Was hat das zu bedeuten?

Viel mehr als es auf den ersten Blick scheint. Vor allem, wenn man vergleicht, wie die Mächtigen sich feiern lassen und ihre Macht demonstrieren. Bis in unsere Zeit hinein: Mit goldenen Kutschen und großen Karossen, auf Thronsesseln, an riesigen Tischen oder mit dröhnenden Paraden.

Warum ist das beim König, der im Stall geboren wurde, so anders? Darf ich Sie dazu für einen Moment mit nach Jerusalem nehmen? In die Zeit, als Jesus gelebt hat?  Hin zu Menschen, die so verunsichert waren, wie viele es heutzutage gerade auch sind, die auch Krisen und Katastrophen erleben mussten. Die auch in Umbruchszeiten nach neuer Hoffnung gesucht haben. Ich bin deshalb der Überzeugung, was damals passiert ist, mitten unter diesen Menschen, das hat mit mir und mit Ihnen zu tun, weil Jesus sich mitten in diesem Geschehen als ein ganz anderer König gezeigt hat.

Ein großes Fest steht bevor, als Jesus auf seinem Esel in die heilige Stadt Jerusalem reitet – begleitet von seinen Jüngern. Und es spricht sich sofort herum in der Stadt, dass jetzt etwas geschehen wird. Die Einwohner Jerusalems kommen in Strömen, säumen die Straßen, legen ihre Kleider aus wie einen Teppich und lassen lange Palmäste wie Fahnen im Wind flattern – ein Empfang wie für einen König.

Da hat sich etwas aufgebaut, die Tage davor. Die Jubelnden erwarten Großes von Jesus. Hat er nicht vom Reich Gottes gepredigt? Hat er nicht behauptet, dass es jetzt anbricht, mitten unter ihnen? Hat er nicht blinde, lahme und taube Menschen geheilt und zuletzt sogar den verstorbenen Lazarus wieder lebendig gemacht? Sind das nicht alles deutliche Zeichen Gottes? Ist dieser Mann der Gesalbte Gottes?

Viele in der Stadt wollen das glauben.  Sie breiten Palmwedel auf dem Weg aus, sie jubeln und singen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Andere beobachten das vielleicht zurückhaltender und sind skeptisch. Jesus, der Wanderprediger als verheißener König? Und was für eine Art Herrscher will Jesus eigentlich selbst sein? Was bringt er den Menschen wirklich

Wo wäre ich damals gestanden? Und wie stehe ich heute dazu? Vereint mit den Jubelnden oder eher beobachtend am Rande? Vielleicht auch kritisch oder skeptisch, ob das wirklich mit Gott zu tun hat. Ja, wer ist Jesus für mich?

Was hat Jesus denn selbst gesagt und von sich behauptet, und was zeigt er hier bei seiner Ankunft in Jerusalem, als die Menschen ihn zu ihrem König machen wollen?

Zum ersten Mal sucht Jesus den Jubel und entzieht er sich nicht, fällt mir auf. Er bestätigt damit: Ja, Gott hat mich geschickt. Ihr habt Recht, mir zuzujubeln, denn Gott hat mich zu euch geschickt mit ausgestreckter, versöhnender Hand. Gott will etwas Neues einleiten, euch zu Hilfe kommen. Aber anders als ihr denkt. Nicht mit einem mächtigen Heer, wie es damals viele erwartet hatten, in einem Land, das von den Römern besetzt war. Gott schickt keinen Rächer und auch keinen geißelnden Bußprediger. Sein Gesalbter kommt nicht mit Macht und Gewalt, sondern mit Worten, die den Horizont öffnen. Die Menschen locken, füreinander einzustehen, das Leben zu lieben und das Leben jedes einzelnen zu achten. Mit einer inneren Kraft und einem Geist, der das Leben verwandelt. Das tut er bis heute.

Jesus geht seinen Weg, er verhehlt nicht seine Bestimmung. Deshalb lässt er sich an Palmsonntag zujubeln – er weiß aber auch, dass es kurze Zeit später ganz andere Rufe geben wird. Er weiß um das Kreuz, aber er weiß auch, dass Gott den Tod überwinden wird. Dieser Gesalbte Gottes will Jesus sein - reitet langsam auf seinem Esel auf die Stadt zu. Was für ein Zeichen! Es hat sich tief eingeprägt. Der König auf dem Esel.

Hier schließt sich auch ein großer Kreis. Denn in der Bibel, im Alten Testament ist es   lange vor diesem Einzug verheißen: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“

Der König auf dem Esel bleibt den Menschen zugewandt. Was für ein Zeichen, was für eine Botschaft. Gott macht sich klein, räumt jede Grenzziehung nach oben und unten in unseren Gesellschaften weg.

Zu diesem Jesus will ich nicht auf Abstand bleiben. Er behält mich und auch Sie immer im Blick. Ob einem gerade zum Jubeln ist oder eher nicht. Er hilft, dass wir heute mitfeiern können.
Das wünsche ich Ihnen und einen gesegneten Palmsonntag.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

09OKT2022
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Geht das? Trotz Krise zuversichtlich nach vorne schauen und einigermaßen gelassen bleiben? Ich weiß, das fällt vielen momentan echt schwer. Schon während der Corona-Zeit ist vielen die Decke auf den Kopf gefallen, und das hört irgendwie nicht auf. Was kann man da tun?

Ein guter Freund hat mir und meiner Frau erzählt, dass er seinen Urlaub dieses Jahr genutzt hat, um seine Resilienz zu stärken. Als Resilienz bezeichnet man die Widerstandskraft, die ein Mensch besitzt, um schwierige Lebensphasen und Krisenzeiten durchzustehen. Wer eher optimistisch gestimmt ist, ist schon mal im Vorteil gegenüber denen, die eher skeptisch oder ängstlich sind. Die Widerstandskraft in Krisen ist bei uns Menschen leider sehr ungleich verteilt. Doch zum Glück kann man Resilienz trainieren. Man kann sie richtig einüben – und das macht die Seele stärker.

Unser Freund hat seinen Resilienz-Kurs auf einem Segelschiff gemacht. Alle mussten dort mitanpacken, und so eng zusammenzuarbeiten war für die meisten ungewohnt. Aber alle haben gemerkt, nur zusammen halten wir das Schiff auf Kurs!  Jeden Tag haben sie ihre neuen Aufgaben ein bisschen besser bewältigt. Abends hat sich die ganze Mannschaft zusammengesetzt und Erfahrungen ausgetauscht: Wo ist alles glatt gelaufen und warum hat es auch mal gehakt? Und: Welche Erfahrungen kann ich für den Alltag nach Hause mitnehmen?

Unserem Freund hat es Spaß gemacht. Es hat ihn gestärkt und er kam ermutigt nach Hause.

Auf dem Schiff hatte er sich mit den anderen ausgetauscht. Das gilt es jetzt auf den Alltag zuhause zu übertragen. Es tut gut, mit jemandem über die eigenen Sorgen und Ängste zu reden, sie mit anderen zu teilen. Mir tut es gut, meine Sorgen auch im Gebet auszusprechen, sie an Gott abzugeben, ein mutmachendes Wort aus der Bibel zu lesen und loszulassen.

Zu beten – ich denke, das ist eine gute Möglichkeit,  meine Resilienz zu stärken, indem ich meine Sorgen bewusst an Gott abgebe.

 

Teil 2

 

Momentan sind wir ja fast alle irgendwie belastet und viele werden darüber gar nicht mehr so richtig froh. Es einfach zu viel geworden: Wird alles noch teurer, reicht das Gehalt oder die Rente, wird es an Weihnachten kalt und dunkel bleiben, und: welche Katastrophe wartet als nächste auf uns?

Stopp, sagt Gott. Stopp und haltet inne. Heute ist Sonntag. Ein Tag an dem man ablegen, loslassen und sich mit neuer Kraft beschenken lassen kann.

Heute ist im Gottesdienst zu hören, wie Jesus uns zuruft (Matthäus 11,28): Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Es tut Jesus weh zu sehen, wie viele Lasten die Menschen mit sich herumtragen. Deshalb lädt er mich ein, meine Sorgen und Ängste aussprechen und bei ihm damit auch abzuladen und loslassen - und seelisch und körperlich neue Kraft zu tanken. So verstehe ich „erquicken“.

Macht man es sich damit zu leicht? Ich denke nicht. Denn viele meiner Sorgen kann ich doch gar nicht allein bewältigen. Ich brauche ein Team um mich herum, wie an Bord eines Segelschiffs. Und ich brauche jemanden an meiner Seite, bei dem ich meine Last auch einmal abladen kann. Ich brauche Gott an meiner Seite. Genau da beginnt das Wagnis des Glaubens. Denn wenn ich Gott etwas abgebe, traue ich ihm auch zu, dass er es für mich löst. Das entlastet mich.

Probieren Sie es doch auch aus. Vielleicht mit dem Gebet: Jesus, hilf du mir! Erquicke meine Seele. Du kennst mich und weißt, was ich brauche. Lieber Gott, greif ein, weil ich, weil wir es nicht in der Hand haben.

Von Herzen wünsche ich Ihnen neue Lebensfreude und einen gesegneten Sonntag.

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