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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

07AUG2023
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Meine Frau und ich sammeln auf Reisen Friedhöfe. In Paris z.B. kennen wir fast jeden. Und das nicht nur, weil da viel Prominenz begraben ist. Wir mögen die Atmosphäre und oft sind die Friedhöfe echte Ruheoasen und schöne Parkanlagen. Mittlerweile kann man auch gut beobachten, wie sich die Begräbniskultur verändert. Wenn ich bei uns zu Hause auf dem schönen alten Hauptfriedhof spazieren gehe, kann ich die Entwicklung wie im Zeitraffer nachvollziehen. Da gibt es pompöse Grabmäler aus dem späten 19 und frühen 20. Jahrhundert. Die erzählen vom Reichtum und Einfluss alter Fabrikantenfamilien. Dann sind da liebevoll bepflanzte Familiengräber und je länger das 20. Jahrhundert dauert, desto öfter sieht man kleine Urnengräber im Erdreich. Die werden jetzt mehr und mehr abgelöst durch Urnenwände. Es gibt die Rasengräber, die keine Pflege brauchen. Und dem Blick des Betrachters ganz entziehen sich die Menschen, die sich für ein anonymes Gräberfeld entscheiden.

Ich respektiere das. Aber persönlich habe ich mit dieser Anonymität ein Problem. Nach christlichem Verständnis hat Gott den Menschen erschaffen. Er ist sein Ebenbild. Er ist eine einzigartige Person und seine Würde ist auch mit einem Namen verbunden. Die christliche Tradition besteht deshalb bis heute darauf, dass das Grab, egal welche Art man wählt, mit dem Namen des Verstorbenen gekennzeichnet wird. Denn auch im Tod bleibt bei Gott der Name bestehen. Der Name soll darauf hinweisen: Ich bin nicht verloren im Nichts. „Yad Vashem –Denkmal und Name“, so heißt in Jerusalem die zentrale Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust. Auch wenn es für dieses Grauen keine Worte gibt, finde ich diesen Namen passend. Denn das spricht Gott den Menschen zu, sagt er durch den Mund des Prophet Jesaja: Ihnen allen errichte ich ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen […] der niemals ausgetilgt wird“ (Jes 56,5). Daran will ich gerne glauben.

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Anstöße sonn- und feiertags

06AUG2023
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Heute vor 91 Jahren ist in Köln die erste Autobahn eröffnet worden. Seitdem ist das Autovirus in Deutschland auf dem Vormarsch. Über 60 Millionen Kraftfahrzeuge fahren und stehen jetzt gerade in Deutschland herum. Gut für die Wirtschaft und die Automobilindustrie, schlecht für die Umwelt, die Gesundheit und das Bild in den Innenstädten. Wir versinken in Blech. Und sind selbst schuld daran.

Trotz hoher Kosten, Verkehrschaos und Parkplatzmangel: Ich fahre seit Jahrzehnten permanent mit dem Auto durch die Gegend. Streng genommen hätte ich öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Hab‘s aber nicht getan.

Weil ich eben vom Virus Auto infiziert bin. Der Verkehrswissenschaftler Hermann Knoflacher hat gesagt, dass dieses Autovirus sich im Gehirn festsetzt und die Wahrnehmung der Menschen völlig verändert. Ein normaler Mensch würde unseren derzeitigen Lebensraum als total verrückt bezeichnen. Wir ziehen uns in abgedichtete Häuser mit Lärmschutzfenstern zurück und bauen in die Autos Feinstaubfilter ein. Denn der Krach, der Staub und die Abgase sollen gefälligst draußen bleiben. Dabei produzieren wir das alles selbst.

Das Autovirus hat die Kontrolle über das Stammhirn übernommen. Vom zweibeinigen Menschen bin ich zum vierrädrigen Autofahrer mutiert. Als Autofahrer habe ich Macht und Kraft, bin schnell und unabhängig. Der Preis dafür ist hoch. Und damit meine ich nicht nur meinen Geldbeutel. Aber da ich ja vom Virus infiziert bin, ist mir das egal.  Ich sehe die Welt nur noch durch die Brille des Autofahrers.

Heilung gibt es wohl nur durch gezielte Entwöhnung. Der Autofahrer in mir muss wieder Mensch werden. Wenigstens ab und zu. Damit er merkt, dass es auch anders geht. Heute am Sonntag, ginge das doch ganz gut. Sogar auf dem Land, wo zugegebenermaßen viele Menschen echt vom Auto abhängig sind. Vor 50 Jahren während der ersten Ölkrise habe ich das miterlebt.  Vier autofreie Sonntage. Das hatte sogar einen gewissen Spaßfaktor. Seit vielen Jahren gibt es die Aktion „Autofasten“ der Kirchen. Da geht es darum, bewusst auf andere Verkehrsmittel umzusteigen, um mal die Perspektive zu wechseln.

Deutschland - Autoland. Das klingt ziemlich verräterisch. Was wir wirklich brauchen ist ein Land für Menschen. Der Sonntag ist ein guter Tag um das einmal zu üben. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

28JUN2023
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Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;  

fremd wie dein Name sind mir deine Wege.  

So beginnt ein Lied des niederländischen Dichters und Schriftstellers Huub Oosterhuis. Im letzten Herbst war ich noch zu Besuch in seiner Amsterdamer Gemeinde. Die hatte Huub Oosterhuis als katholischer Studentenpfarrer in den 60er Jahren gegründet. Er heiratet 1970, muss seinen Orden und die Stelle verlassen.  Seine Gemeinde, die ihn nicht gehen lassen will, existiert seitdem außerhalb der Verantwortung der zuständigen Bischöfe. Vor knapp drei Monaten, am Ostersonntag ist Oosterhuis in seiner Heimatstadt Amsterdam mit 89 Jahren gestorben. Er war nicht nur Theologe, er hatte auch niederländische Sprache und Literatur studiert. Er war Schriftsteller, Dichter und Denker. Er hat viele Texte und Lieder für Gottesdienste in niederländischer Sprache geschrieben. Viele davon sind auch ins Deutsche übersetzt und einige finden sich in den aktuellen Gesangbüchern der evangelischen und katholischen Kirche.  

Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;  

fremd wie dein Name sind mir deine Wege.  

Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt?  

Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen. 

Ja, das kenne ich nur zu gut. Das hätten auch meine Worte sein können, wenn ich sie denn formuliert hätte. Huub Oosterhuis konnte das. Und hat dadurch vielen gläubigen und suchenden Menschen aus der Seele gesprochen. Mit leeren Händen da zu stehen, das ist für ihn kein Versagen, sondern einfach nur das ehrliche Bekenntnis eines Menschen, der es schwer hat mit sich selbst und seinem Gott. Für ihn war das Fragen immer wichtiger als das Formulieren von theologischen Gewissheiten. Und bei allem Fragen spüre ich immer den tiefen Glauben dieses Mannes. Den Glauben an einen Gott, dem er seine bohrenden Fragen nicht erspart. Und von dem er trotzdem sagen kann: Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete. 

Ich finde diesen Satz einfach nur schön. So möchte ich auch glauben können, wie der holländische Dichter: Gott ist der Atem in mir, wenn ich bete. Und das heißt für mich: Er ist immer schon da. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

27JUN2023
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Fragen, nichts als Fragen. Wo bist du? Wie heißt du? Was suchst du? Für wen hältst du mich? Warum hast du Angst? Fragen können nerven. Besonders wenn eine Frage nach der anderen kommt. Oh, lass mich doch in Ruhe mit deinen ständigen Fragen!  Vatter, du nervst! Das habe ich als Jugendlicher mehr wie einmal von mir gegeben und ich glaube, das ist heute bei den Jugendlichen noch genauso. Ich wollte einfach leben und Spaß haben und nicht mit meinen Eltern argumentieren müssen, was gut, richtig und vernünftig ist. Viel zu mühsam, das Ganze. Die Fragen, die ich da eben aufgezählt habe, kamen allerdings nicht von meinen Eltern. Es sind Fragen, die Gott stellt. Aufgeschrieben in der Bibel.  Wie selbstverständlich erzählt die Bibel davon, dass Gott zu den Menschen spricht. Und mehr noch: wie Gott und die Menschen miteinander umgehen und wie sie miteinander reden und handeln. Schon erstaunlich, wie einfach das zu sein scheint.  „Ich hoffe auf den Herrn, ich warte auf sein Wort“. So betet einer in den Psalmen der Bibel (Ps 130,5). Wer so redet, der hat eine Entscheidung getroffen, die vielen heute verloren gegangen ist, wenn sie denn überhaupt jemals darüber nachgedacht haben.  Diese Entscheidung heißt: Gott ist ansprechbar, und er teilt sich mir auch auf die ein oder andere Weise mit.  Wer dazu nur den Kopf schütteln kann, der braucht jetzt eigentlich nicht weiter zuhören. Wer aber darüber nachdenken mag oder wer ja zu dieser Entscheidung sagen kann, der kann ja mit mir ein Gebet aus der Bibel in diesen neuen Tag hinein sprechen und darauf hoffen, dass Gott es hört. Es ist aus dem Psalm 130:  

Mein Herr, höre doch meine Stimme! Lass deine Ohren achten auf mein Flehen um Gnade. Ich hoffe auf den HERRN, es hofft meine Seele, ich warte auf sein Wort. Meine Seele wartet auf meinen Herrn / mehr als die Wächter auf den Morgen (…) Denn beim HERRN ist (…) Erlösung in Fülle.  

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

26JUN2023
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„Es ist alles gut!“ Das sagt meine Mutter und nimmt mich in den Arm. Meine Angst ist weg, schlagartig geht es mir besser. Als Kind hatte ich nämlich immer Angst, meine Eltern würden nicht mehr nach Hause kommen. Dabei waren sie nur zu Nachbarn gegangen oder zu einem Konzert des Musikvereins. „Es ist alles gut“. Vier Worte, die meine kleine Welt wieder in Ordnung gebracht haben. Heute vor 60 Jahren waren es auch vier Worte, die einer ganzen Nation Hoffnung und Zuversicht geben sollten. Gesprochen hat sie John F. Kennedy, damals Präsident der USA. 1963 ist er auf Deutschlandbesuch und zu Gast in Berlin. Am Ende seiner Rede vor dem Schöneberger Rathaus fallen die berühmten vier Worte: „Ich bin ein Berliner!“ Die Menge jubelt und der Satz geht um die Welt.  Es war das richtige Wort zur richtigen Zeit! Was für eine tolle Sache, wenn einem so etwas gelingt. Wenn ich mit dem richtigen Wort zur richtigen Zeit anderen Mut und Hoffnung geben kann. Wenn ich Trost spenden kann. Oder eine Richtung zeigen, in die es sich zu gehen lohnt im Leben. Ein Wort oder eine Tat, die ein Beispiel gibt. Dazu muss man kein großer Politiker oder Religionsführer oder was weiß ich sonst noch sein. Es reicht voll und ganz, heute mal jemanden in den Arm zu nehmen. “Gut, dass es dich gibt!“ „Ich bin bei dir“. „Ich hab dich lieb.“  Kurze Worte, kurze Sätze, in denen ganz viel Kraft stecken kann. Den Berlinern und den Deutschen hat John F. Kennedy am 26. Juni 1963 eine hoch politische Botschaft im Kalten Krieg zwischen Ost und West präsentiert. Gehört haben die Menschen eine einfache Botschaft: „Ich bin bei euch!“  Heute, 60 Jahre später, haben wir wieder Krieg in Europa. Und ich hoffe und bete, dass wir fähige Menschen haben, die die richtigen Worte zu richtiger Zeit finden. Die kluge Entscheidungen fällen und das Wohl der Menschen im Blick haben. Damit die Menschen in der Ukraine irgendwann sagen können: „Es ist wieder gut!“  

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22MRZ2023
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Im ehemals deutschen Sudetenland, das jetzt zu Tschechien gehört, findet man die Reste eines  alten deutschen Dorfes. Nur noch ein paar verwilderte Apfelbäume erinnern daran, dass hier einmal Menschen gelebt haben. Der Name des Dorfes war:  „Stillstand“. Der Sturm der Geschichte ist einfach über diesen Flecken Land hinweg gezogen.

„ Stillstand können wir uns nicht leisten!" Das wissen auch viele Katholiken in Deutschland. Gemeinsam haben sie im so genannten Synodalen Weg Bewegung gefordert und Wege aus dem Stillstand gesucht. Vor 11 Tagen war die vorerst letzte Sitzung. Die Ergebnisse hätten  in meinen Augen mehr Bewegung vertragen. Gut, dass jetzt die Segnung  gleichgeschlechtlicher Partnerschaften erlaubt wird. Schlecht, dass der Vatikan sich weiter gegen die Weihe von Frauen zu Priesterinnen stellt. Da ist mir noch zu viel Stillstand. Dazu sprudelt mir die unerschöpfliche Quelle Wikipedia noch folgendes Wissen zu:

„Als Stillstand wurde in der Schweiz ein Gremium der evangelisch-reformierten Landeskirche bezeichnet, das zusammen mit dem Pfarrer über anstehende kirchliche Geschäfte beriet und Entschlüsse fasste. Die Bezeichnung Stillstand rührt daher, dass seine Mitglieder jeweils am ersten Sonntag des Monats nach dem Gottesdienst beim Taufstein in der Kirche stehen und warten mussten, bis sie sich mit dem Pfarrer beraten konnten.“

Zitat Ende.  Bleibt nur noch anzumerken, dass dieser „Stillstand“ bereits Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschafft wurde. Und alle, die glauben, die göttlichen Wahrheiten stünden unumstößlich still, möchte ich an den Hl. Geist erinnern. Der “weht” bekanntlich wann und wo er will. Die Bibel sagt sogar, er weht mit einem Brausen. Und das hat mit Stillstand nun mal gar nichts zu tun.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21MRZ2023
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“Maß halten!” Dazu ermahnte heute vor 61 Jahren Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard die Deutschen. Denn  das Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers hatte sich gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 10,1 Prozent erhöht. Gleichzeitig aber war die Arbeitsproduktivität nur um rund fünf Prozent gestiegen. Da sah Erhard, der Ziehvater der sozialen Marktwirtschaft, die Gefahr: "Wir können nicht doppelt so viel verdienen, wie wir an Werten schaffen".  Was würde er heute wohl sagen? Bei den Summen, die unser Staat zur Verfügung stellt, um "Schieflagen" zu kompensieren, die Bundeswehr aufzurüsten, noch mehr Straßen zu bauen und neue Heizungen zu subventionieren. Und das alles mit Geld, das gar nicht existiert.  Mir wird da ehrlich gesagt manchmal ganz schwindelig. Und ratlos bin ich obendrein, denn ich weiß auch nicht, wie man es anders machen könnte.

Da habe ich in einer Wallfahrtskapelle in unserer Nähe so genannte “Kopfwehkronen” entdeckt. Die bestehen aus zwei Ringen und erzählen von einem ganz eigenartigen Brauch aus dem Mittelalter.  Man setzte einem Kranken diese Ringe auf den Kopf und hat ihn damit vermessen. Stimmten die Maße von der Stirn zum ersten Halswirbel und vom Kinn zum Scheitel nicht überein, so hieß das, dass man das „rechte Maß verloren“ hatte und es gab eine Erklärung für die Krankheit.

Das macht natürlich heute niemand mehr, aber das Wortspiel finde ich interessant. Die Klimaerwärmung zwingt die ganze Menschheit dazu, über das „rechte Maß“ nachzudenken, darüber, wie „maßlos“ gerade wir mit Rohstoffen umgehen und die Umwelt belasten. Die Folgen von Corona und der Ukrainekrieg zeigen schmerzhaft, was es bedeutet, wenn etwas total aus dem Lot gerät, wenn die Maße nicht mehr stimmen. Dann ist nicht nur ein einzelner Mensch krank, dann krankt das ganze Gesellschaftssystem.

Ich sitze in der Kapelle und weiß auch, dass ich mit diesen Gedanken nicht die Welt retten kann. Aber es hilft, wenn ich mir mal eine halbe Stunde Zeit nehme und manches einfach auch in Gottes Hand legen kann. Denn dann merke ich, dass ich allein nicht das Maß aller Dinge sein muss.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

20MRZ2023
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Ich werde mehr und mehr ein Gefühl nicht mehr los: Ich glaube, ich muss mir auf meinen alten Tage wieder die Haare lang wachsen lassen. Und wenn das nicht reicht, dann nehme ich eine Woche Urlaub, lege ich mich ins Bett und lade zu einer Pressekonferenz ein. Genau das haben  Beatle John Lennon und seine Frau Yoko Ono gemacht, nach ihrer Hochzeit am 20. März 1969, heute vor 54 Jahren. Ihre Hochzeitsreise haben sie zu  einem Happening für den Frieden gemacht. Auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges. Sie legten sich in der Präsidentensuite des Amsterdamer Hilton Hotels unter die Decke und hielten Hof für zahllose Journalisten. In seinem Lied "The Ballad of John and Yoko" hat Lennon diese Aktion in einigen Zeilen verewigt: "Haben eine Woche im Bett geredet, die Medienleute fragten: Hey, was macht Ihr da?" Ich sagte: “Wir wollen nur ein bisschen Frieden für uns schaffen." Oh Mann, was würden die beiden heute wohl machen? Ich weiß es nicht. Und ich bin mir noch nie so rat- und hilflos vorgekommen wie jetzt. Denn ich kann mir die Frage: “Was kann, was muss man tun, um Frieden in der Welt zu schaffen?” nicht befriedigend beantworten. Zu verstörend und bedrohlich ist für mich der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Aber eins ist klar: Einsatz für Frieden ist keine , kuschelige und warme Angelegenheit, selbst  wenn man sich für den Frieden ins Bett legt. John Lennon hat das in der Ballade von John und Yoko geahnt. Da singt er: „Christus, du weißt, das Leben ist nicht einfach, du weißt, wie hart es sein kann. So wie die Dinge laufen, werden sie mich kreuzigen“. Er hat Recht behalten. Im Dezember 1980 wurde John Lennon auf offener Straße erschossen . Grausam. Aber seine Botschaft bleibt lebendig. Hoffnung  trotz aller Ratlosigkeit:  „Give peace a chance. Gib dem Frieden eine Chance.“

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

14DEZ2022
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Ja, ich gebe es hiermit zu: der Weihnachtsbaum ist für mich Nebensache. Ich brauche ihn nur, um die Krippe darunter zu stellen. Denn Krippe ohne Baum ist nicht so schön wie Krippe mit Baum. Bei mir gilt: „Krippe first“. Denn die Krippe gehört zu meinen ganz frühen Kindheitserinnerungen. Mein Vater hat den Stall von Bethlehem nämlich selbst gezimmert und ich durfte zuschauen und vielleicht auch den Hammer halten. Das weiß ich nicht mehr so genau. Und so wie dann nach und nach unsere Familie wuchs, wuchs auch unsere Weihnachtskrippe. Am Anfang waren es Maria und Josef und das Jesuskind. Jahr um Jahr kamen dann mal ein Schaf, ein Hirte oder ein Junge, der Flöte spielte, dazu. Mit unserer aktuellen Krippe ist es genauso. Die ist nie ganz fertig. Immer kommt irgendwas dazu oder etwas anderes bleibt weg. Einmal stand plötzlich Darth Vader – das ist der Böse aus der Star Wars Serie – mit erhobenem Laserschwert auf dem Dach. „Der soll an Weihnachten auch dabei sein“, hat unser Sohn mit Nachdruck gefordert. Seitdem ist jedes Jahr ein Überraschungsgast dabei, mal die Queen, die winkt, ein anderes Mal Asterix und Obelix. Und ich habe nichts dagegen. Denn je älter ich werde, desto mehr Gäste wünsche ich mir eigentlich rund um das Kind in der Krippe. Da bekommt die Schäferin das Gesicht meiner Oma Anna und König Balthasar sieht plötzlich aus wie mein Vater. Alle sind schon lange tot, aber an Weihnachten, da hätte ich sie gerne wieder dabei. Und wenn meine ganze irdische Familie um die Hl. Familie versammelt ist dann ist immer noch Platz: für den Flüchtling aus der Ukraine, das Opfer der Flutkatastrophe, für die zu kurz Gekommenen und Benachteiligten, für alle Sünder und Heiligen, für Arme und Reiche, für Jung und Alt, und für Dich und für mich auch. Und uns allen, die wir da stehen am Weihnachtsabend, sagt das Kind im Stall ganz tief ins Herz hinein: „Fürchte dich nicht, hab keine Angst!“ Und deshalb spielt die Krippe für mich die Hauptrolle und so wird’s auch bleiben. Aber ich freue mich trotzdem, wenn die Frage wieder kommt: „Wann holst du denn endlich den Baum?“ Denn dann weiß ich ja, dass ich bald wieder auf den Speicher gehen und die Kiste mit den Krippenfiguren heraussuchen darf.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

13DEZ2022
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Ans Simonsbrünnchen direkt neben der alten Abteikirche in Bendorf-Sayn am Fuß des Westerwalds bin ich als kleiner Junge mit meinem Opa spaziert. Da wuschen wir uns die Augen. Denn es sollten Wunderkräfte im Wasser vorhanden sein. Pech nur, dass mein Opa ausgerechnet am nächsten Tag irgendeine Entzündung ans Auge bekam. Mein Vater hat sich damals köstlich amüsiert. An diese Anekdote muss ich denken, als ich an einem anderen Brunnen stehe, dem man auch solche heilenden Kräfte zuspricht. Es ist der Odilienbrunnen am Odilienberg im Elsass. „Der Odilienberg ist einer jener Orte, an denen der Geist der Ewigkeit weht…“. So steht es im offiziellen Reiseführer über den Odilienberg. Und da ist was dran. Niemand, scheint es, kann sich dem Zauber dieses Ortes entziehen. Pilger und Touristen sind das ganze Jahr über da, besuchen das Kloster, beten und singen oder gehen einfach nur spazieren und genießen die Landschaft. Und sie waschen sich das Gesicht und füllen sogar Behälter mit dem Wasser der Quelle ab. Seinen Namen haben Kloster, Berg und Quelle von der Hl. Odilia, die im 7. Jahrhundert das Kloster auf dem Berg gegründet haben soll. Sie soll auch mit ihrem Stab das Wasser der Quelle zum Fließen gebracht haben. Heute, am 13. Dezember ist Odilias offizieller Gedenktag. Als Schutzpatronin der Blinden und Augenkranken wird Odilia seit dem Mittelalter verehrt. Vor allem aber ist es dieser Ort, der mich beeindruckt. Ein wirklich spiritueller Platz, an dem Odilia ihr Kloster bauen ließ. Wer sich die Zeit nimmt, kann hier wirklich auftanken und der Seele etwas Gutes tun. Wichtig in diesen stürmischen Zeiten. Solche Orte gibt es viele auf der Welt. Deshalb muss man nicht unbedingt ins Elsass fahren. Die Menschen haben schon immer ein Gespür dafür gehabt, wo man Gott irgendwie ein Stück näher sein kann als anderswo. Und genau deshalb mache ich, wenn ich mal in meine alte Heimat fahre, so oft es geht einen Abstecher zur alten Abtei in Sayn mit dem Simonsbrünnchen.

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