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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

05JAN2025
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Viele Menschen sind an diesem 2. Sonntag nach Weihnachten schon nicht mehr recht in Weihnachtsstimmung. Tannenbäume sind abgebaut und Krippenfiguren wieder in der Versenkung verschwunden.

Aber in christlichen Gottesdiensten geht es heute noch ganz weihnachtlich zu. Mit großen und feierlichen Worten beschreibt das Johannesevangelium heute den Sinn des Weihnachtsfestes. Da ist vom „Licht der Menschen“ die Rede und davon, dass das „Wort Fleisch annimmt“, dass Gott Mensch geworden ist.

Dass ein Wort Fleisch wird, klingt vielleicht erstmal ziemlich befremdlich. Und doch handelt es sich um ein Geschehen, das heutiger wissenschaftlicher Forschung vielleicht gar nicht ganz fremd ist. In der Quantenphysik wird das bizarre Verhalten kleinster Teilchen untersucht. Diese Teilchen werden erst dann Wirklichkeit, wenn sie tatsächlich von jemandem beobachtet werden. Es gibt Leute, die leiten daraus Strategien ab, wie man sich selbst heilen kann. Sie sagen: Wenn sich jmd. etwas mit allen Sinnen herbeiwünscht und detailliert vorstellt, dann kann es auch Wirklichkeit werden.

Auch die Verhaltenspsychologie nutzt solche Vorstellungen: Es gibt manchmal negative Glaubenssätze, die sich mir von Kindheit an eingeprägt haben. Sie können mich ganz schön beeinflussen – bewusst oder unbewusst. Doch sie lassen sich umpolen, wenn sie durch positive Glaubenssätze und Erfahrungen ersetzt werden. Ich habe z. B. lange gedacht: „Ich bin nichts wert, wenn ich nichts leiste“. Das hatte zur Folge, dass ich oft weit über mein Limit hinausgegangen bin. Was mir dagegen hilft? Ich sage mir zwischendurch: „Ich erlaube mir jetzt, einfach mal Pause zu machen. Ich bin gerade dann ein kostbarer Mensch, wenn ich einfach nur da bin“. Das kann viel verändern. Besonders, wenn ich dazu passende Erfahrungen mache.

Positive Gedanken können im Gehirn tatsächlich neue Synapsenverbindungen schaffen: Gedanken materialisieren sich. Sie gehen mir sozusagen in Fleisch und Blut über und verändern meine Wirklichkeit.

Biblisch kann ich mir das vielleicht so vorstellen: Gott hat sich den Menschen auf eine bestimmte Weise gedacht. Er sollte so ticken wie Gott selbst, sein Ebenbild werden, genauso voller Leben, Licht und Liebe sein wie er selber. Und diese guten Gedanken über den Menschen haben sich in Jesus Christus sozusagen materialisiert, sind Fleisch, sind ein Mensch geworden. An diesem Menschen Jesus kann ich ablesen: So ist Gott. Und: So hat sich Gott den Menschen gedacht!

An Weihnachten feiern wir, dass Gottes Wort „Fleisch“, also Mensch geworden ist. Und dass wir an ihm ablesen können, wie Gott ist und wie er sich den Menschen ersehnt hat. In der Bibel wird Jesus als eine ganz beeindruckende Persönlichkeit dargestellt. Einer, der nicht wegschaut, wenn Menschen leiden und krank sind. Im Gegenteil, er schaut sogar ganz genau hin, was diesen Menschen fehlt. Er ist einer, der hilft, wo er kann, ohne sich vereinnahmen zu lassen. Gott hat sich diesen Menschen Jesus mit all seiner Liebe erdacht, und so ist diese Liebe Fleisch, also ein Mensch geworden.

Ich kann meinen Blick immer einmal wieder auf diesen Jesus lenken. In der Bibel nachlesen, wie er mit Menschen umgegangen ist. Wie er alles dafür getan hat, mit seinem Licht unsere oft so lieblose Welt ein bisschen heller zu machen.

Mit Blick auf die Verhaltenspsychologie kann mir deutlich werden: Wohin ich schaue und was ich denke, das wird Wirklichkeit, das prägt meine ganze Art, in der Welt zu sein. Wenn ich nur das sehe, was schlecht läuft und schwierig ist, kann es schwer werden, da wieder herauszukommen. Da kann es leicht passieren, dass alles um mich herum düster wird.

Wenn ich aber versuche, auch schöne Dinge wahrzunehmen, hat das den gegenteiligen Effekt. Dann gebe ich dem Schwierigen nicht mehr Gewicht, als ihm zusteht. Dann fange ich an, etwas ganz Positives auszustrahlen.

Ich kenne faszinierende Menschen, denen das gelingt, die etwas unglaublich Warmherziges ausstrahlen. Menschen, in deren Gegenwart ich ganz deutlich spüren darf: Es ist gut, dass ich da bin, ganz unabhängig davon, was ich kann oder leiste.

Einer von ihnen heißt Peter. Er hat mir erzählt, wie er jeden Abend vor dem Schlafengehen betet. Dass er mit Gott zusammen und mit seinem einfühlsamen Blick abends noch einmal den vergangenen Tag anschaut. Dass er den Blick ganz bewusst zunächst auf die guten Erlebnisse des Tages lenkt. Auf das, was schön, lebendig, licht- und liebevoll war. Wo er Gott begegnen durfte. Und dann wird es auch leichter, mit dem Schwierigen umzugehen.

Peter liest auch immer wieder in der Bibel. Davon, wie behutsam Jesus mit anderen Menschen und auch mit sich selbst war. Wie er auf Gott vertraut hat.

Das hat ihm geholfen, auch selber immer liebevoller mit sich selbst und anderen Menschen umzugehen. Seine Gedanken haben sich mit der Zeit verändert. Und sind ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Er hat sich quasi von Gott und seiner Liebe anstecken lassen. So sehr, dass er das ausstrahlt und ich es heute zu spüren bekomme.

Vielleicht kann auch ich mich davon anstecken lassen. Dass ich innerlich immer mehr mit liebevollen Gedanken umgehe. Dann kann und wird sich in mir und um mich herum etwas verändern zum Guten hin. Und dann geht Weihnachten weiter in dieser Welt.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

11AUG2024
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Zur Zeit werden mir an vielen Ecken und Enden alle möglichen Ernährungsstrategien angeboten: Low carb, high protein, bio, rohköstlich, vegan, paläo... All diese Ernährungsformen versprechen Gesundheit und gutes Leben. Und spätestens, seit ich von verschiedenen Nahrungsmittelunverträglichkeiten betroffen bin, weiß ich: Es ist wichtig, auf meine Ernährung zu achten. Was tut mir gut, und was lasse ich lieber? Wie kann ich mich ernähren, so dass ich mich lebendig fühle und nicht völlig energielos herumhänge?

 

So verschieden die auf dem Markt angebotenen Ernährungsstrategien sind – eines haben sie wohl gemeinsam: Keine ist für alle gut. Ich muss ganz individuell schauen, was mir und meinem Körper guttut. Niemand kann das für mich entscheiden, auch nicht die geschickteste Marketing-Strategie.

 

Die Bibeltexte an diesem Sonntag drehen sich in katholischen Gottesdiensten um Nahrung, die Kraft gibt. Ganz schlicht: Wasser und Brot. Da wird vom Propheten Elias erzählt. Er hat alles gegeben im Einsatz für seinen Gott. Und nun soll es ihm gehen wie anderen Propheten vor ihm, die den Menschen unangenehm wurden: Man will ihn töten. Er flieht in die Wüste, um sein Leben zu retten. Aber Leben und Tod liegen manchmal sehr nah beieinander. Nur zwei Verse später wünscht sich Elias den Tod. Er hat sich total ausgepowert und sieht keinen Sinn mehr in seinem Tun. Er sagt zu Gott: „Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben!“ Und er legt sich unter einen Ginsterstrauch, um zu schlafen.

 

Einem Freund von mir ging es vor ein paar Jahren ähnlich. Er hatte schon mehrere Jahre als Pilot gearbeitet. Und hat dann angefangen, Theologie zu studieren, weil er dem Himmel nochmal auf andere Weise nah sein wollte. Erst am Ende des Studiums, für das er viel Kraft und Energie aufgebracht hatte, fiel ihm auf: Es ist doch nicht das Richtige, ich kann diesen Weg nicht gehen! In seinen alten Job kam er nur noch in eine viel schlechtere Stellung zurück, und nichts lief mehr so richtig rund. Das war eine sehr schwere Zeit für ihn.

 

Zu Elias kommt in diesem Krisenmoment ein Engel. Er bringt ihm geröstetes Brot und einen Krug Wasser. Zweimal sagt der Engel zu ihm: „Steh auf und iss!“ Und beim zweiten Mal fügt er hinzu: „Sonst ist der Weg zu weit für dich.“ Denn der Engel weiß: Elias hat noch eine Durststrecke vor sich, eine Wüstenwanderung von vierzig Tagen und Nächten bis zum Berg Horeb. Erst dort wird ihm Gott begegnen und ihm Mut zu neuen Taten geben.

 

Was mich wirklich nährt

 

Vor Krisen und Durststrecken ist wohl kein Leben gefeit. Und gerade dann, in der Krise, wenn ich lange Durststrecken durchzustehen habe, wenn ich keinen Sinn sehe und nicht spüre, dass sich etwas verändert: Gerade dann brauche ich etwas, das mich wirklich nährt. Etwas, das mir die Kraft gibt, meinen Weg weiterzugehen – auch wenn ich nicht weiß, wann und wie ich aus dieser Phase herauskommen werde.

 

Der Engel bringt Elias Brot. Ganz handfest braucht es in solchen Zeiten eine gute Ernährung, nach Art und Maß für mich zugeschnitten, sodass ich mich körperlich ganz lebendig fühlen kann. Aber mindestens ebenso wichtig ist es für mich, tief in mich hineinzuhören: Was nährt mich wirklich, was sind Kraftquellen, aus denen ich leben kann in solchen Phasen? Da kann mir auch die Erinnerung helfen: Was hat mir in ähnlichen Situationen gutgetan? Welcher Engel ist vielleicht im richtigen Moment um die Ecke gekommen, um mir den entscheidenden Anstoß zu geben?

 

Ähnlich wie in Fragen der Ernährung gibt es auch hier kein Patentrezept, das für alle funktionieren würde. Da muss für jeden etwas Maßgeschneidertes her. Vielleicht hilft jemandem besonders ein Spaziergang in der Natur; jemand anderes tankt Kraft, wenn er Tiere um sich herum hat; ich setze mich manchmal gern in eine Kirche oder Kapelle für eine stille Zeit; und auch ein Gespräch mit einem Freund oder einer Seelsorgerin kann total guttun, wo ich einfach so dasein und mich zeigen darf, wie ich nun einmal gerade bin.

 

Jesus sagt von sich selber heute im Evangelium: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“ Er bietet sich mir an als einer, der mir so nah sein will wie jemand, den ich „zum Fressen gern habe“.

 

Ich glaube, das hat auch dem Freund von mir damals geholfen in seiner Krise. Dass er mit Gott im Gespräch geblieben ist. Dass er ihm – und so macht es auch Elias – wieder und wieder sein Leid geklagt hat. Und dabei tief in sich hineingehört hat, was ihn wirklich nährt und zum Leben führt. Auch der Austausch mit anderen Menschen war ihm dabei ganz wichtig, und der eine oder die andere ist ihm vielleicht zum Engel geworden. Schritt für Schritt hat er so mit Gott seinen Weg aus der schweren Zeit herausgefunden – hinein in ein Leben, das beide Arten von Himmelsberührung vereint.

 

Ich kann für mich den Sonntag heute nutzen für ein kleines Gebet – denn Gott hat mich ja geschaffen und kennt darum meine tiefsten Sehnsüchte. Und dann überlege ich einmal: Woraus lebe ich? Was wird mir zum Brot, das mich wirklich nährt – buchstäblich und im übertragenen Sinne? Und etwas von dem, was mir dabei einfällt, gönne ich mir heute.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40462
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