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SWR3 Worte

06APR2024
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Schuldgefühle sind schmerzhaft, aber man kann auch viel von ihnen lernen, sagt Nora Imlau, Mutter, Autorin und Elternratgeberin. Sie erklärt:

„Evolutionsbiologisch erfüllen Gefühle von Scham und Schuld nämlich eine wichtige Funktion. Sie sind die Reaktion unseres Körpers auf Regelverletzungen, darauf, etwas Verbotenes oder Verwerfliches getan zu haben. (…)
Einmal hatte ich zu einem meiner Kinder in einem Moment von Wut und Frust einen wirklich schlimmen, zutiefst verletzenden Satz gesagt (…). Es war schrecklich. Mein Kind war tief getroffen, und ich fühlte mich furchtbar. Ich prüfte dieses Schuldgefühl und stellte fest, dass es absolut angemessen war. (…)
Mein Schuldgefühl erinnerte mich daran, dass ich dem Moment nicht die Mutter war, die ich sein wollte. Das war schmerzhaft, aber wichtig. (…) Ich guckte mir meine eigene Erschöpfung an, meine Überforderung, meinen Stress. (…) Am nächsten Tag bat ich mein Kind noch einmal um Entschuldigung und versprach ihm und mir gleichzeitig, mich darum zu bemühen, besser auf mich aufzupassen.“

Nora Imlau: Bindung ohne Burnout. Kinder zugewandt begleiten ohne auszubrennen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39640
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SWR3 Worte

05APR2024
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Die evangelische Bischöfin Bettina Schlauraff lobt etwas sehr Ungewöhnliches. Sie schreibt:

„Ich singe heute ein Lob auf die Überforderung, auch wenn das völlig absurd klingt.
Und ich meine nicht das Überfordertsein, das krank macht, dafür brauchst Du besondere Hilfe. Hol sie Dir bitte.
Ich meine das kleine alltägliche Überfordertsein
mit dem dies und das,
mit Dir, der Welt, den Anderen,
mit einem Schnürsenkel,
dem Grinsen des Kollegen,
dem Pensum für heute,
einem Formular,
dem überfälligen Gespräch,
dem Allein- oder Zusammensein
oder einer Öffnungslasche.
Ich meine das alltägliche Überfordertsein,
das unscheinbar ist und wo man denken könnte, das müsste man doch schaffen können,
aber für Dich ist es gerade eine große Sache. (…)
Ich will ein Lob singen auf die Überforderung,
die Dir die Grenze zeigt. (…)
Ist sie nicht auch ein Aufruf zu einem Boxenstopp?
Denk mal, wie Du die Prioritäten änderst und um Hilfe bittest. (…)
Überforderung ist wie das Hindernissymbol in Deiner Fahrtleitanzeige,
das Dich auffordert zu bremsen.“

Bettina Schlauraff: Evangelisch.de, Spiritusblog vom 17.02. 2024,
https://www.evangelisch.de/blogs/spiritus/228187/17-03-2024

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39639
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SWR3 Worte

04APR2024
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Die Spiegelbestseller Autorin und Vierfachmutter Nora Imlau beschreibt, wie sie und ihr Mann im Chaos von Alltag und Kindererziehung einen Weg gefunden haben, ihre Beziehung zu pflegen. Sie schreibt:

„Unsere Form der Beziehungspflege ist es, da nichts zu erzwingen, sondern uns stattdessen eben gleichzeitig um unsere Kinder zu kümmern und um uns selbst.
Wir gehen Hand in Hand spazieren, mit einem Kind in der Trage oder im Buggy. Wir telefonieren in der Mittagspause und küssen uns beim Nach-Hause-kommen.
Wir teilen ein Schokoladenversteck und schieben abends im Familienbett manchmal unsere Kinder an die Seite, um Arm in Arm einzuschlafen.
Und wir sagen uns gegenseitig immer und immer wieder, wie gut wir uns in diesem ganzen Chaos schlagen.
Ich glaube nicht, dass unser Weg in irgendeiner Form zum Patentrezept taugt. Aber ich denke, dass es oft nicht die Kinobesuche und nicht die kinderfreien Kurzurlaube sind, die den Unterschied machen. Sondern die Wertschätzung, mit der wir uns im Alltag begegnen, gerade dann, wenn wenig Raum für Romantik bleibt.“

Nora Imlau: Bindung ohne Burnout. Kinder zugewandt begleiten ohne auszubrennen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39638
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SWR3 Worte

03APR2024
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Susanne Niemeyer ist freie Autorin, Bloggerin und immer auf der Suche nach Gott und Weite. Sie glaubt an Träume:

„Mein lieber Traum. Ich glaube an dich, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gegen dich spricht.
Ich kämpfe für dich, auch wenn ich als Heldin eine Niete bin.
Ich bleibe bei dir, auch wenn es manchmal leichter wäre, dich zu vergessen.
Du bist der gepackte Koffer, auf dem ich sitze.
Du bist das Land, das auf mich wartet.
Du bist der Fahrschein, den ich längst löste.
Du bist der Proviant, von dem ich zehre.
Mein lieber Traum, rede mir nicht ein, dass ich Dich verlassen soll.
Ich gehe mit dir, denn wer täte es sonst?“

Susanne Niemeyer: Schau hin. Vom Hellsehen und Entdecken.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39637
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SWR3 Worte

02APR2024
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In ihrem Buch „Immer besser scheitern“ erzählt Bloggerin und Schriftstellerin Priska Lachmann von ihrem Versuch ihren Selbstwert nicht von ihrem Erfolg abhängig zu machen. Das braucht nämlich Mut, sagt sie und schreibt:

„Wenn wir lernen, Erfolg und Selbstwert voneinander zu trennen, können wir erkennen, wie wertvoll wir sind – ausschließlich um unserer selbst willen. In einer Leistungsgesellschaft wie dieser innezuhalten und zu sagen: „Hey, Mittelmaß ist auch ganz gut!“, erfordert viel Mut. Zu akzeptieren, nicht perfekt sein zu müssen, in keinerlei Hinsicht. Wir benötigen keine perfekte Vita, keine perfekte Liebesgeschichte, keine perfekten Kinder, kein perfektes Haus, keine Berühmtheit oder herausragenden beruflichen Leistungen. „Normal“ reicht aus. So wie wir sind, ist es gut, sind wir gut genug und völlig okay.“

Priska Lachmann: Immer besser scheitern. Warum wir durch Krisen richtig stark werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39636
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SWR3 Worte

01APR2024
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Die Neurologin und Psychotherapeutin Claudia Croos-Müller gibt in ihrem kleinen Überlebensbuch Tipps zur Soforthilfe bei Selbstzweifeln, Schwarzsehen, Pech und Pannen. Kleine Auferstehungshilfen im Alltag. Eine Übung lautet: Kopf hoch!

„Das ist eine ganz einfache und ganz wichtige Glücksübung: Kopf hoch.
Du weißt doch, wie das geht: Richte deine Halswirbelsäule auf. Hebe das Kinn leicht an. Kopf hoch. Schau um dich herum und achte auf all die schönen Dinge, die du dabei wahrnimmst (die kannst du natürlich nur sehen, wenn du den Kopf hochnimmst). „Kopf hoch“ ist eine echte Glückshaltung. Die geht immer. Nebenbei. Mach sie jetzt gleich. Kopf hoch.“

Dr. med. Claudia Croos-Müller: Viel Glück. Das kleine Überlebensbuch

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SWR3 Worte

31MRZ2024
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Erzähl mir von den Dingen, die mein Verstand mir nicht erklären kann, bittet die Autorin Susanne Niemeyer.

Sie schreibt: „Bitte erzähl mir von der Auferstehung. Erzähl mir mitten im Sommer, wenn die Linden rauschen. Erzähl mir, wie sie in den Himmel wachsen, ihre Arme ausbreiten und blau machen. Erzähl mir von der Weite jenseits meines kleinen Kopfes, der gut funktioniert, aber nicht alles weiß. (…)

Erzähl mir von der Auferstehung, damit ich nicht vergesse. Damit ich nicht vergesse was sein könnte, wenn mein Blick nicht am Boden klebt, hängen bleibt an ungeputzten Schuhen, Gullydeckeln und allen Abgründen dieser Welt.

Erzähl von dem, was offenbar ist, denn wir müssen uns erinnern: (…) Das Leben ist schön, aber wir brauchen es nicht auszuschöpfen. Wir brauchen nicht gierig zu schlingen, wir dürfen etwas verpassen, liegen lassen, ungenutzt. Das Leben geht weiter als unser Kalender. (…) Es kommt noch was. Es gibt einen Nachschlag, keine Angst wir werden satt, einmal für immer. Erzähl mir, damit ich genug habe, wenn andere Tage kommen.“

Susanne Niemeyer: Wie lang ist ewig? Geschichten über das Leben und Davongehen.

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SWR3 Gedanken

24FEB2024
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Seit Neustem nennt mich eine Freundin immer Pfarrerin Lucy. Obwohl ich eigentlich Anna heiße und auch mein Nachname nicht im Entferntesten nach Lucy klingt. Lucy, das ist die rotzfreche Besserwisserin aus der Comic-Clique um Charlie Braun: die Peanuts.

Lucy, das ist die, die nie um eine Antwort verlegen ist und Charlie recht selbstbewusst die Welt erklärt.

Auf die Frage, ob Lucy meint, dass Gott mit ihr zufrieden ist, antwortet sie völlig selbstüberzeugt: „Was bleibt ihm anderes übrig?“

Ich habe diesen Comic gelesen und musste an meine Freundin denken. Die macht sich gerade viel Gedanken darüber, wie sie ein besserer Mensch sein kann. Die kann noch was von Lucy lernen, dachte ich und schickte ihr diesen Comic. Seitdem nennt sich mich Pfarrerin Lucy.

Und auch wenn Lucy rechthaberisch, dominant und zeitweise echt egoistisch ist, finde ich diesen Spitznamen ziemlich cool.

Ich trete zwar nicht, wie Lucy, als Hobby-Psychologin auf, aber als Pfarrerin, sind meine Ratschläge schon manchmal gefragt. Und ich bewundere, wie Lucy Glaubens- und Sinnfragen ganz ohne das ständige Zweifeln beantwortet.

Der Zeichner von den Peanuts und Lucy, Charles M. Schulz hat mal erzählt, Lucy wäre seine sarkastische Seite. Und ich habe das Gefühl Lucy ist alles, was wir uns nie erlauben würden zu sein. Trotzig, motzig, von sich selbst überzeugt, gehässig und gnadenlos ehrlich. Eigenschaften, die wir bei uns selbst eher versuchen im Zaum zu halten. Denn in einer Welt voller Lucys möchte niemand leben.

Trotzdem kommt jetzt mein ungefragter Pfarrerinnen-Lucy-Rat: Seinen Motzgefühlen ab und an freien Lauf zu lassen und sich verhalten, als sei man perfekt und die Welt könne einem nichts anhaben, ist ab und an, etwas, dass wir uns selbst erlauben sollten. Denn es fühlt sich großartig an.

Es grüßt herzlich, Pfarrerin Lucy.

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SWR3 Gedanken

23FEB2024
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Ich stehe im Bestattungswald und muss grinsen. Mitten in einer Beerdigung. Die Beerdigung hatte eigentlich ganz normal begonnen: Es ist die Bestattung einer Frau, die viele liebgehabt haben.

Es ist Januar und kalt. Doch die Bäume formen sich wie eine Kathedrale um uns herum und geben ein Stückchen Wärme und Geborgenheit. Eine schlichte Urne umringt von weißen Blümchen steht vor einem Kreuz. Ein Bild der Toten zeigt sie lachend auf einem Motorrad.

Ich spreche Worte über ihr Leben. Worte aus der Bibel. Wir beten und hören Musik. Und dann soll es zum Grab. Genauer gesagt zu einem Baum im Wald. Dort wird die Urne bestattet.

Der Trauerzug läuft los, tiefer hinein in den Wald. Der Mitarbeiter des Bestatters, ein älterer Herr, trägt die Urne. Wir laufen eine Weile und er hält an einem Baum. Dort ist offensichtlich ein Urnengrab ausgehoben, doch der Sohn der Verstorbenen hält inne: Das ist nicht der ausgewählte Baum. Das ist nicht unser Grab.

Schock beim Urnenträger. Sowas ist ihm noch nie passiert. Er hatte es nicht weiter nachgeprüft, und nun hat er nicht mal die Nummer des richtigen Baumes im Kopf. Trotz Kälte läuft ihm Schweiß die Schläfe hinunter. Er wird rot und schüttelt andauernd den Kopf.

Nach und nach merken alle Beteiligten, dass da was nicht stimmt und hektisch wird im Handy nach der Baumnummer gesucht. Plötzlich fangen alle an, Witzchen zu reißen. Es ist eine gelöste - fast heitere Stimmung. Wir laufen mehr als 20 Minuten durch den Wald – lange in die völlig falsche Richtung. Und es ist irgendwie lustig. Auch der Bestattungsmitarbeiter entspannt sich irgendwann. Und dann tatsächlich: wir finden den Berg-Ahorn für die Urne. Die Menschen, die vorher noch mit hängenden Gesichtern am Andachtsplatz standen, haben jetzt alle ein Lächeln im Gesicht. Und ich auch.

Und ich mag mir vorstellen und glauben, dass die Verstorbene im Himmel, beim Anblick unserer Grab-Schnitzeljagd herzlich gelacht hat. Sie, mit uns zusammen. Das tat gut.

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SWR3 Gedanken

22FEB2024
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„Gott ist tot!“, ruft der Zweitklässler Samuel laut in den Klassenraum. 
„Huch“, denke ich. Wo kommt das plötzlich her? Ich bezweifle, dass Samuel den Philosophen Nietzsche kennt. Der hat das mal gesagt: „Gott ist tot“

Wie kommt mein 2. Klässler also da drauf?

„Gott ist tot!“ Samuel wiederholt vehement seine Aussage und ich bin gespannt auf seine Erklärung. „Ja, Gott ist doch im Himmel! Also ist er tot. Denn alle Toten sind im Himmel.“

Um ihn herum kräftiges bejahendes Nicken der anderen Kinder. Es scheint sie für alle vollkommen logisch.

Nur Lisa meldet sich und sagt: „Meine Mama hat gesagt, meine Oma ist im Himmel und lebt jetzt mit Gott und Jesus da oben.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu. „Also ist meine Oma nicht richtig tot und Gott auch nicht. Sie leben im Himmel“

Schweigen. Jetzt sind alle irgendwie ratlos. Ist Gott nun tot oder lebendig? Und was hat Jesus nochmal damit zu tun?

So sieht eine typische Reli-Stunde aus. Das eigentliche Thema ist vergessen und ich befinde mich mit meinen Schülern mitten in einer spannenden theologischen Fragestellung. Ich liebe das!

Und habe besonders in diesen Situationen den Eindruck: Die Kinder nutzen den Reli-Unterricht, um eigenen Fragen nachzugehen.

Gegner des christlichen Reli Unterrichts behaupten ja, er würde die Kinder manipulieren und ihnen den Glauben aufzwingen.

Ich bin vom Gegenteil überzeugt. In Reli lernen die Kinder logische Schlüsse zu ziehen, aus dem, was sie von Erwachsenen über Gott gehört haben. Das zeigt das Beispiel von Samuel und Lisa:  Sie zweifeln. Sie stellen in Frage. Sie glauben nicht alles und sie denken selbst. In Reli ist der Ort für die großen Sinn-Fragen, die alle Menschen haben. Wie schön, dass unsere Kinder Raum und Recht bekommen, ihre Fragen zu stellen. Und ich dabei sein darf, wenn sie Antworten suchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39375
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