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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

In den Ferien fällt mir das Aufwachen besonders schwer. Nicht weil ich später ins Bett gehe. Sondern weil ich das Gefühl habe: ich bin die einzige, die früh raus muss.
Wenn Sie jetzt auch noch keine Ferien haben, werden Sie das kennen.

Das stimmt natürlich nicht. Auch andere müssen in den Ferien früh raus. Aber es kommt mir eben so vor. Weil es draußen noch ganz still ist und nur mein Wecker Lärm macht. Am liebsten würde ich mich da noch mal umdrehen und weiter schlafen.

Leichter fällt es mir, wenn ich merke: Ich bin nicht die Einzige, die aus dem Bett muss. Deshalb gefällt mir ein Morgenlied besonders gut. Es steht in unserem evangelischen Gesangbuch (EG Nr. 452)
Da heißt es: „Er weckt mich alle Morgen. Er weckt mir selbst das Ohr.“ Gemeint ist nicht der Wecker. Sondern Gott. Gott weckt mich jeden Morgen. Und zwar so umfassend, dass er nichts vergisst. Selbst das Ohr wird geweckt.
Das finde ich einen schönen Gedanken: dass ich eben nicht nur vom Klingeln des Weckers aufwache, sondern dass da schon einer ist, der wach ist und sich darum kümmert, dass auch ich wach werde.
Das heißt, ich bin morgens gar nicht allein. Gott ist schon da und hat sogar schon die ganze Nacht gewacht.

Aber wie kann man das spüren?
Gott klingelt doch nicht wie der Wecker und sagt auch nichts!

Manche Leute lesen deswegen morgens gleich nach dem Aufwachen die Losung. Das sind Bibelworte für jeden Tag. Da merken sie, dass Gott da ist – in den Jahrtausende alten Worten der Bibel.
Manche sagen einfach nur: „Hilf mir heute Gott.“
Und manche sprechen das Gebet, das Martin Luther jeden Morgen gesagt hat:
„Ich danke dir mein himmlischer Vater,
durch Jesus Christus deinen lieben Sohn,
dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast,
und bitte dich,
du wollest mich diesen Tag auch behüten
vor Sünden und allem Übel,
dass dir all mein Tun und Leben gefalle.
Denn ich befehle mich,
meinen Leib und Seele und alles in deine Hände.
Dein heiliger Engel sei mit mir,
dass der böse Feind keine Macht an mir finde.“

Ich glaube es ist egal, welche Worte man spricht oder betet. Es tut einfach gut, sich morgens daran zu erinnern, dass Gott mich auch an diesem Tag begleiten will. Für mich fängt der Tag dann irgendwie anders an. Weil ich merke: ich bin nicht allein. Auch dann nicht, wenn die anderen noch weiter schlafen.
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Warum sagt eigentlich die Kirche nichts dazu?“ fragen manche Leute, wenn es um die Wirtschaftskrise geht oder um Kinderarmut in Deutschland. Sie vermissen klare und eindeutige Worte der Kirche zu Missständen in der Gesellschaft.
Und diese Worte sollen am besten von ganz prominenten Vertretern der Kirche ausgesprochen werden. So dass sie in den Nachrichten kommen und alle es mitkriegen.

Ich kann dieses Bedürfnis gut verstehen. Dahinter steckt der Wunsch, dass jemand sagt, was richtig und falsch ist und was wir tun sollen. Und damit es auch alle hören und sich daran halten, muss es jemand sagen, der Autorität hat. Am besten eben „die Kirche“.

Wie schwierig es ist, in der Kirche alle an einen Tisch zu bekommen und neben aller laufenden Arbeit die gesellschaftlichen Probleme zu durchdringen und womöglich auch noch Lösungen anzubieten, das können sich viele nicht vorstellen.

Um so mehr beeindruckt es mich, dass genau dies vor 75 Jahren gelungen ist. Damals haben sich 140 Vertreter aus allen evangelischen Kirchen in Deutschland in Barmen, einem Stadtteil von Wuppertal, getroffen. Gemeinsam haben sie in nur zwei Tagen die „Barmer theologische Erklärung“ verabschiedet.
Darin wandten sie sich gegen Hitler und seine Machtansprüche auf das ganze Leben der Menschen. Mit klaren Worten haben sie gesagt, dass die Christen nur einen Herrn haben und der heißt Jesus Christus. Und dass der Staat nicht das Recht hat, in alle Bereiche des Lebens einzugreifen.

Damals war die Gefahr für die Menschen mit Händen zu greifen. Und trotzdem hat es viel Mut erfordert, dieses Bekenntnis zu formulieren und zu veröffentlichen. Das war nur möglich, weil es eben Menschen gab, die gesagt haben: „Da müssen wir was tun.“
Sie haben nicht gefragt: „Warum sagt die Kirche da nichts?“ sondern für sie war klar: „Wir sind Christen. Darum müssen wir etwas sagen.“ Und das waren nicht nur Pfarrer und Bischöfe, sondern ganz normale Leute aus der Kirchengemeinde.

Wenn wir uns in diesen Tagen daran erinnern, was in Barmen passiert ist, dann wünsche ich mir für die Kirche heute auch so viel Weitsicht und Mut im Blick auf unsere Probleme. Und ich wünsche mir vor allem, dass „die Kirche“ nicht immer die anderen sind. Sondern, dass alle, die zur Kirche gehören, merken: Da bin ich auch mit gemeint. Auch ich gehöre dazu und kann meine Meinung äußern.
Ich glaube, je mehr Leute ihre Meinung auch als Christen sagen, umso mehr wird die Kirche gehört.
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Mit Gott will ich nichts mehr zu tun haben“, sagt ein Mann zu mir. „Der ist doch nicht gerecht!“ Was er genau meint, erklärt er nicht. Aber ich spüre, dass er enttäuscht ist.

So geht es sicherlich manchen Leuten. Sie haben etwas von Gott erwartet und dann ist es anders gekommen. Jetzt sind sie enttäuscht und wollen nichts mehr von Gott hören.

Die Bibel erzählt von einem Mann, dem es ähnlich ging. Er hieß Jona. Jona bekam von Gott einen Auftrag. Er sollte in die Stadt Ninive gehen und die Leute dort warnen. Sie hatten sich von Gott abgewandt und Jona sollte sie wieder an Gott erinnern und an das Leben, wie es nach Gottes Willen sein soll.
Aber das wollte Jona nicht. Er fand es eigentlich gerecht, dass die Leute ihre verdiente Strafe bekommen. Schließlich hatten sie ja auch Fehler gemacht.

Ohne ein Wort zu sagen haut er dann ab und versteckt sich auf einem Schiff.
Das Schiff fährt aufs Meer und es kommt in einen schweren Sturm. Die Seeleute suchen einen Schuldigen und werfen schließlich Jona ins Wasser, um das Meer zu besänftigen. Und tatsächlich, der Sturm hört auf.
Aber auch Jona wird gerettet. Ein Walfisch verschluckt ihn und Jona betet drei Tage und drei Nächte lang im Bauch des Wals. Bis der ihn an Land ausspuckt.

Das klingt ziemlich märchenhaft finde ich. Aber die Geschichte bringt für mich zum Ausdruck, dass Gott irgendwie anders handelt als wir denken.
Jona hat ja gedacht, wenn er sich von Gott abwendet, dann hat er endlich seine Ruhe und wird in Frieden gelassen. Aber sein Leben wird erst einmal noch viel aufregender, auf dem Schiff und später im Sturm.

Schließlich wird er dann doch gerettet. Gott bricht nämlich die Beziehung nicht einfach ab. Gott drängt sich auch nicht auf. Aber im entscheidenden Moment ist er da. Auch für die, die sich enttäuscht und wütend von ihm abgewandt haben. So verstehe ich die Geschichte mit dem Walfisch.

Und nachdem die ärgste Gefahr vorbei ist, sitzt Jona drei Tage und Nächte im Dunkeln des Fischbauchs und betet. Mir kommt das so vor, als ob Gott ihn da in Ruhe lässt, damit er über alles nachdenken kann. Erst dann ist er wirklich gerettet.

Jonas Geschichte zeigt mir: Es gibt Enttäuschungen mit Gott und man braucht Zeit, um damit umzugehen. So ist die Welt nun mal. Aber auch wenn jemand die Beziehung zu Gott abbricht, lässt er einen noch lange nicht im Stich. Das ist bei Gott gerecht.
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Hören Sie noch das Piepsen vom Fernseher?
Ich hatte ganz vergessen, dass es diesen Ton gibt, bis unsere Tochter beim Einschalten kürzlich sagte: „Jetzt piepst es wieder!“
Da habe ich gemerkt: Ich höre es nicht mehr.

Natürlich ist das nicht weiter dramatisch. Das ist ganz normal, wenn man über dreißig ist, habe ich inzwischen gelernt. Aber es hat mich daran erinnert, dass im Leben nicht alles bleibt, wie es ist.
Immer wieder verändert sich etwas und ganz plötzlich wird es einem bewusst: Das fängt schon an, wenn man mal an Orte zurück kommt, wo man als Kind war. Da merkt man auf einmal, dass man aus vielem heraus gewachsen ist. Oder wenn auf einmal klar wird: Ohne Lesebrille geht nichts mehr. Da hat sich über lange Zeit etwas entwickelt und plötzlich wird es deutlich. Das kann einen schon erschrecken.

Ich kenne Leute, denen machen diese Veränderungen Angst: wer weiß, was noch alles kommt, sagen sie. Und manche ärgern sich, wenn etwas nicht mehr geht und trauen sich immer weniger zu.

Da frage ich mich: wie kann man mit solchen schleichenden Veränderungen umgehen?

Bewusster leben vielleicht. Sich klar machen, was man alles kann und gerne macht. Das macht einem dann Mut. Aber das gelingt nicht immer, finde ich.

Vielleicht hilft es ja, wenn man sich vor den Veränderungen nicht so sehr fürchtet. Sondern sie hinnimmt als das, was sind: Veränderungen eben. Aufgaben vielleicht auch, die einem das Leben stellt. Und manchmal sogar Chancen.
Es gehört zum Leben, dass nicht alles immer mehr und immer besser wird. Sondern irgendwann auch wieder abnimmt. Und das hat ja auch etwas Gutes: Wir müssen nicht immer mehr hören und sehen, sondern dürfen irgendwann auch abschalten und auswählen. Und wir brauchen nicht immer allem hinterher zu rennen, sondern dürfen irgendwann auch zur Ruhe kommen und langsam laufen.

Im 139. Psalm in der Bibel heißt es: „Gott, deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner war.“

Das tröstet mich, wenn ich daran denke, was sich alles so nach und nach verändern kann. Denn das heißt für mich: Keine Veränderung geschieht völlig unvorhergesehen. Bei Gott zumindest ist schon irgendwo festgeschrieben, was in meinem Leben passiert. Vielleicht nicht jede Kleinigkeit. Aber insgesamt weiß Gott, wie Leben abläuft. Er begleitet mich dabei und interessiert sich dafür.
So gesehen, ist es mir dann egal, ob ich den Ferneseher piepsen höre oder nicht.
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Würden Sie manchmal auch gerne ausbrechen? Einfach so mal einen Tag was ganz anderes machen. Raus aus den Verpflichtungen, weg von den Terminen und Aufgaben. Einfach mal allem entfliehen, was einengt und festlegt.
Dazu hätte ich manchmal große Lust.

Ich stelle mir vor, dass es Maria so ähnlich ging.
Sie ist die Schwester von Martha, erzählt die Bibel. Und die beiden leben zusammen in einem Haus. Sie erwarten Besuch. Besonderen Besuch. Jesus und seine Freunde haben sich angekündigt.
Da muss natürlich alles vorbereitet werden: geputzt und gekocht soll sein und die Gäste sollen sich wohlfühlen. So ist schon morgens klar, was an diesem Tag unbedingt alles geschehen muss. Und beide Frauen packen an.

Aber als dann die Gäste kommen, macht Maria nicht mehr mit. Sie setzt sich einfach zu Jesus und hört ihm zu. Dabei sollte sie eigentlich in der Küche stehen und das Essen zubereiten. So wie es sich damals für eine Frau gehörte.
Aber Maria bricht aus. Sie kümmert sich nicht um Erwartungen und Verpflichtungen. Es ist ihr egal, was die anderen denken. Sie will jetzt bei Jesus sein und mit ihm Zeit haben. Da kann sie nicht nebenher noch in der Küche schaffen.

Ich bewundere Maria für ihren Mut und für ihre Entschlossenheit.
Denn natürlich gibt es Ärger mit der Schwester, die sich über sie beschwert. Und sogar Jesus mischt sich ein.
Allerdings unterstützt der Maria. „Du sorgst dich um so vieles“, sagt er zu ihrer Schwester Martha. „Dabei ist nur eines notwendig“. Und dann wird er noch deutlicher. „Schau auf Maria. Sie hat es erkannt.“

Eines ist notwendig – das heißt für mich: Nicht tausend Aufgaben und Termine sind wichtig, sondern nur eines ist notwendig: dass man sich manchmal von diesen Zwängen befreit. Mal ausbricht aus dem Alltag, um wieder zu sehen, was wirklich wichtig ist. Und um bei all dem, was andere von mir wollen, mal wieder zu spüren, was ich eigentlich selber will.

Man muss ja nicht gleich den ganzen Tag verschwinden. Manchmal reicht es schon, die Mittagspause in Ruhe auf einer Parkbank zu verbringen anstatt mit den anderen in der Kantine zu sitzen. Oder morgens eine Stunde schwimmen zu gehen anstatt durch die Stadt zu hetzen. Oder sich abends mal wieder Zeit zu nehmen für ein Bier mit dem besten Kumpel oder für einen Kaffee mit der guten Freundin.

Schon so ein kleiner Ausbruch aus dem Alltag zeigt manchmal, was wirklich wichtig ist. Und dann ist es auch wieder leichter das andere anzugehen.
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Sind Sie morgens auch manchmal so fertig?
Ich wache manchmal morgens auf und fühle mich wie zerschlagen. Wie so ein Häufchen Scherben. Total müde und kaputt, unfähig mich zusammen zu raufen und den Tag anzufangen.
Das mag an schlechten Träumen liegen oder an zu kurzen Nächten. Jedenfalls finde ich es schrecklich so aufzuwachen und zu merken: Der Tag fängt erst an und ich bin schon fertig.

Was soll da noch werden? frage ich mich dann. Wie soll der Tag noch gut werden, wenn ich jetzt schon nicht mehr kann? Und wie krieg ich alles hin, was heute unbedingt sein muss?

Manchmal tröstet mich da ein Satz aus der Bibel. Paulus, einer der ganz engagierten Anhänger Jesu, hat nämlich einmal gesagt. „Alles ist Stückwerk!“ (1 Kor 13,9)

Das heißt für mich erst mal: es ist ganz normal, wenn man sich mal völlig zerschlagen fühlt. Das Leben ist nicht immer ein rundes Ganzes, sondern viel öfter brüchig und sogar zerbrochen. Und das nicht nur morgens, wenn man aufwacht.
Es gehört zu unserem Leben dazu, dass wir nicht perfekt sind und auch nicht vollkommen. Wir sind einfach nur Stückwerk: zusammen gesetzt aus Bruchstücken und einzelnen Teilen. Geprägt von Abbrüchen und Unterbrechungen.

Und darum ist auch alles, was wir machen nur Stückwerk, sagt Paulus.
Was auch immer wir tun, bleibt unvollendet. Das heißt, es könnte immer noch besser und schöner sein. Aber das braucht es gar nicht. Es ist einfach nur Stückwerk.

Wenn ich daran denke, dann kann ich so einen kaputten Tag besser anfangen. Dann sage ich mir: „Gut, heute einfach nur Stückwerk. Nur so viel wie möglich ist. Und kein Ärger darüber, dass es vielleicht noch besser sein könnte.“ Dann bin ich nicht mehr so mutlos und lustlos. Sondern kann das angehen, was geht. Und ich muss mich nicht entmutigen lassen, wenn manches heute vielleicht nicht so läuft.

Stückwerk heißt ja auch: da sind welche am Werk. Jeder an seinem Stück. Das heißt, ich bin nicht allein: Andere setzen ihre Bruchstücke auch zusammen und vielleicht schaffen wir miteinander sogar etwas richtig Gutes.

Vielleicht ist ja ein anderer im Büro heute nicht so müde und hat dafür gute Ideen. Ich kann heute vor allem gut Kaffee kochen oder solche Aufgaben machen, die nicht so viel Aufmerksamkeit erfordern. So kann jeder sein Bruchstück beitragen. Und zusammen wird der Tag dann vielleicht sogar noch richtig gut. So dass wir abends sagen können: „Wir haben ein Stück Werk geschafft!“
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Zehntausende machen sich heute wieder auf den Heimweg vom Kirchentag. Beschwingt und fröhlich. Voller neuer Eindrücke und Ideen.
Für manche ist es dann aber gar nicht so leicht wieder heim zu kommen. Schließlich haben sie in den letzten Tagen viel gesungen und gefeiert, nachgedacht und diskutiert, und wollen jetzt am liebsten die ganze Welt verändern.
Und dann warten zuhause die ganz alltäglichen Pflichten, die alle großen Träume und Visionen schnell ersticken.

Vielleicht kennen Sie das ja so ähnlich nach einem schönen Urlaub, wenn der Alltag wieder über Sie herein bricht und alle Erholung und alle guten Vorsätze, jetzt endlich anders zu leben, sofort wieder weg sind.

Aber das muss nicht so sein. Nachher im Abschlussgottesdienst werden sie auf dem Kirchentag über einen Abschnitt aus der Bibel nachdenken. In einem Brief an die ersten Christen wird da nämlich ein anderer Vorschlag gemacht (1. Petrus 3,9)
Der Brief wurde an Menschen geschrieben, die mit ihren Vorstellungen vom Leben ziemlich allein da standen. Die Christen damals wurden benachteiligt und verfolgt. Trotzdem, so sagt der Schreiber des Briefs, sollen sie ihre Träume nicht aufgeben. Sie sollen sich nicht auf die Unfreundlichkeiten ihrer Umgebung einlassen und das Unrecht, das ihnen geschieht, auch nicht mit Unrecht beantworten.
„Im Gegenteil: Segnet!“ heißt.

Segnen – wie macht man das? Heißt das, man soll denen, die einen ärgern, die Hand auf den Kopf legen? Oder zu den Problemen, die man nicht lösen kann, einen Segensspruch murmeln?

Nein, so hat es der Schreiber des Briefes bestimmt nicht gemeint.
Segnen heißt in der Bibel viel mehr: Jede Situation mit Gott in Verbindung bringen. Das heißt einerseits Gott danken für das, was gut ist. Also für die schönen Tage und die vielen Begegnungen und Anregungen. Aber es heißt auch, das, was schwierig ist, mit Gott verbinden. Die vielen ungelösten Probleme der Gesellschaft, die Schwierigkeiten weltweit und ganz privat.

Segnen heißt dann: Gott um Beistand bitten und um Hilfe. Und darauf vertrauen, dass Gottes Segen etwas verwandeln kann.
Das scheint wenig. Aber ich glaube, es hilft, wenn man Gott so einbezieht ins Leben. Weil man dann nicht mehr denkt, man muss alles selber machen. Und weil man damit rechnet, dass sich mit Gottes Hilfe etwas verändert, was ich allein nicht schaffe.
Der Segen, der heute in Bremen zum Abschluss gesprochen wird und im Fernsehen übertragen wird, der soll für mich da ein Anfang sein.
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Geschafft! Die Feiertage sind vorbei. Endlich wieder ein bisschen Normalität.
Aber was bleibt von den Festtagen außer zerknülltem Geschenkpapier und Plätzchenkrümeln? Was bleibt vom Wunder der heiligen Nacht außer den Geschenken, die weggeräumt oder umgetauscht werden müssen, und der Erinnerung an das gute Essen?

Ehrlich gesagt: Ich bin jedes Jahr froh, dass es nach Weihnachten nicht gleich wieder so richtig los geht. Es kommen ja noch mehr Feiertage und Wochenenden, die die freie Zeit verlängern. Und das ist gut so, finde ich. Weil ich die Stimmung von Weihnachten gar nicht so schnell vergessen will. Ich will gar nicht alles sofort aufräumen und weg packen.
Irgendwie brauche ich noch eine Übergangszeit, bevor der Alltag wieder kommt.

Die zwölf heiligen Nächte sind so eine Zeit. Das sind die Nächte und natürlich auch die Tage von Weihnachten bis zum sechsten Januar. Dem Drei-Königstag. Seit vielen Jahrhunderten begehen Christen diese Zeit ganz bewusst. Nur die nötigste Arbeit soll in diesen Tagen gemacht werden. Ansonsten soll Zeit sein, um Weihnachten mit der Geburt im Stall noch mal nachklingen zu lassen. Und um darauf zu warten, dass die drei Weisen beim Kind in der Krippe erscheinen. So wie es die Bibel erzählt.

Diese Zeit ist also ein bisschen wie ein langsamer Abschied vom Fest und ein Neubeginn. Und genau da rein fällt ja dann auch der Übergang vom alten ins neue Jahr. Die zwölf Nächte zwischen Heiligabend und dem 6. Januar geben mir die Möglichkeit, dies ganz bewusst zu erleben und mir dafür Zeit zu nehmen.

Die Arbeit nur auf das Nötigste beschränken, so wie es die Menschen früher gemacht haben – das ist allerdings gar nicht so leicht. Vor allem zwölf Tage lang nicht. Aber vielleicht hilft es auch schon, sich ganz bewusst für bestimmte Sachen zu entscheiden. Zum Beispiel, den Weihnachtsbaum auf jeden Fall bis zum 6. Januar stehen lassen. Und die Krippe auch.
Oder nicht gleich alles umtauschen, was man nicht haben will. Sondern es erst mal liegen lassen und sich freuen, dass einem jemand etwas geschenkt hat.
Oder zwölf Tage lang noch Weihnachtsmusik hören und die Sterne anschauen, die an den Fenstern kleben. Und jeden Tag einen Wunsch aufschreiben für das kommende Jahr.

Das alles kann mir helfen, Weihnachten nicht gleich wieder zu vergessen. Sondern es langsam mit in den Alltag zu nehmen. Damit ich auch in der kommenden Zeit weiß: Weihnachten war mehr als Essen und Geschenke.
Weihnachten das waren auch Begegnungen und Gespräche, Geschichten und Musik, Sterne und Engel und die Erfahrung, dass Gott es gut mit mir meint.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Heute Abend werden viele Kinder sie wieder spielen: die Geschichte von der Herbergssuche. Von Maria und Josef, die in Bethlehem an jedes Haus klopfen und eine Unterkunft suchen. Überall werden sie abgelehnt, bis endlich einer sagt: Im Stall ist noch Platz.
Und Josef als Zimmermann wird sein bestes geben, um den Stall herzurichten. Damit sie es einigermaßen bequem haben. Und wenn das Kind da ist, dann wird es in die Krippe gelegt, als ob das das Kinderbett sei, und die Hirten werden kommen als ob Besuchszeit im Krankenhaus wäre. Auf einmal wird die ungemütliche Umgebung des Stalls genau der richtige Ort sein für die Geburt und die Zeit danach.

So oder so ähnlich wird es heute Abend bei den Krippenspielen in den Gottesdiensten zu sehen sein. Und dabei spielen die Kinder nicht nur eine Geschichte von vor 2000 Jahren. Sondern sie erzählen auch die Geschichte von vielen Menschen heute.

Von denen, die auf der Suche sind. Nach einem Ort, an dem man sich ein bisschen aufhalten kann. Ein Ort, an dem sie etwas Besonderes erleben können. Etwas, das sie berührt und glücklich macht.

Viele werden dazu heute in die Kirche kommen. Sie vielleicht auch. Und für manche wird das ähnlich fremd sein wie es der Stall für Maria und Josef war. Weil sie schon lange nicht mehr in der Kirche waren und sich da auch nicht so gut auskennen. Oder weil heute alles anders aussieht und so viele fremde Menschen da sind.
Das kann einen erst mal irritieren und vielleicht ein bisschen einschüchtern.

Vielleicht hilft es da, sich daran zu erinnern, was Maria und Josef wohl in der fremden Umgebung gemacht haben. Ich stelle mir vor: Sie haben sich eingerichtet, so gut es ging. Sie haben sich einen Platz zum Schlafen gemacht und etwas zu Essen besorgt und haben abgewartet, was passieren wird.

Schlafplatz und Essen brauchen wir im Gottesdienst nicht. Aber ein Liedblatt, wie es am Eingang verteilt wird, das hilft hier schon ganz schön weiter. Und ein bisschen Geld für das Opfer, das am Ende für arme Menschen auf der ganzen Welt eingesammelt wird, das ist auch gut. Und dann kann es helfen, sich einfach hinzusetzen und sich mit hinein nehmen zu lassen in die Geschichte von Weihnachten.

Vielleicht sind es die Weihnachtslieder, die Ihnen dann bekannt vor kommen. Oder die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium, die Ihnen vertraut ist. Vielleicht können Sie auch gar nicht so genau sagen, was eigentlich passiert und merken einfach nur am Ende: hier war ich am richtigen Ort. Hier habe ich für kurze Zeit eine Heimat gehabt.

Heute Nachmittag und heute Abend laden alle Kirchen zu ihren Gottesdiensten ein: Wenn Sie kommen möchten, dann wünsche ich Ihnen, dass Sie dort ein Stück Heimat und Geborgenheit finden.
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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Sind Sie schon da, wo Sie dieses Jahr Weihnachten feiern? Oder sind Sie noch unterwegs? Im Zug oder im Auto? Oder einfach in Gedanken noch rastlos und umgetrieben?
Der letzte Tag vor Heilig Abend kommt mir oft ein bisschen atemlos vor. Jeder muss noch irgendwo hin und irgendwas erledigen: Einkaufen, Geschenke weg bringen, zum Frisör gehen oder eben zu den Enkeln fahren oder zu den Eltern. Alle sind auf den Beinen und unterwegs. Von Ruhe und Besinnung noch keine Spur.

Aber vielleicht passt das ja zu Weihnachten! Die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium erzählt, dass die Menschen damals auch alle unterwegs waren. Sie mussten alle in ihre Heimatstadt gehen, um sich da in Steuerlisten eintragen zu lassen. Das war ein Befehl des Kaisers.
Und dann heißt es da:
So machte sich auch auf Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, ins jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem…zusammen mit Maria, seiner Verlobten, die war schwanger (Lk 2, 4).

Sie waren also auch schon unterwegs, Maria und Josef, die Hauptpersonen der Weihnachtsgeschichte. Und ich stelle mir vor, dass sie auch getrieben waren von dem, was noch zu erledigen war. Dass sie keine Ruhe hatten auf dem Weg nach Bethlehem. Schließlich wollten sie bestimmt wieder zuhause sein, wenn das Kind geboren wird.

Was ihnen damals wohl geholfen hat?
Die Bibel sagt nichts dazu.
Aber das Bild von der schwangeren Maria auf dem Weg nach Bethlehem spricht für sich, finde ich.

Angelus Silesius, ein geistlicher Dichter hat es einmal so gesagt:
„Halt an, wo läufst du hin?
Der Himmel ist in dir.“

Der Himmel ist in dir: das sehe ich an Maria mit ihrem dicken Bauch. Sie trägt tatsächlich den Himmel in sich: das Kind, das für alle den Himmel auf die Erde bringt. Und niemand kann es ihr weg nehmen, egal wohin sie noch gehen muss.

Vielleicht hilft es in der Hektik heute ja auch, sich zu fragen: „Halt an, wo läufst du hin?“
Und ich stelle mir vor, dass ich dann kurz stehen bleibe in der Küche, an der Ampel oder mitten im Park. Und dass ich in mich rein höre. Vielleicht kann ich da ja wirklich etwas spüren davon, dass der Himmel in mir ist. Weil mir so eine kurze Pause gut tut und ich merke, es gibt noch wichtigeres, als hier herum zu hetzen. Oder weil ich dann plötzlich Zeit habe mich mal um zu schauen und zu sehen: eigentlich ist schon genug vorbereitet. Weihnachten kann kommen.
Ihnen wünsche ich jedenfalls, dass Sie gut da ankommen, wohin Sie unterwegs sind und dass Sie dabei auch bei sich selbst ankommen.
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