Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR3

 

Autor*in

 

Archiv

SWR3 Gedanken

17FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Was wäre ich im Winter ohne Eiskratzer? Aufgeschmissen! Denn ich vergesse so oft am Abend, dass ich diese silberne Schutzmatte über meine Windschutzscheibe legen muss. Am nächsten Morgen muss ich dann halt kratzen.

Ich fluche natürlich erstmal, weil diese paar Minuten Eiskratzen eigentlich immer meinen eh schon knappen Zeitplan zerschlagen. Aber hinterher hat mir mein zugefrorenes Auto was Wichtiges über Gott und mein Leben beigebracht. Auch bei mir in meinem Alltagstrott gibt es immer mal wieder Sachen, die wie festgefroren sind. Das kann eine starre Gewohnheit sein, die sich irgendwie eingeschlichen hat, obwohl ich sie nie bewusst haben wollte. Dass ich mich abends nur noch auf die Couch schmeiße und nichts mehr mache, zum Beispiel. Oder dass ich zu oft Tiefkühlpizza esse.

Manches fällt in meinem Alltag hinten runter, obwohl es mir eigentlich wichtig ist. Zum Beispiel mal eine Sporteinheit dazwischen zu schieben oder eben mehr Gemüse zu essen, auch wenn das eine ganz schöne Schnibbelei ist. Oder auch was für meine Seele tun: dass ich immer wieder am Tag mal mit Gott connecte. Immerhin komme ich ja aus seinen Werkhallen.

Da kommt für mich die Fastenzeit ins Rennen, die gerade angefangen hat. Die Fastenzeit ist für mich wie ein Eiskratzer. Mit Gott an meiner Seite kratze ich mein Leben wieder frei. Und so bereite ich mich auf Ostern vor. Weil ich nicht will, dass in meinem Leben was festfriert. Deswegen verzichte ich freiwillig auf was Gewohnt-Liebgewordenes, um für mich wieder klar zu kriegen, was ich will. Lieber will ich unterscheiden können, was wichtig und was nicht wichtig ist. Denn: Ich will wieder klarer sehen können!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39303
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

16FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Egal was ich vorschlage und wie ich es mache, nie ist es richtig - oder jedenfalls nie ganz perfekt. So ist es mir mit einem Ex-Kollegen gegangen. Ich hab noch nicht mal den Mund aufgemacht, da war er schon dagegen. Oder der Nachbar meines Onkels, der hat sich ähnlich ätzend verhalten. Der rennt jedes Mal brüllend auf die Straße, wenn jemand es wagt in seiner Einfahrt zu wenden. Tierisch anstrengend solche Menschen!

Die Pop-Kultur hat ihnen einen Namen gegeben: Man nennt sie – zugegeben etwas vulgär: „Shit-Angel.“ Naja, den ersten Wortteil kennt ja jeder und „Angel“, das ist ein Engel - nur eben in garstig. Jesus hat auch solche Menschen um sich gehabt, als er durch seine Heimat gezogen ist. Die einen fanden ihn zu friedliebend, die nächsten viel zu provokant, und alle haben ordentlich Stimmung gegen ihn gemacht. Jesus hat sich aber nicht unterkriegen lassen. Im Gegenteil. Er hat sogar ein Mantra draus gemacht: „Liebe deinen Feind und tue denen Gutes, die dich schlecht behandeln“.

Naja, hätte ich jetzt meinem allzu-freundlichen Kollegen damals für jeden Widerspruch einen Kuchen backen sollen? Oder soll mein Onkel seinen Wut-Nachbarn auf einen Kaffee einladen? Sicher nicht! Aber wenn ich hinter meinem Ärger sehe, dass dieser wutschnaubende oder unsympathische Kontrahent vor mir auch ein geliebter Mensch Gottes ist. Dann kann der „shit“ zum „angel“ werden: Weil mir dieser Mensch beibringt, wie ich es machen möchte. Eben anders.

Ich will cool und freundlich bleiben und jetzt kommt das Schwerste: Ich will gar nicht damit rechnen, dass ich was Freundliches zurückkriege. Und vielleicht merkt mein Gegenüber dann: ‚Der ist trotzdem gut zu mir, auch wenn wir zwei wie Katz und Hund sind‘. Oder dass ich einfach darin wachse: Cool und freundlich zu sein, einfach, weil es so menschlicher und heilsamer für alle ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39302
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

15FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Das ist das Highlight im Jahr: Wenn die tschechische Verwandtschaft meiner Frau anrückt. Da wird ein großes Fass mit Original Prager-Bier ins Wohnzimmer gerollt und dann sitzen wir zusammen und reden und lachen bis tief in die Nacht.

In den letzten Wochen ist mir allerdings das Lachen jedes Mal vergangen, wenn ich Nachrichten gehört habe. Geheim oder in aller Öffentlichkeit werden Menschen diskriminiert, die anders sind, anders aussehen oder woanders herkommen. Das ist menschenverachtend, wenn die, die nicht ins Bild passen aus unserem Land raus sollen. Wie kann so etwas wieder in unserem Land passieren, nach noch nicht einmal 80 Jahren?

Ein großer Philosoph sagt: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verurteilt sie zu wiederholen.“ Gott sei Dank haben in den letzten Wochen hunderttausende Menschen auf den Straßen gezeigt, dass sie eine solche Vergangenheit nie mehr wollen.

Aber vor jeder Demo kommt, dass wir nicht vergessen; uns erinnern. Immer und immer wieder. Das ist typisch jüdisch und typisch christlich: dass man sich die alten Geschichten wieder und wieder erzählt. So wie in meiner tschechischen Familie, nächtelang und manchmal mit einem großen Fass Bier. Da erzählt der Schwiegervater von seinem berühmt berüchtigten Skiunfall und die Tante gibt ihr lustiges Erlebnis im letzten Campingurlaub zum Besten. Alle erinnern sich, alle lachen oder fühlen mit und zeigen dadurch: das ist alles wichtig!

Genau das bleibt unsere Aufgabe: Dass wir uns zusammen erinnern: an die unfassbaren Verbrechen der Nazi-Zeit und daran, wie sich fremde Menschen in den Armen lagen, weil endlich wieder Frieden war. Dass wir erzählen und es weitergeben und so Schlimmes und Schönes gleichermaßen im Bewusstsein halten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39301
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

14FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Was für eine geniale Zauberwelt! Die steckt in den sieben Harry Potter-Büchern. Ich muss gestehen: ich bin ein Riesen-Fan. Eine Szene begeistert mich besonders: Der junge Zauberer Harry Potter betritt das erste Mal das Büro von Dumbledore, dem Schulleiter der Zauberschule. Da sieht Harry in einem Käfig einen kahlen verschrumpelten Vogel auf seiner Stange sitzen. Der Vogel tut ihm leid, weil er so armselig aussieht. Harry geht näher ran und sofort geht der Vogel in Flammen auf. Ohne Vorwarnung. Wenige Sekunden später ist nichts mehr von ihm da, außer einem Haufen Asche. Und es kommt noch schlimmer. Ausgerechnet jetzt kommt der Schulleiter zur Tür rein. Aber der reagiert ganz anders als erwartet. Er beruhigt Harry und erklärt ihm: „Dieser Vogel ist ein Phönix. Er verbrennt immer dann zu Asche, wenn es für ihn an der Zeit ist zu sterben.“

Szenenwechsel zum Aschermittwoch. Wie jedes Jahr gehe ich heute in die Kirche und lasse mir ein Kreuz aus Asche auf die Stirn zeichnen. Dieses Aschekreuz erinnert mich daran, dass auch ich irgendwann sterben muss; aber auch daran, dass es dabei nicht bleibt. Weil ich mich ab heute 40 Tage lang auf Ostern vorbereite. Und dann feiere ich, dass alle, die wollen, nach dem Tod bei Gott weiterleben werden. So ähnlich wie der Phönix aus Harry Potter. Nur, dass der immer wieder stirbt und wiedergeboren wird. Das ist bei mir anders. Ich lebe und sterbe nur einmal hier auf der Erde. Und nach dem Tod lebe ich dann bei Gott für immer, das glaube ich. Dann wird sich alles erheben, was in meinem Leben verschrumpelt und armselig war. So wie beim Phönix, der aus der grauen Asche mit prächtig-buntem Gefieder wieder ganz neu losfliegt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39300
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

13FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Diese Szene in der Kita ist einfach zum Wegschmeißen! Mein Sohn hat kaum seine Sachen abgelegt, da flitzt er schon zu den anderen Kids und brüllt: „Stehen bleiben, Polizei, Sie sind verhaftet.“

Klar, heute sind in den Kindergärten oder in den Schulen fast alle verkleidet. Mein Sohn geht als Polizist: mit Polizei-Cappie, ein paar Handschellen am Gürtel und natürlich darf die Polizeikelle nicht fehlen.

Als ich ihn später abhole, erzählt er ganz begeistert. Unter seinen Freunden war fast alles dabei: Cowboy, Prinzessin und sogar Spiderman. Aber als eine der Erzieherinnen plötzlich im Gorillakostüm dastand, war ihm doch etwas mulmig. Das Schöne an Fasching ist, dass sich alle aussuchen können, wer sie sein wollen.

Bis Aschermittwoch dürfen alle ein bisschen Theater spielen und raus aus ihrer alten Haut. Mir war lange nicht klar, dass das närrische Verkleiden ursprünglich ein christlicher Brauch ist. Bevor man in der Fastenzeit wieder mehr sein Leben durchdenkt, auf Dinge verzichtet, um Gott bis Ostern wieder näher zu kommen, war die Idee: noch einmal richtig feiern, ausgelassen und lustig sein.

Offensichtlich tut es vielen gut mal in eine andere Rolle zu schlüpfen. So gewinnt man Abstand von sich selbst und kann manches mit mehr Humor sehen.

Und wenn mein Sohn heute verkleidet in die Kita geht, lernt er schon früh: In jedem Menschen steckt immer mehr, als man sich vorstellen kann. Heute können wirklich alle es sehen: jeder kann andere überraschen und jede kann wieder neue Seiten in sich entdecken. Genauso hat Gott uns gemacht. Und ich bin sicher, genauso will er alle: einzigartig und bunt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39299
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

12FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Kaffeedosen im Retro-Style, am besten verbeult und ein bisschen verrostet. Die mag ich. Bei mir daheim habe ich eine. Eine fröhliche Frau ist drauf, mit strahlend-weißen Zähnen wirbt sie für Kaffee. Und dann steht da noch dieser Satz: „Mache dumme Sachen schneller mit mehr Energie.“

Ich liebe diesen Spruch und er passt auch super in die närrische Zeit. Er heißt für mich: vergiss nicht verrückt zu sein und nimm das Leben leichter! Ich glaube Lachen ist ein Geschenk vom lieben Gott und es gibt ja auch diesen berühmten Satz aus der Bibel „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder!“ Und ein Kind lacht nun mal rund 30-mal häufiger am Tag als ich.

Verrückte und kindische Sachen zu machen, hat mir schon durch harte Zeiten geholfen. Als ich mich mit meinem besten Freund fast endgültig verkracht hatte, weil er politisch plötzlich völlig anders gedacht hat; oder als ich um einen lieben Menschen trauern musste.

Klar, fallen mir lustige Dinge in schweren Zeiten nicht zu. Aber gerade dann sind sie so wichtig. Wie es auf meiner Dose steht: „Mache dumme Sachen schneller mit mehr Energie.“ Diese dummen Sachen sind auch wichtig! Ich kann mit den Kollegen Bürofußball in einer Drei-Minuten-Pause spielen oder ich wandere mit meinem Kumpel am Wochenende in das kleine deutsche Dörfchen namens Korsika. Und dann gebe ich bei meiner Familie mit meinen Bildern aus dem Korsika-Kurzurlaub an. Solche Aktionen helfen mir das Leben leichter zu nehmen.

Wenn ich meine Portion Verrücktheit getankt oder eben meine kleinen Dummheiten ausgelebt hab, kann ich leben und weitergeben, was wohl alle in schweren Zeiten gut gebrauchen können: eine Prise Leichtigkeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39298
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

11FEB2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Meistens passiert es ausgerechnet dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann: die Küchenmaschine steht still eine Stunde bevor die Gäste auf der Matte stehen oder der Drucker streikt zehn Minuten vor der Präsentation.

Ich kenne das und es stresst mich ganz schön. Aber wenn der erste Ärger verflogen ist, macht sich in mir ein anderes Gefühl breit: eine Art Feuereifer das Problem anzupacken und Sachen wieder zum Laufen zu bringen. Und dafür hänge ich mich als begeisterter Bastler gerne rein.

Und wie sieht es mit anderen Bereichen im Leben aus, die auf einmal nicht mehr laufen? Wenn ich mit einem Freund einen heftigen Streit habe, oder wenn ich in den letzten Wochen viel zu wenig zu lachen hatte.

So verrückt es auch klingt, ich stelle mir dann vor, dass auch ich dann wie ein Gerät bin, das streikt und das jetzt einen Bastler mit Feuereifer braucht. Einen der mich nicht aufgibt, sondern mit mir zusammen an der Werkbank hobelt, hämmert und repariert. Den ersten Schritt muss aber ich tun: zur Ruhe kommen und hinhören. Und dann sage ich: Lieber Gott, hier bin ich mit meinem Problem.

Meistens spüre ich dann, wie Gott das reparieren möchte und was mein Part dabei ist. Wenn ich mit ihm zusammen die Ärmel hochkremple, kann ich im Streit die Sicht meines Freundes besser verstehen oder ich kann es leichter aushalten, dass ich gerade einfach eine harte Zeit habe.

Wenn ich Gott, diesen passionierten Bastler, in mein Leben lasse, dann wird mein Herz weiter. Durch Gott sehe ich mehr, kann wieder durchatmen oder werde selbst wieder leidenschaftlicher. Eins aber bleibt meine Aufgabe: Ihm den Platz an der Werkbank freihalten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39297
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

23DEZ2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Das Warten hat ein Ende: morgen Abend ist wieder Bescherung. Ich freue mich riesig drauf, denn ich finde Geschenke super. Es muss ja nichts Großes oder Teures sein. Gut, okay, es gibt wirklich viel unnötigen Schnickschnack, und ich verstehe auch Leute, die gar keine Geschenke wollen. Aber die Bescherung an Heiligabend, die muss sein. Sie erinnert mich an meine Kindheit.

Ich weiß noch genau wie magisch dieser Abend bei uns immer war. Zuerst waren wir in der Kirche, dann haben sich alle zurückgezogen und noch die letzten Geschenke eingepackt. Wir Kinder haben in unserem Zimmer auf ein ganz bestimmtes Geräusch gewartet. Wenn so ein leises Klingeln zu hören war, wussten wir: jetzt hat das Christkind heimlich die Geschenke unter den Weihnachtsbaum geschmuggelt und wir dürfen ins Wohnzimmer kommen.

Und dann: Oh du Fröhliche, Stille Nacht, O Tannenbaum – und nebenbei habe ich immer wieder zum Baum rüber geschielt, ob das ersehnte Geschenk vom Wunschzettel wohl mit dabei ist. Auch wenn es nicht dabei war, das hat dem Abend keinen Abbruch getan.

So soll es auch in diesem Jahr an Heiligabend wieder sein. Meine Liebsten und ich haben eine Bescherung der besonderen Art: Das Geschenk ist Jesus. Weil Gott einer von uns geworden ist und uns damit die schönste Bescherung von allen beschert hat. Er ist kein seltsamer Gott mit kryptischem Namen, sondern ein Gott zum Anfassen: Ein verletzliches Neugeborenes im Stroh. Und dieses Kind hat so eine wichtige Botschaft: Dass Frieden werden kann. Und zwar wenn ich schon mal damit anfange, und immer, immer wieder die wichtigste Sache der Welt verschenke: Liebe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38987
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

22DEZ2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Bahnfahren ist ja bekanntlich immer ein Abenteuer. Als der rote Regiozug einfährt, bin ich zuerst froh darüber den winterlichen Temperaturen zu entkommen, aber dann ändert sich meine Meinung schnell. Der Zug ist gerammelt voll und eine feucht-schwüle Wolke schlägt mir entgegen. Doch es hilft alles nichts: Ich muss da rein. Der penetrante Muff kriecht mir in die Nase und ich zwänge mich irgendwo zwischen eine Achselhöhle und ein Fahrrad.

Inzwischen atme ich durch den Mund, denn nur so lässt es sich aushalten und beginne in meinem Kopf eine kleine Unterhaltung: „Mein lieber Gott, du hast gesagt: ‚Ich bin alle Tage und überall bei euch‘. Bist du dann auch hier in dieser stinkenden Regionalbahn?“

Die Antwort gibt mir der liebe Gott ziemlich schnell. Da sitzt ein kleiner Junge im Kinderwagen und erntet einen Zwinker von einem Mann mit Hipsterbrille. Zwei alte Damen wissen nicht, wo sie rausmüssen und eine junge Frau schaut im Handy für sie nach. Ein Pärchen wechselt verliebte Blicke und ein junger Typ aus Aserbaidschan spricht mich an. Wir haben ein unglaublich nettes Gespräch, und durch ihn fühle ich mich in meinem eigenen Land so willkommen wie schon lange nicht mehr.

Ich kann Gott nicht direkt sehen, er versteckt sich gern. Ich hab ihn aber in der überfüllten Regionalbahn gefunden, und ich glaube er ist auch am Glühwein-Stand in fröhlicher Runde und dort wo jemand Weihnachten allein ohne Christbaum und Stimmung feiert. Dank Weihnachten weiß ich, besonders gern zeigt sich Gott in Menschen. Und dabei ist völlig egal wie muffig es ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38986
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

21DEZ2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Eine riesige Kiste voll mit kleinen Steinen in jeder Form und Farbe. Lego! Ein Traum für Kinder, und ehrlich gesagt auch für mich. Stundenlang kann ich mit meinen Kindern auf dem Boden rumfläzen und dann wir bauen uns unsere kleine hübsche Legowelt. Hier gewinnen immer die Guten. Kein Gangster entkommt lange, jedes Feuer wird gelöscht und jeder Unfall endet mit einem Happy-End im freundlichen Legokrankenhaus, wo Pfleger und Ärztin extra auf diesen einen Patienten gewartet haben.

Leider sieht die Welt da draußen oft ganz anders aus. Verbrecher auf freiem Fuß gibt es zuhauf, es passieren fürchterliche Unfälle und Krankenhäuser haben dramatische Personalengpässe.

Klar, tut es mir da gut für eine Weile in unsere geradezu perfekte Legowelt zu entfliehen. Aber weltfremd geht es hier nicht zu. Auch die Minifiguren führen Diskussionen in ihren Mikrowohnzimmern, streiten sich am Eiswagen darüber, wer die letzte Kugel Vanilleeis bekommt und geben sich einen Ruck, wenn der erste Ärger verflogen ist. Dann streichelt das eine Figürchen dem anderen zur Entschuldigung über den Kopf.

Ich weiß, dass die Welt da draußen nie so harmonisch sein wird. Aber reicher an Liebe, verständnisvoller und entschlossener kann sie immer werden. Daran glaube ich fest. Ich habe es mit in der Hand und mit meinen Kindern übe ich es gern in unserer Legowelt.

Über die Weihnachtstage werden wir wieder viel spielen und das passt perfekt zur Weihnachtsbotschaft: Das kleine Jesuskind wurde auch in keine perfekte Welt geboren, von der politischen Lage zu Zeiten von Maria und Josef ganz zu schweigen. Aber eins hatte das Baby in der Krippe quasi schon auf der Stirn geschrieben: „Perfekt könnt ihr die Welt nicht machen, aber ein Stück besser schon. Und ich bin ab jetzt da, und helfe euch dabei.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38985
weiterlesen...