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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken
Vor kurzem habe ich meinen 50. Geburtstag gefeiert. So richtig groß. Und ich habe dazu Menschen eingeladen, die mich in meinem Leben begleitet haben. Manche von Anfang an; andere nur kurz. Ein paar Studienfreunde hatte ich bestimmt seit 25 Jahren nicht mehr gesehen. Wie das wohl sein würde, sich nach so langer Zeit wiederzusehen? Ob wir uns überhaupt noch erkennen würden? Uns noch sympathisch sein? Aber alle Befürchtungen haben sich schließlich als unbegründet erwiesen: Denn vom ersten Moment an war da wieder diese Vertrautheit, die uns einmal verbunden hat. Als wäre gar keine Zeit vergangen, war das Gefühl von damals wieder da, als wir zusammen in der WG-Küche gesessen und nächtelang geredet hatten. Sogar die alten Sprüche kamen uns sofort wieder über die Lippen.
Von diesem Fest und seinen zahlreichen Begegnungen zehre ich noch heute. Und mich beschäftigt die Frage: Was ist es eigentlich, woran ich einen Menschen erkenne? Und was bleibt über all die Jahre unverändert? Was bleibt mir von Menschen, die inzwischen gestorben sind? Auch sie waren auf meinem Geburtstag plötzlich wieder sehr präsent. Bei den Menschen, die auf meinem Lebensweg prägend waren, finde ich bei jedem und jeder so etwas Unverwechselbares. Es sind oft kleine Dinge: Diese typische Art, sich das Haar in den Nacken zu werfen, die kleinen Gluckser in der Sprechmelodie, wenn sie sich freut, die selbstbewusste Art zu gehen, die ich auch von hinten im Dunkeln erkennen würde. Und natürlich sind es auch die großen Sachen: Alles, was wir zusammen erlebt und erlitten haben – geteilter Schmerz schweißt ja oft mehr zusammen als ein gemeinsam verbrachter Sommerurlaub. An all diesen Dingen erkenne ich sie wieder: Die Menschen, die mir etwas bedeuten. Was alle diese Momente verbindet: Da pocht mein Herz lauter als sonst. Ich könnte auch sagen: Es brennt. Ich bin dann tief berührt, bewegt und angefasst. Meistens fühlt sich das sehr gut an, manchmal tut es aber auch weh, so ein brennendes Herz. Erst später verstehe ich das auch mit dem Kopf. Erst nach meiner Geburtstagsfeier habe ich so richtig kapiert, was für ein großer Schatz dieses Netz von vertrauten Menschen ist – egal, ob ich sie schon ganz lang kenne oder erst seit kurzem, ob sie zu meiner Familie gehören oder Freundinnen, Freunde, Leidensgenossen oder Weggefährtinnen sind. Sie setzen mein Herz in Brand.
In der Bibel wird erzählt, wie die Jünger den auferstandenen Jesus an genauso einer kleinen Geste wiedererkennen. Zwei von ihnen haben früh am Ostermontag einen Spaziergang nach Emmaus gemacht, einem beliebten Ausflugsziel. Sie wollten einfach nur weg aus Jerusalem. Dort hat sie alles an den Tod von Jesus erinnert. Erst drei Tage zuvor war er nach einem fürchterlichen Schauprozess zum Tod durch Kreuzigung verurteilt worden. Niemand konnte es aufhalten. Er musste elend sterben. Sie hatten es nicht mit ansehen können. Nun waren alle ihre Hoffnungen auf eine neue Welt zerbrochen. Sie können es nicht fassen und sind traurig mit gesenktem Kopf unterwegs. Plötzlich gesellt sich ein Fremder zu ihnen. Er hat keine Ahnung davon, was in den letzten Tagen ihr Leben auf den Kopf gestellt hat. Sie erzählen ihm alles. Das tut gut. Denn auch wenn sie ihn nicht kennen, spüren sie, dass das einer ist, der ihnen aufmerksam zuhört. Und als er endlich auch selbst das Wort ergreift, erweist er sich als bibelkundiger und kluger Gesprächspartner. Sie merken gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Plötzlich sind sie da, in Emmaus. Und sie wollen die neue Bekanntschaft noch nicht gehen lassen. „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.“, sagen sie. Der Fremde nimmt die Einladung an. Sie setzen sich zum Essen hin. Nach der langen Wanderung haben sie ordentlich Hunger. Brot und Wein kommen auf den Tisch. Der Fremde nimmt das Brot aus dem Korb und bricht es in Stücke. Und da fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen. Diese Geste kennen sie. Das ist doch … Jesus? Ihnen stockt der Atem. Im Nachhinein merken sie: schon auf dem Weg hat uns das Herz gebrannt, als er mit uns geredet hat. Und jetzt brennt ihnen das Herz erst recht. Und sie begreifen alles auf einmal: Jesus ist gar nicht tot. Er lebt. Aber anders als vorher. Sonst hätten sie ihn doch gleich erkannt. Und nicht erst, als er das Brot brach. In dem Moment war es da: Das, was das Herz brennen lässt. Seine ganz eigene Art zu sprechen und zu denken – und das, was die Gemeinschaft mit ihm ausgemacht hat.
Und auch ich beginne zu verstehen: Gott hat dem Tod an Ostern die Stirn geboten. Der Tod ist nicht das Ende, sondern es wird neues Leben und Auferstehung geben. Diesen Neuanfang und das neue Leben erkenne ich erst im Nachhinein. Wenn ich merke: hier hat mein Herz gebrannt.
Ich wünsche Ihnen solche Momente mit brennendem Herzen und einen gesegneten Ostermontag.
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Es gibt Tage, die brennen sich für ein Leben lang in der Seele ein. Der 23. Februar ist so ein Tag, jedenfalls für viele Menschen in Pforzheim. An diesem Tag sind innerhalb von 20 Minuten 18 000 Menschen im Feuersturm durch einen Bombenangriff ums Leben gekommen. Die Bilder der Erinnerung an das, was heute vor 80 Jahren in Pforzheim geschehen ist, sind immer noch wach.
Ich denke an die Erzählungen der Frau, die auch nach 80 Jahren noch die Angst im Keller in den Gliedern spürt und die sich ganz genau an den Moment erinnert, als sie gehört hat, dass ihre beste Freundin umgekommen ist am Ufer der Nagold auf der Flucht vor dem Feuersturm.
Ich habe den Mann im Ohr, der mir erzählt, wie sie die Worte „wir leben alle“ an das Kellergewölbe des abgebrannten Elternhauses geschrieben haben – für die Brüder, falls sie aus dem Krieg heimkehren.
Der Feuerorkan am 23. Februar 1945 hat Briefbogen eines Pforzheimer Arztes bis nach Stuttgart getragen. Leere Briefbögen, vom Feuersturm mitgerissen, aus einer Arztpraxis, die wie so viele Häuser in der Pforzheimer Innenstadt den Flammen zum Opfer fiel. Für mich ist das Bild von den leeren Briefbögen, die durch die Luft an einen unbestimmten Ort getragen werden, ein Sinnbild für den Februar 1945 und seine Folgen.
Sie stehen für all die Briefe, die nie geschrieben wurden, weil die, die sie hätten schreiben können, umgekommen sind. Sie stehen aber auch für das, was auf den unbeschriebenen Blättern der zerstörten Stadt wachsen konnte an Aufbruch und Aufbau, an Versöhnung und Mahnung für den Frieden, an Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionen. Und sie stehen für die vielen unbeschriebenen Lebensblätter von Menschen, die in unserer Zeit in den Trümmerwüsten in Gaza und in Syrien und an so vielen Städten in der Ukraine um ihre Lieben trauern.
Der Komponist Rolf Schweizer hat ein „Requiem 23. Februar 1945 für Tote und Lebende“ geschrieben. Da lässt er die Toten sprechen. Sie sagen: „Wir Unvollendeten zu Grabe getragen; mit Sehnsüchten, die aus dem Grabe ragen! Bevor wir entzündet, sind wir verglommen. Bevor wir verkündet, im Rauch verschwommen. Unser junger Gedanke nie ausgelacht, das tiefste Weinen des Lebens versäumt, und seine Träume nie ausgeträumt!“
So viele Leben, die nicht zu Ende geschrieben sind. So viele leere Seiten wie das Briefpapier aus der Arztpraxis. Sie sind vom Wind fortgetragen, aber sie sind nicht ins Leere gefallen. Als Christin glaube ich daran, dass jedes Leben in Gottes Hand geborgen ist. Kein Leben ist bei Gott vergessen. In seinen Armen und in seiner Erinnerung sind alle aufgehoben, auch die, deren Leben jäh und viel zu früh geendet hat. Die Erinnerung an sie verändert auch meinen Blick auf die Gegenwart.
Deshalb erinnern wir in diesen Wochen an die Opfer von Krieg und Gewalt.
20 Minuten lang werden heute Abend die Glocken der Pforzheimer Kirchen läuten. 20 lange Minuten für das Gedenken und für das stille Erinnern.
Bei dem Angriff heute vor 80 Jahren wurden auch fast alle Kirchen der Stadt beschädigt oder zerstört, auch nahezu alle plastischen Kunstwerke der bildenden Kunst gingen verloren. Nur ein Christus-Kreuz aus dem 15. Jahrhundert hat auf wundersame Weise überlebt, wenn auch schwer beschädigt. Dieser mehrfach verwundete Christus ist bis heute das Altarkreuz der Pforzheimer Auferstehungskirche. Wenn ich diesen Christus sehe, sehe ich beides: die vielen Spuren von Leid und Gewalt und die Kraft der Auferstehung und des Lebens, das Christus auch nach Leid und Zerstörung schenkt.
Heute Abend werden hier und in den anderen Pforzheimer Kirchen 20 Minuten die Kirchenglocken läuten. 20 lange Minuten. Um daran zu erinnern, dass es nie wieder geschehen darf, dass die Menschlichkeit so verloren geht. „Ihr sollt in Freuden ausziehen und in Frieden geleitet werden.“ So heißt es in der Bibel, im Buch des Propheten Jesaja.
Es ist die Ermutigung dazu, dass wir nicht Hass und Hetze in unsere Herzen lassen, sondern am Frieden und an der Menschlichkeit festhalten und dafür eintreten. Das ist mehr als Erinnern. In Freuden ausziehen und sich miteinander auf den Weg machen und von Gott in Frieden geleitet werden – das heißt für mich zusammenzustehen, wenn Gewalttaten schreckliches Leid verursachen.
Hinhören und hinsehen, Unrecht benennen und dagegen eintreten.
Ich trage die Erzählungen der Menschen im Herzen und ihre Erinnerungen an die Trümmer. Sie sind nicht das Ende. Auf den unbeschriebenen Blättern entstehen neue Geschichten von Aufbruch und von Frieden. In Freuden ausziehen und in Frieden geleitet werden. So bleiben wir auch bei uns zusammen über alle Risse in der Gesellschaft hinweg. So bleiben wir Menschen und sehen in jedem Menschen Gottes geliebtes Kind. Auch heute. Wir haben die Wahl.
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Mein Lieblingslied im Advent ist „Die Nacht ist vorgedrungen“. In seinen Worten und der Melodie kommt für mich beides zusammen: die Hoffnung und die Gewissheit, dass die düsteren Zeiten einmal enden und dass es Licht und Frieden wird.
Jochen Klepper hat es geschrieben. Auch in seiner Lebensgeschichte kommt beides zusammen. Große Liebe und große Tragik. Am kommenden Mittwoch ist es 82 Jahre her, dass Jochen Klepper mit seiner Frau und der Stieftochter ihr Leben beendete, am 11. Dezember 1942. Immer wieder hatte er verzweifelt und erfolglos versucht, für seine jüdische Frau und seine Tochter eine Ausreisemöglichkeit aus Deutschland zu organisieren. Am Ende sah der feinsinnige Theologe und Liederdichter keinen anderen Ausweg mehr.
Elf Jahre davor hatte er seine Hanni geheiratet, eine Witwe mit zwei Töchtern. Sie war eine Jüdin, die sich später taufen ließ. Er war bei der Hochzeit gerade mal 28 Jahre alt, seine Frau 41 Jahre. Für den Staat wurde er durch die Ehe mit einer jüdischen Frau untragbar. Er wurde als „wehrunwürdig“ aus der Armee entlassen. Man hat ihm mit Zwangsscheidung gedroht, die Deportation von Frau und Stieftochter stand unmittelbar bevor. In dieser tiefen Verzweiflung wussten sie keinen Ausweg mehr. Am 11. Dezember 1942 hat Jochen Klepper ein letztes Mal in sein Tagebuch geschrieben: „Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott – wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“
Mich berührt dieser tragische und stille Tod, der zum Himmel schreit. Jochen Klepper hatte die Hoffnung vor Augen – auch in den finstersten Zeiten. An seinem letzten Abend ist es das Bild des segnenden Christus. In seinem Adventslied ist es der Blick auf die Hoffnung, die selbst in den Nächten der menschlichen Schuld auf uns fällt.
Dort heißt es: „Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und Schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld.“
Inmitten der Nacht, die ihn umgab, vertraute Jochen Klepper darauf, dass Gottes Licht ihn durch die Dunkelheit führen würde.
Genau diese Hoffnung findet sich auch beim Propheten Jesaja. In der Bibel finden sich seine wunderbaren Hoffnungsworte. Sie sind selbst ein Lichtstrahl in die dunklen Zeiten. Im 35. Kapitel schreibt Jesaja: „Stärkt die müden Hände und festigt die wankenden Knie! Sagt den verzagten Herzen: Seid stark, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!“
Der Prophet Jesaja spricht zu Menschen, die erschöpft sind und deren Hoffnung verblasst ist. Ich habe in diesem Jahr viele Menschen getroffen, denen es so geht. So viele erleben Momente, in denen sich das Leben wie eine Wüste anfühlt – trocken, leer, ohne Perspektive. So viele fragen sich, wie es weitergehen wird. Ganz persönlich, in unserem Land und erst recht mit Blick auf das viele Leid in den Kriegs- und Krisengebieten. Aber Jesaja malt in seinen Worten in der Bibel eine Vision, die mein Herz anrührt: Ein Weg führt durch die Wüste, auf dem die Blinden wieder sehen, die Lahmen springen, die Stummen jubeln. Die Wüste beginnt zu blühen. Aber es ist nicht der Mensch, der die Wüste zum Blühen bringt. Gott selbst greift ein. Er kommt, um uns zu erlösen und unsere Herzen mit Freude zu erfüllen. Im Advent gehen wir auf Gott zu – und warten darauf, dass er uns nahekommt – wir ersehnen Jesus Christus, das Licht der Welt. Er ist der Stern, der uns Orientierung gibt und der die Dunkelheit erhellt. Dieser Weg beginnt oft klein und unscheinbar. Jesaja fordert uns auf, müde Hände zu stärken und verzagte Herzen aufzurichten. Dafür braucht es oft nicht viel. Es beginnt mit kleinen Zeichen der Ermutigung: ein Anruf bei der Freundin, die allein lebt, ein liebevolles Wort an den Kollegen, der gerade strauchelt, eine Umarmung für die, deren Tränen heimlich fließt.
Auch Jochen Klepper hat in der Dunkelheit Trost gefunden, weil er wusste: Gott ist da. Er hatte das Bild des segnenden Christus vor Augen. Das hat ihm die Kraft gegeben, von der Hoffnung zu singen, obwohl er selbst keinen Ausweg mehr sah. Sein Leben endete tragisch, aber seine Texte sind ein starkes und ermutigendes Zeugnis des Glaubens.
Jesaja verheißt uns: „Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen und nach Zion gelangen mit Jauchzen; ewige Freude wird auf ihren Häuptern sein.“ Es ist ein Bild, das über unser eigenes Leben hinausweist. Gottes Weg führt uns in die Freude, in eine Welt, in der alle Tränen getrocknet werden.
Lassen wir uns in dieser Adventszeit von dieser Vision anstecken. Lassen wir uns vom Stern der Gotteshuld leiten, der uns durch alle Nacht hindurchführt. Und sagen wir uns und anderen: „Fürchtet euch nicht!“ Gott ist schon auf dem Weg zu uns.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten zweiten Advent!
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Vor ein paar Jahren war ich bei einem ausgelassenen Fest in Pforzheim dabei. Es war im Dezember, und wir haben Advent und Chanukka gemeinsam gefeiert. Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen aus Baden-Württemberg haben die Kerzen am Chanukkaleuchter ebenso entzündet wie die Kerzen am Adventskranz. Wir haben gefeiert, dass es schon über 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland gibt. Und nach dem feierlichen Teil und einem wunderbaren Festessen haben wir alle zusammen getanzt. Fröhlich und ausgelassen, in großen Kreisen. Alle haben sich anstecken lassen.
Ich denke in den letzten Wochen oft an diesen ausgelassenen Abend. Und ich vermisse die Leichtigkeit und die Zuversicht, die damals in der Luft gelegen hat. Seit der Krieg in Israel und Gaza ausgebrochen ist, liegt auch bei uns eine Schwere in der Luft. Die Verbindung zu meinen jüdischen Freundinnen und Freunden ist mir deshalb in den vergangenen Monaten noch wichtiger geworden. Ihr Schmerz und ihre Angst davor, erkennbar auf den Straßen unterwegs zu sein, tut auch mir weh.
Heute feiern wir in den evangelischen Gottesdiensten – wie jedes Jahr - den Israelsonntag. Er erinnert mich daran, dass ich auch als Christin Wurzeln im jüdischen Glauben habe. Auch ich glaube daran, dass Gott einmal Frieden schaffen wird unter allen Völkern und Nationen. Ich denke an die hoffnungsvolle Zukunfts-Vision, von denen die jüdischen Propheten in der Bibel immer wieder erzählen: dass eines Tages alle Menschen zusammenkommen, auf den Zion, nach Jerusalem.
Sacharja ist einer dieser Propheten. Gott verheißt ihm eine Zeit, in der die Bürger aller Städte und Nationen der Welt nach Jerusalem kommen werden – auf der Suche nach Frieden und nach Gott. Und wörtlich heißt es bei Sacharja:
Zu jener Zeit werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker einen jüdischen Mann beim Zipfel seines Gewandes ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.
Bei diesen alten Prophetenworten denke ich daran, wie ich mit unseren jüdischen Freunden getanzt habe bei unserem gemeinsamen großen Fest. Da sind wir nicht nur miteinander gegangen, sondern haben sogar miteinander getanzt. Wir haben gespürt, dass Gott mit uns allen ist und dass wir untrennbar verbunden sind. Und dass wir alle miteinander teilhaben an Gottes Verheißung, die er einst seinem auserwählten Volk, den Jüdinnen und Juden gegeben hat. Das ist die Wurzel aller Hoffnung auf Frieden, auf Shalom, die ich habe. Auch in diesen Tagen.
Diese Hoffnung trägt das Gewand von fröhlich Tanzenden und sieht vor sich das Bild von den Völkern, die sich in Jerusalem treffen und nach Gott und der Wahrheit suchen.
Irgendwann einmal werden die Menschen in Jerusalem Frieden finden. Und heute schon suchen die Menschen danach. In vielen Liedern und Texten wird Jerusalem besungen – als Ort mit diesem besonderen Zauber, an dem sie alle aufeinandertreffen: die Suchenden und die Hoffenden, Menschen aus allen Nationen und Religionen. Der jüdische Dichter Jehuda Amichai hat solch einen Text geschrieben. Er wählt dabei ein überraschendes Bild. Er schreibt:
Jerusalem ist ein Karussell, das sich dreht und dreht,von der Altstadt auf die neuen Viertel zu, von dort zurück zur Altstadt. Anstelle von Elefanten und bunten Pferden, um darauf zu reiten, gibt es auf dem Karussell Religionen, die aufsteigen und absteigen und sich drehen an ihrem Scharnier zur Stimme der fetten Melodien aus den Gebetshäusern.
So viele haben sich schon auf den Weg nach Jerusalem gemacht, um den Frieden zu finden, einen Zipfel davon wenigstens. Der Autor Jehuda Amichai selbst auch. 1924 wurde er in Würzburg geboren und musste als Kind 1934 mit seiner Familie aus Deutschland nach Israel fliehen. In Jerusalem hat er eine neue Heimat gefunden, wo er im Jahr 2000 gestorben ist.
Auch er ist also auf das Karussell aufgesprungen, und er weiß: Wer nach Jerusalem kommt, spürt das Vibrieren und das Drehen des Religionskarussells. Vor allem aber spüre ich, dass dort die Wurzeln unserer gemeinsamen Hoffnung auf Frieden sind – die Hoffnung, die Juden und Christen und auch Muslime teilen. Gerade jetzt sehen wir hier aber auch, wie brüchig der Friede ist. Heute wird in den Gottesdiensten um Frieden für Jerusalem gebetet. Wir stimmen als Christen ein in den Psalm – das Gebet, das wir mit den jüdischen Geschwistern teilen.
Wünschet Jerusalem Frieden! Es möge wohlgehen denen, die dich lieben! Es möge Friede sein in deinen Mauern.
Wünschen wir Jerusalem Frieden – und Gaza und Tel Aviv, und Rafah, Bethlehem und den Kibbuzim. Und bleiben wir dran an der Hoffnung auf Frieden und Versöhnung, damit auch hier bei uns niemand Angst haben muss vor Hass und Gewalt. Ich jedenfalls möchte als Christin gern wieder feiern und tanzen mit meinen jüdischen Freunden. Und alle willkommen heißen, die mitfeiern möchten. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und einen Zipfel der Zuversicht, dass der Friede siegt.
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Neuerdings bekomme ich immer wieder Nachrichten mit ganz besonderen Fotos geschickt. Auf den ersten Blick sind es Fotos von ganz alltäglichen Dingen, wie einem Hauseingang oder einem Baumstamm. Aber auf den zweiten Blick werden aus den Astgabeln am Baumstamm zwei Augen, und ein Riss in der Rinde ist der Mund. Gesichter, die man erst auf den zweiten Blick erkennt. Unter dem Hashtag Randomfaces finden sich im Internet solche Gesichter, die eigentlich gar keine sind. Häuserfassaden mit runden Fenstern und einem liegenden Bogen. Mülleimer mit besonderen Einwürfen. Baumstämme, deren Astlöcher ein Gesicht markieren. Wenn man einmal aufmerksam ist, dann sieht man sie. Ich liebe es, sie zu fotografieren und oft poste ich sie dann bei Instagram.
„Was fotografieren Sie da eigentlich immer?“, fragte mich jüngst auf einer Reise ein Mitreisender. Nachdem ich es ihm gesagt und erklärt hatte, kam er nach einigen Tagen auf mich zu, lachte und sagte: „Ich sehe jetzt auch überall Gesichter.“
Ich sammle diese besonderen Gesichter. Zufallsfunde, meist fröhlich, manchmal grimmig. Sie zaubern mir immer ein Schmunzeln ins Gesicht. Vor allem aber erinnern Sie mich daran, genau hinzusehen und Gesichter zu entdecken, wo man erst keine vermutet. Und sie sind ein Hinweis dafür, Gesicht zu zeigen, gerade jetzt.
Im 1. Petrusbrief heißt es: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ Rechenschaft geben – das beginnt damit, Gesicht zu zeigen. Es beginnt damit, dass ich einstehe und geradestehe für das, was mir anvertraut ist und was mich trägt.
Es hat mich sehr berührt, als bei der Gedenkfeier für den im Dienst getöteten Polizisten Rouven Laur zu hören war, dass auf seinem Schreibtisch das aufgeschlagene Arabisch-Lehrbuch lag. Er wollte dazu beitragen können, dass brenzlige Situationen entschärft und deeskaliert werden. Vor gut drei Wochen hatte er Dienst auf dem Mannheimer Marktplatz. Mit seinen Kolleginnen und Kollegen war er dazu da, die Meinungsfreiheit zu schützen. Als diese durch eine Messerattacke angegriffen wurde, griff er ein und wurde dabei tödlich verletzt. Wenige Sekunden, die das Leben dieses jungen Polizisten beendeten und die unsere Gesellschaft ins Mark getroffen haben.
Der Polizist Rouven Laur hat wie so viele Polizistinnen und Polizisten Verantwortung übernommen für unsere freie Gesellschaft, dafür, dass Menschen ihre Meinung zum Ausdruck bringen können. Er hat sich gegen islamistisch motivierte Gewalt gestellt und hat das mit dem Leben bezahlt. Bei der Gedenkfeier für ihn vor einer Woche wurde ein Brief der Familie verlesen. Besonders eindringlich war der Appell, dass es gerade jetzt nicht dazu kommen darf, dass Hass und Gewalt siegen. Das lachende Gesicht von Rouven Laur auf dem großen Foto vor Augen haben wir es alle gehört: Gewalt darf gerade jetzt nicht die Antwort sein. Klare Worte und entschiedenes Handeln jedoch schon.
Gesichter sehen, auch da, wo man sie erst nicht vermutet und Gesicht zeigen da, wo die Menschlichkeit mit Füßen getreten wird. Darum geht es. Der 1. Petrusbrief ruft dazu auf, dass wir jederzeit bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und Rechenschaft zu geben von der Hoffnung, die in uns ist. Das habe ich vorhin in den SWR 4 Sonntagsgedanken erzählt.
Es klingt wie ein Verwaltungsvorgang und ist doch viel mehr: Rechenschaft geben über die Hoffnung, die in uns ist. Das ist dann wieder wie die Sache mit den Randomfaces. Nüchtern betrachtet und beschrieben ist es eine Häuserfassade oder eine Tür mit zwei runden Türknaufen. Aber beim genauen Hinsehen und mit der Erwartung, mehr zu sehen zeigt sich ein Gesicht. Das Gesicht der Hoffnung entdecke ich, wenn ich genau hinsehe. Sie ist kein geschürtes Paket, das ich von Zeit zu Zeit hinausnehme und davon berichte. Die Hoffnung, die in mir ist, ist die Glut, die von Gottes Geist immer wieder angefacht wird. Sie ist der Sinn dafür und der Glaube daran, dass trotz allem, was mir die Zuversicht sinken lässt, es einmal eine gute Wendung nehmen wird mit meinem Leben und mit dieser Welt. Das ist keine Traumtänzerei, erst recht kein Augen-Verschließen vor dem, was schiefläuft, sondern es ist das beharrliche Festhalten daran, dass Gottes Zukunft noch vor uns liegt und dass er uns selbst aus dieser Zukunft entgegenkommt. Daran müssen wir einander erinnern und die Hoffnungsbilder und Hoffnungsgeschichten so teilen wie wir die Bilder von Randomfaces teilen.
Und am Ende geht es uns dann so wie dem Mann, der mit auf der Reise war, über meine Fotos von Randomfaces gestaunt hat und plötzlich auch überall Gesichter gesehen hat. Dann lässt sich die Hoffnung entdecken an Orten, an denen wir sie nicht vermutet haben. So ein Ort ist der Hoffnungsgarten in Eppingen. Ein Stück Garten in der Kleingartenanlage, in dem eine Initiative mit geflüchteten Menschen eine kleine Oase und ein Café für Begegnungen geschaffen hat. Das stolze Leuchten in den Augen derer, die das mit erschaffen haben, ist ein Hoffnungszeichen, das mich weiter sehen lehrt.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und eine Woche, in der Sie Hoffnungszeichen finden.
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Mit einem erwartungsvollen Schmunzeln und einem Blick, der Überraschung erwartet, hatte sie die Schranktür geöffnet. Benita. Wir haben beide ein Wohnheim für Studierende geleitet. Gerade hatten wir diese Aufgabe übernommen, und sie hatte mich auf ein Glas Wein zu sich nach Hause eingeladen. Es war eines von diesen Treffen, bei denen ein Wort das andere gibt, wo aus Kolleginnen Freundinnen werden. Jetzt stand sie an ihrem Schrank und hatte die Tür geöffnet.
Aus dem Schrank nahm Benita ihr Totenkleid. Es hing dort schon eine Weile parat. Ein schlichtes weißes Leinenkleid, geschneidert von ihrer Mutter. Mich hat das an dem Abend berührt: dass die Mutter für ihre Tochter das Totenkleid genäht hat. In unserer theologischen Arbeit haben wir uns intensiv mit dem Sterben beschäftigt. An diesem Abend war für uns beide aber klar, dass dieses Kleid noch lange im Schrank hängen würde. Aber es kam anders. Wenige Wochen nach diesem Treffen wurde bei Benita Lungenkrebs diagnostiziert. In den Wochen und Monaten ihrer Krankheit sind wir als Freundinnen und Freunde zusammengerückt. Es war ein Auf und Ab. Zwischen Hoffnung und dem Auskosten von Leben. Im Mai haben wir uns alle Festtagskleider angezogen, haben getanzt auf der Alten Brücke und in der Bar und haben das Leben gefeiert. Im Herbst war klar: der Krebs ist stärker. Sie musste sich von ihrem Leben verabschieden und wir von unserer Freundin. Bei einem unserer letzten Gespräche hat sie gesagt: „Jetzt will ich aber auch wissen, wie es dort drüben aussieht.“ Wenige Tage später standen wir um ihren offenen Sarg. Sie hatte das Totenkleid an. Kurz vorher war ihre Mutter gestorben. Das Leben in seiner ganzen Verweslichkeit stand uns vor Augen.
Kurz vor ihrem Tod war Benita neugierig darauf, wie es da drüben aussieht. Wenn ich an sie denke, frage ich mich manchmal: Was für ein Kleid sie wohl jetzt anhat? Das, was nach dem Tod kommt, hat nämlich viel mit dem neuen Kleid zu tun. In der Bibel redet der Apostel Paulus über den Tod und was danach kommt. Das Verwesliche zieht die Unverweslichkeit an und das Sterbliche die Unsterblichkeit. Wie ein neues Kleid. Und dann, dann hat das Leben gewonnen. „Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel?“. Das schreibt Paulus trotzig – und voller Hoffnung.
Nach dem Tod ziehen wir die Unsterblichkeit an wie ein neues Kleid. Aus dem Totenkleid wird ein Auferstehungskleid.
Im 15. Kapitel in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth schreibt Paulus über den Kern der christlichen Hoffnung – und über die Aussicht auf die Auferstehung. Für Paulus war das Ende aller Tage nah; er hat erwartet, dass Jesus schon bald wiederkommt. Wann auch immer das genau ist. Paulus wagt einen Blick auf die Zeit am Ende aller Tage. „Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber verwandelt werden; und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen.“ Posaunentöne sind das Signal dafür, dass alle verwandelt werden – die, die schon gestorben sind und die, die noch leben. Alle werden ein neues Kleid anziehen. Die Macht des Todes hat ihre Grenze.
Gestern haben auf vielen Friedhöfen Posaunen den Ostermorgen eingeläutet. An den Gräbern im Morgengrauen haben viele Menschen von der Auferstehung Jesu von den Toten gesungen. Die große Verwandlung vom endlichen zum ewigen Leben ist eine schwer zu fassende Aussicht, aber sie ist das Fundament meines Glaubens.
Das neue Kleid des Lebens verwandelt das Totenkleid. So machen Kleider Leute – und aus Toten Lebende. Mir gefällt diese Vorstellung, dass die Unsterblichkeit sich wie ein Kleid um mich in meiner Sterblichkeit legt. Dass all das Schmerzliche und Abgestorbene abgeschüttelt wird und das neue Leben kommt.
Am offenen Sarg von Benita haben wir lange gestanden, haben geweint und gebetet und irgendwann gesungen. „Befiehl du deine Wege.“ Da war die Verwandlung vom Tod zum Leben schon spürbar. Sie hatte sich auf den Weg gemacht. Bekleidet mit dem Totenkleid. Irgendwann werden wir uns wiedersehen – da bin ich mir sicher. Dann im neuen Gewand. Kleid der Unsterblichkeit. Unsterblich und unverweslich, lebendig und auferstanden.
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Auf dem Flur vor meinem Büro steht eine altehrwürdige Standuhr aus Holz. Sie sieht schön aus, aber das Uhrwerk hat schon lange seinen Dienst quittiert. Zwecklos steht sie da und erzählt nur noch von vergangenen Zeiten. Ein Spaßvogel hat sie irgendwann einmal eingestellt. Sie zeigt jetzt 5 vor 12. Immer. Manchmal spüre ich die Warnung, den Aufruf, der in dieser Uhrzeit steckt: Die Zeit läuft davon! Manchmal muss ich aber auch schmunzeln. Ich weiß ja, dass der Zeiger nicht weiter geht.
Heute Nacht wird das anders sein. Kurz vor Mitternacht werde ich irgendwo mit Freunden stehen und diese ganz eigene Silvesterspannung spüren. Hektisch eingegossene Sektgläser. Parat gelegte Wunderkerzen. Und dann die Zeiger der Kirchturmuhr beobachten und die letzten fünf Minuten runterzählen. Sie werden ganz gewiss vergehen, bis ein Gemisch aus Feuerwerk und Kirchenglocken das neue Jahr ankündigt. Und ganz sicher werde ich mir auch eine Träne wegwischen. An Silvester bin ich melancholischer als im Rest des Jahres.
Am letzten Tag des Jahres stehen mir die Momente und Zeiten des zu Ende gehenden Jahres nochmal deutlich vor Augen. An Silvester spüre ich alles gleichzeitig. Das Staunen über die vielen schönen Momente, die mir das Jahr geschenkt hat. Die Trauer über die schweren Momente, als ich Abschied nehmen musste. Als Hoffnungen zerbrachen und Leben zu Ende gegangen ist. Ich spüre die Leere in der Ecke in meinem Herz, in dem so vieles offen geblieben ist. Direkt daneben sitzt die Dankbarkeit für schöne Zeiten. An Silvester spüre ich das alles gleichzeitig. In der Bibel ist das großartig in Worte gefasst.
Alles hat seine Zeit,
Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit;
pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;
töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit;
abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;
weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit;
klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;
Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit;
herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;
suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit;
behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;
zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit;
schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;
lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit;
Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.
(Prediger 3)
Alles hat seine Zeit. Aber nicht alle Zeiten sind deswegen gleich. Mir gefällt der Gedanke, dass Gott uns die Ewigkeit ins Herz gelegt hat – dass wir sie aber nicht ergründen können. Manchmal kann ich das spüren: In meinem Herz ist so viel Platz für mehr als für die Dinge, wie sie sind. Da ist Platz für Sehnsucht nach mehr Halt, mehr Frieden, mehr Liebe, da ist Energie für Dinge, die Mut und Entschlossenheit und Gottvertrauen brauchen. Mein Herz ist der Ort, in den Gott die Fenster zur Ewigkeit gesetzt und geöffnet hat. Nichts von dem, was mir im letzten Jahr den Kalender gefüllt, viel Lebenszeit gekostet und manchmal auch genommen hat, nichts von dem, was mich oft über Tage in Beschlag genommen hat, hat grenzenlose Bedeutung. Alles, was passiert, hat einen Anfang und ein Ende. Nur Gottes Ewigkeit ist anders. Der Prediger in der Bibel, der uns diese poetischen Worte geschenkt hat, zieht daraus eine klare Folgerung: Was uns am Ende bleibt, ist: fröhlich sein und sich gütlich tun im Leben.
Leichtigkeit in die Füße und ins Herz – auch am dünnhäutigsten Abend im Jahr. Das ist mal eine Ansage. Und ich lasse sie mir gern sagen. So kommt Luft in die Melancholie. Und über die vielen unterschiedlichen Zeiten des letzten Jahres weht ein frischer Wind.
Am Ende hält Gott jeden Augenblick in der Hand. Am Ende und von allem Anfang an hat alles seine Zeit aus Gottes Ewigkeit.
Dass ich daran glaube, führt auch dazu, dass sich am letzten Abend des Jahres mein Blick weitet. Weg von mir und dem, was mich beschäftigt hat, hin zu denen, die dieses Jahr so ganz anders beenden als ich. Hin zu denen, die so drängend und sehnsüchtig und konkret auf Frieden hoffen. Hin zu denen, bei denen jede Nacht begleitet ist vom Sausen und Pfeifen der Raketen und von der Angst um das eigene Leben. Hin zu denen, die an diesem Abend und an allen anderen Abenden des Jahres einsam sind und längst niemanden mehr haben, der ihnen ein freundliches Wort und Zuwendung schenkt.
Hin zu denen, die sich mit Sorgen fragen, wie das neue Jahr werden wird und wie sie über die Runden kommen. Hin zu Ihnen, mit welchen Gedanken und Gefühlen auch immer Sie diesen Tag heute begonnen haben. Ich glaube: Auch Sie sind in Gottes Ewigkeit aufgehoben. Ich wünsche Ihnen einen gelassenen Blick zurück und gesegnete Schritte in ein gutes Jahr 2024.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=39034SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken
Als Studentin war ich viel spazieren, um meine Gedanken zu sortieren. Oft hat es mich auf den verwunschenen Friedhof gezogen, der ganz in der Nähe war. Dort konnte ich meine Gedanken sortieren. Am Anfang war mir dabei noch etwas seltsam zumute. Heute mag ich Friedhöfe. Ich mag diese besondere Stille, die alten Bäume und die langen Alleen. Am Eingang jenes Friedhofs steht ein großer Torbogen. Dort sind Worte aus der Bibel zu lesen: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Heute am Ewigkeitssonntag gedenken wir in der evangelischen Kirche der Menschen, die im vergangenen Jahr gestorben sind.
Die Wege auf dem Friedhof können lang sein. Für die Menschen, die einen geliebten Menschen verloren haben, ist es ein schwerer Weg von der Trauerhalle zum Grab. Jetzt wird es endgültig: der Sarg mit Omi, mit dem Ehemann, mit der Tochter, mit dem Freund wird begraben. Die Arbeitskollegin kommt nie mehr wieder, der Platz des Klassenkameraden bleibt leer, die Nachbarin winkt nicht mehr vom Zaun rüber. Auf diesem Weg fließen viele Tränen. Als Pfarrerin habe ich unzählige Male Menschen auf diesem Weg begleitet. Egal, ob es brütend heiß war oder ob es aus Kübeln geregnet hat, wenn ich als Pfarrerin diesen Weg gegangen bin, war das für mich oft ein sehr nachdenklicher Moment, fast meditativ. Als Pfarrerin gehe ich den Weg zwischen dem Toten im Sarg oder in der Urne und den Lebenden.
Oft ist mein Blick auf die Grabsteine rechts und links vom Weg gefallen. Auf Blitzlichter von gelebtem Leben. Auf dem Friedhof drängt sich mir die Endlichkeit meines Lebens auf. Wenn ich an Grabsteinen vorbeigehe mit einem Geburtsjahr, das nach meinem eigenen liegt, berührt mich das besonders. Wie werde ich einmal sterben? - Wird da jemand sein, der meine Hand hält? Beim Weg an den Gräbern entlang hatte ich oft noch die Worte aus dem letzten Buch der Bibel im Ohr, die bei der Trauerfeier gelesen wurden:
Gott wird bei den Menschen wohnen ... und wird ihr Gott sein;
Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.
Diese Aussichten aus der Offenbarung des Johannes verändern meinen Blick auf die Vergänglichkeit. Wenn das Erste vergangen ist, dann wird Gott selbst den Trauernden die Tränen von den Augen wischen. Das hat mich oft getröstet.
Auf dem Friedhof und in diesen Novembertagen wird mir neu bewusst, dass mein Leben endlich ist. In der Bibel lese ich die Verheißung, dass Gott am Ende des Lebens auf uns wartet. Am Ende aller Tage wird der Tod nicht mehr sein und auch Leid, Geschrei und Schmerz werden ein Ende haben.
Im letzten Sommer bin ich den Weg von der Trauerhalle zum Grab anders gegangen. Betäubt und wie unter einem Schleier. Wir haben meinen Vater zu Grabe getragen. Dass er in diesem Jahr sterben würde, das hatten wir vor einem Jahr noch nicht kommen sehen. Wenige Tage vor seinem Tod habe ich ihn nochmal besucht. Dass es ein Abschied für immer würde, das habe ich nur sehr leise geahnt.
Die tröstlichen Worte der Pfarrerin drangen kaum in meine Seele. Die Musik hörte ich nur von Ferne. Ich sah vor mir den Sarg stehen, die Kränze und die Blumen, die wir als Familie ausgesucht hatten. „Befiehl du deine Wege“ haben wir gesungen und ich habe all meine Sehnsucht nach Halt in dieses Lied gelegt. Der Weg zum Grab fühlte sich so falsch an. Dass mein Vater da nun in die Erde versenkt wurde, dass sein Name auf dem Holzkreuz stand – all das fühlte sich so falsch an.
Heute, am Ewigkeitssonntag, wird auch der Name meines Vaters im Gottesdienst verlesen. Ich werde eine Kerze für ihn anzünden in einer Kirche, mir Zeit nehmen für die Erinnerung an ihn. Und ich denke dankbar an den Freund, der mir in den Tagen nach dem Tod meines Vaters täglich ein Bild schickte mit einer Kerze, die er für meinen Vater und für mich angezündet hatte. Das hat mich getragen. Wie die anderen behutsamen Zeichen von Nähe im richtigen Moment. WhatsApp-Nachrichten, Anrufe und Umarmungen. Es hat mich getragen, dass ich wusste und gespürt habe, dass Freundinnen und Freunde an mich gedacht haben und für mich gebetet haben.
Die Erinnerung heute, der Tod im Sommer und die Tränen, die sich manchmal unvermittelt ihren Weg bahnen – das alles ist leise und still.
Wieder habe ich die Worte aus der Bibel im Ohr: Und er wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. In dieses Bild lasse ich mich gern hineinfallen, wenn ich wieder einmal im freien Fall bin. Ich brauche die anderen, die mir sagen, dass sich Gott mir einmal behutsam zuwendet und eigenhändig die Tränen von den Augen und Wangen wischt. Behutsam und liebevoll. Die meine Hoffnung hochhalten, dass Gott die Tränen der Verzweiflung und der Trauer sieht, die durchweinten Nächte und meine zerkratzte Seele.
Irgendwann einmal werden die Spuren von Leid und Geschrei, von Schmerz und Wunden nicht mehr sein. Gott wird meine Seele heilen. Dann wird der Schmerz über die Abbrüche und Abschiede in meinem Leben nicht mehr sein. Ja, Gott selbst wird einmal einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. Bis es so weit ist, muss ich mich meiner Tränen nicht schämen. Nicht auf dem Friedhof und auch sonst nirgends. Gott wischt sie eigenhändig ab. Auch heute, wenn ich so ganz anders als sonst über den Friedhof gehe.
Ich wünsche Ihnen einen tröstlichen Sonntag und eine gesegnete Woche.
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Wie kann es sein, dass der Mensch Jesus zugleich Gott ist? Das haben sich vor über 1500 Jahren mehr als 2000 Theologen bei einem Konzil gefragt. Sie haben darüber gestritten: zwei ganze Monate lang! Das war in dem Ort Nicäa in der Nähe des heutigen Istanbul.
Zwei Monate haben sie gestritten und debattiert: Ist Jesus ein Mensch gewesen? Oder war er Gott – genau wie der, der Himmel und Erde erschaffen hat? Aber wie soll Jesus die Welt erschaffen haben? Er ist schließlich nicht schon immer da gewesen, sondern wurde irgendwann einmal geboren – wie alle anderen Menschen auch. Also doch nicht Gott? Wenn Jesus trotzdem genauso Gott ist, wie Gott der Vater – haben Christen dann nicht zwei Götter? Oder sogar drei – denn der Heilige Geist kommt ja auch noch dazu…
Heute kommen uns solche Diskussionen vielleicht weltfremd vor. Aber damals ging es darum, wie sich die Christen verstehen können. Es ging darum, wie sie den Glauben an den einen Gott vereinbaren können damit, dass Jesus Gottes Sohn war und der Erlöser der Welt.
Am Ende des Konzils stand ein Kompromiss, und es wurde ein Glaubensbekenntnis formuliert, das in christlichen Gottesdiensten bis zum heutigen Tag an hohen Feiertagen gesprochen wird. Dort heißt es über Jesus, er sei „gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.“
Zugegeben – auch das klingt immer noch sehr abstrakt.
Aber die Frage treibt mich auch heute um: Wo begegnet mir Gott? Und wer ist Gott für uns? Die Antwort der Theologen von damals lautete. Der eine Gott, das sind drei – der eine Gott, das ist Vater, Sohn und Heiliger Geist. Alle drei zusammen sind der eine Gott.
Mir hilft das, die verschiedenen Weisen zu sehen, mit denen Gott sich mir und der Welt zeigt. Der Vater ist der Schöpfer der Welt. Er hat die Welt ins Leben gebracht und Ordnung ins unendliche Universum. In Jesus Christus hat er uns seine Menschlichkeit gezeigt – und ist selbst Mensch geworden, mit allen Seiten, die das menschliche Leben so zu bieten hat. Mit Lust und Liebe, mit Schmerz und dem Einsatz für eine bessere Zukunft. Mit der Auferstehung Jesu von den Toten hat Gott uns allen die Aussicht auf ein neues Leben jenseits des Todes geschenkt. Der Heilige Geist ist der Windhauch und der Atem Gottes. Er hält den Glauben lebendig und er eröffnet ungeahnte Perspektiven.
Wie Gott ist, wie wir ihn – oder sie – uns vorstellen können, das bleibt geheimnisvoll. Gott zeigt sich als der, der er ist – als Vater, als Sohn und als Heiliger Geist. Wir sind auf seinen Spuren unterwegs.
Das Geheimnis Gottes zu verstehen ist eine Aufgabe für mehr als ein Leben. Gott wirkt auf vielfältige Weise in unserem Leben, er ist Vater, Sohn und Heiliger Geist. Heute ist der Sonntag, der dem dreieinigen Gott gewidmet ist.
Trinitatis heißt der Sonntag heute. Gottes Wirken in meinem Leben ist oft rätselhaft, manchmal handfest wie der Schöpfer bei der Schöpfung, manchmal verwundbar und heilsam wie Jesus gewirkt und gelebt habt, manchmal leicht und weit wie der Heilige Geist, der dem Leben eine neue Richtung gibt. Die ganz unterschiedlichen Texte der Bibel, die von der Geschichte Gottes mit der Welt erzählen, sind Teil einer großen Suchbewegung. Wenn ich diese Texte lese, dann mache ich mich mit auf die Suche danach, was Hoffnung schenkt und Zuversicht über den Tod hinaus. Das, was Halt gibt und trägt, ist in ganz unterschiedlichen Worten und Stimmen zu hören. Die gute Nachricht wird nicht nur in geschliffenen Formeln hörbar, sondern auch im suchenden Stammeln.
Mich erinnert die Vorstellung von Gott als Vater, Sohn und Heiligem Geist daran, dass er mir auf unterschiedliche Weise begegnet und dass Gott in sich selbst so vielfältig ist wie das Leben und die Welt.
Dem Propheten Jesaja aus dem Alten Testament erscheint Gott gewaltig und groß. Da wird erzählt, wie er in einem überdimensionierten Gewand dasitzt und einen ganzen Raum füllt. Und um ihn herum schwirren besondere Engel. Seraphim. Jeder mit sechs Flügeln.
Ich denke auch an Maria von Magdala. Ihr begegnet Gott als Freund und Vertrauter, ganz nah. Den Jüngern begegnet Gott als Heiliger Geist, der sie mitreißt und wie ein frischer Wind hinaus aus den Mauern ins Leben bläst.
Gott zeigt sich dieser Welt auf ganz unterschiedliche Weise. Wie Göttliches und Menschliches zusammenwirken bleibt ein Geheimnis.
Aber so viel ist sicher: Gott lässt diese Welt als ihr Schöpfer nicht im Stich, er steht an unserer Seite und entreißt uns dem Tod als der Sohn Jesus Christus und er durchweht mein Leben mit seinem Geist, der mich in Bewegung setzt.
Ich wünsche ihnen einen bewegten Sonntag und eine gesegnete Woche.
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Halbzeit! Von den 40 Tagen, die zwischen Aschermittwoch und Ostern liegen, ist die Hälfte geschafft. Viele, vielleicht auch Sie, fasten in diesen Tagen, verzichten auf Alkohol oder Süßigkeiten. Oder Sie haben sich etwas Bestimmtes vorgenommen. Etwas mehr Sport, ein dickes Buch zu lesen, oder auch mit einer bestimmten Haltung in den Tag zu gehen. „Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit“, so lautet das Motto der diesjährigen Fastenaktion der evangelischen Kirche.
Und jetzt ist Halbzeit! Heute feiern wir ein Gipfelfest, ein kleines Ostern mitten in den Fastentagen. Der Sonntag trägt den lateinischen Namen „Laetare“, was „Freue dich“ bedeutet. Ostern kommt näher, daher hat dieser Tag einen fröhlichen und tröstlichen Charakter.
Tröstlich ist auch ein Vers des Bibeltextes, über den heute in den evangelischen Kirchen gepredigt wird. „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht Gott, der Herr, dein Erbarmer.“ Angesichts der verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien klingt das vielleicht wie ein billiger, ja zynischer Trost. Aber gesprochen sind diese Worte in eine katastrophale Krisensituation, dem sogenannten Babylonischen Exil im sechsten Jahrhundert vor Christus. Große Teile der Bevölkerung Jerusalems und Judas waren nach Babylon verschleppt worden. Nur einige Reste der armen Landbevölkerung blieben in Hunger und im Elend zurück. Jerusalem lag in Trümmern, war fast entvölkert. Von dem einst prächtigen Tempel war kein Stein mehr auf dem anderen geblieben.
Da stoßen wie Fanfarentöne die Worte des Propheten in die Situation. Er wendet den Blick im Namen Gottes in eine neue Zukunft. Aus der erdrückenden Perspektive ihres Leids heraus sollen Menschen wieder aufatmen und nach vorne schauen können. Denn nach Jahrzehnten der Zerstörung und des Leids kündigte sich nun am Horizont Befreiung an. Das Volk sollte wieder in sein Land zurückkehren, die Stadt wieder aufbauen und zum Leben erwecken können.
Hoffnungsworte, die mir persönlich Halt geben, wenn ich an die unzähligen Obdachlosen in den Erdbebengebieten denke. An die Menschen in der Ukraine, die in zerstörten Städten ohne Strom und Heizung ausharren. Glauben heißt, mit Widersprüchen zu leben, sie auszuhalten, weil wir der Gnade Gottes trauen. Gewiss gibt es viele Ereignisse, die wir niemals verstehen werden. Aber sich solchen Ereignissen auszuliefern und zu unterwerfen, das würde bedeuten, den Glauben aufzugeben. Der Glaube kapituliert nicht. Er hält sich an die Gnade Gottes und findet darin seinen Trost.
Glaube vertraut in der Tiefe auf Gott, denn gerade dort ist er bei uns. Der Prophet in Babylon, der damals dem Volk in der Krise des Exils Mut zugesprochen hat, ist ein Beispiel eines solchen Glaubens. Seine Worte haben seit Jahrhunderten immer wieder Menschen in schwierigen Situationen ermutigt und ihnen Halt und Zuversicht geschenkt. Hoffnungsstur und glaubensheiter, so spricht auch der Prophet im Exil.
Der Bund seines Friedens soll nicht hinfallen, spricht Gott durch den Propheten. Die Hoffnung auf Frieden ist nicht vergeblich. Gott sagt seiner Welt den Frieden zu. Am Ende wird er diese von Krieg und Zerstörung geschüttelte Welt verwandeln in ein Reich des Friedens. Aus dieser Hoffnung können wir inmitten einer von Gewalt entstellten Welt aus diesem Frieden leben. Unsere Sorge für den Frieden der Welt findet ihren Rückhalt im Vertrauen auf den Frieden Gottes, „der höher ist als alle Vernunft“. Gerade in diesen Zeiten kann das Gebet für den Frieden helfen, angesichts von Krisen und Bedrohungssituationen einen Willen zum Frieden zu zeigen, der auch unter uns wirksam wird.
Diese Hoffnung, dass das Leben den Tod überwindet und dass Gott zu seinen Zusagen steht, feiern wir heute an diesem kleinen Osterfest. Da ragt das Licht des Lebens in die Welt, auf der ein Todesschatten liegt. Es leuchtet uns in der Tiefe und lässt uns den nächsten Schritt gehen, selbst für Frieden und Gerechtigkeit einzutreten.
„Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes heißen“. Mit diesem Wort Jesu aus der Bergpredigt wurde ich heute vor genau 34 Jahren konfirmiert. Für mich auch genau ein solches Trostwort, dass unser Einsatz für die Friedensarbeit, das Gebet für den Frieden, Schritte zur Versöhnung im persönlichen Umfeld, aber auch als Kirche, nicht vergebens sind. Sondern dass Gott uns den Rücken stärkt und die Kraft dazu schenkt.
Noch liegen 20 Tage Fastenzeit vor uns. Ostern wird kommen. Noch liegen Zeiten der Finsternis, des Leids und der Angst vor uns. Ostern wird kommen. Und das Leben wird siegen. Ostern nimmt dem Tod die letzte Macht und reißt uns aus dem Bann des Todes. Versöhnung und Frieden sind noch längst nicht erreicht, aber nun kommt Ostern an den Horizont. Als ein Hoffnungsbild gegen die Bilder von Gewalt, Leid und Tod. Daran halte ich fest. Trotz allem vertraue ich schon heute auf die Kraft der Versöhnung, des Lebens und des Friedens.
„Denn meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.“
Ich wünsche ihnen einen friedlichen Sonntag und eine gesegnete Woche.
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