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SWR4 Abendgedanken

26FEB2025
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Jalil* hat Angst; und dass er die hat – dafür schäme ich mich. Jalil ist ein junger Mann, der vor sechs Jahren aus Syrien geflohen ist und jetzt hier bei uns in Baden-Württemberg lebt. Mit seinen drei kleinen Schwestern ist er im Schlauchboot übers Meer gekommen; die drei waren noch echt jung, sechs Jahre alt, zehn und zwölf. Ihr Vater wurde in Syrien ermordet, von ihrer Mutter wissen die Kinder bis heute nichts. Jalil hat sich um alle und um alles gekümmert! Er hat so gut Deutsch gelernt, dass er letztes Jahr seine Ausbildung zum Krankenpfleger geschafft hat. Ich kenne die Geschichte der Geschwister, weil ein Freund Jalil bei der Ausbildung unterstützt hat, ihn begleitet und immer wieder von ihm erzählt.

Jalil hat einen Antrag gestellt, damit er und seine Schwestern in Deutschland bleiben können. Und jetzt hat er Angst, richtig große Angst. Weil der Krieg in Syrien zu Ende ist, bleibt sein Antrag liegen. Niemand kann ihm sagen, ob sie bleiben können. Und noch etwas macht ihm Angst. Wenn er manche Leute in der Politik reden hört, dann hat er das Gefühl: „Es ist nicht mehr gut, dass ich hier bin“.

Ich finde es beschämend, dass einer wie Jalil hier in Deutschland Angst haben muss. Einer der vor Krieg und Terror geflohen ist. Der so viel Kraft hat, der so fleißig ist. Und so dankbar, dass seine Schwestern hier in Sicherheit aufwachsen dürfen. Einer, der einfach ein guter Kerl ist! Ich habe oft gedacht, es ist großartig, wie die drei Mädchen es schaffen, ohne Eltern hier in unserem Schulsystem klarzukommen. Sie haben sich in der Corona-Zeit gegenseitig unterstützt und in einer kleinen Wohnung organisiert. Und das ist nicht alles; sie engagieren sich auch noch: Die eine ist Schülersprecherin, die andere spielt mittlerweile richtig gut Fußball und ist im Sportverein aktiv. 

Ich wünsche mir von der neuen Bundesregierung und von allen politischen Kräften, dass sie Respekt haben vor Menschen wie Jalil. Dass sie genau hinschauen. Auf jeden, der zu uns kommt; dass sie unterscheiden. Und dass sie begreifen, wie Jalils Familie unsere Gesellschaft stärkt! Dass sie ihm zutrauen selbst zu entscheiden, ob oder wann er nach Syrien zurückkehrt. Von den Medien wünsche ich mir, dass solche positiven Geschichten erzählt werden. Denn davon gibt es viele, sehr viele. Deutlich mehr als die von jenen Geflüchteten, die Unruhe ins Land bringen oder Straftaten begehen. 

Wir sind als Gesellschaft dann auf dem richtigen Weg, wenn Jalil in Deutschland keine Angst mehr hat. Wenn er und seine Schwestern spüren: Es ist gut, dass wir hier sind.

 

*Name geändert

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SWR4 Abendgedanken

25FEB2025
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Ein Notizbuch mit einem schönen Einband, gelb mit rosa Blumen. Das hat dieses Mal unter unserem Weihnachtsbaum gelegen. Meine Kinder haben mir das geschenkt; zum hineinschreiben. Was genau, dazu gab‘s auf der ersten Seite eine Anleitung: Meine Kinder finden, dass ich mir zu wenig Zeit nehme für meinen Partner – und er sich für mich. Sie wünschen sich und uns, dass wir uns wieder öfter „daten“. So heißt das bei den jungen Leuten, „sich daten“. Also: miteinander bewusst Zeit verbringen, sich gegenseitig einladen, sich für den anderen was Schönes überlegen. Und deshalb haben sie uns dieses Dating-Tagebuch geschenkt. Und damit wir nicht so ganz planlos sind, wie wir das Buch füllen können, haben sie uns dazu gleich einen konkreten Vorschlag gemacht: Wir sollen ein Jahr lang ein ABC-Dating machen, uns zu jedem der 26 Buchstaben des Alphabets eine passende Verabredung ausdenken.

Was für eine großartige Idee! Und gleichzeitig habe ich mich erwischt gefühlt. Denn es stimmt schon. Für uns beide, meinen Partner und mich, stehen meistens andere Dinge im Vordergrund. Wir arbeiten gerne und viel, organisieren alles Mögliche und wenn man uns irgendwo braucht, machen wir mit. Aber eben jeder für sich. Zeit zu zweit, ohne Termine, die nehmen wir uns kaum. Und das tut uns nicht gut und dem Familienleben auch nicht. Daran kann man was ändern, finden die Kinder.

Sie haben recht. Vor allem wenn man schon ein bisschen älter ist, dann ist es wichtig, sich bewusst Zeit zu nehmen; damit man den anderen nicht aus den Augen verliert, damit man nicht übersieht, was er oder sie braucht. Das kann nämlich leicht passieren, wenn sich Routinen und Gewohnheiten eingeschliffen haben. Und ich merke: Auch unseren großen Kindern tut es gut, wenn sie spüren: Wir Eltern kümmern uns umeinander.

Ein paar Verabredungen haben wir tatsächlich schon in unser Tagebuch eingetragen: S – wie spontanes Date beim Italiener, K wie Kino, V wie vegetarisch essen gehen und L wie Lese-Date. Das war bisher das Schönste für mich: Ich habe meinem Partner zuhause auf dem Sofa aus einem Buch vorgelesen, dazu gab’s ein Gläschen Wein.

Damit wir nicht schummeln, müssen wir abwechselnd einen kleinen Bericht zu jeder Verabredung in das gelbe Notizbuch schreiben; und als Beweis und schöne Erinnerung ein Foto einkleben.

Das Büchlein nach und nach zu füllen, das macht mir Freude. Und es erinnert mich gleichzeitig an etwas, das grundsätzlich wichtig ist: Freundschaft ist nicht nur ein wunderbares Geschenk, sondern eben auch eine ständige Aufgabe. Und die ist in jeder Lebensphase aktuell. 

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SWR4 Abendgedanken

24FEB2025
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Gestern hat Deutschland nun also gewählt. Ganz unabhängig davon, wie die künftige Regierung aussieht – es wird keine einfache Zeit werden, die da vor uns allen liegt. Für die Politiker ist es eine riesige Herausforderung, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Bei all dem scheint mir eines wichtig: Es braucht jetzt wieder einen anderen Ton in den politischen Debatten. Mich schreckt es ab, wenn Politiker sich so wüst anschreien und persönlich beleidigen. Die Gefahr, dass ich mich deshalb von der Politik abwende, die steigt. Und das geht nicht nur mir so.

Es ist natürlich klar, dass zu einer politischen Debatte auch ein bisschen Show gehört. Einander zu provozieren ist Teil des Geschäfts, genauso Themen zuzuspitzen, Zwischenrufe zu platzieren und sich einfach einen Schlagabtausch zu liefern. Es soll ja keiner einschlafen in seinem Bundestagssessel.

Wenn ich aber in den letzten Monaten Sitzungen im Bundestag verfolge, dann bereitet mir das Sorgen. Weil hier nicht mehr normal gestritten wird. Die Sprache und der Ton sind scharf geworden und die Stimmung ist aggressiv. Die Bundestagspräsidentin verteilt immer mehr Ordnungsrufe, weil Politiker regelrecht aufeinander eindreschen, sich diffamieren und anpöbeln. Und ich frage mich dann schon: Kann man so gute Politik machen?

Deshalb finde ich: Es braucht jetzt unbedingt einen anderen Ton! Sachlich und zumindest respektvoll.  Die Basis dafür ist: erst einmal unaufgeregt wahrnehmen und verstehen, was ein anderer sagt. Also einfach zuhören. Das klingt vielleicht banal, ist es aber nicht.

Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen hat sich intensiv mit dem Thema „Zuhören“ beschäftigt.  Für ihn gibt es zwei Arten zuzuhören. Mit einem Ich-Ohr oder mit einem Du-Ohr. Das Ich-Ohr hört nur, was es hören will, und filtert die Inhalte heraus, die zur eigenen Meinung passen. Hören mit einem Du-Ohr, das ist wesentlich anstrengender, weil das bedeutet: neugierig bleiben auf den anderen und das, was er zu sagen hat. Auch, wenn ich dem inhaltlich nicht zustimmen kann.

Pörksen nennt drei Punkte, die uns helfen, dieses Du-Ohr zu trainieren: Erstens: Wir müssen uns verabschieden von pauschalen Urteilen.  Zweitens: Wir sollen das Zögern trainieren. Also abwarten, nicht sofort contra geben. Und drittens: den „Anfängergeist“ einüben – also eine Haltung einnehmen, als würden wir etwas zum ersten Mal hören, und: es für möglich halten, noch etwas dazuzulernen.

Wenigstens einen Hauch von diesem guten Anfängergeist, den wünsche ich jetzt allen, die künftig im Bundestag sitzen. Und auch jedem von uns - denn ein Du-Ohr, das tut auch uns gut, wenn wir miteinander reden und diskutieren.

 

Bernhard Pörksen, „Zuhören. Die Kunst, sich der Welt zu öffnen“, Hanser

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SWR1 Begegnungen

16FEB2025
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Wilhelm Schmid copyright: Manuela Pfann

Mit Manuela Pfann und mit dem Philosophen Wilhelm Schmid. Ich möchte mit ihm über die Liebe sprechen. Weil er darüber ein ganz besonderes Buch geschrieben hat. Wir treffen uns nach einer Lesung; und er erzählt mir vom Tod seiner Frau – und: Wie die tiefe Liebe der beiden bis heute besteht.

Ich habe keine Trauer erlebt, sondern ein Traurigsein. Daran liegt mir sehr. Und ich bin schon immer als Philosoph der Meinung gewesen, dass Traurigsein ein Teil des Menschseins ist. Bei der Trauer habe ich bei Vielen den Eindruck, das fällt aus dem Menschsein raus. Also das muss man so schnell wie möglich dann hinter sich lassen. Ich will das Traurigsein nicht hinter mir lassen. Ich bin froh, wenn es nicht ständig da ist. Und das ist auch so.

Seine Frau hatte sich von Wilhelm Schmid gewünscht, er soll nicht ewig grübeln oder Trübsal blasen.

Tue ich auch nicht, weil dazu bin ich zu erfüllt von ihr und weil ich erfüllt sein darf von ihr, gibt es keinen Grund für Trauer. Nur immer mal wieder traurig sein, dass sie leiblich nicht da ist. Aber wir sind zusammen in anderer Aggregatform und das spüre ich auch und das tröstet mich komplett.

Mich erinnert das an den schönen Satz des Apostels Paulus: „Die Liebe hört niemals auf“. Gilt der also tatsächlich für Wilhelm Schmid und seine verstorbene Frau? 

Die Liebe ist voll und ganz geblieben! Ich habe 100, 200 Bilder von ihr auf meinem Handy und immer passend zum Tag suche ich eins aus, damit sie auch wenigstens im Bild mich anschaut. Und momentan ist mir danach, Bilder von ganz vom Anfang rauszusuchen. Was war das für eine blühende, schöne junge Frau!

Wilhelm Schmid strahlt, wenn er von seiner Frau spricht. Und ich frage ihn: Tut das nicht immer wieder aufs Neue weh, den geliebten Menschen jeden Tag nur als Foto zu sehen?

Nein, das tut mir nicht im Geringsten weh. Ganz im Gegenteil, das bestärkt mich, das beglückt mich. Was? Ich durfte diese wunderschöne Frau meine Frau nennen? Wechselseitig, sie sagte mir auch, wirklich sehr stolz, „Mein Mann“. Nein, „mein geliebter Mann“, sagte sie, das ist ein Unterschied.

Deshalb ist er auch sicher: Sie ist einverstanden damit, dass er ein Buch über sie, über ihr Sterben und ihren Tod geschrieben hat; und dass er sie so zu jeder Lesung mitnimmt.

Sie wollte nicht losgelassen werden. Sie wollte zusammenbleiben. Deswegen möchte ich Menschen auch sagen: Loslassen kann am Platz sein, ja, aber nicht in jedem Fall. Nehmt euch die Freiheit, das selbst zu entscheiden. Ihr müsst da keiner Norm folgen, die heute aufgestellt worden ist, „man muss loslassen“. Ich lasse meine Frau nicht los.

Für Wilhelm Schmid war der Tod seiner Frau nicht das Ende ihre Liebe. Nur der „Aggregatzustand“ hat sich verändert, wie er es formuliert. Aber die Energie seiner Frau, die ist geblieben.

Energie kann endlos umgewandelt werden in andere Energieformen, aber sie kann niemals vernichtet werden. Sie war immer da und wird immer da sein. Deswegen vermute ich eben, Religion könnte etwas mit dem Bewusstsein von dieser Energie zu tun haben. Und, das ist etwas, was dann heißen würde: Nach dem Tod ist der ganze Mensch weiterhin da, aber nicht mehr in körperlicher Form, sondern in energetischer.

Der Moment, wenn ein Mensch stirbt, der ist tief traurig und schrecklich. Und Wilhelm Schmid sagt:  Dieser Moment, in dem seine Frau gestorben ist, der war magisch. Das würde ich gerne besser verstehen.

Ja, da bin ich selber in Verlegenheit, das in Worte zu fassen. Es ist ein ungeheuer intensiver Moment. Einerseits der tiefste Abgrund, weil die Welt jetzt so furchtbar leer erscheint ohne diesen Menschen. Das Bewusstsein, es ist absolut endgültig. Aber zugleich eine so große Intimität mit diesem Menschen wie nie, nie zuvor. Nur energetisch erklärbar, weil es ist ja jetzt keine körperliche Intimität.

Wilhelm Schmid hält nochmals inne, um mir zu signalisieren: Wir wissen nicht wirklich, was das für Energien sind. Weil wir so Vieles überhaupt noch nicht wissen.

Aber die Welt ist ungeheuer reich, reicher, als wir Menschen jemals erfassen können. Alles das kommt in diesen Moment rein. Deswegen ist er so magisch. In dieser ungeheuren Spannweite schwebt dieser Moment des Todes; abgrundtief schlimm und absolut reich.

Während unseres ganzen Gesprächs geht mir ein Gedanke durch den Kopf, eine Frage. Ich denke an den Tod Jesu und die Geschichte seiner Auferstehung. Ist das vielleicht auch eine Geschichte von Energie und von verwandelter Liebe? Was sagt ein Philosoph dazu?

Auferstehung verstehe ich so, dass diese Energie, die von einem Menschen bleibt, dann, in welcher Art auch immer, ins Bewusstsein von Menschen treten kann. Das kann in Bildern geschehen, die wir vor uns sehen. Ich hatte nächtelange Träume von meiner Frau, in der sie vollständig real bei mir war. So real, dass ich es nicht glauben konnte nach dem Aufwachen, dass das jetzt nur ein Traum gewesen sein soll. Und ich vermute, dass so was zum Beispiel auch bei der Auferstehungsgeschichte geschehen ist, dass diejenigen, die Jesus geliebt haben, ihm nahe waren, ihn buchstäblich wieder vor Augen hatten. Und ich wäre der Letzte, der sagen würde: Das ist reine Einbildung.

 

Wilhelm Schmid, „Den Tod überleben. Vom Umgang mit dem Unfassbaren“, Insel Verlag

https://www.suhrkamp.de/buch/wilhelm-schmid-den-tod-ueberleben-t-9783458644231

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SWR1 Begegnungen

29DEZ2024
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Dieter Thomas Kuhn copyright: Manuela Pfann

Zum Jahresende treffe ich den Schlagersänger Dieter Thomas Kuhn – kurz DTK. Bei dem Namen denken die meisten bestimmt an Föhnwelle, Brusthaar-Toupet, Sonnenblumen und Sommer-Open-Air. Mich interessiert heute vor allem sein Projekt „Songs from above“ Also: Lieder von oben oder aus dem Himmel. Wir treffen uns in seiner Heimatstadt Tübingen. An einem für ihn wichtigen Ort, in einer Werkstatt voll mit tollen Motorrädern. Doch die Werkstatt ist nicht nur ein Schrauber-Treff von Freunden, sie ist auch Ideenschmiede.

Als David Bowie gestorben ist, da kam uns hier die Idee in dieser Werkstatt, dass es doch jetzt irgendwie überhandnimmt von unseren eigenen Helden, die wir gut finden, dass die jetzt irgendwie so dahinsterben. Und da haben wir gesagt, das wäre doch mal irgendwie einen Abend wert, dass man auch denen gedenkt, die eben nicht mehr da sind.

Aus der Idee ist dann vor einigen Jahren ein neues Projekt geworden, das zum Jahresende wieder in Tübingen läuft: die „Songs from above“. An diesem Abend spielt die Band ausschließlich Songs von verstorbenen Künstlerinnen und Künstlern.

Das ist ein ganz bunter, schöner und vor allem unterhaltsamer und lustiger Abend. Obwohl es um den Tod im weitesten Sinne geht. Deswegen haben wir gesagt, das müssen wir so gestalten, dass es eigentlich viel zu lachen gibt.

Genau das gelingt, ich hab‘s selbst erlebt und war total begeistert! Weil die Band nicht bei der Trauer hängen bleibt. Die Musiker erzählen Anekdoten aus dem Leben der Künstler, erinnern sich, was sie selbst mit deren Musik verbindet und dann spielen sie mit viel Leidenschaft deren Songs. Das Gedenken an die Verstorbenen wird da zu einer wunderbaren Hommage an das Leben!

Es ist eine Würdigung von unserer Seite aus. Und so, wie wir das merken, ist es auch eine ganz große Würdigung vom Publikum, die da nämlich unglaublich Lust drauf haben.

Die Leute singen mit, ich auch, und für manche Songs gibt’s ein Liedblatt, da steht drauf: „Hoffnung und Gemeinschaft im Lied“. Davon spür ich was. Auch die Konzert-Location trägt ihren Teil bei: In dem ehemaligen Autohaus stehen ein paar ausgemusterte Kirchenbänke.

Wir haben als Hintergrundbild ja die Kapelle von Zwiefalten; die ist da als Transparent. Und deswegen habe ich gesagt, da passen die Bänke natürlich super dazu, dass man da vorne ein bisschen diese Kirchenanmutung hat.

Und zwischen den altehrwürdigen Marmorsäulen der Zwiefaltener Klosterkirche wird dann bei jedem Song das Porträt des verstorbenen Künstlers eingeblendet.
Mit Kirche oder Gottesdienst hat Dieter Thomas Kuhn nicht viel am Hut, aber die Gebäude faszinieren ihn:

Wenn ich in irgendeiner Stadt bin, gucke ich immer in die Kirchen rein; weil mich das umhaut. Wenn du einmal im Petersdom warst, das ist ja Wahnsinn. Ja, und natürlich die Geschichte drumherum.

Mit seiner Band spielt Dieter Thomas Kuhn zum Jahresende Songs verstorbener Künstlerinnen und Künstler. Auch wenn der Abend mit den „Songs from above“, also den Songs aus dem Himmel, ganz und gar nicht traurig ist, das Thema Sterben und die Endlichkeit schwingen trotzdem durch die Konzerthalle. Ich möchte von DTK wissen, ob das für ihn persönlich ein schwieriges, ein schweres Thema ist.

Ich habe da eigentlich überhaupt keine Berührungsangst. Ich hatte früh mit dem Tod Konfrontation. Mein Bruder ist sehr früh gestorben und das hat mir natürlich damals Angst gemacht. Wenn du selber 18 bist, dein Bruder 30, dann ist das nicht zu verstehen. Und mein eigener Verlust beschäftigt mich natürlich auch, weil ich eigentlich sehr gerne auf dieser Welt bin. Und das auch noch gerne ein Weilchen hätte.

Was ihn wirklich belastet, wenn er an den eigenen Tod denkt, ist der Schmerz derer, die zurückbleiben.

Das ist ja eigentlich, glaube ich, das Schlimmste, was einen dabei beschäftigt: Wenn jetzt meine Tochter, wenn ich jetzt nur drüber nachdenke, wenn die jetzt ihren Vater verlieren würde, wäre das, glaube ich, richtig scheiße und das ist ja eigentlich das, was einem Angst macht.

Im Moment müssen er und die Band sich Gott sei Dank damit nicht beschäftigen. Und trotzdem gibt es etwas, das DTK gerade Sorgen macht. Gitarrist Philipp Feldtkeller ist gesundheitlich angeschlagen. Deshalb ist musikalisch erst mal gar nichts geplant für 2025. Für DTK geht es aber nur am Rande um die Tour – Philipp ist einfach so viel mehr als der Gitarrist der Band.

Ich mache mit dem seit 40 Jahren Musik. Wir bewegen uns zusammen jeden Tag. Viele haben immer gesagt: Die zwei sind doch verheiratet, wenn man uns zusammen sieht in der Stadt. Und ja, das ist schon eine ganz enge Verbindung.

Die beiden beginnen jeden Tag gemeinsam mit einem Kaffee, besprechen dann, was heute dran ist. Proben, Planungen, Termine beim Steuerberater – einfach alles. Wie kann das gut zusammenpassen mit einem Familienleben, das die beiden ja auch noch haben?

Des passt da mit rein. Das muss mit reinpassen. Das ist jetzt bestimmt nicht immer einfach, auch für die Frauen an unserer Seite. Aber so haben die uns kennengelernt.

Vielleicht ist das ein Mosaikstein des Erfolgs der Band: viel Freundschaft, viel Verständnis, viel Vertrauen. Und da ist noch was, von dem DTK glaubt, dass es wichtig ist, wenn er für die Menschen Musik macht. Es braucht nicht immer ein politisches Statement, sagt er, es braucht einfach mal nur eine gute Zeit, eine Pause.

Für uns ist es wichtig, da rauszugehen und den Leuten zu zeigen: Man muss mal abschalten. Auch, man muss rauskommen aus dem, was einen beschäftigt.

Den Leuten Freude bereiten und ihnen ganz viel Liebe mitgeben! Das sagt er noch, als das Mikrofon schon aus ist. Eine gute Botschaft für 2025, finde ich.

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SWR4 Abendgedanken

20DEZ2024
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Willibald copyright: Manuela Pfann

Unser Weihnachtsbaum hat dieses Jahr einen Namen. Ich habe ihm den gegeben. Willibald heißt er. Das hat einen Grund: Das Bäumchen erinnert mich an eine weihnachtliche Geschichte. Kurz zusammengefasst geht die Geschichte so: Ein kleiner Junge sucht im Wald nach einem Tannenbaum, der zu ihm passt und den er als Weihnachtsbaum mit nachhause nehmen kann. Da findet er Willibald – so heißt in der Geschichte der allerkleinste Tannenbaum im ganzen Wald, der bisher von allen Leuten übersehen wurde. Genau der gefällt dem Jungen. Allerdings findet der Besitzer des Waldes, dass man Willibald nicht fällen sollte. Und er macht dem Jungen einen Vorschlag: Willibald soll ein Weihnachtsbaum sein, der im Wald bleibt. Und der kleine Junge darf jedes Jahr an Weihnachten wiederkommen und ihn schmücken. Und beide können zusammen groß werden.

So ähnlich funktioniert das auch mit unserem Willibald. Willibald ist nämlich ein Leih-Weihnachtsbaum. Ich habe ihn am Wochenende vom Landschaftsgärtner bei uns um die Ecke geholt, samt Topf und Erde. Nach den Weihnachtsfeiertagen kommt er zurück in die Baumschule, wird dort wieder eingepflanzt und darf dann weiterwachsen. Ich finde, das ist eine ziemlich tolle Idee: Einen Weihnachtsbaum über die Feiertage auszuleihen und ihn dann einfach wieder zurückzubringen. Der Baum lebt im Topf weiter, da nadelt nichts im Wohnzimmer und vor allem: Der Baum erlebt eben nicht nur ein Weihnachtsfest, sondern viele!

Wenn ich höre, wieviele Weihnachtsbäume in Deutschland gefällt werden, dann macht mich das schon nachdenklich: Es sind jedes Jahr rund 30 Millionen. Und zwei Wochen nach dem Fest stehen die Bäume am Straßenrand und werden entsorgt. Auch wenn das bei uns tatsächlich ziemlich gut und sinnvoll organisiert ist: Weihnachtsbäume werden zu Kompost oder landen in Biomassekraftwerken. Aber bis ein Weihnachtsbaum groß ist, braucht es einfach wahnsinnig viel Wasser, Dünger und oft auch Pestizide. Im Moment gibt es noch sehr wenige Leih-Weihnachtsbäume. Nur ein Prozent aller Bäume sind ausgeliehen sagt die Statistik, also knapp 300.000 jedes Jahr. Da gibt es also noch reichlich Potenzial für neue Ideen in der Weihnachtsbaumbranche.

Wenn ich an Willibald im Wald denke, dann spüre ich was von Weihnachten: Ein mickriger unscheinbarer Baum wartet geduldig, bis seine Zeit gekommen ist; und ein Kind kümmert sich liebevoll und mit großer Achtung um etwas, das sonst keiner haben will. In dieser Geschichte liegt etwas vom weihnachtlichen Frieden.

Ich fände es toll, wenn wir unseren Willibald nächstes Jahr wiedersehen und dann schauen, ob er noch ein bisschen gewachsen ist. Ich werde nach den Feiertagen mal mit dem Gärtner reden und fragen, was er von der Idee hält, dass wir Willibald nächstes Jahr wieder bei uns aufnehmen.

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SWR4 Abendgedanken

19DEZ2024
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Über Josef, den Verlobten von Maria und den Vater von Jesus, da steht wenig in der Bibel. Er ist ein schweigsamer Zeitgenosse, kein einziges Mal kommt er zu Wort. Und nachdem er mit Frau und Kind vor dem eifersüchtigen König Herodes geflohen ist, verliert sich seine Spur ganz. Sicher ist aber: Ohne Josef, würden wir heute kein Weihnachten feiern. Josef war notwendig, damit die Mission „Gott wird Mensch“ gelingen konnte. Er hatte eben eine ganz besondere Rolle, und die drückt sein Name aus. Josef heißt aus dem Hebräischen übersetzt: „Gott fügt hinzu“.

Ich verstehe das so: Auch wenn Josef keine großen Worte macht oder gar diskutiert, er erkennt sehr wohl, was gerade dran ist und was getan werden muss. Er hält auf der ganzen Reise Augen und Ohren offen – von Nazareth nach Bethlehem, während der Flucht nach Ägypten, und wieder zurück nach Nazareth. Und Josef traut seinem Gespür. Er nimmt seine Träume ernst, versteht sie als Willen Gottes. Deshalb bleibt er bei Maria und beschützt Mutter und Kind. Er lässt Platz für Gott. Er lässt sich auf Gott ein.

Wo brauche ich, wo brauchen wir heute so einen Josef? Und wo ist Raum, damit Gott etwas hinzufügt?

Wir brauchen einen wie Josef zum Beispiel dort, wo wir aufhören sollten zu diskutieren und jeden Buchstaben nochmals umzudrehen. Nach Streit und Auseinandersetzungen, in der Politik ebenso wie am Küchentisch. Wo es darum geht, endlich zu handeln und zu vertrauen, dass sich etwas gutes Neues entwickeln kann.

Gott kann da hinzufügen, wo wir uns selbst zurücknehmen und nicht in den Mittelpunkt stellen. Josef hatte ganz bestimmt eigene Pläne für sein Leben – er stammte schließlich von einer Königsfamilie ab, aus dem Haus Davids. Seine Pläne hat er erst mal zurückgestellt. Und getan, was dran war – und ist trotzdem Teil von etwas Großem geworden.

Ich selbst brauche einen wie Josef da, wo ich meine, alles selbst in der Hand haben zu müssen. Um loszulassen, um anderen Menschen und Gott zu vertrauen, dass die es auch gut machen.

Gott kann da etwas hinzufügen, wo wir uns in friedlicher Absicht versammeln, um die Idee vom Frieden weiterzutragen, im Gebet, bei Demonstrationen, ohne Gewalt.

Wir bräuchten einen wie Josef, der Verantwortung übernimmt, dort, wo niemand so genau hinschaut oder hinhört. Wo Kinder Sorgen haben, nicht gesehen oder misshandelt werden.

Gott fügt da hinzu, wo wir zwischendurch still werden. In der Natur und in diesen Tagen an der adventlichen Krippe. Dort steht er ja auch: der Josef.

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SWR4 Abendgedanken

18DEZ2024
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In unserem Freundeskreis gab‘s eine schöne Tradition. Wenn ein Kind geboren wurde, haben wir noch am selben Abend den Vater zuhause besucht und mit ihm die Ankunft des Nachwuchses gefeiert. Weil bei so ein Begrüßungsfest auf das Neugeborene angestoßen wird und die kleinen Babyfüße also symbolisch in Bier oder Schnaps getaucht werden, heißt diese Tradition im Schwäbischen „Füßle baden“. Erste Bilder aus dem Krankenhaus von der Mutter und dem Neugeborenem machen dann an so einem Abend die Runde und erste Prognosen werden gestellt. Zum Beispiel: Der hat aber einen kräftigen Rücken, wird vielleicht mal ein Handwerker, wie der Opa. Oder: Die hat aber zarte lange Finger, die wird bestimmt mal gut Klavier spielen.

Was wird wohl aus ihm oder ihr werden? Überall und zu allen Zeiten fragen sich Menschen das bei der Geburt eines Kindes. Mit jedem neuen Kind sind Wünsche und Hoffnungen verbunden, eine Sehnsucht, dass alles gut wird.

Das war vor 2000 Jahren nicht anders, als Jesus auf die Welt gekommen ist. Im Gegenteil: Mit seiner Geburt waren große Erwartungen verbunden. Die Propheten aus dem Alten Testament hatten einen neuen König angekündigt, einen Erlöser. Und die Menschen haben einen starken Mann erwartet, einen, der sagt, wo‘s langgeht, der sich gegen die Gewalt der Besatzer stellt. Jesus sollte alles verändern.

Genau das hat er getan. Aber wie er das getan hat, das hatte sich niemand vorstellen können. Jesus war anders. Er war radikal – liebesradikal. Bei ihm gab es keine Waffen, er hat keine Gewalt angewendet. Er hat die Mächtigen geärgert und vorgeführt, er hat die Schwachen unterstützt und ist mit Frauen fair und auf Augenhöhe umgegangen. Er hat sich immer so verhalten, bis zum Ende, bis zu seinem Tod. Die römischen Besatzungsmächte hat er genau dadurch entlarvt. Sie haben einen umgebracht, der nur von einer besseren Welt erzählt hat.

Dass Jesus gelebt hat, das hat sich gelohnt - die kleinen Füße haben tiefe Spuren hinterlassen. So tief, dass wir – in der schwäbischen Tradition bleibend - jedes Jahr neu zum Füßle baden zusammenkommen; und an Weihnachten seine Geburt immer wieder neu feiern, auf ihn anstoßen; unsere Hoffnungen und Wünsche mitbringen und uns sehnen, nach einer neuen, nach einer besseren Zeit.

Doch wir müssen achtgeben und beim Feiern klaren Kopf bewahren. Wir müssen aufhorchen, wenn eine oder einer radikal einfache Antworten hat, um die Welt zu retten und uns so durch die Krisen führen will. Die einzig gute Radikalität ist die, die Jesus angewendet hat. Wenn er die Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt gestellt hat; ohne Angst zu schüren oder Gewalt anzuwenden – einfach nur aus radikaler Liebe

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SWR4 Abendgedanken

17DEZ2024
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An Heiligabend gibt es dieses Jahr bei uns einen besonderen Nachtisch. Wirklich einen ganz besonderen! Es ist ein Rumtopf, den ich vor 20 Jahren angesetzt habe. Ich kann mich noch gut an die warmen Sommertage 2004 erinnern, meine Eltern hatten richtig viele Sauerkirschen im Garten. Und weil ich schon reichlich Marmelade eingekocht hatte, habe ich mit den letzten Kirschen etwas Neues ausprobiert: Ich habe sie in ein großes Weckglas gefüllt, Zucker drüber, mit Rum übergossen und dann zugemacht. Das mochte ich schon früher so gerne! Eis mit Rumtopf.

Es gibt einen Grund, weshalb ich so genau weiß, in welchem Jahr ich den Rumtopf angesetzt habe: Ich war schwanger mit dem zweiten Kind und ein wenig Wehmut hat mich durch den Sommer 2004 begleitet. Weil mir klar wurde: Die Zeit, um die Häuser zu ziehen, nach Lust und Laune zu reisen, zu arbeiten wann und wo ich wollte – diese Zeit wird nun endgültig von der Familienzeit abgelöst.

Als ich den Rumtopf vor 20 Jahren in den Keller gestellt habe, hatte ich keinen Plan, wann ich ihn aufmachen würde. Dass es allerdings so lange dauern würde, das hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich hatte den Rumtopf immer im Blick, drei Mal habe ich das Weckglas in dieser Zeit umgezogen. Aber nie aufgemacht. Ich hatte immer das Gefühl: Noch nicht; der passende Moment ist noch nicht da.

Jetzt ist es soweit, Heiligabend 2024 wird das Glas geöffnet! Warum also jetzt?

Aus dem Rumtopf-Experiment von damals ist über die Jahre ein reifer, gut durchgezogener Dankbarkeits-Rumtopf geworden. Jetzt ist der Moment da, ihn zu öffnen, innezuhalten – und einen Punkt zu setzen hinter die intensive Familienzeit. Die Kinder sind groß geworden, es gab Gott sei Dank nur kleinere Unfälle, alle drei haben begonnen, ihren eigenen Weg zu finden. Und vor allem: Ich selbst kann jetzt gut zurückblicken auf die vergangenen zwanzig Jahre. Ich kann mich mit dem versöhnen, was in dieser Zeit nicht so gut lief, womit ich gehadert habe. Auch, weil ich nun viel besser all die tollen Dinge schätzen und einschätzen kann, die ich in dieser besonderen Familienzeit erfahren habe. Nur ein Beispiel: Weil ich damals nicht an meinen Arbeitsplatz zurückkonnte, habe ich viele ehrenamtliche Jobs übernommen. Was für mich zunächst eine Notlösung war, hat sich als große Bereicherung entwickelt. Ich konnte mich ausprobieren und habe viele Leute kennengelernt. Diese ganze Zeit steckt in dem Rumtopf.

Und jetzt freue mich wirklich darauf, ihn zu öffnen und hoffe sehr, dass er schmeckt. Die Kinder werden da sein, die Großeltern auch. Wir werden das Glas gemeinsam leer machen. Und dann kann und darf etwas Neues beginnen.

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SWR4 Abendgedanken

16DEZ2024
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So sieht unser Tisch in diesen Adventstagen aus: Ein großer Stapel Karten, Umschläge, ein Engel-Stempel, Stifte, dazu Punsch und Plätzchen. Für mich ist gerade Karten-Schreibe-Zeit. Wie jedes Jahr vor Weihnachten. Etwa 30 Stück schicke ich da immer auf die Reise. Zu Freunden, Verwandten, Kollegen. Und auf jeder Karte steht was anderes drauf.

Ja, eigentlich ist der Terminkalender in der Adventszeit voll und meine Kinder fragen: „Warum machst Du dir den Stress?“, wenn ich wieder leicht in Panik gerate und mit allem anderen kaum fertig werde. Aber Kartenschreiben ist kein Stress für mich, im Gegenteil. Fürs Kartenschreiben lass ich alles andere liegen und bin dann für viele Abende mit den Menschen verbunden, deren Namen ich auf die Umschläge schreibe.

Aus den vielen Fotos suche ich für die Karte immer die Momente aus, die gut zu unserem zurückliegenden Jahr passen und ein vorgedruckter Text informiert über ein paar Neuigkeiten. Und immer schreibe ich jeder und jedem noch ein paar persönliche Zeilen von Hand dazu. Einen ganz lieben Dank an meine Freundin zum Beispiel, die sich immer wieder meldet, auch wenn ich monatelang schweige. Tröstende Worte für die Tante, die ihren Mann in diesem Jahr verloren hat. Einer ehemaligen Kollegin versichere ich, dass ich an sie denke und es mit einem Treffen im neuen Jahr wieder versuchen werde. Einer anderen Freundin wünsche ich Kraft und Zuversicht, weil sie gerade zwischen Umbau und Kindern kein Land mehr sieht. In diesem Moment, wenn ich schreibe, bin ich den Menschen ganz nahe, die mir im Leben wichtig sind. Auch wenn ich sie zum Teil das ganz Jahr nicht gesehen habe. Das ist meine Art und Weise, sie zu begleiten, auch wenn sie weit weg wohnen.

Ich schreibe die Zeilen von Hand. Weil ich so was ganz Persönliches, was nur von mir mit in die Post geben kann. Weil es keine Handschrift zweimal gibt. In meiner Weihnachtspost steckt aber noch was, da steckt meine Weihnachtsfreude drin! Weil ich glaube, dass Gott den Menschen tatsächlich nahe sein will und nahe sein kann. Deshalb ist er damals in Jesus Mensch geworden. In einer Zeit, die ähnlich wie heute, von Gewalt und Krisen geprägt war. Dass Gott mir nahe ist, das inspiriert mich; diese Chance, die er uns mit Jesus eröffnet hat, der vorgelebt hat, wie wir miteinander umgehen sollen. Das nährt meine Weihnachtsfreude jedes Jahr aufs Neue!

Und ein wenig von dieser Freude will ich weitertragen und schicke sie deshalb mit der Weihnachtspost demnächst wieder auf die Reise.

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