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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

23MRZ2024
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Morgen feiern die christlichen Kirchen Palmsonntag und erinnern an den umjubelten Einzug Jesu in Jerusalem. Auf einer Eselin ist er damals in die Stadt eingeritten, viele Menschen sind vor und hinter ihm hergegangen, haben ihre Kleider und Palmzweige auf dem Weg ausgebreitet und ihm „Hosanna – gesegnet sei er, der kommt im Namen Gottes“ zugerufen. Wie einen Helden haben sie ihn empfangen mit allem drumherum.

Dass die Stimmung damals innerhalb von wenigen Tagen gekippt ist und am Ende dieser Woche derselbe Jesus verurteilt am Kreuz stirbt, ist schwer zu begreifen und doch eine historische Tatsache, an der nicht zu rütteln ist.

Was ist passiert, dass die Passion im Sinne von Leidenschaft Jesu zu der Passion – seinem Leiden am Kreuz wurde?

Vielleicht geht es zunächst einmal darum zu schauen, was denn eigentlich die Leidenschaft Jesu war, wofür hat er gelebt und gebrannt?

Sehr verkürzt und vereinfacht: Für einen Gott, der die Menschen liebt, der barmherzig ist und niemanden aufgibt. Für einen Gott, der sich auf die Seite der Armen und Schwachen in der Gesellschaft stellt und betont, dass das Gesetz für den Menschen da ist und nicht andersherum.

Der Priester und Schriftsteller Lothar Zenetti beschreibt Jesus so:

„Wo er war begannen Menschen freier zu atmen

Blinden gingen die Augen auf

Gedemütigte wagten es zum Himmel aufzuschauen

und Gott ihren Vater zu nennen…

…Er stand dafür ein

dass keiner umsonst gelebt

keiner vergebens gerufen hat

dass keiner verschwindet namenlos

im Nirgends und Nie

dass der Letzte noch

heimkehren kann als Sohn …“

 

Dass Jesus dabei im Namen seines Gottes spricht und handelt - davon war er überzeugt und nicht bereit auch nur ein Jota davon abzuweichen.

Dass das wiederum den gesetzestreuen Machthabern nicht passte, verwundert nicht weiter. Dass er Widerstand provoziert hat, auch nicht. Das hat ihn nicht weiter erschüttert. Er ging dem Konflikt nicht aus dem Weg und ist sich und seinem Gott treu geblieben. Hat den aufrechten Gang gewagt – das hat er letztlich mit seinem Leben bezahlt.

Dass er sich so treu geblieben ist, dieser Jesus von Nazareth, ist das, was mich mit am meisten an ihm fasziniert.

Und ich hoffe, dass auch ich nicht müde werde, das, was ich von seiner frohen Botschaft verstanden habe, weiter zu erzählen und zu leben.

 

Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur, Grünewald, S.134

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

21MRZ2024
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Passwort vergessen … wie oft passiert mir das. Immer wieder nehme ich mir vor, endlich eine Liste anzulegen für all die verschlüsselten Codes, ohne die heutzutage so gut wie nix mehr geht. Kein online-banking, Fahrkarten buchen, Mails abrufen und so weiter und so fort.

Passwörter sind wichtig. Sie sind so was wie ein Schlüssel zu ganz vielen Dingen. Damit ich sie mir besser merken kann, haben meine Passwörter oft etwas mit meinem Leben zu tun: Der Geburtstag der Oma kommt drin vor, ein Ort an dem ich gerne war, oder der Titel eines Buches.

Als ich das letzte Mal ein neues Passwort kreieren musste habe ich mich gefragt: Gibt es nicht auch so was wie ein Passwort für mein Leben? Also einen Zugang oder eine Art Schlüssel?

Mir kommt dazu eine Geschichte aus der Bibel in den Sinn. Es ist die Stelle als Jesus im Jordan getauft wurde. Eindrücklich wird dort erzählt, wie sich dabei der Himmel öffnet und eine Stimme aus den Wolken sagt: „Du bist mein geliebter Sohn…an dir habe ich Gefallen“ (Mk 1, 11).

Wow – was für eine Zusage: Du bist mein geliebter Sohn. Nicht nur mein Sohn … mein geliebter Sohn. Dieses große kleine Wort geliebt steht am Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu und ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses „von Gott geliebt sein“ der Schlüssel oder das Passwort für sein Leben geworden ist. Daran hat er geglaubt und daran, dass diese Zusage allen Menschen gilt. Du Mensch bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter.

Das hat ihn bestärkt, zu handeln, sich um Arme und Schwache zu kümmern, Kranke zu heilen, Mißstände anzuprangern, Versöhnung zu stiften und Gott als liebenden Vater zu sehen.

Mir fällt es nicht immer so leicht, zu glauben, dass auch ich von Gott geliebt bin.

Geliebt werden, das kann ich nicht selbst machen, das wird mir geschenkt. Die Frage ist, ob ich dieses Geschenk annehmen kann? Gleichzeitig erlebe ich, wie gut es mir tut, wenn mich jemand spüren lässt, wie sehr er oder sie mich mag oder gar liebt. Das wärmt mich von Innen, bringt mich mir selber näher, ist wie ein Schlüssel – ein Passwort zu meiner Seele.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

20MRZ2024
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Heute ist Frühlingsanfang, Tag- und Nachtgleiche, wie man früher gerne diesen Tag genannt hat, an dem es gleich lang hell wie dunkel ist. Für mich immer ein guter Wendepunkt im Jahr. Ab jetzt werden die Tage wieder spürbar länger hell sein und die dunkle, manchmal düstere, Winterszeit ist hoffentlich vorbei.

Wie gut es tut, wenn es wieder hell wird, habe ich diesen Winter auf besondere Weise erfahren. Ich bin Anfang des Jahres in Chartres gewesen, in Frankreich. Die Kathedrale dort mit ihren herrlichen Glasfenstern und dem berühmten Labyrinth hat es mir seit Langem angetan. Jetzt hatte ich die Chance dort eine Woche lang mit einer Gruppe eine spirituelle Auszeit zu verbringen. Jeden Morgen sind wir sehr früh zur Kathedrale gegangen. Es war noch völlig finster, draußen im Freien genauso wie in der Kathedrale. Nur eine einzige Kerze hat in dem riesigen Raum gebrannt. Schweigend sind wir jede und jeder für sich umhergegangen auf diesen über tausend Jahre alten Steinen, haben uns hineingetastet in den Bauch und die Winkel der Kathedrale und in den neuen Tag. In der guten halben Stunde, die wir jeweils dort gewesen sind, habe ich immer wieder neue Plätze entdeckt. Hab mich mal auf einen Stuhl im Kirchenschiff gesetzt, mich an die eine oder andere Säule gelehnt und so immer wieder eine andere Perspektive eingenommen.

Dabei hat es mich besonders berührt, wie sich der ganze bis dahin dunkle Raum völlig verändert hat als die Sonne nach und nach aufgegangen ist. Nicht nur die Konturen und Figuren sind nach und nach sichtbar geworden. Es war völlig irre, wie die Fenster plötzlich zum Leben erwacht sind. Ein Feuerwerk an rot und blau und gelb und grün. Was zuvor eher eintönig gewesen ist, wurde bunt. Die bleigrauen Fenster erzählten mit einem Mal Geschichten, ließen Personen aus der Bibel erkennen - in Farben, an denen man sich nicht satt sehen konnte.

Da wir täglich um dieselbe Zeit dort gewesen sind, haben wir erlebt, wie es immer einen Tick früher hell und bunt wurde.

Auch wenn ich natürlich weiß, dass das Licht bis zum Sommer jeden Tag ein wenig früher kommt: das so bewusst in der Kathedrale zu erleben, hat mich fasziniert. Und es hat mir Kraft gegeben, wieder neu zu vertrauen: Was immer auch passiert - es wird wieder hell - jeden Tag. Und es wird wieder bunt; jetzt, im Frühling.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

19MRZ2024
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Er steht meist im Schatten, abseits des Geschehens. Die Bibel erzählt nicht viel vom heiligen Josef, dessen Gedenktag die katholischen Kirche heute feiert. Und doch: Wenn wir die biblischen Geschichten um die Geburt Jesu herum betrachten, dann hatte er eine – wenn nicht sogar die entscheidende Rolle. Leben oder Tod für die schwangere Maria, das lag nach damals geltendem Recht in seiner Hand. Denn als seine Verlobte war sie rechtlich gesehen schon seine Ehefrau. Dass sie von einem Anderen schwanger war, bedeutete somit Ehebruch und der wurde mit Steinigung bestraft. Doch Josef ist nicht rachsüchtig. Er will nicht, dass Maria bestraft wird und stirbt. Deshalb will er sich in aller Stille von ihr trennen. Das zeugt von Größe. Die Bibel nennt Josef deshalb einen Gerechten. Wir würden ihn heute vielleicht als einen „rechten Mann“ bezeichnen. Einer, der sich selbst treu bleibt und das tut, wovon er überzeugt ist. Josef vertraut nicht nur dieser inneren Stimme seines Gewissens, er hört auch auf seine Träume. Und das ist entscheidend für den Fortgang der Geschichte: Ein Bote Gottes erkärt ihm was geschehen ist, was es mit diesem Kind auf sich hat und was er zu tun hat, um Maria und das Kind zu schützen.

Viel mehr erfahren wir nicht über ihn. Kein einziges gesprochenes Wort ist von Josef überliefert. Aber dass er für Jesus eine wesentliche Rolle gespielt hat, davon bin ich überzeugt. Nicht nur, dass der von ihm das schreinern und zimmern gelernt hat. Vermutlich war es Josef, der ihm die Heilige Schrift erklärt und ihm die religiösen Traditionen beigebracht hat. Seine Sicht auf Gott, Mensch und Natur.

Es mag reine Spekulation sein und doch liegt für mich auf der Hand, dass hinter dem wunderbaren Gleichnis Jesu vom barmherzigen Vater, seine eigene Vatererfahrung mit Josef steht. Zu ihm konnte er kommen, ganz gleich was passiert ist. Er hat ihn geprägt. Ihm vorgelebt, was es bedeutet ein „Gerechter“ zu sein. Ein Mensch mit weitem und großen Herzen, der nicht primär dem Gesetz, sondern Gott und den Menschen gerecht werden will.

Von daher ist er auch für mich ein Vorbild, dieser Josef, der unaufgeregt handelt - mit einem feinen Gespür für das, was jetzt gerade dran ist

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

18MRZ2024
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Heute feiert meine Freundin Doro ihren 60. Geburtstag. Kennengelernt haben wir uns vor über 40 Jahren bei einer Tagung. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch, haben viel miteinander geredet und sind nach diesem Wochenende über Briefe und Telefonanrufe in Verbindung geblieben auch wenn wir damals mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt gewohnt haben. Seit dieser Zeit sind wir befreundet und haben sozusagen zwei Drittel unseres Lebens miteinander geteilt. Die unbeschwerten, wenn auch manchmal anstrengenden Studienzeiten, den einen oder anderen Liebeskummer, herrliche Urlaubstage am Meer und die Trauer um unsere Väter, die fast zeitgleich gestorben sind.

Ich bin sehr dankbar für diese Freundschaft. Mit all ihren Höhen und Tiefen, die es auch gegeben hat. Doch was immer auch war: wir wussten, wir können uns aufeinander verlassen.

Ich glaube, das ist etwas Wesentliches für alle Freundschaften, dass man sich aufeinander verlassen kann. Und noch etwas, das ich für generell wichtig halte ist, dass ich mich wirklich für den anderen interessiere, im Gespräch bin und bleibe. Das mag ich besonders an Doro. Sie hat sich all die Jahre dafür interessiert, was mich umtreibt. Ist neugierig geblieben, im positiven Sinne. Sie sortiert mit mir, wenn Entscheidungen anstehen und ich unsicher bin, wohin die Reise gehen soll. Sie hinterfragt meine Argumente kritisch, wägt mit mir ab und redet weder mir noch sonst jemand nach dem Mund. Das schätze ich sehr.

Vielleicht besteht genau darin das Wesen von echter Freundschaft. Dass man ehrlich miteinander ist, das Beste für den anderen möchte und miteinander ringt, auch wenn es dabei unbequem wird.

Echte Freundinnen und Freunde sind für mich mit das Kostbarste im Leben. Ohne sie wäre mein Leben arm. Freundschaften kann man nicht erzwingen, sowenig wie Liebe. Aber man kann sie pflegen. Je älter ich werde, umso wichtiger ist mir das. Mit den Menschen, mit denen ich mich tief verbunden fühle, möchte ich Zeit verbringen, ich möchte sie spüren lassen, was sie mir bedeuten. Sie sind ein Schatz – ganz wie es vor mehr als 2000 Jahren ein Weisheitslehrer in der Bibel schon trefflich auf den Punkt gebracht hat: „Ein treuer Freund ist wie ein festes Zelt wer ihn findet, hat einen Schatz gefunden.“ (Sir 6,14)

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Anstöße sonn- und feiertags

17MRZ2024
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Im Alten Testament gibt es eine ganz eigenwillige, auf den ersten Blick fast abstoßende Geschichte. Dort führt Gott seinen Propheten Ezechiel im Traum in eine weite Ebene. Über diese Ebene verstreut liegen lauter Totengebeine. Gott fragt den Ezechiel, ob er denn glaube, dass diese ausgetrockneten Gebeine wieder lebendig werden könnten? Und Ezechiel antwortet weise: „Herr und Gott, das weißt nur Du.“

Die toten Gebeine sind ein Bild für das zerschlagene Volk Israel, das zur Zeit des Propheten in der Verbannung lebt. Gott scheint seinen Propheten zu fragen: „Glaubst du daran, dass das Schicksal sich wenden kann, erhoffst du noch etwas?“ Ezechiel jedoch spielt den Ball ein zweites Mal zurück. „Es liegt an dir, ich lege es in deine Hand.“ Und Gott will, dass diese zerschlagenen Gebeine wieder lebendig werden. Ein Ruck geht durch die Szene, aus toten Gebeinen werden nach und nach Menschen aus Fleisch und Blut.

Der Künstler und Pfarrer Sieger Köder hat diese Vision in einem Buntglasfenster der Heilig-Geist-Kirche in Ellwangen dargestellt.

Dem Fenster hat er den Titel „Belebung“ gegeben. Diese Belebung hat er so gestaltet: Am unteren Rand sieht man den Propheten sitzen, wie er auf eine Schriftrolle schreibt: „Ich bringe Leben in Euch“.Wie durch einen gewaltigen Sog werden rechts und links von ihm Gebeine nach oben gezogen und wieder zu Skeletten zusammengefügt. Gefesselte Hände werden frei, wie im Zeitraffer werden nach und nach Gesichter und Körper sichtbar. Menschen aus Fleisch und Blut sitzen miteinander um einen Tisch, essen und trinken zusammen, sind sozusagen zurück im Leben.

Diese Geschichte beim Propheten Ezechiel mit den Totengebeinen wird oft auch als Vision für die Auferstehung gedeutet.

Für mich ist es auch ein Bild für die kleinen und großen Auferstehungen mitten im Tag, mitten im Jahr. Wenn ich mich ausgemergelt und wie tot fühle, wenn Trauer mich zerschlägt, ich erschöpft bin von Pflichten und Nöten oder entseelt durch allzu viel Alltagstrott – dann denke ich an dieses Fensterbild in der Kirche. Es ermutigt mich, dass auch wieder andere Zeiten kommen. Es lässt mich hoffen, dass auch das, was in mir wie versteinert ist, wieder lebendig wird. Und es entlastet mich, dass ich das alles nicht selbst schaffen muss. Dass da noch ein Anderer am Werk ist, der mir hilft, der mich belebt.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

04NOV2023
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Heute wird in der katholischen Kirche das Fest des heiligen Karl Borromäus gefeiert. Deshalb grüße ich an diesem Morgen alle, die Karl, Carlos oder Karla, Charlotte, Carola oder Carolin heißen besonders herzlich und gratuliere ihnen zum Namenstag.

Dieser vierte November war schon immer ein besonderer Tag in unserer Familie. Mein Vater hieß Karl und solange er gelebt hat, haben wir seinen – und auch alle anderen Namenstage in der Familie, gefeiert und tun das bis heute. Kleiner als früher, aber wir gratulieren einander und trinken wenigstens einen Namenstags-Kaffee miteinander.

Unsere größte Kaffeerunde ist immer die am 3. Dezember, dem Gedenktag des Heiligen Franz Xaver. Es ist der Namenstag meiner Mutter Xaveria, meines Onkels, meines Cousins und eines Großneffen. Und auch schon mein Großvater und Urgroßvater hießen so.

Auch mein Namenstag bedeutet mir viel. Dieser Tag verbindet mich mit allen, die ebenso heißen wie ich, Karin oder Katharina. Und nicht nur das. Ich erinnere mich an diesem Tag auch gerne an all jene in unserer Familie, die vor mir auf diesen Namen getauft waren. Meine Urgroßmutter Katharina zum Beispiel. Dass mein Vater sie so gern gehabt hat, war ausschlaggebend dafür, dass ich nach ihr benannt wurde. Nur ein wenig moderner sollte der Name Anfang der 60er Jahre daherkommen. Deshalb Karin. Unsere Namenspatronin ist dieselbe:

die heilige Katharina von Alexandrien. Gelebt hat sie im 4. Jahrhundert. Klug soll sie gewesen sein, redegewandt und mutig zu ihrem christlichen Glauben gestanden sein. Der Legende nach ist sie selbst Kaiser Maxentius entgegengetreten und hat seine Götter als entlarvt.

Mich fasziniert ihre Lebensgeschichte. Klug zu dem stehen, wovon ich überzeugt bin, auch vor Obrigkeiten, dazu ermutigt mich meine Namenspatronin.

Namenstage zu feiern bedeutet für mich auch: einen Bogen zu spannen von Generation zu Generation, von Mensch zu Mensch, und gleichzeitig die Einzigartigkeit eines jeden zu wahren.

Wenn wir Namenstag feiern, feiern wir deshalb vor allem auch, dass wir ansprechbar sind, unverwechselbar. Dass wir einen Namen haben, keine x-beliebige Nummer im Universum sind …und dass Gott uns zusagt: „Fürchte Dich nicht, ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen, du gehörst zu mir.“

(Jes, 43,1)

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

03NOV2023
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Ich habe einen ganz besonderen Friedhof entdeckt. Einen Friedhof der Zukunft. Er befindet sich in Süßen bei Göppingen.

Dort werden keine Toten bestattet. Es ist eher ein Modellfriedhof, eine Art Experimentierfeld. Die Initiatoren stellen sich hier die Frage: Wie wird der Friedhof zu einem heilsamen Ort für die Menschen und ihre Trauer? Herausgekommen ist der „Campus Vivorum“. Das bedeutet übersetzt: ein Feld oder ein Ort für die Lebenden.

Ich finde, dieser Campus ist ein einladender Ort geworden. So gibt es dort zum Beispiel vielerlei Sitzmöglichkeiten, die zum Verweilen einladen, einen großen Tisch am Rand der Gräber, an dem sich Menschen treffen können, und schön gestaltete Oasen in denen die Natur mit allen Sinnen als tröstlich erfahren werden kann.

Auch wenn Friedhöfe zunächst die letzte Ruhestätte für die Toten sind, waren sie doch immer schon auch ein wichtiger Ort für die Hinterbliebenen oder, wie ich lieber sage, für die Hiergebliebenen. Sie müssen irgendwohin mit ihrer Trauer. Oftmals ist da der Friedhof eine wichtige Anlaufstelle, und das Grab ein Ort, der den Trauernden etwas bedeutet. Weil sie sich hier von einem geliebten Menschen endgültig verabschiedet haben, ihn bestattet.

Ich begleite seit vielen Jahren trauernde Menschen und erlebe dabei ein Dilemma: Viele möchten ihren Angehörigen keine Grabpflege zumuten und ihnen nach dem Tod nicht noch zur Last fallen. Deshalb entscheiden sie sich für ein sogenanntes pflegefreies Grab. Zum Beispiel in einer Urnenwand. Gleichzeitig beobachte ich, wie wichtig es den Angehörigen ist, ihre Trauer grad auf dem Friedhof ausdrücken zu können. Ganz oft möchten sie etwas mitbringen und ablegen. Und das tun sie dann auch: Kerzen, Blumen, Engele, ein gemaltes Bild. Doch das untersagt die Friedhofsordnung in der Regel bei Urnenwänden, Rasengräbern und anonymen Bestattungsfeldern. Und so werden diese Gaben zügig entsorgt, was wiederum die Angehörigen als verletzend empfinden. Was also tun? „Kreativ werden“, ist die Devise von Günter Czasny, er ist der Mitinitiator des „Campus Vivorum“. Seine Augen leuchten, als er mit uns über den Campus geht und uns viele Beispiele zeigt, wie pflegearme Gräber aussehen können: kleine Felder mit der Möglichkeit diese individuell zu gestalten oder zu bepflanzen und größere Flächen, die von den Trägern der Friedhöfe gepflegt werden. „Um der Menschen willen, die auf den Friedhof kommen“, sagt er. Denn der Friedhof soll ein heilsamer Ort für sie sein, eine Art Begleiter durch die Gezeiten der Trauer.

www.raum-fuer-trauer.de

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

02NOV2023
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Heute feiern wir in der katholischen Kirche das Fest Allerseelen. Während Allerheiligen am ersten November in vielen Bundesländern noch ein offizieller Feiertag ist, ist das Allerseelenfest eher in Vergessenheit geraten. Schade eigentlich. Für mich geht es bei diesem Fest darum, die Gemeinschaft der Lebenden mit den Toten zu feiern. Denn da gibt es eine Verbindung, die über den Tod hinausgeht. Weil der Tod zwar ein Leben beendet, nicht aber die Beziehungen.

So fühle ich mich auch heute noch mit meinem Vater verbunden, der vor über zwanzig Jahren gestorben ist.

Ich erinnere mich an Gesten, höre sein Lachen und ertappe mich manchmal, wie ich immer noch mit ihm spreche, ihm etwas erzähle oder frage: „Wie würdest Du das jetzt wohl machen, Papa?“.

Und so geht es mir auch mit anderen lieben Verstorbenen, Menschen, die mir nahe waren oder ich müsste besser sagen: sind. Sie haben ihren Platz in meinem Alltag und in meiner Geschichte, mal mehr, mal weniger, aber sie gehören dazu. Dass sie zu uns gehören, unsere Toten, dass wir sie nicht vergessen haben, das feiern wir in der katholischen Kirche heute am Fest „Allerseelen“.

Diesen Gedenktag gibt es schon mehr als tausend Jahre und es haben sich viele Bräuche entwickelt. Ich finde zum Beispiel den gemeinsamen Gräberbesuch schön, den es in vielen Gemeinden noch gibt und der inzwischen meist am Nachmittag von Allerheiligen stattfindet. Dabei werden die Gräber mit Weihwasser besprengt, einem Symbol für das Leben. Am Allerseelengottesdienst berührt mich besonders, dass alle, die aus der Gemeinde im vergangenen Jahr verstorben sind, noch einmal beim Namen genannt werden. Für jeden einzelnen Verstorbenen wird ein Teelicht an der Osterkerze entzündet und vor den Altar gestellt. In manchem Jahr bin ich erschrocken darüber, wie viele es sind und bei manchen Namen zucke ich zusammen, weil ich diesen Menschen gut kannte. Manche Erinnerung an ihn holt mich dann ein. Diese Feierstunde ist für mich tröstlich und traurig zugleich. Tröstlich, weil ich mich in dieser Stunde in eine Gemeinschaft eingebunden weiß und spüre, dass da von anderen etwas mitgetragen und geteilt wird. Auch sie kennen Verlust und Trauer.

Vielleicht müsste deshalb dieses Fest auch eher Aller-Leben heißen, weil wir, die wir hier leben, uns an alle erinnern, die mit uns gelebt haben.

Sie - so hoffen und glauben Christen - sind nach dem Tod geborgen und lebendig in Gott. Und das für immer.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

31OKT2023
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Heute feiern evangelische Christen den Reformationstag. Ein Tag, der auch für mich als Katholikin wichtig ist und den ich deshalb würdigen möchte.

„Da steh ich nun und kann nicht anders…“ dieser Ausspruch wird Martin Luther zugeschrieben. Er soll ihn beim Reichstag zu Worms 1521 gesagt haben. Erwartet wurde von ihm dort, dass er das, was er gelehrt hat, als falsch bezeichnet, also das, wovon er eigentlich überzeugt war, zurücknimmt. Der Satz: „Da steh ich nun und kann nicht anders…“ kommt verkürzt daher. Was er genau gesagt hat, lässt sich nicht mit Sicherheit rekonstruieren. Aber er hat seine Haltung begründet: „Widerrufen kann und will ich nichts, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas gegen sein Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen.“

Das imponiert mir. Ich stelle mir diesen Mann vor, wie er aufrecht seinen Anklägern gegenübersteht – vielleicht verzweifelt ist, ob deren Engherzigkeit, und doch nicht bereit, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, sondern treu zu dem zu stehen, was er vom Evangelium verstanden hat. Alle Achtung – da gehört Mut dazu! Standhaftigkeit und Rückgrat. Und eine gesunde Portion Demut und Gottvertrauen, wenn er sagt: „Gott helfe mir – Amen – so sei es“. Auf ihn verlässt er sich und auf niemand sonst.

Ich glaube nicht, dass Martin Luther eine Kirchenspaltung wollte, geschweige denn, dass die unterschiedlichen Glaubensrichtungen gegeneinander Kriege führen und sich die Köpfe einschlagen.

Er wollte die Verantwortlichen der Kirche eindringlich ermutigen, sich auf ihren Ursprung – auf Jesus Christus zu besinnen, um sich und ihm treu zu bleiben. Deshalb hat er die Missstände in der Kirche angeprangert. Luther hat offen gesagt, was er nicht in Ordnung gefunden hat –zum Beispiel, dass Gläubige gezwungen wurden, sich mit sogenannten Ablassbriefen von ihren Sünden freizukaufen.

Es ist über 500 Jahre her, dass Martin Luther die Christenheit aufgerüttelt hat und noch immer ist sein Anliegen höchst aktuell. Auch heute sollte es in den Kirchen darum gehen, weniger um sich selbst zu kreisen, sondern Menschen mit der Botschaft Jesu in Berührung zu bringen. Nicht um sie zu belehren, sondern um ihnen zu helfen, gut zu leben. Sie spüren zu lassen, dass sie in ihrer Not nicht alleingelassen sind, dass Versöhnung möglich ist, dass es immer Hoffnung auf einen Neuanfang gibt.

Als Seelsorgerin wünsche ich mir selbst etwas von diesem aufrechten Gang eines Martin Luthers. Ich möchte dafür einstehen, was mein Glaube ist. Auch wenn es unbequem wird.

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