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SWR4 Abendgedanken
„Via dolorosa“ – das ist der Name einer Straße in Jerusalem. Sie ist knapp einen Kilometer lang und führt in der Jerusalemer Altstadt von der Resten der antiken Festung Antonia bis zur Grabeskirche. Jesus Christus soll diesen Weg zu seiner Kreuzigung gegangen sein. In der Festung Antonia soll der römische Statthalter Jesus den Prozess gemacht haben. Die Grabeskirche steht an dem Ort, an dem nach der Überlieferung die Hinrichtungsstätte Golatha war. Zwischen beiden Orten ist Jesus seinen Weg gegangen. Die Bibel erzählt davon, dass Jesus dabei einen Kreuzesbalken auf dem Rücken getragen hat, oft hingefallen ist, geschlagen wurde und Schmerzen leiden musste. Darum dieser Name: „Via dolorosa“. Das heißt: Weg der Schmerzen.
Auch heute noch gibt es viele solche Schmerzenswege. Ich kenne kaum einen Menschen, der nicht schon so einen Weg in seinem Leben gehen musste. Fast jeder hat seine eigene „Via Dolorosa“. Ein älterer Mann vermisst seine Frau, die gestorben ist. Ein Ehepaar leidet daran, dass die Ehe kinderlos geblieben ist und der Traum von einer Familie zerplatzt ist. Und eine junge Mutter hat kurz nach der Geburt die Diagnose Krebs bekommen und jetzt hofft sie, dass ihr noch genug Zeit bleibt, um ihre kleine Tochter aufwachsen zu sehen. Und ein 12jähriges Mädchen wurde jahrelang vom Stiefvater missbraucht. - Es gibt so viele Schmerzenswege. Jeder hat seine „Via dolorosa“
Ich weiß nicht, warum Gott uns davor nicht bewahrt. Aber ich glaube fest daran, dass niemand seinen Schmerzensweg allein gehen muss. Jesus hat einmal gesagt: „Sie ich bin bei euch alle Tage“. (Mt 28,20) Wenn das stimmt, dass Jesus „alle Tage“ bei uns ist, dann gilt das eben auch für die Tage der Schmerzen. Er, der in Jerusalem seinen Schmerzensweg gegangen ist, ist bei uns, wenn ein Partner stirbt, wenn Lebensträume zerplatzen, wenn wir durch Zeiten des Leid gehen müssen. Er bleibt an unserer Seite. Manchmal spüre ich das. Manchmal gibt mir das Kraft. Und es macht mir Hoffnung: Denn bei Jesus war der Schmerzensweg ja nicht das Letzte. Jesus ist gestorben und dann wird erzählt, dass er auferstanden ist in ein neues Leben. Nach dem Schmerzensweg kam Ostern. Das macht mir Hoffnung.
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Manche Menschen haben ein „Lebensmotto“. Ich finde es aber gar nicht so einfach, so ein Lebensmotto in einem Satz zusammenzufassen. Ein Satz der auf den Punkt bringt, was mich durch alle meine Tage begleitet und mich in guten, wie in schweren Zeiten trägt.
Ein sehr gebildeter und überlegter Mann war der Pfarrer Karl Barth. Er war einer der einflussreichsten Theologen des letzten Jahrhunderts. Er hat unzählige theologische Bücher geschrieben, lehrte an der Universität und bekam die Ehrendoktorwürde verliehen von Universitäten wie Chicago und Oxford, von Glasgow und Genf, von Straßburg und Paris. Als er alt geworden war, wurde auch er einmal gefragt, ob er sein Lebensmotto in wenigen Worten zusammenfassen könnte. Das hat Karl Barth getan – ausgerechnet mit den Worten eines Kinderliedes aus dem Gesangbuch:
»Weil ich Jesu Schäflein bin, freu' ich mich nur immerhin über meinen guten Hirten,
der mich wohl weiß zu bewirten. Der mich liebet, der mich kennt und bei meinem Namen nennt.« (EG 652). Das war sein Motto. Nach vielen Jahren als Pfarrer und Theologe, nach unzähligen theologischen Büchern, nach einem Leben als einer der klügsten Professoren in seinem Fachbereich, waren diese Worte für Karl Barth das Wichtigste seines ganzen Lebens: Sein kindliches Vertrauen, dass er Jesu Schäflein ist und Jesus sein guter Hirte.
Und ich frage mich, was eigentlich mein Lebensmotto ist und was mich durch dieses Leben trägt. Wenn ich alt werde und alle meine beruflichen Leistungen nicht mehr so wichtig sind, was bleibt dann? Was trägt mich im Leben und im Sterben? Natürlich gibt es vieles, was mir wichtig ist: Meine Familie und meine Kinder. Meine Freunde. Menschen, die mich auf meinem Lebensweg begleitet haben. Auch mein Beruf ist mir wichtig und ich bin dankbar, dass ich als Pfarrer einen Beruf habe, der mich erfüllt. Aber was bleibt, wenn das alles nicht mehr so ist? Irgendwann bin ich im Ruhestand, meine Kinder leben ihr eigenes Leben und auch meine Kraft wird im Alter weniger werden.
Das alles ist mir wichtig, aber ich bin überzeugt, das alles ist getragen von Gott, und darauf kommt es letztlich an: Dass ich zu Jesus gehöre. Dass er der gute Hirte ist, der mein Leben in seiner Hand hält und mich zum Ziel führt. Dass ich darum darauf vertrauen kann, dass mein Leben in Gottes Hand liegt.
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Blechdosen, verrostete Autotüren, kaputte Möbel: Man kann Schrott recyceln oder wunderbare Kunstwerke daraus erschaffen. Ja, es gibt Künstler, die sammeln Metall und Plastik, das andere Menschen wegwerfen und gestalten daraus etwas wunderschönes Neues. Kleine Figuren oder große Statuen. Manche dieser Kunstwerke schaffen es sogar in Ausstellungen, und Kunstsammler zahlen dafür viele Tausend Euro.
Für mich ist das eine Art Gleichnis. In meinem Leben gibt es auch eine Menge Schrott. Ich meine damit nicht Altmetall für den Sperrmüll. Ich meine damit, dass ich Fehler mache, versage, Menschen, die mir lieb sind, verletzte, oder falsche Entscheidungen treffe. Oder ich leide an dem, was andere an Mist gebaut haben, und ich muss es jetzt ertragen. Das ist alles nicht gut. Das ist Schrott. Wenn ich mich so umsehe, dann denke ich, dass ich nicht der Einzige bin, dem es so ergeht und dass es wohl zum Leben dazugehört, dass wir nicht ständig Erfolge feiern, sondern dass auch Schrott zum Leben gehört. Manches machen wir selbst. Aber sehr oft leiden wir auch an dem, was andere getan haben.
Was mache ich damit? Ich glaube, dass es auch für diesen Schrott einen Künstler gibt, der daraus etwas Schönes machen kann, nämlich Gott. In der Bibel findet sich dazu eine Geschichte, die erzählt von Joseph. Joseph hat als junger Mann auch eine Menge Schrott gebaut und war so unerträglich arrogant, dass ihn seine Brüder in die Sklaverei nach Ägypten verkauft haben. Dort in Ägypten ist Joseph dann zu Unrecht im Gefängnis gelandet. Doch an seinem absoluten Tiefpunkt hat sich das Blatt für ihn gewendet. Joseph ist frei gekommen und hat am Hof des Königs eine große Karriere gemacht. Am Ende hat er sich sogar mit seinen Brüdern versöhnt und zu ihnen gesagt: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott hat es gut gemacht“ (1. Mos 50,20)
Menschen machen es böse. Sie machen Schrott. Aber Gott macht daraus Gutes. Davon wird in der Bibel immer wieder erzählt. Menschen machen Fehler. Es passieren schlimme Dinge. Menschen versagen und verletzen andere. Aber Gott kann aus Schrott ein Kunstwerk entstehen lassen. Aus Mist macht er Dünger. Aus Dreck Segen. Also will ich Gott getrost allen Schrott meines Lebens überlassen. Vielleicht entsteht so auch für mich etwas Gutes daraus.
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In dieser Zeit schreiben wieder viele Kinder einen Brief an den Weihnachtsmann oder an das Christkind. Sie schreiben ihnen all ihre Wünsche für Weihnachten auf. Die Barbiepuppe, das Legoraumschiff, das Kinderfahrrad oder sogar das erste Handy. All diese Wünsche stehen in den Kinderbriefen, und dann warten diese Kinder gespannt darauf, was am Heiligabend unter dem Baum liegen wird.
Aber man kann nicht nur dem Weihnachtsmann schreiben. Man kann auch Briefe an Gott schreiben. Auch das haben viele Kinder getan und daraus ist ein kleines Buch entstanden: „Kinderbriefe an den lieben Gott“. Als ich es zum ersten Mal gelesen habe, war ich tief berührt. Da schreiben Kinder an Gott, wofür sie dankbar sind: Für Papa und Mama. Für das kleine Geschwisterkind, das geboren worden ist. Für das leckere Essen, das Oma immer kocht. Aber sie schreiben auch ihre Bitten und Sorgen an Gott. Und die sind gar nicht so anders als die von uns Erwachsenen. Sie schreiben, dass sie Angst haben vor dem Krieg und bitten Gott, er solle doch Frieden machen. Sie schreiben, dass Mama schwer krank ist, und Gott solle sie bitte nicht sterben lassen, sondern wieder gesund machen. Oder sie schreiben, dass sie Angst haben vor dem Diktat in der Schule und dass Papa wieder schimpft, wenn sie eine schlechte Note nach Hause bringen. In diesen Briefen geht es um viel mehr als um Weihnachtsgeschenke. In den Briefen an den lieben Gott schreiben Kinder von dem, was in ihrem Herzen ist.
Mich rühren diese Briefe an. Dieses große Vertrauen, das die Kinder zu Gott haben. Sie glauben fest daran, dass Gott ihre Sorgen versteht und helfen kann. Ich merke, dass ich oft nicht so kindlich vertrauen kann, weil ich als Erwachsener längst gelernt habe, dass Gott meine Sorgen nicht so einfach verschwinden lässt, wenn ich ihm davon erzähle. Manchmal bin ich auch einfach nur misstrauisch und denke: Ob Gott meine Gebete wirklich hört? Ob er wirklich darauf reagiert? Bin ich Gott mit meinen Sorgen und Bitten überhaupt wichtig? Diese Kinder sind für mich ein Vorbild. So wie sie will ich immer wieder neu lernen, Gott zu vertrauen, dass er mich liebt, meine Gebet hört und sich um mich kümmert. Und so will ich weiter meine Bitten zu Gott schicken und ihm alles erzählen, was in meinem Herzen ist. Gut, dass ich diese Adresse habe.
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Nie sind wir ohne Gott. Es gibt keinen Ort auf dieser Welt und keinen Moment in unserem Leben, wo wir ohne Gott sind. Manchmal vergesse ich das fast vor lauter Nachrichten über Kriege, Krisen und Katastrophen. Ich bin froh, dass mich die Adventszeit daran erinnert. Eines der schönsten Adventslieder beginnt mit den Worten: „Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern.“
Auch das Lied spricht von der Nacht und dem Dunkel. So wie es in jedem Leben Momente voller Angst und Leid und Tränen und Verzweiflung gibt. Ja, das alles gibt es. Aber Gott ist immer da. Ja, ich spüre ihn nicht immer. Ja, ich kann das auch nicht immer glauben. Aber wenn ich dieses Adventslied singe, macht es mir Hoffnung. Den Text dieses Liedes vom Morgenstern hat übrigens Jochen Klepper geschrieben. Jochen Klepper war ein Journalist und Schriftsteller während der Zeit des Nationalsozialismus. Das war für ihn und seine Familie eine dunkle Zeit. Seine Frau Hanni hatte nämlich jüdische Wurzeln und ist deswegen von den Nationalsozialisten bedrängt und benachteiligt worden.
1942 haben Jochen und Hanni Klepper erfahren, dass Hanni in ein Lager deportiert werden soll. Jeden Tag konnte das passieren, dass sie festgenommen und weggebracht würde. Ihr stand wegen ihrer jüdischen Abstammung das Konzentrationslager bevor. Und damit Demütigungen, Leiden und ein grausamer Tod. Als sie keinen Ausweg mehr gesehen haben und keine Möglichkeit zur Flucht blieb, da haben sich Jochen Klepper und seine Frau Hanni das Leben genommen. Es war am 11. Dezember 1942. Die letzten Worte, die Jochen Klepper in sein Tagebuch geschrieben hat, lauteten: "Wir sterben nun - ach, auch das steht bei Gott - Wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des segnenden Christus, der um uns ringt." Sogar in seiner tiefsten Verzweiflung spürte Jochen Klepper, dass Christus um ihn ringt, ihn nicht loslässt und ihn und seine Frau segnet. Aus diesem Glauben heraus, dass wir nie von Gott verlassen sind, schrieb Jochen Klepper in seinem Adventslied weiter: „Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.“ – Es gibt keinen Ort und keinen Moment, wo wir ohne Gott sind. Gottes Morgenstern bescheint uns und bringt Licht ins Dunkel unseres Lebens. Manchmal hilft das. Manchmal macht es Mut. Manchmal gibt es Kraft zum Weiterleben.
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„Alle Menschen sind gleich an Würde und Rechten geboren“. Dieser Satz steht in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Artikel eins. Am 10. Dezember 1948 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Das war eine Sternstunde der Menschheit. Die Nationen und Völker dieser Erde haben miteinander gesagt: Wir sind überzeugt, dass jeder Mensch die gleiche Würde und die gleichen Rechte hat. Frauen und Männer. Kinder und Altgewordene, Kranke und Menschen mit einer Behinderung. Kluge Professoren und Menschen, die nie lesen und schreiben können. Menschen aller Hautfarben, aller sexuellen Orientierungen und aller Religionen.
Wie wunderbar ist diese Erklärung der UNO von 1948. Und ich kann ihr auch als Christ aus vollem Herzen zustimmen. Denn ich glaube an einen Gott und Vater im Himmel, der alle Menschen zu seinem Ebenbild geschaffen hat. So steht es in der Bibel im Schöpfungsbericht. Jeder Mensch ist von Gott in seiner besonderen Art und Weise gewollt und geschaffen und als Kind Gottes geliebt. Und darum dürfen wir nie die Würde und den Wert eines anderen Menschen antasten, weil wir sonst damit Gott antasten.
Aber ich weiß natürlich auch: In der Realität geht es oft anders zu. Schon 1948 haben nicht alle Nationen der Erklärung der Menschenrechte zugestimmt. Acht Länder haben dagegen votiert. Und wenn ich mich heute umsehe, dann wird die Würde von Menschen in so vielen Ländern missachtet und mit Füßen getreten. Und auch bei uns in Deutschland müssen wir wachsam bleiben und uns auch hier dafür einsetzen, dass Menschen mit Würde und Respekt behandelt werden. Homosexuelle und queere Menschen dürfen nie wieder benachteiligt werden. Kinder nie missbraucht werden. Muslime dürfen nicht angefeindet werden, nur weil Islamisten Anschläge verüben. Und jüdische Mitbürger sollen sich bei uns sicher fühlen. Und Menschen, die aus ihrer Heimat zu uns geflohen sind vor Gewalt und Hunger und Hoffnungslosigkeit sollen keine Angst vor Anfeindungen und Gewalt haben müssen. Ich will wachsam bleiben, denn jeder Mensch hat die gleiche Würde und die gleichen Rechte. Weil jeder ein Geschöpf und Kind Gottes ist. Daran erinnert mich der heutige 10. Dezember.
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Fußball ist ein Mannschaftssport. Das wissen auch die großen Stars der Bundesliga wie Kane, Musiala oder Wirtz. Und wenn einer von ihnen ein Interview gibt, dann danken sie oft auch ihren Mitspielern. Sie danken dem, der ihnen den entscheidenden Pass zugespielt hat. Oder dem Torhüter, der hinten den Kasten sauber gehalten hat. Und sie wissen: Dass sie ihre Leistung auf den Platz bringen können, dafür sind andere mitverantwortlich: Das Trainerteam, der Zeugwart, der für die Trikots sorgt, die Physiotherapeuten und viele mehr.
Fußball ist ein Mannschaftssport. Nur zusammen kann die Mannschaft erfolgreich sein, und auch nur zusammen können sie mit den Rückschlägen klarkommen und sich gegenseitig trösten und wieder neu motivieren.
Aber so ist das eigentlich nicht nur beim Fußball, sondern das ganze Leben hindurch.
Dass mir in meinem Leben manches gelungen ist und ich mich über Erfolge und viele schöne Momente freuen darf, das hat doch auch damit zu tun, dass da immer Menschen waren, die mich unterstützt haben: Meine Eltern, die mich ins Leben begleitet haben. Meine Lehrer an der Schule und Universität. Meine Kolleginnen und Kollegen, die ihr Wissen und ihre Erfahrung mit mir geteilt haben. Freunde, zu denen ich gehen konnte, wenn ich einen Rat nötig hatte. Und natürlich meine Familie. Sie alle waren für mich da, haben mich auch in schwierigen Situationen getröstet und mir wieder neuen Mut zugesprochen. Ich bin für alle diese Menschen in meinem Leben sehr dankbar. Ich wäre nicht der Mensch, der ich heute bin ohne sie.
Übrigens ist auch der Glaube ein Mannschaftsspiel. Es gibt viele Christen, die mir geholfen haben, den Glauben an Gott zu finden und mir gezeigt haben, wie man den Glauben lebt. Ohne sie, die mich auch immer wieder ermutigt und in schweren Zeiten für mich gebetet haben, hätte ich meinen Glauben an Gott wohl längst verloren.
Manchmal denke ich etwas überheblich, es sei doch allein mein Verdienst, was mir in meinem Leben gelungen ist. Aber in Wahrheit stimmt das nicht. So viele Menschen haben mir geholfen bei meinem Leben und meinem Glauben. Heute will ich an sie denken und Gott danke sagen für diese Menschen. Und ganz bestimmt fallen Ihnen mit Blick auf Ihr Leben auch solche wertvollen Menschen ein. Sagen Sie doch auch dafür einfach mal danke.
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Als ich ein Schüler war, da habe ich immer gedacht: Menschen, die 60 Jahre alt sind, sind uralt und eigentlich fast schon tot. Jetzt bin ich 60 Jahre alt. Und ich fühle mich noch überhaupt nicht tot. Ich fühle mich noch ziemlich lebendig. Ich stehe noch mitten im Beruf, meine Kinder sind teilweise noch in der Ausbildung und ich freue mich über fünf Enkelkinder. Da ist noch ganz schön viel Leben drin. Hätte ich als Schüler nicht gedacht.
Und dennoch ist mir eines bewusst geworden: Auch wenn ich noch ziemlich lebendig bin, meine Lebenszeit ist dennoch begrenzt. Ich habe definitiv schon viel mehr Jahre hinter mir als noch vor mir. Die Zeit verfliegt immer schneller. Und darum muss ich mich mit dem Gedanken anfreunden, dass nicht mehr alles in meinem Leben möglich ist, was ich mir vielleicht wünschen würde. In sieben Jahren gehe ich spätestens in Rente. Ich muss mir überlegen, was ich noch in meinem Beruf schaffen kann – und was nicht mehr. Meine Kraft ist begrenzt. Ich kann keine Nächte mehr durcharbeiten und leider auch keine mehr durchfeiern – so wie früher - ohne am nächsten Tag völlig k.o. zu sein. Meine Ziele sind begrenzt. Ich werde auch nicht mehr jedes Land bereisen können, das ich gerne noch sehen würde. Und ich kann nicht mehr jedes Buch lesen, das mich interessiert. Ich fange an, meine Begrenztheit zu begreifen und damit zu leben.
Und ich frage mich viel mehr als früher: Was ist wirklich wichtig? Wofür will ich meine verbleibenden Jahre einsetzen? Auf was kann ich verzichten? Ich merke, dass mir Menschen und die Zeit mit ihnen wichtiger geworden sind. Begegnungen, gute Gespräche, zusammen zu essen und zu reden und zu lachen. Das ist wichtig. Und ich frage mich jetzt immer öfter: Was hat Gott noch mit mir vor?
In der Bibel heißt es mal im Psalm 91: „Gott, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden“. Das Sterben kann ruhig noch etwas warten. Aber klug möchte ich heute schon werden. Oder mit einem anderen Wort: weise. Ich will meine Jahre im Vertrauen auf Gott weitergehen. Auch wenn nicht mehr alles im Leben möglich ist, wird er mir das geben, was wirklich zählt. Darauf vertraue ich, wenn ich jetzt 60 geworden bin.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40312SWR4 Abendgedanken
Auf geht’s in den Urlaub. Jetzt endlich starten auch in Baden-Württemberg die Sommerferien. Und viele fahren in den Urlaub und suchen ein paar Tage Erholung.
Wer morgen mit dem Auto auf der A5 in Richtung Basel fährt, der sollte mal kurz am Rastplatz Unditz zwischen Offenburg und Lahr rausfahren. Denn dort kann man sich einen Segen abholen. Von mittags 13 Uhr bis um 22 Uhr am Abend stehen auf diesem Rastplatz Pfarrerinnen und Pfarrer, Diakoninnen und Diakone und andere engagierte kirchliche Mitarbeitende bereit, um allen, die vorbeikommen, Gottes Segen zuzusprechen. Und wer am Samstagvormittag in der Gegend unterwegs ist, der kann sich auch noch segnen lassen.
Auch in der Bibel wird davon erzählt, dass Menschen, wenn sie zu einer Reise aufbrechen, gesegnet wurden. Zum Beispiel Abraham. Als Abraham gemeinsam mit seiner Frau Sara und seiner ganzen Familie seine Heimat verlassen hat, um in ein unbekanntes Land zu reisen,
da hat Gott zu ihm gesagt: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“. Abraham hat diesen Segen gebraucht, weil seine Reise damals voller Herausforderungen und Gefahren war. Wenn heute ein Mensch gesegnet wird, dann ist es wie bei Abraham. Es werden über ihm gute Worte ausgesprochen. Segen, das bedeutet, dass zu einem Menschen gesagt wird: Gott ist da. Gott ist bei dir und er ist für dich. Gott kennt deinen Weg und er begleitet dich, wo immer du auch hingehst. Gott hat Gutes für dich vorbereitet. Er bringt dich ans Ziel. Segen, das ist die Zusage Gottes, dass er uns in jeder Situation in seiner Hand halten wird.
Der Start in den Urlaub ist darum ein schöner Zeitpunkt, um sich segnen zu lassen. Darin liegt die Hoffnung, dass der Urlaub gut wird, ohne Unfälle, erholsam und ohne Streit. Aber natürlich brauche ich Gottes Segen jeden Tag, nicht nur im Urlaub. Denn ich weiß, dass ich es nicht in meiner Hand habe, was passiert. Es gibt leichte, schöne Tage und es gibt schwere, leidvolle Tage. Aber über jedem dieser Tage steht Gottes Segen und seine Zusage: Ich bin bei dir. Ich bin mit dir. Ich meine es gut mit dir. Darum: Egal, ob Sie morgen in den Urlaub starten, oder später oder die Ferien zuhause verbringen: Seien Sie gesegnet.
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Heute hat es in Baden-Württemberg Zeugnisse gegeben. Alle Schülerinnen und Schüler von Wertheim bis zum Bodensee haben zum Abschluss des Schuljahres ihre Noten bekommen.
Und ganz viele sind sicher nach Hause gekommen und haben ihr gutes Zeugnis stolz ihren Eltern präsentiert. Aber ich denke jetzt an die anderen. Es gibt ja auch viele Kinder und Jugendliche, die haben kein gutes Zeugnis erhalten. Und so manche müssen jetzt die Klasse im nächsten Schuljahr noch einmal wiederholen. Das ist schlimm für sie. Manche haben Angst davor, darüber zu reden und schämen sich. Manche fürchten sich davor, das Zeugnis ihren Eltern zu zeigen. Und dann gibt es ja auch immer Klassenkameraden, die haben das mitbekommen und lachen jetzt über sie. Im nächsten Schuljahr ist der Sitzenbleiber dann vielleicht der einzig neue Schüler in der fremden Klasse und alle anderen wissen, warum.
Manchmal fallen dann auch schlimme Worte: „Du bist ein Versager, du bist dumm. Aus dir wird nie etwas.“ Wie viele Kinder haben auch heute wieder solche Worte hören müssen oder haben sie sogar über sich selbst ausgesprochen? Das ist schlimm, weil solche Worte sich im Herzen festsetzen. Wenn man so etwas als Kind hört, dann denkt man, dass das wirklich stimmt: Ich bin dumm, blöd, ein Versager, aus dem Nichts wird.
Aber jedes Zeugnis ist eben doch nur eine Momentaufnahme. Es sagt nur etwas darüber aus, in welchem Schulfach es gerade besser oder schlechter läuft. Viele Menschen waren in der Schule gar nicht gut, aber deswegen noch lange keine Versager. Mark Twain brach im Alter von 12 Jahren die Schule ab und wurde später ein berühmter Schriftsteller. Thomas Edison war der schlechteste Schüler seiner Klasse und sein Lehrer sagte über ihn, er sei ein Idiot. Später hat er das elektrische Licht erfunden. Und Abraham Lincoln besuchte nur sehr selten eine Schule. Er wurde einer der berühmtesten Präsidenten Amerikas. Wir sind so viel mehr, als Noten und Zeugnisse über uns aussagen. Wir sind von Gott geliebte und begabte Menschen. Auch wenn es in der Schule nicht gut läuft. Mit jedem hat Gott einen Weg. Darum hoffe ich, dass heute viele Kinder, die keine guten Noten nach Hause gebracht haben, trotzdem umarmt und getröstet und ermutigt worden sind. Und so trotz allem fröhlich in die Ferien starten konnten.
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