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SWR2 Zum Feiertag

01APR2024
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Helga Schubert und Christopher Hoffmann copyrigt: Christopher Hoffmann

Christopher Hoffmann spricht mit Schriftstellerin Helga Schubert

Christopher Hoffmann:

Ich bin Christopher Hoffmann von der katholischen Kirche. Meine Gesprächspartnerin heute am Osterfest ist die Schriftstellerin Helga Schubert. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg 1940 in Berlin geboren. Sie arbeitete als Psychotherapeutin und freiberufliche Schriftstellerin in der DDR und 2020 erhielt sie den Ingeborg-Bachmann-Preis. Ihre Erzählung „Vom Aufstehen“* hat für mich auch ganz viel mit dem Osterfest zu tun. Und deswegen meine erste Frage, Frau Schubert, Sie sind evangelische Christin – was feiern Sie heute am Fest der Auferstehung, an Ostern?                                                          

Helga Schubert:

Ich feiere, dass der ganze Verrat vorbei ist – das ist für mich ein Lebensthema und das Ostern für mich das Symbol ist, dass es weitergeht. Und dass also jede im weitesten Sinne böse Absicht anderen Menschen gegenüber aufgelöst ist durch Ostern. Es ist ein Sieg im weitesten Sinne des Guten und der Hoffnung.

Christopher Hoffmann:

In dem Erzählband „Vom Aufstehen“, da haben Sie auch eine Erzählung mit dem Titel: „Meine Ostergeschichte“. Und da schreiben Sie: „Heute weiß ich. In dieser einen Woche vor Ostersonntag passiert alles, was ich inzwischen vom Leben verstanden habe. Wie schnell sich das Schicksal für einen Menschen ändert. Dass man verraten werden kann. Dass es immer unvermuteten Beistand gibt und einen Ausweg. An diese Hoffnung will ich erinnert werden. Einmal im Jahr.“** Was meinen Sie damit?  

Helga Schubert:

Die Ostergeschichte birgt alles - birgt alles an menschlicher Versuchung und an menschlicher Anständigkeit und an Schuld und wie man mit Schuld umgeht, alles. Da kann man auch wirklich das ganze Jahr darüber nachdenken. Ist für mich wirklich die allerwichtigste Geschichte der Bibel. Weil ich auch so viel darüber nachgedacht habe, finde ich auch so viele Beispiele im wirklichen Leben. Also das hat sich gegenseitig beeinflusst.

Christopher Hoffmann:

Sie haben auch eben gesagt: Verrat ist ein Lebensthema bei Ihnen – und Sie schreiben auch: „Dass man verraten werden kann.“ Wie würden Sie das biografisch verorten? Warum ist Ihnen das so ein wichtiges Thema?

Helga Schubert:

Also ich habe selbst erlebt, dass man also wirklich von dem allernächsten Menschen, das ist in diesem Fall meine Mutter gewesen, nicht richtig angenommen wurde. Ich wurde immer verglichen mit verhassten Personen, also zum Beispiel mit ihrer Schwiegermutter, wie ich ihr nun ähnele. Und sie hat mich immer bekämpft. Und ich hab auch das Gefühl gehabt sie hat mich verraten. Also zum Beispiel als ich mich aus der ersten Ehe scheiden wollte, da gab es wirklich Gründe – da hat sie tatsächlich an den Richter geschrieben, an den Familienrichter. Der hat mich hinbestellt in sein Arbeitszimmer, das hat er noch nie erlebt – sie hat gesagt sie sollen mir nicht glauben: In Wirklichkeit wäre ich glücklich verheiratet und sie soll die Ehe nicht scheiden. Und dieser Richter, der hat gesagt:  So was hat er noch nie in seinem Leben gehabt.

 Christopher Hoffmann:

Wie war das für Sie als Christin in der DDR?

Helga Schubert:

Ich bin ja Jahrgang 1940. Als ich eingeschult wurde, gab es noch richtigen Religionsunterricht in der Schule. Also ich hab noch Zeugnisse richtig vom Religionsunterricht in der Schule. Das war natürlich später überhaupt nicht mehr möglich. Als Christin war es so, dass man erst mal innerhalb der Klasse natürlich mit den Freundinnen befreundet war, mit denen man dann in den Kindergottesdienst ging, das war erst mal das Erste. Und das war für mich eine vollkommen andere Geisteshandlung als die, die in der Schule gepredigt wurde mit Diktatur der Arbeiterklasse und so. Hier ging es immer um Versöhnung und Frieden und so weiter. Vor allem dieser Segen am Ende des Gottesdienstes, das war für mich also das alles vergeben wird und dass einem nicht jemand immerzu was übel nimmt und dass man nicht immerzu mit einer schweigenden Mutter konfrontiert ist, die einem das oder das übel nimmt, die tagelang mit einem nicht gesprochen hat.

 Christopher Hoffmann:

Was bedeutet Ihnen ihr Glaube an Gott?

Helga Schubert:

Ich glaube an eine konstruktive Kraft, die hier waltet. Und die unermesslich ist und unerforschlich in ihrer Allmacht auch und in ihrer Dauer. Und das ist etwas, was ich spüre. Und ich weiß, dass ich dazugehöre und das gibt mir sehr viel Geborgenheit und alle anderen, die das nicht wahrhaben wollen, gehören ja auch dazu. Bloß bei mir, denk ich immer, kommt dann noch von da aus auch Wärme, weil ich daran glaube. Und ich will auch gar niemand jetzt missionieren. Das ist etwas, was wahrscheinlich ein Diktaturschaden bei mir ist, aus der DDR: Dass ich eben nichts Pathetisches, niemand überreden will. Dann kann man es wirklich bloß durch eigenes Beispiel machen.

Christopher Hoffmann:

Das tun Sie ja, Sie leben es ja. Frau Schubert, Sie haben das Buch „Der heutige Tag – ein Stundenbuch der Liebe“*** geschrieben. Sie pflegen Ihren Ehemann 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Ein Leben zwischen Büchern und Blasenkatheter-zwischen Prosa und Palliativmedizin…

Helga Schubert:

…ist ganz schön reich. Ist ein reiches Leben. Es kommt ja auch der Pflegedienst- also 24 Stunden minus zweimal zwanzig Minuten. Als ich das Buch schrieb, hab ich es noch allein gemacht , und morgens kam er nur aber jetzt kommt der Pflegedienst zweimal am Tag. Ich freu mich auf die Schwestern und den Pfleger, weil die so die Außensicht bringen und weil die relativieren können, weil sie mir auch Mut machen und weil das normale Leben plötzlich da sitzt und ich versuche  immer die irgendwie zu einem Kaffee noch zu überreden-die haben natürlich sehr wenig Zeit. Ich hab mich gestern bei einer Schwester bedankt-ich sagte: ich finde Sie sehr nett. „Ja, Sie sind ja auch nett“, sagte sie da. Das hat mich gefreut.

Christopher Hoffmann:

Ich finde Sie beschreiben eindrücklich wie schwierig es ist jemand für die Pflege auch zu finden. Und vielleicht können Sie uns da auch noch mal schildern, was unternehmen Sie da alles, oder was würden Sie sich wünschen vielmehr auch, dass Pflege einen anderen Stellenwert in unserer Gesellschaft hat-aufgrund Ihrer Erfahrung.

Helga Schubert:

Das ist wirklich ein eigenes Thema. Das ist ein riesengroßes Thema in Bezug auf die Überalterung der Gesellschaft in der wir leben und in Bezug auf den den Zerfall der Kleinfamilien-die Großfamilien sind sowieso zerfallen. Der Pflegeberuf muss mehr anerkannt werden, muss besser bezahlt werden.

 Christopher Hoffmann:

Sie haben ja den Untertitel gewählt: „Ein Stundenbuch der Liebe“ - möchten Sie damit auch ausdrücken auch Pflege, auch gelebte Nächstenliebe kann Gebet sein?

Helga Schubert:

Ja, Ja!

 

 Christopher Hoffmann:

Das Stundenbuch ist ja in der katholischen Kirche ein Gebetbuch mit den Tagzeitengebeten.

Helga Schubert:

Ja, ich hab das dann in dem Moment erst als Untertitel genommen, weil mich meine sehr intelligente katholische Lektorin im DTV beruhigte, sie hat gesagt: Stundenbuch  bedeutet nicht, dass die Mönche jede Stunde beteten, sondern dass es bloß zu bestimmten Zeiten war es dann vorgeschrieben zu beten, also muss ich auch nicht mir für jede Stunde etwas ausdenken für jede Stunde, was in dem Buch passiert. Denn dann-es sollte durchaus auch was Religiöses sein in diesem Buch, denn ich habe ja auch ein Motto genommen aus Matthäus: „Darum sorge nicht für den morgigen Tag. Denn der morgende Tag wird für das seine sorgen. Es ist genug, dass der heutige Tag seine eigene Plage habe.“ (Mt 6,34). Also das ist durchaus ein Hoffnungssatz und durchaus ganz diesem Stundenbuch geschuldet. Das ist formal angelehnt, bloß nicht so schön illustriert, wie die Mönche es im Mittelalter machten.

 Christopher Hoffmann:

Aber ich finde das ganze Buch atmet ja genau diese Zuversicht und diese in aller ohne Pathos geschilderten Sachlichkeit der Pflegesituation, atmet es Hoffnung und atmet es diese Grundzuversicht: Da ist noch jemand der diesen Weg mit mir geht.

Helga Schubert:

Ja, und es geht auch weiter. Auch wenn der Weg, also diese Wegstrecke zu Ende wäre, also so.                                    

Christopher Hoffmann:

Da fällt mir jetzt sofort eine Stelle ein: „Dies ist unsere nächste Lebensaufgabe. Annehmen, Kreatürlich Leben, Wärme auf der Haut. Verlass mich nicht.“*** Wunderbar. Ganz stark, finde ich. Mit ganz wenig Worten alles gesagt!

Helga Schubert:

Eine Passionsgeschichte, die in diesem Fall hoffentlich gut ausgeht, kann ich nur hoffen.

Christopher Hoffmann:

Sie unterhalten sich ja auch mit Ihrem Mann darüber was kommen könnte-auch was nach dem Tod kommen könnte und schreiben: „Er möchte dass ich in der Sonne neben ihm sitze. Beim lieben Gott will er ein gutes Wort für mich einlegen, gleich am Eingang sitzen bleiben, bis ich nachkomme und sagen: Da ist sie.“****

Helga Schubert:

Ja. Haben wir heute früh auch wieder drüber gesprochen. Es geht darum sein eigenes Leben zu relativieren, sein eigenes Leben einzubetten in einen Sinn, in eine Liebe und eine Geborgenheit.

 Christopher Hoffmann:

Ganz ganz herzlichen Dank, Frau Schubert, für das Gespräch. Das war die Sendung SWR2 Zum Feiertag. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Ostermontag. Christopher Hoffmann, Koblenz, von der katholischen Kirche.

Literatur:

*Helga Schubert: Vom Aufstehen, in Helga Schubert: Vom Aufstegen, Ungekürzte Ausgabe, dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München, S. 213-233.

** Helga Schubert: Meine Ostergeschichte in, Helga Schubert: Vom Aufstehen, Ungekürzte Ausgabe, dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München, S.54

***Helga Schubert: Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe, dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München, S. 188.

****Helga Schubert: Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe, dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München, S. 10.

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SWR1 Begegnungen

24MRZ2024
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Andreas Pietschmann Copyright: Mathias Bothor

Christopher Hoffmann trifft: Andreas Pietschmann.

Der Schauspieler ist immer wieder im deutschen Fernsehen zu sehen. Etwa im Tatort, bei Wilsberg oder Polizeiruf 110. Mit der Netflix-Serie „Dark“ feierte er dann 2017 seinen internationalen Durchbruch - in der Hauptrolle als Jonas. Mich hat er aber schon früher begeistert. Und zwar als Jesus! Denn in der italienisch-deutschen Koproduktion „Ihr Name war Maria“ spielt Andreas Pietschmann den Sohn Gottes. Wie war das für ihn?

Es ist natürlich eine andere Rolle als jede andere, das ist völlig klar. Und für dich als Schauspieler ist auch klar: Normalerweise begegnet dir sowas nie im Leben, dass du so eine Figur spielst. Ich habe dann das Neue Testament noch mal genau studiert- das waren natürlich ganz besondere Texte. Und ganz tolle Inhalte, mit denen zu beschäftigen sich total lohnt und was für einen Schauspieler eine ganz besondere Aufgabe ist.

Gab es einen Bibeltext, der Andreas Pietschmann persönlich besonders gepackt hat?

Ich erinnere mich, dass ich sehr beeindruckt war von der Bergpredigt. Und da ist mir aufgefallen, dass diese Texte viel schöner sind, als ich sie in Erinnerung hatte aus Lesungen oder aus Kirchbesuchen einerseits und andererseits, was für ein Werkzeugasten das ist für ein gutes Leben. All das, was da gesagt wird, taugt wahnsinnig gut eigentlich, um die Welt zu einer besseren zu machen, wenn jeder das etwas mehr beherzigen würde.

Dabei ist Andreas Pietschmann alles andere als unkritisch gegenüber Religion:

Menschen tendieren dazu - gerade wenn es um Religion geht - in allen Religionen sie sich zu Nutze zu machen zur Sicherung ihrer eigenen Position, zur Machtsicherung, zur Ausübung von Macht leider auch. Das ist die große Gefahr. Würde man aber ganz nüchtern und von all dem befreit diese Texte sich ansehen, insbesondere in der Bergpredigt, dann taugt es zu einer sehr guten Lebensanleitung, also ein gutes Leben zu führen.

 „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit – denn sie werden satt werden“ (Mt 5,6), steht da zum Beispiel. Und: „Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden“ (Mt 5,7). Auch Andreas Pietschmann orientiert sich in seinem Leben an diesen Worte Jesu. Glaubt er auch an Gott und an einen Sinn im Leben?

Ich habe immer das Gefühl gehabt, irgendwie muss noch über den Zufall hinaus – und das habe ich auch nach wie vor - was anderes Ursache sein für mein Dasein und auch Ziel sein für mein Dasein. Und das mag ich auch immer noch glauben. Ich habe kein Wissen, ich habe einen Glauben, ich habe eine Hoffnung.

 Mit 19 Jahren hat Andreas Pietschmann einen schweren Autounfall. Er überlebt…

…und ich habe das schon für mich als Auftrag gesehen, einerseits und als Chance andererseits, dass Dinge noch passieren mit mir und dass ich noch Aufgaben zu erfüllen habe. Und ich finde das ein recht gesundes Bewusstsein, was einem Zuversicht gibt und auch Kraft gibt und Motivation nicht aufzugeben und auch sein Leben mitunter als Dienst zu sehen.

Ich treffe Andreas Pietschmann in Berlin-Pankow, wo er mit seiner Frau, der Schauspielerin Jasmin Tabatabai und seinen drei Kindern lebt. Der 55-Jährige setzt sich gemeinsam mit der Hilfsorganisation „Save the children“ für Kinder ein, die in Kriegen hungern und leiden – auch in vergessenen Krisen wie in Syrien, wo der Konflikt inzwischen schon seit 13 Jahren andauert. Dort sind gerade über 16 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen – ein trauriger Rekord seit Kriegsausbruch:

So viele Leute wie aktuell - und gerade Kinder, Jungen und Mädchen -  in Syrien leiden, gab es noch nie. Und wir dürfen das nicht vergessen, dass die Kinder da wenigstens zu essen und ein Dach über dem Kopf bekommen und irgendwie eine Perspektive bekommen, wenn sie spüren: da sind noch Menschen, die denken an uns.

 Aber Andreas Pietschmann verschließt auch nicht die Augen vor dem Leid vor der eigenen Haustür. In seiner Nachbarschaft unterstützt er das Kinderhospiz „Sonnenhof“ in Pankow…warum?

Es handelt sich da um eine meist für alle Menschen unsichtbaren Nische in unserer Gesellschaft, die es aber gibt – also Leute, die in solcher Not sind, werden meisten nicht gesehen.

 Und das will Andreas Pietschmann ändern:  Er beteiligt sich an Fußball-Benefizturnieren, denn als junger Mann hat er selbst in der dritten Bundesliga für die „Würzburger Kickers“ gespielt und bis heute ist das runde Leder seine große Leidenschaft. Und als passionierter Motorradfahrer sammelt er mit vielen anderen Bikern auch bei der sogenannten „Sonnenhoftour“ Geld. Immer wieder geht der sensible Botschafter aber auch selbst vor Ort und trifft im Hospiz Kinder, die an schweren, unheilbaren Krankheiten leiden und deren Familien:

Das ist ein ganz besonderer Ort. Und zwar, was mich eben so beeindruckt hat, nicht nur ein Ort von Trauer natürlich und von Innehalten und von Schmerz, sondern -  weil diese Leute so eine unglaubliche Energie da haben -  auch ein Ort von Hoffnung. Und das ist wahrscheinlich auch der einzige Weg, wie man helfen kann: Wenn die Hoffnung da ist und die Kraft da ist, wenn die Liebe da ist, um sich um diese Menschen zu kümmern, um diesen Menschen, die in dieser traurigen Extremsituation sind, Hoffnung zu geben.

 Andreas Pietschmann bewundert deshalb die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kinderhospiz sehr:

Und für diese Arbeit braucht man natürlich einerseits eine unglaubliche Hilfsbereitschaft und Hingabe, aber auch ein breites und starkes Kreuz, denn man ist natürlich täglich mit dem Tod konfrontiert und auch einfach mit Menschen, denen er bevorsteht. Und die sich dadurch in einer Extremsituation befinden.

Leid und Tod – das ist auch Thema der bevorstehenden Karwoche. Gibt die Osterhoffnung, der Glaube an Auferstehung, auch Andreas Pietschmann persönlich Kraft?

Ich habe die Hoffnung, dass ich den von mir geliebten Menschen nach meinem Tod auch wieder begegne, ja.

Das hoffe und glaube ich auch. Und wir beide glauben daran, wie wichtig diese Botschaft von der Liebe, die stärker ist als der Tod, auch in unserer Welt heute weiterhin bleibt.  

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SWR3 Gedanken

16MRZ2024
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Mir ging es echt besch…eiden. Fünf Tage hatte ich schon heftige Magen-Darm-Probleme. Tee war das einzige, was ich bei mir behalten konnte. Und jeden Tag ein bisschen Reis. Gekochter Reis ohne alles. Nach vier Tagen konnte ich den aber dann auch nicht mehr sehen. Erst habe ich mich mal ordentlich im Selbstmitleid gesult. Ich armer Kerl, wann kann ich wieder Zartbitter-Schokolade, knusprige Schnitzel oder meinen Lieblingsjoghurt genießen?

Und dann habe ich innegehalten und mich gefragt:  Wie viele Menschen, Christopher, haben tagtäglich nicht mehr zu Essen, als eine Schüssel Reis? Ich hab gegoogelt –, die Antwort: für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung stellt er das Hauptnahrungsmittel dar.* Und noch viel krasser: Fast jeder zehnte Mensch auf dieser Welt leidet akut an Hunger** – die wären mit täglichem Tee und ein bisschen Reis also schon sehr zufrieden.

Und dann habe ich mich zwar immer noch etwas schwach und ausgepowert gefühlt, aber auch dankbar wie selten zuvor: für alles, was ich hier vor und nach meinem Magen-Darm-Intermezzo zu mir nehmen kann. Was da alles im Supermarkt liegt – von frischem Paprika – rot, gelb und grün, über Bananen aus Übersee bis zu Cornflakes und Kaffee, fertig gemahlen und verpackt. Wie oft ist das für mich alles selbstverständlich. Ist es aber nicht! Und als ich wieder auf den Beinen war, hab ich mir zwei Sachen vorgenommen: die nicht vergessen, die etwa in Ostafrika dringend auf Nahrungsmittelspenden angewiesen sind. Und dankbar bleiben – auch dann, wenn ich mich wieder längst an einen voll gedeckten Tisch gewöhnt habe. Denn der ist und bleibt auf dieser Welt überhaupt nicht selbstverständlich!

*https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/reis/index.html

**https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/Unterernaehrung.html

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SWR3 Gedanken

15MRZ2024
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Freitagnachmittag, Kunstrasen im Koblenzer Stadtteil Rübenach: Das sogenannte „Team Bananenflanke“* trainiert hier jede Woche. Dieses innovative Fußballprojekt, in dem Kinder und Jugendliche mit Behinderung gemeinsam kicken, gibt es inzwischen an 20 Standorten in Deutschland. Trainer Max passt den Ball zu Fabio, Niklas oder Noah. Manche von ihnen sind mit Trisomie 21 geboren, andere mit einer anderen geistigen Behinderung. Fußball lieben sie alle. Ich bin zum ersten Mal beim Training dabei und habe mir nach fast 20 Jahren mal wieder die Fußballschuhe geschnürt. Mitgebracht habe ich Jugendliche, die sich zum Gruppenleiter ausbilden lassen. Sie gestalten im Sommer Freizeiten für Kinder oder leiten Messdiener- und Pfadfindergruppen. Und auch da wollen sie Menschen mit Behinderung integrieren. Wie das geht? Lernt man eben auch bei der Bananenflanke, weil Berührungsängste hier verschwinden. Ganz selbstverständlich wird hier jede Aktion gemeinsam gefeiert: Egal ob der Ball im Netz landet oder drei Meter über der Latte - es wird gejubelt. Und das steckt auch die Jugendlichen und mich an: Die Freude im Team Bananenflanke schwappt auf uns über wie eine „La-Ola-Welle“. Für die vier Jugendlichen und für mich ist das Projekt ein Volltreffer - hier kommt zum Ausdruck, dass jeder Mensch eine unantastbare Würde hat, völlig unabhängig davon, ob er eine Behinderung hat oder nicht. Aus christlicher Sicht ist jeder Mensch ein einmaliges, gewolltes Abbild Gottes und Gottes JA gilt jedem Menschen- egal was er leisten kann oder wie viele Chromosomen er hat. Denn jedes Leben ist heilig.

*www.team-bananenflanke.de

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SWR3 Gedanken

14MRZ2024
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Ich war echt total genervt. Gerade in Berlin losgefahren, macht unser Zug schon in Berlin-Spandau wieder Halt. Eine Oberleitung war auf der Strecke zurück ins Rheinland gerissen. Drei Stunden später sitze ich immer noch in Spandau – inzwischen hab ich mich mit drei anderen Reisenden im Abteil zusammengetan: Wir sind uns sicher - das wird heute nichts mehr mit der Heimreise. Irgendwann fordert uns dann auch die Stimme eines Bahnmitarbeiters aus dem Off auf: „Fahren Sie mit der S-Bahn zurück zum Hauptbahnhof und organisieren Sie sich eine Unterkunft.“ Mein Akku ist inzwischen leer, aber ich kann auf Peer zählen: Der Familienvater aus Köln wollte zwar eigentlich zur Kindergartenfeier des Sohnemanns am anderen Morgen wieder zu Hause sein, aber er nimmt es wie sein Kollege Thomas sportlich. Und dann ist da noch Hassan, ein junger Arzt – der hat zwei riesige Koffer dabei, weil er heute eigentlich umziehen wollte. Und übermorgen einen neuen Job in Bremen anfängt. Und dann nimmt doch noch alles sein gutes Ende: Peer organisiert auf seinem Handy für uns vier Unterkünfte …und am Ende schlafen wir in einem Hotel auf dem verschneiten Kudamm, nachdem wir zuvor zusammen Berlin bei Nacht erkundet und auf diese unverhoffte Begegnung angestoßen haben. Und Hassan genießt am nächsten Morgen sogar noch den Hotel-Pool, denn in seinen großen Koffern hat er auch seine Badehose.

Ich glaube, es war die Gelassenheit von uns vier, die dazu beigetragen hat, dass uns dieses Bahnchaos nicht als Ärgernis, sondern als ein spannendes Erlebnis in Erinnerung geblieben ist.  Peer schreibt uns später allen eine Mail, die es auf den Punkt bringt: „Unser Treffen in Berlin - ein Geschenk der Deutschen Bahn.“ Und dieses Geschenk erinnert mich an ein schönes Gebet:

„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

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SWR3 Gedanken

13MRZ2024
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Bei „Babylon Berlin“ hat er mich das Fürchten gelehrt. Skrupellos spielt Benno Fürmann den Regierungsrat Wendt in der großen Erfolgsserie über die 20er und 30 Jahre. In Berlin hab ich nun bei einem Radio-Interview den echten Benno Fürmann kennengelernt. Und der ist alles andere als knallhart.

Der Schauspieler, mit der unverwechselbar markanten und tiefen Stimme, gibt mir tiefgründige Antworten. Er sagt: „Ich lasse die Weichheit, die immer schon in mir war, immer mehr zu. Verbindung mit Menschen ist mir wichtiger denn je und diese Egozentrik-Nummer macht mir viel weniger Spaß.“*

Und dann kommen wir auf das Thema Glaube. Benno Fürmann, aufgewachsen in Berlin-Kreuzberg, ist nicht religiös erzogen worden. Er ist auch nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft. Aber: Er glaubt an Gott und sagt mir:

„Ich bin nicht getauft, ich spüre in mir aber eine tiefe Verbindung zu etwas, was anwesend ist, was über mich hinausgeht, was ich suche. Ich bin unheimlich vorsichtig mit Worten, weil ich keine Lust habe etwas zu zerreden, was nie ein Objekt des Verstandes sein kann, was man wahrscheinlich nur erfahren kann.“*

Wow – ich finde: was für ein starkes Gottesbild! Denn Benno Fürmann ist sich im Klaren ist, dass er Gott nie fassen kann. Aber was mir aus dieser Begegnung mit ihm hängenbleibt, ist ein wunderbares Wort: Anwesend.

Daran glaube ich auch. An diesen Gott, der anwesend ist. Umso erstaunlicher ist die Aussage des Schauspielers, wenn man seine Biografie kennt. Die war nämlich alles andere als leicht: Als er 7 Jahren ist, stirbt Benno Fürmanns Mutter, als er 15 ist, sein Vater, mit 19 sind auch alle seine Großeltern nicht mehr auf dieser Erde.

Und trotzdem erfährt er: Ich bin hier nicht alleine unterwegs. Da geht etwas über mich hinaus und mit mir - und ist anwesend.

*https://www.kirche-im-swr.de/beitraege/?id=39035

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SWR3 Gedanken

12MRZ2024
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Letzten Sommer habe ich mit meinem Kumpel Danny eine Tour mit dem Zug durch Österreich und Slowenien gemacht. Kurz vor Ljubljana kommen zwei Briten in unser Abteil. Owen und Stan, beide im ersten Semester, sind gerade gemeinsam durch Europa unterwegs. Wir unterhalten uns, erst über die Premier League. Und dann über den Brexit. Denn wir wollen von den jungen Briten wissen, wie sie das sehen. Owen und Stan waren elf, als die Entscheidung fiel: „Ich weiß noch, wie wütend meine Mom war, als das Ergebnis bekannt gegeben wurde“, erinnert sich Owen. „Ich konnte nichts dagegen tun, aber die Folgen des Brexits bekomme ich jetzt zu spüren. Wie kann man so einen Rückschritt machen und wieder in nationales Denken verfallen?“, ärgert sich der Geschichtsstudent.

In drei Monaten, am 9. Juni 2024, sind Europawahlen. Dann entscheiden die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union zum zehnten Mal über ihre politische Zukunft. Auch Stan und Owen würden sehr gerne ihren Stimmzettel abgeben, aber sie dürfen nicht. „Go Voting!“- „Geh wählen!“- das ist ihre Message an mich und alle europäischen Freunde da draußen, damit sich die Nationalisten nicht durchsetzen.

Vor zwei Jahren im Urlaub habe ich Cristina, eine Freundin aus Spanien, wiedergesehen. Sie hat uns damals die Schönheit ihrer Heimat Zaragoza gezeigt. Als wir vor kurzem telefonieren, sagt sie mir: „Ich werde auf jeden Fall wählen gehen! Weil ich glaube, dass wir nur zusammen etwas bewirken können – die Herausforderungen wie der Klimawandel sind enorm - auch hier in Spanien. Es ist besser, diese Probleme gemeinsam anzugehen.“

Ich finde die Gespräche mit Cristina, Owen oder Stan total wichtig - denn sie zeigen mir: Bei Europa geht es nicht um Nationen, sondern um Menschen. Und es liegt auch an mir und allen, die zur Wahl gehen können, damit auf den Brexit kein Grexit, Nexit oder Dexit folgt.

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SWR3 Gedanken

11MRZ2024
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Es ist früh am Morgen und unsere Tagung beginnt - die Teilnehmer kennen sich. Alles Kolleginnen und Kollegen. Und mit einer Runde, wie es dem einzelnen gerade so geht, starten wir. Da sagt Magnus: „Ich komme gerade zurück aus Nigeria. Und ich habe mich auf das Wiedersehen mit euch allen - oder ich sag mal  - mit fast allen gefreut.“ Peinliche Stille. Danach prusten wir los. Hat der das jetzt wirklich gesagt? Es war überhaupt nicht böse gemeint – aber eben eine lustige wie heikle Situation. Und vielleicht auch ehrlicher als so manche Floskel eines bekannten TV-Moderators, der zig mal hintereinander zu seinen Gästen sagt: Freue mich sehr, dass sie da sind. Freue mich wirklich sehr.

Hand aufs Herz: Man freut sich eben doch nicht auf alle Menschen gleichermaßen – es gibt immer auch Kolleginnen und Kollegen, mit denen man mehr auf einer Wellenlänge ist, als mit anderen. Und manchmal gibt es auch welche, die richtig nerven. So wie ich mit meiner Art garantiert anderen auch manchmal auf die Nerven gehe. Das ist normal. Ganz wichtig finde ich aber, dass ich auch mit denen respektvoll umgehe, die eben anders ticken als ich. Zu denen ich nicht so den Draht habe. Ich muss nicht alle lieben. Aber Respekt - den darf ich von anderen erwarten. Und den bin ich anderen schuldig. Oft aber fehlen Respekt und Anstand im Umgang miteinander: Nach einer Studie wurden fast 30 Prozent der Deutschen am Arbeitsplatz schon mal gemobbt* – und das macht Menschen kaputt. Und damit das nicht passiert, ist es so wichtig, Leuten den Rücken zu stärken, die Mobbing erleben. Und nicht wegzuschauen oder mitzumachen.

*https://de.statista.com/themen/132/mobbing/#topicOverview

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SWR3 Gedanken

10MRZ2024
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Wochenlang liegt er im grün-braunen Tarnanzug auf der Lauer- unter der Sonne Nordspaniens. Für das eine perfekte Foto. Und er macht es: Joshi Nichell*, gebürtig aus Mainz und jetzt Student in Landau, drückt auf den Auslöser als ein kantabrischer Braunbär im letzten Licht des Tages den Felsen hinabsteigt. Ein atemberaubendes Foto, das Joshi später zum Naturfotograf Europas macht.

Der 26-Jährige liebt die Natur. Nicht nur die wilde und weit entfernte, sondern auch den Pfälzer Wald. Und den Schwarzwald, wo er immer wieder mit der Kamera unterwegs ist. Er sagt: „Wir haben unheimlich Tolles vor der Haustür. Wir müssen nicht weit weg reisen, […] und wir müssen uns bewusst werden, dass das ein Geschenk ist und dass wir das bewahren dürfen und sollen.“**

Ein Geschenk. Dieses Wort wählt Joshi ganz bewusst. Denn er studiert in Landau Naturschutzbiologie und katholische Theologie. Für den Naturwissenschaftler und gläubigen Christ ist die Natur auch Gottes Schöpfung. Die Welt, wir haben sie von Gott nur anvertraut bekommen. Und ganz wichtig ist ihm: „Wenn wir Naturschutz betreiben, betreiben wir auch Schutz für uns selber. Wenn wir liebevoll mit der Natur umgehen, dann werden wir uns selber was Gutes tun.“**

Wenn ich mir Joshis Fotos anschaue - egal, ob sie nun Feldhasen auf einer Lichtung im Schwarzwald, uralte Bäume im Pfälzer Wald oder den Braunbären in Nordspanien zeigen – dann komme ich ins Staunen. Und die Fotos erinnern mich mit ihrem besonderen Fokus daran: wie schön die Schöpfung ist, und wie schützenswert.

 

* https://www.joshinichell.de/

**https://www.kirche-im-swr.de/beitraege/?id=39144

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SWR3 Worte

02MRZ2024
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Der Mannheimer Comedian Bülent Ceylan hat sich als Erwachsener evangelisch taufen lassen. Ihm bedeuten der Glaube und die Bibel viel. In einem Interview sagte Ceylan:

„Die Bibel habe ich eigentlich überall dabei und ich liebe sie. […] Mir gefallen vor allem die Botschaften […]: Liebe deinen Nächsten, ehre deine Eltern, die Zehn Gebote und so viel Tolles mehr! […] Mich macht Jesus Christus glücklich und ich finde in Gott meine Ruhe und meine Kraft. Der Sinn des Lebens ist es, glücklich zu sein und zu wissen, wo man hingehört. Meine Familie und ich gehören zum Christentum und sind dennoch offen und herzlich gegenüber allen Menschen anderer Einstellungen oder Glaubensauffassungen.“

Quelle: https://www.konradsblatt.de/aktuell-2/detail/nachricht-seite/id/160832-ich-finde-in-gott-ruhe-und-kraft/

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39398
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