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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Abschied nehmen ist nicht leicht. Wir ziehen um: In einer Woche wird die Küche abgebaut. Und in zwei Wochen ist alles, was wir haben, zerlegt und in Kisten gepackt im neuen Haus.

Bald kommt der letzte Gottesdienst, Claras letzter Kindergartentag, das letzte Treffen hier mit unseren Freunden. Und dann: Das letzte Mal die Tür zu machen. Traurig ist das schon.
Denn schön war’s! So viele liebe Menschen haben wir kennengelernt. Sie werden uns fehlen! Ganz sicher! Abschied nehmen ist nicht leicht.

Wir verlassen unsere Wohlfühlzone, den Ort, wo wir zuhause sind, wo wir im Supermarkt auch das Zitronengras sofort finden, wo wir beim Spazierengehen immer wieder anhalten und mit anderen ein Pläuschchen halten. Wer weiß, wie es weitergeht? Was kommt und wie es wird?

Während aller Abschieds-Vorbereitungen ist mir immer wieder ein Satz aus der Bibel durch den Sinn gegangen: „Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohlmachen.“ (Ps. 37,5)

Ich glaube, dass Gott alle unsere Wege mitgeht: unseren Umzug und auch alle Wege, die Sie so vor sich haben. Und ich vertraue darauf, dass Gott alle diese Wege zu einem guten Ziel führen will. Das habe ich bis jetzt auch immer so erlebt.

Wie oft wusste ich nicht, was kommt und wie es werden soll, und am Ende hat es sich gut gefügt, hat Gott es gut gefügt. Vielleicht kennen Sie das auch. Jetzt führt mich der Weg woanders hin.

Das Schöne ist: Gott geht mit, meine Familie auch. Ich nehme ganz viel von meiner Wohlfühlzone mit in das neue Zuhause. Klar, ich werde das Zitronengras im Supermarkt erst einmal suchen müssen, und es braucht Zeit, bis wir neue Freunde finden und ganz Zuhause sind. Aber ich vertraue darauf, dass Gott es fügen wird. Er wird’s wohlmachen. Und alles andere wird sich finden.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Ich brauche Pausen. Ganz klar. Heute ist zwar erst Dienstag, aber an manchen Dienstagen fühle ich mich so, als dürfte gleich darauf das Wochenende kommen. Da bin ich vom Montag schon so geschafft, dass ich meinen Tag am liebsten mit einer Pause anfangen möchte. Aber das geht natürlich nicht, oder doch?

Wer eine Pause nimmt, der muss doch vorher was geschafft haben. Eine Pause will schließlich verdient sein.
So hat Gott das ja auch gemacht, sagt die Bibel: Erst hat er in sechs Tagen die Welt erschaffen, und dann, am siebten Tag, am Sabbat, unserem Samstag, hat er sich ausgeruht.

Interessant eigentlich: Der Samstag ist der letzte Tag in der Woche – nicht der Sonntag. Auch wenn das in meinem Kalender immer anders aussieht. Da steht der Sonntag nämlich ganz hinten, ganz am Ende der Woche. Und am Montag da geht die ganze Sache dann wieder von vorne los. Aber: Der Sonntag ist der erste Tag der Woche. Nicht der Montag! Finde ich ehrlich gesagt auch viel angenehmer! Dann darf ich nämlich doch eine Pause nehmen, ohne dass ich vorher was geschafft habe.

Hat Beethoven übrigens auch mal so gemacht. Seine 5. Sinfonie, die Schicksalssinfonie, fängt mit einer Pause an. Und dann geht es erst richtig los und entwickelt Kraft.

Aus der Ruhe kommt die Kraft, sagt ja schon der Volksmund. Und Gott hat das eigentlich auch so gemacht. Die Bibel erzählt: Am Sonntag, dem ersten Tag der Woche, da ist Jesus auferweckt worden. Da zeigt sich: Gott ist nichts unmöglich. Er steht zu uns Menschen und hat eigentlich für uns schon alles Wichtige getan. Egal, was wir machen und wie wir leben, Gottes Ja zu uns ist immer schon da. Ganz unverdient. Und deshalb ist der Sonntag für uns Christen ein Festtag, ein freier Tag, mit dem alles anfängt, der uns einfach geschenkt wird. An dem erst einmal Gott etwas macht – für uns. Und dann, erst am zweiten Tag, sind wir dran.

Gott, quasi mein Chef, sagt also: Pausen muss ich mir nicht verdienen, sondern aus der Ruhe und aus dem freien Tag darf ich meine Woche beginnen und mein Leben leben. Vielleicht sieht ihr Chef das nicht ganz so wie meiner. Aber dann erinnern Sie sich daran, dass heute ja quasi schon Mitte der Woche ist.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Schwach sein erlaubt, sagt die Bibel. Sie trifft damit nicht gerade den Nerv der Zeit. Wer will schon schwach sein? Gerade jetzt, wo es scheinbar mehr Fitnesscenter gibt als Apotheken. Heutzutage verwandelt man seine Schwächen in Stärken.
Das heißt dann „Selbstoptimierung“ und „Resilienzen stärken“. Und das ist harte Arbeit! Aber jeder, der an sich arbeitet, merkt auch: Irgendwann ist Schluss!

Das Leben schlägt manchmal Haken, da reichen meine Kräfte einfach nicht aus. Manchmal stehe ich vor schier unlösbaren Aufgaben, da hilft mir auch keine Selbstoptimierung mehr. Und dann? Die Bibel sagt: Schwach sein erlaubt!
Denn wir Menschen haben Grenzen. Wir können nicht alles schaffen. Müssen wir auch nicht, denn Gott braucht keine selbstoptimierten Super-Menschen. Das hat er schon ganz oft unter Beweis gestellt.

Bei Elia zum Beispiel: Elia ist im Auftrag Gottes unterwegs und kann nicht mehr. Er bricht zusammen und will nur noch sterben. Aber Gott schickt ihm einen Engel, der ihn versorgt. Der ihn wieder zu Kräften kommen lässt. So dass Elia nach einiger Zeit wieder aufstehen kann und weitergehen.

Schwach sein ist keine Schande. Es ist menschlich. Es ist sogar göttlich. Denn die Bibel erzählt, dass Gott selbst auch schwach gewesen ist.
Damals in Jesus. Jesus und Gott gehören zusammen. Und als Jesus am Kreuz gestorben ist, da ist dort auch Gott gewesen. Schwach und ohnmächtig. Alle denken, das war’s jetzt mit Jesus und mit seinem Gott. Aber falsch gedacht! Gott ist nämlich nicht klein zu kriegen. Er ist so stark, dass er sogar schwach sein kann. Schwach sein erlaubt!

Wenn sogar Gott schwach sein kann, dann kann ich es auch. Ja, das ist nicht populär. Aber es befreit mich von dem Druck, alles selbst schaffen zu müssen. Ich muss nicht immer stark sein. Manche Dinge bekomme ich einfach nicht hin.
Dann vertraue ich darauf, dass Gott mir helfen wird. So wie er es bei Elia auch getan hat. Statt Selbstoptimierung vielleicht also mehr Gottvertrauen. Das wär doch mal was!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Singen hilft und tut gut! Das habe ich entdeckt, als meine Tochter krank gewesen ist. Sie hatte Schmerzen, Husten, Fieber und Schnupfen. Sie wollte schlafen, konnte aber nicht. Nichts hat geholfen. Nicht das Mama-Bett und die Mama-Bettdecke, keine Spieluhr, kein Kuscheln. Dann habe ich angefangen zu singen. Dabei ist sie ruhig geworden und schließlich doch eingeschlafen.

Singen hilft. Es beruhigt und tröstet, spendet Nähe und Geborgenheit. Es hat Kraft! Diese Kraft hat uns Gott in die Wiege gelegt. Auch den Menschen in frühen Jahren Die Bibel weiß, wie gut Musik tut, dass sie eine Gottesgabe ist. Sie erzählt von einem König. Er heißt Saul.

Immer wieder ist Saul krank und verstört. Nichts will helfen. Doch dann findet sich ein junger, gottesfürchtiger Mann, der Harfe spielt. Er heißt David. Immer wenn es Saul schlecht geht, spielt David für ihn auf seiner Harfe. So kommt Saul zur Ruhe, und es geht ihm gleich besser.

Musik und Singen helfen dabei, gesund zu werden. Natürlich ersetzt das keine Medizin. Helfen tut es aber trotzdem! Und zwar nicht nur, wenn man erkältet ist oder krank.Musik hilft auch bei Liebeskummer oder Alltagsfrust. Einfach mal das Lieblingslied ganz laut aufdrehen und mitsingen, vielleicht sogar mittanzen, wenn es keiner sieht. Mir hat das schon ganz oft gut getan.

Ich habe mir angewöhnt, meinen Tag im Büro mit einem Lied zu beginnen. Das macht mir Spaß und gibt mir Schwung in den Tag zu kommen. Es sorgt außerdem dafür, dass mein Arbeitstag nicht aus Versehen mit einer Beschwerde-E-Mail anfängt, die ich in meinem Posteingang finde.

Eins meiner Lieblingslieder am Morgen geht so:
Auf und macht die Herzen weit, euren Mund zum Lob bereit!
Gottes Güte, Gottes Treu sind an jedem Morgen neu!

Und, welches Lied tut Ihnen gut?

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Was ist gerecht?  Darüber streiten meine Mutter und ich uns immer wieder mal. Meine Mutter ist der Meinung: Es ist gerecht, wenn alle ihre drei Kinder gleich viel bekommen. Das kann dann schon mal dazu führen, dass an meinem Geburtstagsgeschenk noch ein 5-Euro-Schein klebt, weil das Geschenk für meine Geschwister etwas teurer gewesen ist als das Buch, das ich mir gewünscht habe.

Gerechtigkeit für meine Mutter bedeutet: Gleicher Betrag für alle! Da ist sie ganz genau. 
Ich finde: Das ist nicht gerecht, das ist Gleichmacherei. Gerecht ist es, wenn jeder das bekommt, was er braucht. Und da kann es durchaus sein, dass einer mal mehr braucht als der andere, weil unsere Lebensverhältnisse ja auch ganz unterschiedlich sind.

Was ist gerecht? Diese Frage stellt sich ja nicht nur in der Familie. Sondern quasi überall. Wer bekommt wie viel? Ich habe mir überlegt, was Jesus wohl dazu sagen würde.  Und vielleicht hätte er mir eine Geschichte erzählt, die er schon einmal erzählt hat.

Da ist ein Mann, der für seinen Betrieb Arbeiter sucht. Er stellt ganz früh morgens welche ein und vereinbart mit ihnen einen Tageslohn von ca. 80 Euro. Ein paar Stunden später am Vormittag stellt er noch einmal Arbeiter an und verspricht, sie gerecht zu bezahlen. Auch mittags, nachmittags und sogar kurz vor Feierabend stellt er weitere Arbeiter ein und verspricht gerechten Lohn. Als die Arbeit zu Ende geht, gibt er allen, die für ihn gearbeitet haben, 80 Euro. Egal, wie lange sie mitgearbeitet haben.

Also ist es doch gerecht, wenn jeder das Gleiche bekommt – wie meine Mutter sagt?
Ich verstehe die Geschichte von Jesus so: Jeder bekommt so viel, wie er braucht. Auch die, die nur wenig gearbeitet haben, brauchen den vollen Lohn, um über die Runden zu kommen. Im Verhältnis zu ihrer Arbeitszeit haben die letzten Arbeiter viel mehr bekommen als die anderen. Das klingt erst einmal ungerecht. Aber so haben am Ende alle genug zum Leben. Und das finde ich gerecht.

Was ist gerecht?
Darüber können wir gerne diskutieren.
Wenn Sie möchten Im Internet unter „Kirche-im-SWR.de“.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Bittet, so wird Gott euch geben.“ (Mt 7,7) steht in der Bibel. Klingt super. Klappt oft aber nicht so, wie ich mir das vorstelle. Denn immer wieder bitte ich Gott um etwas, und es passiert nichts. Meine Schwester ist immer noch arbeitslos. Die Frau, für die ich gebetet habe, dass sie wieder gesund wird, ist trotzdem gestorben. Nicht alle meine Bitten werden von Gott erhört. Das tut weh und macht mich ohnmächtig!

Hat Jesus sich etwa geirrt, als er gesagt hat: Bittet, so wird Gott euch geben? Oder gilt das vielleicht nur für manche Bitten und für andere nicht? Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, warum so viele Gebete unerhört bleiben.
Das würde ich Gott irgendwann gerne selbst fragen. Aber ich habe auch eine andere Erfahrung gemacht. Nämlich die, dass es manchmal ganz gut ist, dass Gott mir nicht das gibt, worum ich ihn bitte.

Nach dem Studium bin ich für ein halbes Jahr nach Namibia gegangen. Dort wollte ich in der englischsprachigen Kirche mitarbeiten. Am liebsten irgendwo auf dem Land. Und natürlich wollte ich ganz alleine dorthin. Es sollte schließlich ein Abenteuer werden. Aber trotz vieler Bitten an die Menschen vor Ort und auch an Gott ist mein Plan nicht aufgegangen. Am Ende habe ich in der Deutschen Gemeinde in Namibias Hauptstadt mitgearbeitet. Und mein Mann fand das so toll, dass er gleich mitgekommen ist.

Gott hat meine Bitten also nicht erhört. Aber ganz schnell habe ich gemerkt: Was für ein Glück! Denn es war auch so schon Abenteuer genug. Und ich war heilfroh, dass mein Mann dabei gewesen ist.
Wie gut, dass Gott mich manchmal besser kennt als ich mich selbst. Dass er nicht alle meine Bitten so erfüllt, wie ich mir das so vorstelle.

Mir hilft dieses Erlebnis auch mit den unerhörten Gebeten besser klar zu kommen. Vielleicht, so denke ich mir, hat Gott sich dabei auch etwas gedacht. Noch kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, was das sein soll. Aber eines Tages, hoffe ich, werde ich es verstehen.

Bis es soweit ist, bete ich weiter. Liege Gott mit meinen Bitten in den Ohren, halte mich an seinem Wort fest: „Bittet so wird Gott euch geben.“ Auch wenn ich weiß, dass letztlich nicht mein Wille, sondern Gottes Wille geschehe.

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Anstöße sonn- und feiertags

„Von der Kirche habe mich entfernt“, sagt Onkel Christoph zu mir. „Da gibt es so viel, das mich zweifeln lässt. Die Trinitätslehre zum Beispiel: Gott ist gleichzeitig Vater und Sohn und auch noch Heiliger Geist? Wie soll das gehen?
Und dann schickt er seinen Sohn – also sich selbst – ausgerechnet auf die Erde? Obwohl das Universum so riesig ist. Da stimmen für mich die Größenverhältnisse nicht. Das passt für mich nicht richtig zusammen.“

Onkel Christoph hat sich viele ernste Fragen gestellt, und viele kluge Bücher dazu gelesen. „Und deshalb habe ich bei manchen Kirchenlehren so meine Zweifel“, sagt er. „Geht dir das auch manchmal so?“
„Hm,“ antworte ich. „Ja, ich zweifle auch manchmal. Das gehört einfach dazu, wenn man glaubt. Auch bei einer Pfarrerin. Aber selbst wenn ich zweifele, oder etwas nicht verstehe, bleibe ich mit Gott im Gespräch. Erst rede ich mit Gott und dann denke ich über ihn nach.“

„Und, wie verstehst du das mit der Trinität?“, will Onkel Christoph wissen. „Ich glaube, dass Gott der Grund des Lebens ist. So ist Gott für mich der Schöpfer. Er ist wie ein Vater und eine Mutter.
Und ich glaube, dass Jesus so geredet und gehandelt hat, dass Gott zum Greifen da gewesen ist. Und ich glaube, dass Gott auch jetzt und hier zu finden ist. Aber ich kann ihn nicht sehen. Ich kann nur sehen, was er macht. Und das ist für mich der Heilige Geist.“

Das ist jetzt natürlich keine mathematische Gleichung. So im Sinne von Gott ist eins und gleichzeitig auch eins plus eins plus eins. Aber eine solche Gleichung findet sich auch in der Bibel nicht.

Die „Trinitätslehre“ ist nicht biblisch; sie ist kirchlich könnte man sagen. Sie ist entstanden im Nachdenken über das, was über Gott und Jesus und den Heiligen Geist in der Bibel steht.

Dann ist es Zeit zum Mittagessen.
Wir setzen uns an den Tisch und Onkel Christoph, der sich von der Kirche entfernt hat, fängt an: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alles Gott zur Ehre! Guten Appetit!“
Da bin ich kurz sprachlos und denke dann: Ja genau so kann man es machen!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Das Leben ist lebensgefährlich. Hat Erich Kästner mal gesagt. Und gerade in den letzten Monaten ist mir dieser Satz immer wieder durch den Kopf gegangen. Ob ich jetzt über die Straße gehe oder im Café sitze. Das Leben ist lebensgefährlich. So oder so. Eigentlich lasse ich ja die Finger von Dingen, die lebensgefährlich sind. Ich klettere nicht auf Strommasten und springe nicht von Dächern. Aber wo ist die Grenze?

Ich könnte mich zum Beispiel zu Hause verkriechen, kaum noch raus gehen und um alle Krankheiten und Gefahren einen großen Bogen machen. Ich könnte auch die Finger vom Leben lassen. Aber ob das dann für mich noch Leben wäre, glaub ich eher nicht. Deshalb bin ich zu dem Schluss gekommen: Wenn das Leben schon lebensgefährlich ist, dann kann ich auch etwas riskieren.

Das fängt für mich damit an, dass ich mir nicht Angst machen lasse von schlechten Nachrichten. Ich gehe natürlich ins Café und bummle durch die Stadt. Ich genieße das bunte Leben und staune über die Natur. Und ich danke Gott dafür, dass er sie so schön gemacht hat, gerade jetzt im Herbst. Auch wenn andere mich vielleicht als naiv belächeln. Was soll‘s.

Etwas riskieren heißt für mich auch: Ich will nicht alles aufschieben auf irgendwann.Denn wer weiß, wie lange ich noch lebe.
Also jetzt handeln. Jetzt den Mund aufmachen und sagen, was mir wichtig ist. Mutig denen ins Wort fallen, die andere klein reden und sich selbst für die Größten halten. Auch, wenn ich mich damit unbeliebt mache und riskiere, alleine da zu stehen.

Ich will jetzt Zeit mit meiner Familie verbringen – auch wenn das manchmal zu Konflikten mit meiner Arbeit und meinen Hobbies führt. Riskieren, Prioritäten zu setzen. Das Leben ist lebensgefährlich, ja! Aber das Leben ist auch bunt und voller Möglichkeiten.

In der Bibel klingt das so:
„Gott, lass uns begreifen, welche Zeit wir zum Leben haben –
damit wir klug werden und es vernünftig gestalten.“ (Ps 90,12, Übersetzung: Basisbibel)

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Einer hat viel, einer hat wenig. So ist das in der Welt und im Sandkasten auch. Und natürlich gibt das Streit!  Meine Tochter sitzt im Sandkasten und will unbedingt den roten Eimer haben, der ihr nicht gehört. Sie reißt an ihm mit aller Kraft. Der Junge, dem der Eimer gehört, macht es genauso.

Und jetzt? Das Recht des Stärkeren walten lassen? Oder sehen, wer den längeren Atem hat? Oder einfach abwarten, bis sich das Problem von selbst gelöst hat, weil der Eimer kaputt ist? Nein, so läuft das im Sandkasten nicht. Weil: Da sitzen ja auch wir: die Eltern.

Ich sage: „Clara, lass den Eimer los.“ Eine andere Mutter sagt: „Emil, lass dem Mädchen doch den Eimer, du hast doch noch so viel anderes Spielzeug.“ Und der Papa von Emil sagt einfach: „Spielt zusammen.“ Eltern eben. Sie wollen, dass ihre Kinder im Sandkasten alles teilen – egal mit wem.

Jetzt habe ich mich gefragt: Was wäre, wenn wir Eltern nicht nur im Sandkasten so reagieren würden, sondern auch sonst? Wenn es sozusagen um unsere „roten Eimer“ geht?

Würden wir auch mal unser Auto verleihen? An andere, an Fremde, die keins haben?
Würden wir mal auf unseren zweiten Jahresurlaub verzichten? Damit die Cousine, die kein Geld und keinen Job hat, auch mal verreisen kann?
Würden wir auch mal unser Smartphone und unsere Vorratskammer mit anderen teilen?

Die Bibel sagt, das würde Gott gefallen: Gutes tun und teilen. (vgl. Hebr. 13,16)

Vielleicht denken Sie jetzt: Eimer und Auto – das kann man doch nicht vergleichen! Im Sandkasten geht es schließlich um nichts. Aber da haben Sie meine Tochter noch nicht gesehen, wie sie heulend auf dem Boden liegt, weil sie keinen roten Eimer hat.
Einer hat viel, einer hat wenig. So ist es auf der Welt und im Sandkasten auch. Und natürlich gibt das Streit. Die Frage ist, wie wir mit diesem Streit umgehen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Es gibt Tage, da habe ich das Gefühl, niemandem gerecht zu werden. Dabei bin ich gerade in Elternzeit. Bin also als Pfarrerin beurlaubt. Und denke oft: Eigentlich müsste ich ganz entspannt meinen Alltag managen und vor lauter Freizeit täglich lächelnd Kuchen backen?!

Mein Alltag sieht aber ganz anders aus. Manchmal dauert es morgens ewig, bis die Große endlich angezogen ist. Sie ist zwei und will gerne alles alleine machen. Spätestens beim Frühstück fließen ersten Tränen, weil ich den Kakao umgerührt habe und nicht sie.

Beim Einkaufen treffe ich jemanden aus meiner Gemeinde und denke: Die Armen, die müssen ja gerade alles alleine machen! Und schon hab ich ein schlechtes Gewissen.

Zurück vom Einkaufen liegen zu Hause die Krümel immer noch unter dem Küchentisch. Ich will gerade den Staubsauger holen, da schreit meine kleine Tochter und hat Hunger. Beim Stillen fällt mir ein, dass ich meine Mutter immer noch nicht zurückgerufen habe. Und abends, wenn mein Mann heimkommt, bin ich gereizt und ärgere mich darüber, dass er wieder die Zeitung überall verteilt. Blöd eigentlich! Ist doch wurscht, wo die Zeitung liegt!

An solchen Tagen denke ich oft: Heute bin ich niemandem gerecht geworden. Mit meiner großen Tochter hätte ich geduldiger sein sollen. Meine kleine Tochter hätte ich nicht so lange schreien lassen sollen, als ich am Kochen war. Meinen Mann hätte ich nicht so anpampen sollen – und von mir will ich mal gar nicht reden. Das Komische ist: Die Anderen sehen das ganz anders als ich.

Mein Mann, der nimmt mich auch nach solchen Tagen in den Arm. Er kennt mich mit allen Macken und mag mich trotzdem – manchmal kaum zu glauben! Auch meine Große hat die Tränen vom Frühstück vergessen und betet vor dem Schlafen auch für Mama. Und gibt mir einen dicken Kuss.

Dann sage ich still „Danke, Gott!“
Danke, dass meine Familie mich kennt und trotzdem lieb hat.
Danke, dass auch du mich nimmst, wie ich bin.

Das nimmt bei mir den Druck raus und tut gut. Das ist für mich Gnade.

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