Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

   

SWR4

   

Autor*in

 

Archiv

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

24OKT2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Charlie Brown ist ein kleiner Junge aus der berühmten Comic-Reihe Peanuts. In einer Szene sitzt er mit seinem Hund Snoopy an einem See, schaut grübelnd in die Ferne und sagt: „Eines Tages werden wir alle sterben“. „Stimmt“, denkt sich Snoopy. „Aber an allen anderen Tagen nicht!“

Ich mag diese Szene. Charlie nimmt das Leben eher schwer und irgendwie hat er ja auch recht. Wir Menschen sind zerbrechliche, vergängliche Lebewesen und nicht unendlich lang auf der Erde unterwegs. Ich bin Mitte 5o: Laut Statistik habe ich deutlich mehr als die Hälfte meiner Lebenszeit hinter mir. Aber was fange ich mit dieser Erkenntnis an? Resigniert den Kopf hängen lassen, wie Charlie?

Snoopy jedenfalls macht das nicht. Dem ist zwar genauso klar, dass er nicht 200 Jahre alt werden wird. Aber er sieht auch die Tage, die er womöglich noch erleben kann. Für die ist er dankbar. Und an diesen Tagen will er auch wirklich leben.

Snoopy hat einen Seelenverwandten im Alten Testament, den sogenannten Prediger. Der macht sich auch nichts vor, was die Länge seines Lebens angeht. Aber er hat Ideen und Tipps dafür, was man mit seinem Leben anfangen kann. Und er rät ausdrücklich, es zu genießen!

Beim Prediger klingt das so: „Auf, iss mit Freuden dein Brot und trink fröhlich deinen Wein!... Genieße das Leben mit einer Frau, die du liebst! So verbringe alle Tage deines vergänglichen Lebens, die Gott dir unter der Sonne schenkt.“

Was für eine Ansage! Lebe! Lebe heute. Nicht erst morgen. Heißt nicht, dass ich alles, was irgendwie geht, in diesen Tag reinpacken muss, um ja nichts zu verpassen. Da wären wir wieder bei Snoopy, der seelenruhig am See sitzt und nichts tut. Auch so kann ich mich heute am Leben freuen und es genießen.

Genieß dein Leben. Der Prediger findet: Damit gibst Du Gott die Ehre! Er hat dir dein Leben und deine Zeit anvertraut. Also: Lebe. Heute auch.

Bibelstellenangabe für’s Internet: Prediger/Kohelet 9, 7ff

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38646
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

23OKT2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Als ich das erste Mal im Freundeskreis erzählt habe: „Nach Weihnachten fahre ich ein paar Tage ins Schweigen“, da haben einige gekichert, andere nur eine Augenbraue hochgezogen und gefragt: „Ausgerechnet du fährst ins Kloster, wo man den ganzen Tag nichts redet? Sicher, dass Du das durchhältst?“ Nein, ich war nicht sicher, aber ich wollte es ausprobieren. Deshalb meine Fahrt zu einer christlichen Schwesternschaft, die dazu einlädt, ein paar Tage in Stille zu leben. Ich hatte das Gefühl: Mir fehlt Stille. Ich erlebe so viel Trubel. Und die vielen Worte! Von allen Seiten. Von mir auch. Manchmal denke ich: der Lärm ist nicht nur um mich herum. Er ist auch in mir drin.

Und wenn es für einen Moment doch einmal still ist, und niemand etwas von mir will, dann finde ich das sehr eindrücklich. Es tut mir gut. Es unterbricht das Lärmen. Auch das in mir drin.

Trotzdem: als ich zu der Schwesternschaft gefahren bin, war ich gespannt, ob ich die Stille tagelang aushalten könnte. Dreimal am Tag gab es eine Andacht in einer kleinen Kapelle: Da haben wir zusammen gesungen, gebetet und zugehört, wie jemand aus der Bibel vorgelesen hat. Ich habe gemerkt: ich habe aufmerksamer zugehört, weil ich nicht so reizüberflutet war. Auch innerlich bin ich in diesen Tagen ruhiger geworden.

Das Handy sollte man übrigens die ganze Zeit über aus der Hand legen. Gar nicht so einfach. Wenn in diesen Tagen jemandem die Decke auf den Kopf gefallen ist oder er das Schweigen nicht mehr ausgehalten hat, konnte er sich für ein Gespräch mit einer der Schwestern anmelden. Es kann ja sein, dass in der Stille auf einmal schwierige Fragen in einem laut werden, die sonst im trubeligen Alltag eher verschüttet sind. Damit muss man nicht alleine bleiben.

Mir hat diese Zeit gut getan. So gut, dass ich nach dem ersten Besuch noch mehrfach hingefahren bin. Und im Alltag versuche ich inzwischen auch, solche Zeiten der Stille einzuplanen. Das kann auch einfach mal ein Spaziergang sein, ohne Kopfhörer. Oder ich setze mich in eine Kirche. So geh ich raus aus dem Lärm, schalte die geschwätzige, geschäftige Welt um mich herum ab (das Handy auch!) und fahre mich runter.

Schweigen tut gut, finde ich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38645
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

22JUL2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Die Tür steht offen, das Herz noch mehr!“ In einer alten Klosterkirche habe ich diesen Spruch an der Wand entdeckt. Auf Latein: „Porta patet, cor magis.“

Ich habe mir vorgestellt, wie einstens jemand nach langer Reise in der Abenddämmerung am Kloster angekommen ist. Erschöpft, auf der Suche nach einer Herberge, nach Schutz in der Dunkelheit und etwas zu essen. Und dann erlebt er: Hier komme ich nicht einfach nur unter. Ich bin willkommen.

Manche Klöster hatten das als Wahlspruch: „Die Tür steht offen, das Herz noch mehr!“ Mich beeindruckt die Haltung, die hinter diesem Satz steht. Eine klare Botschaft an den, der da an der Tür geklopft hat: Du bist willkommen. Wir fragen nicht, wer du bist, wieviel Geld du hast. Trau dich, hierherzukommen. Wir versuchen, gute Gastgeber für Dich zu sein.

Wenige Tage, nachdem ich den Satz in der alten Klosterkirche gelesen hatte, ist er mir in einem ganz anderen Zusammenhang begegnet. Auf dem Flyer von einem Kinderhospiz. Wo sterbende Kinder und ihre Familien begleitet werden.  

Die Tür steht offen, das Herz noch mehr - für Familien, die ihr Kind verabschieden müssen. Und für die Kinder sowieso. Ihr habt so viel durchzustehen. Damit müsst ihr nicht alleine sein. Hier bist du willkommen. Mit deinem Schmerz und deinem Lachen.

Ich kann mir diesen Satz auch gut für die Obdachlosenhilfe in meiner Stadt vorstellen. Hier bist du willkommen, mit deinen Sorgen, mit deiner Geschichte. Hier gibt es eine Dusche und ein offenes Ohr, ein warmes Essen und Beratung.

Oder als Überschrift für eine Kirchengemeinde: hier bist du willkommen. Mit deinen Fragen und Themen, egal, wer du bist und ob du von hier bist oder nicht.

Oder als Überschrift für das Job-Center oder für die Flüchtlingsberatung oder für ein Pflegeheim.

Immer mit dieser Grundhaltung: Du bist hier willkommen. Einfach weil du Mensch bist. Ein Mensch auf Augenhöhe.

Ich bin froh, dass es in unserer Gesellschaft offene Türen und offene Herzen gibt. Wir Menschen brauchen es, dass andere offen für uns sind. Und wir können selbst offen für andere sein. Ein Mensch für den andern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38032
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

21JUL2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Haben Sie diese Woche schon geweint? Eine sehr persönliche Frage. Und die meisten Erwachsenen reden nicht gern darüber – jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit.

In einem schlauen Artikel habe ich gelesen, dass wir im Lauf unseres Lebens etwa 70 Liter Tränen vergießen. Das ist eine Menge: 7 volle Wassereimer. 4,2 Millionen Tränen. Viele dieser Tränen weinen wir schon als kleine Kinder. Aber fürs Erwachsenenalter bleibt da noch einiges übrig. Auch Tränen, die im Verborgenen fließen. Wir weinen, wenn wir traurig sind oder zornig oder erschöpft oder völlig überwältigt. Auch vor Glück, die Freudentränen. Und wenn doch mal jemand öffentlich weinen muss – bei einer Beerdigung zum Beispiel - , dann erlebe ich bei trauernden Angehörigen manchmal, dass sie sich für ihre Tränen entschuldigen. Vor allem Männer. Dabei sind Tränen ja nichts, wofür wir uns schämen müssten. Sie erzählen etwas von uns, von unsrem Leben.

In einem Gebet der Bibel habe ich dazu einen Satz gelesen, den ich faszinierend finde: „Gott, sammle meine Tränen in einen Krug. Ohne Zweifel, du zählst sie.“ Ein ungewöhnlicher Gedanke: Gott sammelt Tränen. Sammeln oder aufbewahren, das mache ich eher mit etwas Schönem, das ich nicht vergessen will. Ein Reiseandenken oder Familien-Photos. Aber in dem Gebet möchte jemand, dass Gott seine Tränen sammelt. 4,2 Millionen. Da sagt jemand (übrigens ein Mann!): Meine Tränen sind wichtig. Sie erzählen auch eine Geschichte. Und Gott fühlt mit mir.

Ich habe um einen Menschen geweint, den ich vermisse. Ich war überwältigt von Glück. Ich habe zutiefst mitgefühlt mit einem Menschen, dessen Not mich beelendet hat. Und manchmal ist mir zum Heulen zumute, wenn ich in den Nachrichten von einer Katastrophe höre oder von schamloser Ungerechtigkeit.

Ich schäme mich meiner Tränen nicht. Ich schäme mich nicht dafür, dass mir manches nah geht. Vielleicht hilft mir gerade mein Mitgefühl dabei, einem anderen Menschen in seiner Not zu helfen, so gut ich kann. Dann wären die Tränen der Anfang davon, dass ich versuche, etwas zum Guten zu verändern.

Ich weiß nicht, bei der wievielten Träne ich inzwischen angekommen bin. Aber jedenfalls will ich sie nicht einfach wegwischen. Sie erzählen eine Geschichte. Meine Geschichte.

Bibelstelle: Psalm 56,9

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38031
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

20JUL2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Ach, da fragen wir den Mohammed!“ Meine Viertklässler hatten das gleich als Lösung parat, als ich auf eine schwierige Frage keine Antwort gewusst habe. Anna hatte gefragt: „Stimmt es, dass man eine Moschee mit dem rechten Fuß zuerst betreten muss?“ „Keine Ahnung“, habe ich gesagt, „aber ich kann mich schlau machen.“ „Ach, da fragen wir den Mohammed!“ Mohammed ist ein Mitschüler. Er ist Moslem. Jetzt ist er als Experte für seine Religion gefragt. Wenn ihm die Frage zu schwer ist, wird er einfach seine Eltern fragen.

Wir haben uns überlegt, dass Mohammed dann fairerweise auch die evangelischen Kinder etwas fragen darf. Schließlich sind sie so etwas wie Experten für ihren Glauben. Die Kinder warten jetzt gespannt auf seine Fragen. Wenn sie keine Antwort wissen, können sie sich ja immer noch schlau machen und lernen dann selbst etwas dazu.

Jan hatte in der Zwischenzeit schon weitergedacht. „Kennst Du einen Juden, hier an der Schule?“ Wieder musste ich passen: „Das weiß ich nicht. Das sehe ich einem Kind ja nicht an.“ Besorgt haben sie die nächste Frage hinterhergeschoben. „Und wen fragen wir dann, wenn wir etwas über das Judentum wissen wollen?“ Ihnen ist klar: In unsrer Stadt gibt es keine jüdische Gemeinde, die wir besuchen oder einladen könnten.

Ich vermute, so aufgeweckte Kinder wie meine haben dazu beigetragen, dass vor einigen Jahren eine Aktion erfunden worden ist, die Treffen mit jüdischen Menschen organisiert.  „Meet a Jew“ heißt sie, „Triff einen Juden“. Schulklassen und Gruppen können einen jüdischen Menschen aus ihrer Region einladen, um mehr über sein Leben und seine Religion zu erfahren. In der Regel sind das junge Leute. Auch sie sind Experten, für ihre Religion. Also versuchen sie, die Fragen von Kindern und Jugendlichen zu beantworten. Fragen wie: „Feiert Ihr Weihnachten?“

Ich finde es gut, dass Menschen aus verschiedenen Religionen nicht nur übereinander reden, sondern miteinander. So lernen sie einander besser kennen und verstehen, was für die anderen wichtig ist.

Und was das Judentum angeht: schon meine kleinen Reli-Experten wissen, dass Jesus ein Jude war. Und dass unser Altes Testament das Heilige Buch des Judentums ist. Noch ein Grund mehr, miteinander ins Gespräch zu kommen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38030
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

19JUL2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Haben Sie einen Tauf-Paten, eine Patin? Im Juni haben wir in meiner Kirchengemeinde ein großes Tauffest gefeiert: dabei sind 30 Kinder getauft worden. Da war richtig was los. Ein großer Tag für alle, für die Gemeinde, die Tauf-Familien und für die vielen, vielen Patinnen und Paten. Ich habe mich gefreut, sie zu erleben. So unterschiedliche Menschen haben dieses besondere kirchliche Amt übernommen. Leute aus der Familie oder aus dem Freundeskreis. Manche waren ganz jung, vielleicht 16, 17 Jahre alt. Andere haben schon einiges an Lebenserfahrung mitgebracht.

Ich habe selbst 2 Patenkinder und weiß noch: ich habe mich gefreut, als ich gefragt worden bin. Zugleich habe ich Respekt vor dieser Aufgabe gehabt.
Und ich musste an meinen eigenen Patenonkel denken. Er ist schon längst gestorben. Da war ich noch ein kleines Kind. Ich weiß aber noch, dass ich mich bei ihm gut aufgehoben gefühlt habe. Und wie er sich geduldig Zeit genommen hat, um mit mir zu üben, wie man Häuser malt.

Und meine Patentante hat oft für mich gebetet. Das fand ich gut als Jugendliche. Irgendwie beruhigend. Sie hat es auch noch gemacht, als ich schon konfirmiert war.
Mit der Konfirmation endet offiziell das Patenamt. Aber gute Weggefährten kann man ja auch später noch gebrauchen.

Es ist etwas Besonderes, Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu begleiten. Im Grunde geht es darum, ihnen zu helfen, den christlichen Glauben kennenzulernen und zu entdecken, was es heißt, zur großen weltweiten christlichen Gemeinschaft dazuzugehören. Ihnen Zeit schenken und Liebe, das finde ich als Grundvoraussetzung wichtig. So dass sie spüren, dass sie mit ihren Fragen und dem, was ihnen wichtig ist, immer willkommen sind. Ich versuche, ihnen vorzuleben, was für mich wichtig ist. Gerade auch, wenn es um den Glauben geht.

Allen, die in diesem Sommer Pate oder Patin werden, wünsche ich jedenfalls alles Gute und Gottes Segen für ihre wunderschöne Aufgabe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38029
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

18JUL2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Heute bin ich ganz Ohr. Ich glaube, wir hören einander nicht automatisch gut zu. Dazu muss man sich entscheiden und Zeit dafür reservieren. Sonst frage ich doch wieder nur im Vorbeisausen: „Wie geht’s Dir?“ Da mache ich ja durch mein Tempo schon deutlich: Ich habe gerade keine Zeit und keinen Nerv, zuzuhören. Aber wenn ich frage, dann will ich ganz Ohr sein für die Antwort. Das geht nicht nebenher, während ich parallel noch Nachrichten auf dem Handy checke. Wenn ich jetzt keine Zeit habe, könnten wir später telefonieren oder uns auf einen Kaffee verabreden.

Du bist wichtig. Was dich beschäftigt, was dir auf der Seele liegt, das verdient meine Zeit und meine Aufmerksamkeit. Also bin ich ganz Ohr. Heißt auch: Ich halte meine Zunge im Zaum. Ich versuche nicht, umgehend meine vielen guten Tipps loszuwerden. Ich erzähle jetzt keine spannenden Geschichten aus meinem Leben und dass mich das, was du erzählst, irgendwie an den Freund meines Schwagers erinnert. Jetzt geht es um dich. Nicht um mich. Also bleibe ich bei dir und versuche, dich zu verstehen.

Beim Zuhören ganz Ohr sein – dazu steht in der Bibel: „Jeder Mensch soll schnell bereit sein zuzuhören. Aber er soll sich Zeit lassen, bevor er selbst etwas sagt oder gar in Zorn gerät.“

Da ist sie wieder, die Sache mit der Zeit und den vorschnellen Antworten. Aber spannend finde ich auch den Gedanken: Manches will ich nicht gern hören. Da könnte ich mich sofort aufregen. Es passt mir nicht. Vielleicht will mir jemand etwas Kritisches sagen und ich bin gerade nicht bereit dafür. Lass dir Zeit, sagt der alte Bibeltext. Hör erstmal zu. Versuch zu verstehen, worum es geht. Frag nach. Und dann denk in Ruhe darüber nach. Frag vielleicht auch noch bei anderen nach, wie die das sehen. Aufregen kannst du dich dann immer noch. Und dann gibt es hoffentlich Menschen, die ganz Ohr für dich sind, und für das, was dich beschäftigt.

Jakobus 1,19 (Übersetzung: BasisBibel)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38028
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

17JUL2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

In dieser Woche startet in meiner Gemeinde der neue Konfirmandenjahrgang. Ein ganzer Schwung von 13-jährigen Jugendlichen wird sich einige Monate lang regelmäßig treffen, um den christlichen Glauben genauer unter die Lupe zu nehmen. Die eigenen Fragen und Themen diskutieren, erkunden, was der Glaube heutzutage mit dem Leben zu tun haben könnte, und ein diakonisches Projekt miterleben: Das und noch mehr werden sie auf dem Weg zu ihrer Konfirmation im nächsten Jahr erleben.

Die Grund-Idee der Konfirmation ist: selbst entscheiden. Nichts gegen die Eltern, aber am Ende, im Konfirmationsgottesdienst, werden die Jugendlichen selbst gefragt, ob sie auf Gott vertrauen wollen. Das wird ihnen zugetraut und zugemutet, dass sie das jetzt selbst für sich entscheiden können. Ist das meins? Im Gottesdienst werden sie gesegnet für ihren Weg als mündige Christenmenschen. Ihnen wird zugesagt: Gott wird dich begleiten und für dich da sein.

Bei der Konfirmation bekommen die Jugendlichen einen Satz aus der Bibel. Ihren Konfirmationsspruch. Früher hat der Pfarrer den Spruch für einen ausgesucht. Heutzutage ist es in vielen Gemeinden üblich, dass die Jugendlichen sich selbst einen Bibelvers aussuchen. Auch dabei sind sie als mündige Christen gefragt. Sie können überlegen, was für sie wichtig ist im Leben, und was der Glaube damit zu tun hat. Ich bin oft überrascht, was sie beschäftigt und welche Sprüche sie sich aussuchen. Bei der letzten Konfirmation haben sich 2 Jungs den Spruch ausgesucht: „Gott, sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten!“ Die Jungs haben gesagt, es gibt so viel Dunkles in der Welt, und Unaufrichtigkeit. Und sie machen sich Sorgen, dass das überhandnimmt. Darum diese Bitte: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten!“ Ich war beeindruckt.

Es hat übrigens gedauert, bis sich die Konfirmation in der evangelischen Kirche durchgesetzt hat. Das war erst im 17./18. Jahrhundert. Ich bin froh, dass es sie gibt. Dass sich junge Leute selbst mit dem Glauben auseinandersetzen, gesegnet werden, und als mündige Christen durchstarten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38027
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

15APR2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Spenden kann man üben. Das hat zumindest Maimonides gesagt, ein jüdischer Gelehrter, der im 12. Jahrhundert gelebt hat. Er war kein reicher Mann. Aber der Glaube war für ihn sehr wichtig. Und für ihn war klar: Glaube und Nächstenliebe, das gehört zusammen. Heißt auch: Spenden ist nicht Kür, sondern Pflicht.

Die Bibel spricht oft davon, dass wir Menschen miteinander teilen sollen. Beim Propheten Jesaja klingt das z.B. so: „Teil dein Brot mit dem Hungrigen, nimm die Armen und Obdachlosen ins Haus auf.“ Der Glaube an Gott zeigt sich auch darin, wie wir mit Menschen umgehen, die nicht genug zum Leben haben. Also: Spenden. Etwas abgeben. Und das kann man üben!
Maimonides hat ein ganzes Stufenprogramm entwickelt, von Level 1 bis Level 8.

Level 1 ist die unfreundliche Gabe. Also wenn ich zwar etwas abgebe, aber dabei knurrig oder gönnerhaft auftrete. So beschäme ich den, der etwas von mir braucht. Obwohl wir doch beide Menschen sind, beide Gotteskinder - und damit auf einer Augenhöhe. Egal, wer von uns beiden mehr Geld hat.

Auf Level 2 in Maimonides‘ Programm bin ich schon so weit, dass ich gern spende. Aber leider nicht hilfreich. Denn ich weiß zu wenig, was der andere Mensch wirklich braucht. Auf Level 3 gebe ich etwas, weil ich darum gebeten worden bin. Auf Level 4 gebe ich unaufgefordert, weil ich aufmerksam genug war, um die Not anderer mitzubekommen. 

Auf den nächsten Stufen geht es darum, dass der Mensch, der etwas bekommt, nicht abhängig wird von dem, der etwas gibt. Maimonides findet: es ist gut, wenn einer der beiden anonym bleibt, oder beide. Sie sollen einander auf der Straße unbefangen begegnen können.

Die höchste Stufe wäre dann mit Level 8 erreicht: das ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Menschen, die zunächst auf eine Spende angewiesen sind, werden so nachhaltig unterstützt, dass sie künftig auf eigenen Beinen stehen können. Als Beispiel dafür ist mir ein Hilfsprojekt in Afrika eingefallen, bei dem mittellosen Frauen eine Ausbildung zur Näherin finanziert worden ist. Seither können sie ihre Familien selbst versorgen. Der alte Maimonides wäre begeistert. Zu Recht.

Ich lerne von ihm: Spenden ist wichtig. Und: Spenden kann man üben. Ich bin sicher, da geht noch was.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37435
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15APR2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Spenden kann man üben. Das hat zumindest Maimonides gesagt, ein jüdischer Gelehrter, der im 12. Jahrhundert gelebt hat. Er war kein reicher Mann. Aber der Glaube war für ihn sehr wichtig. Und für ihn war klar: Glaube und Nächstenliebe, das gehört zusammen. Heißt auch: Spenden ist nicht Kür, sondern Pflicht.

Die Bibel spricht oft davon, dass wir Menschen miteinander teilen sollen. Beim Propheten Jesaja klingt das z.B. so: „Teil dein Brot mit dem Hungrigen, nimm die Armen und Obdachlosen ins Haus auf.“ Der Glaube an Gott zeigt sich auch darin, wie wir mit Menschen umgehen, die nicht genug zum Leben haben. Also: Spenden. Etwas abgeben. Und das kann man üben!
Maimonides hat ein ganzes Stufenprogramm entwickelt, von Level 1 bis Level 8.

Level 1 ist die unfreundliche Gabe. Also wenn ich zwar etwas abgebe, aber dabei knurrig oder gönnerhaft auftrete. So beschäme ich den, der etwas von mir braucht. Obwohl wir doch beide Menschen sind, beide Gotteskinder - und damit auf einer Augenhöhe. Egal, wer von uns beiden mehr Geld hat.

Auf Level 2 in Maimonides‘ Programm bin ich schon so weit, dass ich gern spende. Aber leider nicht hilfreich. Denn ich weiß zu wenig, was der andere Mensch wirklich braucht. Auf Level 3 gebe ich etwas, weil ich darum gebeten worden bin. Auf Level 4 gebe ich unaufgefordert, weil ich aufmerksam genug war, um die Not anderer mitzubekommen. 

Auf den nächsten Stufen geht es darum, dass der Mensch, der etwas bekommt, nicht abhängig wird von dem, der etwas gibt. Maimonides findet: es ist gut, wenn einer der beiden anonym bleibt, oder beide. Sie sollen einander auf der Straße unbefangen begegnen können.

Die höchste Stufe wäre dann mit Level 8 erreicht: das ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Menschen, die zunächst auf eine Spende angewiesen sind, werden so nachhaltig unterstützt, dass sie künftig auf eigenen Beinen stehen können. Als Beispiel dafür ist mir ein Hilfsprojekt in Afrika eingefallen, bei dem mittellosen Frauen eine Ausbildung zur Näherin finanziert worden ist. Seither können sie ihre Familien selbst versorgen. Der alte Maimonides wäre begeistert. Zu Recht.

Ich lerne von ihm: Spenden ist wichtig. Und: Spenden kann man üben. Ich bin sicher, da geht noch was.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37430
weiterlesen...