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SWR4 Abendgedanken

„Den kann ich nicht riechen!“ – sagen viele, wenn sie einen Menschen nicht mögen. Mit ihm wollen sie nichts zu tun haben. Schon wenn sie seinen Namen hören, kriegen sie schlechte Laune. Offenbar ist die Nase mehr als nur ein Sinnesorgan. Sie ist verknüpft mit unseren inneren Gefühlen.

Das kann ich bestätigen. Wenn ich in der Weihnachtszeit Zimt rieche, erinnere ich mich an meine Kindheit. Ich denke an die besonderen Lebkuchen, die es nur am Heiligen Abend gab. Die habe ich mir immer gut eingeteilt, damit sie möglichst lange reichen.

Dass das Riechen schöne Erinnerungen und Gefühle wecken kann, erlebt auch die alte Frau, deren Mann ich beerdigt habe. Sie hat erzählt: „Hin und wieder nehme ich die Strickjacke meines Mannes, die immer noch im Schrank hängt, und dann rieche ich an ihr. Und dann weiß ich wieder, dass es ihn gab und wie es mit ihm war.“ Der Geruch weckt die schönen Erinnerungen in ihr.

Aber es gibt auch das andere, dass Düfte und Gerüche uns an etwas Schlimmes erinnern. „Ich gehe sehr ungern in den Keller,“ hat mir meine Tante erzählt, „denn der modrige Geruch weckt meine Erinnerungen an die Stunden im Luftschutzkeller. Da hatte ich Angst und mir war kalt.“

Auch Gott kann riechen. Das sagt die Bibel. Nachdem die furchtbare Sintflut vorbei und alles Land wieder trocken war, ist Noah mit seiner Familie aus der Arche gestiegen. Sie waren der Katastrophe entronnen. Da hat Noah, wie es damals Brauch war, einen Altar gebaut, ein Feuer darauf gemacht und für Gott ein Tier geopfert. Als Gott den Duft roch, erzählt die Bibel, gefiel er ihm so sehr, dass er beschlossen hat: „Nie mehr wieder will ich alles Leben auf der Erde vernichten. Die Menschen sind mir wertvoll und lieb, obwohl sie so böse sein können. Ich will in Zukunft gut für sie sorgen.“

Mit anderen Worten: Gott mag uns riechen! Ich finde, das ist eine schöne Vorstellung. Sie sagt mir: Gott rümpft nicht die Nase über uns und sagt: „Eure Bosheit stinkt zum Himmel! Mit euch will ich nichts mehr zu tun haben!“ So nicht, sondern: „Ihr seid meine geliebten Menschen. Ich will für euch sorgen. Darauf könnt ihr euch verlassen.“ Gott mag uns riechen. Ich finde, das ist ein tröstlicher Gedanke.

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SWR4 Abendgedanken

Heute ist der 9. November. Ein Datum, das ich nie vergessen werde. Vor 28 Jahren habe ich vor meinem kleinen schwarz-weiß-Fernseher gesessen und meinen Augen nicht getraut. Schlagbäume haben sich geöffnet, Menschen sind sich weinend vor Freude in die Arme gefallen. Auf der Mauer in Berlin kletterten Männer und Frauen und haben Sekt getrunken. Die DDR-Grenzsoldaten schauten dem Treiben zu ohne einzugreifen. Die Mauer zwischen Ost und West war gefallen. Der Freiheitswille der Menschen in der DDR hatte sie zum Einsturz gebracht. 

Kaum einer hatte mit dem Fall der Mauer gerechnet. Ich auch nicht. Ich war mit der Mauer großgeworden. Die Hälfte meiner Verwandtschaft lebte damals in der DDR. Wir haben sie jedes Jahr besucht. Reihum. Ich kenne das Warten an der Grenze. Das Herzklopfen. Das Gefühl, der Willkür der Grenzsoldaten ausgeliefert zu sein. Man wusste ja nie, ob sie einen herauswinken und erst einmal Stunden in der prallen Sonne stehen lassen, um dann Auto und Insassen von oben bis unten zu durchsuchen. Noch heute habe ich ein mulmiges Gefühl, wenn ich mich mit dem Auto der ehemaligen Grenze nähere. Aber da ist keine Grenze mehr! Für mich ist das auch nach 28 Jahren ein Wunder!

Ich bin überzeugt: Am 9. November 1989 hatte Gott seine Hände im Spiel. Dass es damals zu keinem Blutbad gekommen ist, ist auch Gott zu verdanken. 

Die Bibel hält für den heutigen 9. November einen Satz bereit, den Jesus gesagt hat, nachzulesen im Markusevangelium (Mk. 1,15; Herrnhuter Losungen): „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbei­gekommen. Wendet euch Gott zu und glaubt an die Gute Nachricht!“

Ich verstehe den Satz so: Es ist gut, wenn wir Gott nicht aus dem Blick verlieren. Denn er kann Dinge zum Guten wenden. Manchmal spürt man dann, wie er die Welt haben will. Dann ist das Himmelreich ganz nah. Vertraut darauf, dass Gott es gut mit euch meint. Ich finde, das passt zum 9. November, dem Tag der Wende. Dem Tag, für den ich Gott dankbar bin. 

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SWR4 Abendgedanken

„Schauen Sie mal, was ich hier habe“, hat der ältere Mann gesagt und mich in sein Wohnzimmer geführt. „Ich sammle Glücksmomente!“ Er stand vor einer Vitrine gefüllt mit großen und kleinen Gegenständen: einem Schaf, einem Feuerwehrauto, einem Schiff, ein paar Fotografien, einer Muschel, einem Stoffengel. „Es sind keine wertvollen Dinge“, hat der Mann gesagt. „Aber sie erinnern mich an besondere Glücksmomente in meinem Leben. Das macht ihren Wert für mich aus. Mit diesem Feuerwehrauto habe ich als kleiner Junge gespielt. Die Muschel erinnert mich an die herrlichen Urlaube an der Nordsee als unsere drei Kinder klein waren. Der Stoffengel an den Autounfall, den ich nur um Haaresbreite überlebt habe. Wissen Sie“, hat er hinzugefügt, „immer wenn ich niedergeschlagen bin, öffne ich die Vitrinentür und nehme einen der Gegenstände in die Hand. Dann erinnere ich mich an das Glück und das macht mich wieder froh und dankbar.“    

Mich hat dieser Mann beeindruckt. Wie recht er doch hat! Denn das kenne ich auch: Glücksmomente, die im Alltag aber leicht untergehen. Ich vergesse sie schnell wieder. Wie schade! Wir sollten solche Glücksmomente festhalten, meine ich. Und uns immer wieder einmal die Zeit nehmen, uns an sie zu erinnern. Dann blühen sie gewissermaßen in uns auf. Das macht zufrieden und dankbar. Gerade dann, wenn es einem schwer ums Herz ist.

Der alte Mann hat die Vitrinentür geöffnet und nach einem kleinen Kompass gegriffen. „Er zeigt mir nicht nur an, wo Norden ist“, hat er mir erklärt, „er ist für mich auch ein Fingerzeig zum Himmel. Er erinnert mich an Gott. Gott habe ich alle meine Glücksmomente zu verdanken. Ich hoffe, dass ich auch weiterhin mit Gottes Segen rechnen kann, und dass noch mancher schöne Gegenstand in meine Vitrine kommt.“

Mit seinem Schränkchen voller Glück konnte der alte Mann die schweren Momente seines Lebens in einem anderen Licht sehen. Mein Besuch bei ihm gehört für mich zu den Glücksmomenten in meinem Leben, die ich nicht mehr vergessen möchte.

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SWR4 Abendgedanken

„Ich verstehe meine Kinder und Enkel nicht mehr“, hat mir eine alte Frau gesagt. „Ich verstehe die Musik nicht, die sie lieben. Ich verstehe die Bücher nicht, die sie lesen und ihnen wichtig sind. Sie sprechen eine andere Sprache als wir Alten. Sie schätzen nicht mehr, was uns wichtig ist. Es ist wohl an der Zeit, dass wir Alten abdanken.“

Abdanken ist ein schönes, altes Wort, finde ich. Warum sagt die alte Dame das so traurig, habe ich mich gefragt. Abdanken meint doch, sich mit Dank zu verabschieden. Nicht in Bitterkeit und Resignation sich von den Anderen abzuwenden. Aber wie bekommt man das Abdanken gut hin? 

Vielleicht, indem wir Eltern ernst nehmen, dass unsere Kinder ihre eigenen Wege gehen. So wie wir früher eigene Wege gegangen sind. Unsere Kinder sind ja nicht dazu da, unser Leben fortzusetzen. Sie haben ein Recht auf eigene Entscheidungen und Entdeckungen. Manchmal führen die auf Abwege. Aber davor können wir sie nicht bewahren. Jede Generation muss ihre eigenen Erfahrungen machen.

Als Christ glaube ich, dass Gott jeden Menschen kennt. „Herr, du kennst mich…du verstehst meine Gedanken von ferne…und siehst alle meine Wege“ - betet ein Mensch in der Bibel. (Psalm 139, 1+2). Er hat erfahren, dass Gott ihn auch dann nicht im Stich gelassen hat, als er verkehrte Wege gegangen war. Wege, die ins Unglück geführt haben. Aber auch da war Gott bei ihm. „Von allen Seiten umgibst du mich“, bekennt der Mensch, und fügt dankbar hinzu: „Ich bin ganz in deiner Hand.“

Ich glaube, solches Gottvertrauen kann Eltern und Großeltern helfen mit dem Leben der Kinder und Enkel zurechtzukommen, auch wenn es einem manchmal fremd ist. Auch ihr Leben hält Gott in seinen Händen. Wer das glauben kann, wird seine Kinder und Enkel in heiterer Gelassenheit begleiten, im Vertrauen auf Gott auch ihnen das Beste zutrauen - und für sie beten. Ich bin überzeugt: Dann fällt es leichter, in Gelassenheit abzudanken. Das wünsche ich der alten Dame und allen, die sich um Kinder und Enkel sorgen.     

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SWR4 Abendgedanken

„Und wenn morgen die Welt unterginge: Ich würde heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ In diesem Reformationsjahr haben Sie den Satz bestimmt schon öfter gehört. Martin Luther hat das gesagt. Wahrscheinlich jedenfalls. Und ich meine, es passt zum Reformator und seinem Gottvertrauen.

Aber ich finde: Mit dem Pflanzen von Bäumen muss man nicht bis zum Weltende warten. Meine Frau und ich haben vor zwei Jahren einen Birnbaum zum Einzug in unser neues Pfarrhaus geschenkt bekommen, eine „Pastorenbirne“. Wir haben den Birnbaum gleich eingepflanzt, aber er wächst nur sehr langsam. Wir sind gespannt, wann er das erste Mal kleine Birnen trägt. Aber vielleicht werden das ja erst die nach uns erleben. Ich stelle mir vor, wie später ein Kind in eine saftige Birne von unserem Baum beißt oder wie eine fröhliche Familienrunde unseren Birnensaft genießt. Darüber freue ich mich schon heute. Ich finde, einen Birnbaum pflanzt man auch für die, die nach uns kommen. So geben wir etwas an andere weiter, was uns wertvoll ist.

Das müssen nicht Birnen sein oder Äpfel. „Ich versuche, den Glauben weiterzugeben an meine Kinder“, hat eine junge Mutter gesagt. „Ich lese ihnen aus der Kinderbibel vor und bete mit ihnen. Ich möchte ihnen zeigen, dass Gott für sie da ist. Ich wünsche mir, dass meine Kinder Gottvertrauen lernen. Denn mit Gottvertrauen geht das Leben leichter.“

Auch dem Herrn von Ribbeck war es wichtig, etwas vom dem, was ihm wertvoll war, an andere weiterzugeben. Der Dichter Theodor Fontane hat seine Geschichte erzählt. Und die geht so: Der freigebige Herr von Ribbeck hat die Birnen des Baumes in seinem Garten an vorbeikommende Kinder verschenkt. Die haben sich sehr darüber gefreut. Als der alte Ribbeck seinen Tod nahen fühlte, hat er verfügt, dass ihm eine Birne mit in sein Grab gelegt wird. Aus dieser ist ein neuer Birnbaum gewachsen, von dessen Früchten sich die Kinder frei bedienen konnten. So hat der alte Herr auch nach seinem Tod den Kindern eine Freude gemacht. Und das war ihm wichtig. Das Gedicht schließt mit den Worten: „So spendet Segen noch immer die Hand des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.“

Etwas von dem, was einem wertvoll ist, an andere weitergeben. Gottvertrauen z.B. oder Freude. Ich finde, Martin Luther hat recht: Damit soll man gleich heute noch anfangen.

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SWR4 Abendgedanken

Kennen Sie die Glücksformel? Wenn Sie die anwenden, werden Sie garantiert glücklich, sagt ihr  Erfinder. Die Glücksformel lautet so: G ist gleich V plus L plus W. Das klingt kompliziert. Ist es aber nicht. Jeder Buchstabe hat eine Bedeutung. G steht für Glücklichsein. Und zum Glücklichsein braucht es drei Dinge.

Das Erste ist die Veranlagung, V. Es gibt Menschen, die sind immer gut gelaunt, einfach gut drauf. Sonnenschein-Menschen will ich sie einmal nennen. Darum das V für Veranlagung.

Das Zweite sind die Lebensumstände, L. Wer zum Beispiel eine glückliche Kindheit erlebt hat, oder wer liebevolle Beziehungen genießt, der bringt gute Voraussetzungen zum Glücklichsein mit. Das sagen auch die Psychologen. Dazu gehört auch die Beziehung zu Gott, sagt die Bibel. Auch die macht glücklich. „Gott nahe zu sein ist mein Glück!“, heißt es in Psalm 73. Darum L, die Lebensumstände.

Und das Dritte ist der Wille, W. Der französische Philosoph und Schriftsteller Voltaire hat das gewusst. Er hat gesagt: „Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein.“ Es braucht den Willen zum Glücklichsein!

Das wusste anscheinend auch die ältere Frau, die ich besucht habe. Sie wohnt alleine. Oft geht es ihr gesundheitlich nicht gut. In ihrer Küche hängt ein Stundenplan wie man ihn von der Schule kennt. Alle sieben Tage sind aufgeführt, Montag bis Sonntag. Quer über alle Tage steht in großen Buchstaben geschrieben nur ein einziges Wort: „Glücklichsein“. Genau das nimmt sich die alte Frau jeden Morgen vor: Ich will heute glücklich sein! Wie sie das macht? Sie schaut bewusst auf das Schöne und Gute und Gelungene - und freut sich. Zum Beispiel über die Blumen auf ihrem Balkon, die so herrlich leuchten. Oder über den Besuch der Nachbarin, die vom Markt leckeres Obst vorbeibringt. Das Schöne bewusst wahrzunehmen macht glücklich. Darum W, der Wille. Der ist wichtig.

Und so lautet die Glückformel: Glücklichsein ist gleich V für Veranlagung plus L für Lebensumstände plus W für Wille. Ob die Glücksformel stimmt? Einfach ausprobieren! Dazu wünsche ich Ihnen: viel Glück!

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SWR4 Abendgedanken

Seine Asche wurde in den Rhein gestreut. Nichts sollte von ihm übrigbleiben, niemand sollte sich an ihn erinnern können. Doch das Gegenteil ist eingetreten: Jan Hus ist zum Nationalhelden der Tschechen geworden – und das ist er heute noch. Auf den Tag genau heute vor 602 Jahren, am 6. Juli 1415 ist der böhmische Priester Jan Hus in Konstanz als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Wie ist es dazu gekommen?

Als junger Mann hat Jan Hus die Bibel intensiv studiert – so wie Martin Luther 100 Jahre später. Statt in Latein hat er in seiner Muttersprache gepredigt, damit die Menschen die Bibel besser verstehen – so wie Luther später auch. Jan Hus hat Teile der Bibel ins Tschechische übersetzt, damit die Menschen sie selber lesen können. Das Bibelstudium hat ihn zu einem scharfen Kritiker der Kirche gemacht. Dass viele Priester trotz Zölibat mit Frauen zusammenlebten, dass selbst Bettelorden reich waren, dass man sich mit Ablassbriefen vom Fegefeuer freikaufen konnte, dass der Papst und nicht Christus das Oberhaupt der Kirche war – das alles widersprach nach seiner Meinung der Bibel. „Allein auf die Bibel sollt ihr hören und nicht auf die verderbten Priester und Bischöfe!“, hat er von seiner Prager Kanzel gerufen. „Vertraut allein auf Jesus Christus!“ Das haben die Mächtigen in der Kirche nicht gern gehört. Es kam zum Konflikt. Im Sommer 1415 sollte Jan Hus seine Ansichten vor dem Konstanzer Konzil, der Versammlung der Bischöfe und Fürsten, widerrufen. Er hat sich geweigert und ist als Ketzer zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt worden. 

Heute zählt Jan Hus neben Martin Luther, Ulrich Zwingli und Johannes Calvin zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Reformationszeit. Ja, für Martin Luther war er sogar ein Vorbild im Glauben. „Wir sind alle Hussiten!“, soll Luther ausgerufen haben.
In diesem Jahr 2017 gedenken die Evangelischen der Reformationsgeschichte. Die hat lange vor Martin Luther begonnen. Mit so mutigen Menschen wie den Prager Priester Jan Hus. Er hat auch dann noch treu zu seinem Glauben gestanden, als man ihn mit dem Tod bedroht hat. Ich finde: Dies alles ist eine Erinnerung an ihn wert.  

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SWR4 Abendgedanken

„Ich traue mich nicht, unseren Freunden zu sagen, dass unsere Tochter auf die Welt gekommen ist“, hat ein junger Vater gesagt und hinzugefügt: „Weil es unter ihnen ein Paar gibt, die warten seit Jahren vergeblich auf ein Kind. Die werden traurig sein, wenn sie von unserem Glück erfahren.“

Ich kann den jungen Vater verstehen. Auch ich kenne Paare, deren Kinderwunsch unerfüllt geblieben ist. Für die ist das ein großer Schmerz. Von anderen bekommen sie oft Ratschläge verpasst: „Ihr müsst euch entspannen. Fahrt weg, macht Urlaub, dann klappt das schon mit dem Nachwuchs!“ Oder „Ihr müsst einfach mehr beten!“ Mit jedem gutgemeinten Ratschlag wächst der Druck, dass es jetzt doch wirklich klappen muss. Alle lauern schon, warten auf die erlösende Nachricht. Monat für Monat vergeht – aber die Wiege der Sehnsucht bleibt leer.

Kinderlosigkeit – das kannten auch die Menschen in der Bibel. Die vertrauten darauf, dass Gott ihr Leid sieht und ihnen Kraft und Geduld gibt. Das Beten hat ihnen dabei geholfen. „Wenn ich zu dir bete, gibst du meiner Seele große Kraft“, sagt der Beter des 138. Psalms.

Aber was ist, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt? Eine junge Frau, die keine Kinder bekommen kann, hat einmal gesagt: „Für mich bedeutet Fruchtbarkeit, anderen Menschen zu helfen. Auch so kann man Leben zum Wachsen bringen. Und das ist nicht gebunden an die Geburt eines Kindes.“ Sie engagiert sich in einem Projekt für Kinder und Jugendliche aus zerrütteten Familien. Sie besucht sie, macht mit ihnen Hausaufgaben und hilft ihnen, ihre Freizeit zu organisieren.

Mich beeindruckt diese junge Frau. Sie hat gelernt, ihre Kinderlosigkeit anzunehmen und eine neue Aufgabe für sich zu entdecken. Sie hat darauf vertraut, dass Gott eine Aufgabe für sie bereithält. Und dazu die nötige Kraft. Zugegeben, sie hatte sich das anders gewünscht. Aber inzwischen ist sie zufrieden mit ihrer Aufgabe.
Solches Gottvertrauen wünsche ich allen Paaren, deren Kinderwunsch unerfüllt bleibt.

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SWR4 Abendgedanken

„Der findet in jeder Suppe ein Haar.“ So sagt man von einem Menschen, der mit nichts zufrieden ist. Immer nörgelt er an allem herum. „Der Bus hatte schon wieder Verspätung!“ „Der Friseur ist unmöglich teuer!“ „Die Jugend heutzutage weiß nicht, was sich gehört!“ Vielleicht kennen Sie solche Menschen. Die legen sich auf die Lauer nach Dingen, die sie ärgern könnten. Mal ist es das Wetter, mal das laute Nachbarskind. Und mit dem Gemecker versauen sie sich jeden Tag.

Alles zu kritisieren scheint ein Merkmal unserer Gesellschaft zu sein. Bereits in der Schule geht es los mit dem Anstreichen von Fehlern. Nicht das Gelingen wird belohnt, sondern das Scheitern betraft. Läuft was gut, scheint das nicht der Rede wert zu sein. Oder wie man bei uns im Schwabenland sagt: „Nicht geschimpft ist genug gelobt.“

Ein Freund von mir macht das anders. Der sagt nur, was ihm gefällt. Zu der jungen Bedienung im Cafe sagt er: „Toll, wie flink sie sind!“ Seinen Nachbarn lobt er für das neue Garagentor: „Eine schöne Farbe, prima!“ Er findet täglich hundert Gelegenheiten zu loben. Das bedeutet aber nicht, dass er den ganzen Tag mit einem aufgesetzten Lächeln herumläuft. Er schaut einfach mit einem freundlichen Blick auf die Welt und stellt täglich fest, wie schön das Leben in all seinen Kleinigkeiten ist. Und dann lobt er aufrichtig, wenn er sich über etwas freut. Das sorgt für gute Laune bei ihm selber und bei denen, die er lobt. „Loben zieht nach oben“, sagt man ja auch. 

Das weiß auch die Bibel. Im Buch Jesus Sirach (18,17) heißt es: „Ein gutes Wort ist oft wichtiger als ein großes Geschenk.“ Probieren Sie es aus! Sagen Sie zu Ihrem Ehepartner: „Gut, dass ich dich habe!“ Oder loben Sie ihre Mitarbeiterin: „Das haben Sie wirklich prima gemacht!“ Loben Sie ihr Fußball spielendes Enkelkind: „Du hast richtig super gespielt!“ Die werden sich freuen und kriegen garantiert gute Laune. Und haben wieder mehr Freude am Leben und auch an dem, was sie tun. Dann geht es auch besser. Sie werden sehen: So ein Lob wirkt Wunder. In jedem Fall sorgt es für ein Gefühl der Zufriedenheit. Wie bei meinem Freund. Und das tut allen gut.

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SWR4 Abendgedanken

„Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit...“ Wer das singt, steht schon mitten drin in einem blühenden Garten: Süß duften die Rosen, mächtige Bäume geben Schatten. Die Sonne wärmt die Haut und ganz in der Nähe plätschert ein Bach. „…schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben“, heißt es im Lied. Ich finde, das ist ein richtiges Gute-Laune-Lied.

Geschrieben wurde es von einem, dem es oft schwer ums Herz war. Paul Gerhardt. Er war Pfarrer und hat den Dreißigjährigen Krieg miterlebt. Ganze Landstriche mit ihren Häusern und Menschen wurden damals verwüstet. Aus blühenden Gärten wurde verbrannte Erde.

Auch persönlich hatte Paul Gerhardt schwere Schicksalsschläge zu durchleiden. Von den fünf Kindern, die er und seine Frau Anna Maria bekommen haben, hat nur ein einziges überlebt. Wie kann man so etwas Schlimmes erleben und je wieder glücklich sein?  

Paul Gerhardt hat Trost in der Natur gefunden – und in seinem Glauben. So hat er sinngemäß gesagt: Das Leben hier auf dieser Erde ist von Krieg und Tod geplagt und doch immer wieder auch schön. Wie schön muss es dann erst dort im Himmel sein! In seinem Lied heißt es so: „Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du’s uns so lieblich gehen auf dieser armen Erden: was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden!“ 

Ich finde den Gedanken gut: Schöne Momente im Leben sind ein Vorgeschmack auf den Himmel. Ein schöner Sonnenuntergang zum Beispiel. Oder das fröhliche Singen der Vögel. Oder leckere Erdbeeren, die auf der Zunge zergehen. Das alles schmeckt nach Himmel. Im Himmel ist es schön, sagt die Bibel. Da gibt es keine Kriege mehr, kein Leiden und keine Tränen. Im Himmel sorgt Gott dafür, dass es den Menschen gut geht. Auch den Kindern.

Dieser Gedanke hat Paul Gerhardt getröstet. Und so hat er dieses Lied gedichtet, das heute noch viele Menschen kennen und gerne singen: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit...“ Ein Lied, das garantiert gute Laune macht.

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