Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

 

SWR4

  

Autor*in

 

Archiv

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Haben Sie die WM auch schon vermisst? Also mir fehlt sie ein bisschen. Obwohl ich wirklich kein Fußball-Fan bin und manchmal den Hype um Mannschaft und alles, was dazugehört, ziemlich übertrieben finde.
Mir fehlt sie deshalb, weil sie weltweit viele Menschen in eine Art Ausnahmezustand versetzt hat. Da haben sich Freunde und Familie zum gemeinsamen Fußballschauen getroffen. Da wurden schon mal im Büro Leinwände aufgestellt oder gleich früher Feierabend gemacht. Plötzlich war alles, was sonst so wichtig ist, für viele zweitrangig.
Und so wie hier muss das an ganz vielen Orten der Welt ausgesehen haben.
Ich sehe darin vor allem die Freude und die Lust, gemeinsam ein Fest zu feiern. Und zwar in einer großen, vielleicht sogar weltumspannenden Gemeinschaft.  Weil das – zumindest für einen Augenblick - wie ein Blick in den Himmel ist: Wenn die ganze Welt miteinander feiert, braucht sich niemand zu sorgen – nicht um das eigene Leben, nicht um die Zukunft. Denn der Augenblick ist ja perfekt –friedlich und fröhlich. Kurz: himmlisch.
Das gefällt mir. Am liebsten hätte ich solche himmlischen Zustände viel öfter. Natürlich ist mir klar, immer Fußball-WM – das geht nicht. Und dieses weltweite Fest hat auch seine Schattenseiten. Die sind ja viel diskutiert worden.
Zum Glück wird trotzdem kräftig gefeiert. Immer wieder und zwar schon Jahrtausende lang. Natürlich nicht nur WM. Seit Menschengedenken wird alles Mögliche gefeiert. Und wer gerne feiert, kann sich sogar auf die Bibel berufen.
Die meint nämlich: besondere Feste schenken nicht nur den Gästen himmlische Momente, sondern sindgleichzeitig eine Erinnerung an den Himmel. An das, was für alle Menschen ein absoluter Traum wäre: ein Leben ohne Sorge und Angst. In einer fröhlichen, friedlichen weltumspannenden Gemeinschaft.
Mehr als nur ein Traum, sagt die Bibel. Und erzählt vom großen Fest am Ende der Zeit: Alle kommen zusammen an einen Tisch und Gott lädt dazu ein.
Ich glaube, wenn sogar jetzt schon manchmal ein Augen-Blick in den Himmel möglich ist – dann kann daraus noch viel mehr werden. Davon erzählt auch die Bibel.
Und mit jedem Fest ist schon ein Anfang gemacht. Vom Himmel.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18016
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Immer mal was Neues – irgendwie braucht das der Mensch, denn das erfrischt und regt die Fantasie an. Die Industrie weiß das schon lange und wird deshalb kreativ. Alle Nase lang bringt sie etwas Neues auf den Markt. Ein neues Smartphone, Eiskremsorte, Modekollektion. Tolle, neue Kreationen soweit das Auge reicht. Auf den ersten Blick.
Auf den zweiten Blick sind aber viele dieser groß angekündigten Neuheiten eher alte Bekannte. In der Mode zum Beispiel werden ganz selbstverständlich alte Trends einfach nur neu verpackt.
So viel Neues gibt es also gar nicht. Schade, aber verständlich. Schließlich ist das mit der Kreativität so eine Sache. Das kennt man ja aus eigener Erfahrung. Da muss man sich was einfallen lassen – etwas Neues, Tolles: für einen Kindergeburtstag, eine Rede, ein ausgefallenes Geschenk – aber irgendwie kommt nichts. Alles, was einem einfällt, ist eher unkreativ und eben doch schon mal dagewesen.
Aber es gibt sie doch. Die echte Kreativität. Schöpfungskraft. Nur ist sie eben nicht selbstverständlich, sondern etwas absolut Besonderes. Sie kommt nämlich von Gott, glaube ich - ist also göttlich.
„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, so beginnt die sog. Schöpfungsgeschichte in der Bibel. Und erzählt dann weiter, wie Gott aus dem Nichts die Welt erschaffen hat, mit Überraschungen, die bis heute begeistern. Und wie dann jeden Tag etwas Neues dazu gekommen ist.
Egal wie die Wissenschaft zu dieser Geschichte steht, mir sagt sie: Kreativität, die Fähigkeit, Neues zu schaffen, die gibt es, weil Gott damit mal den ultimativen Anfang gemacht hat. Und uns damit beschenkt.
Ich erlebe das so: manchmal kommt ein guter Einfall, eine neue Idee, gar echte Kreativität aus dem Nichts oder aus heiterem Himmel, sogar wenn ich vorher fast verzweifelt bin. Für mich ist das dann ein echtes Gottesgeschenk.
Immer mal was Neues – Schöpfungskraft, ja, das gibt es. Und zwar wenn’s um die großen Einfälle geht, die Geschichte machen. Aber ganz genauso, wenn’s um die kleinen Einfälle geht, die man vielleicht ab und zu mal braucht. Gottseidank.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18015
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Wer sich heutzutage auf dem freien Arbeitsmarkt bewirbt – ob freiwillig oder nicht, der muss sich ganz schön warm anziehen. Zuerst müssen jede Menge Bewerbungen geschrieben werden und schon das ist ziemlich anstrengend. Schließlich will man sich möglichst gut und passend präsentieren. Der Personalchef soll ja Lust bekommen, einen einzustellen.
Eine Absage oder sogar mehrere sind da sehr frustrierend und kann klein machen.
Vielleicht ist es Matthäus auch so gegangen. Die Bibel erzählt von ihm. Matthäus hatte zwar einen Job, er war Zöllner – aber sich woanders hin zu bewerben, das hätte er sich wohl nie getraut. Denn überall war er irgendwie unerwünscht. Als Steuereintreiber hatte er bei seinen Mitmenschen keinen Stein im Brett. Im Gegenteil. Mit ihm wollte man nichts zu tun haben und erst recht nicht zusammenarbeiten.
Da kommt Jesus vorbei. Er war gerade dabei, sein Jünger-Team zusammenzustellen. Und - kurzerhand stellt er Matthäus ein. Die anderen haben ihm bestimmt abgeraten. Einer, der sich mit der Besatzungsmacht gut stellt und selber abkassiert, der hat doch wohl kaum das Zeug zum Jünger.
Aber Jesus hört nicht auf sie. Er erkennt bei Matthäus jede Menge Potential. Er setzt auf Stärken, die Matthäus zum Teil selber noch gar nicht entdeckt hat. Und er glaubt an ihn. Ich glaube, genau das braucht man am meisten. Wenn man auf der Suche ist nach seinem Platz im Leben, nach der Aufgabe, zu der man passt.
Mir sagt die Geschichte: wenn sich jemand auf den Arbeitsmarkt begibt und sich auf eine Stelle bewirbt, dann ist es gut, eins zu wissen:
Die wenigsten Absagen sagen etwas aus über die Person, die sich beworben hat. Sie sagen eher etwas darüber aus, wen die, die suchen, sehen und erkennen können. Um das Potential wirklich zu erkennen, braucht man Zeit und einen tieferen Blick. Und oft entfaltet sich ein Mensch erst richtig, wenn er umgeben ist von solchen, die an ihn glauben.
Das hat Jesus mit seiner genialen Zusammenstellung seines Teams gezeigt. Die haben ja alle einen ganz anderen Beruf gelernt. Und haben miteinander und mit Jesus eine Firma gegründet, die noch heute, nach 2000 Jahren auf der ganzen Welt lebt und wirkt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17712
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Ein Leben ohne dich kann ich mir gar nicht vorstellen.“ Das geht mir durch den Kopf, wenn ich an meine Liebsten denke. An die, die mir ganz besonders am Herzen liegen. Meine Eltern, meine Geschwister, Freunde, eben: meine Liebsten. Die gehören alle dazu. Weil die da sind, ist mein Leben so gut, wie es ist. Und darüber bin ich wirklich froh.
Und doch wird mir aber manchmal das Herz schwer. Denn ich weiß, ich muss ich mich mit dem Gedanken vertraut machen: irgendwann werden einige von ihnen - und immer mehr - nicht mehr da sein. Früher oder später werden sie sterben. Eltern, Freunde, der Partner oder, was am schlimmsten ist, das eigene Kind.
Eine Mutter, die ihr Kind verloren hat, hat das mal so beschrieben. „Plötzlich hat die Welt für mich alle Farbe verloren. Jeder Tag war einfach nur noch grau in grau. Schönes, Buntes und Helles konnte ich einfach nicht mehr sehen. Und das war sehr lange so.“
Aber sie erinnert sich auch noch an den einen Moment, in dem sie zum ersten Mal wieder die Sonne hat aufgehen sehen. Und bemerkt hat, wie schön dieser Sonnenaufgang ist. Stück für Stück ist die Farbe in ihre Welt zurückgekehrt.
Der geliebte Mensch war und ist damit nicht vergessen. Aber das Leben ohne ihn ist wieder vorstellbar und erträglicher geworden. Sogar Schönes, Frohes und Helles hat dann irgendwann wieder Platz.
Irgendwann kann ich mir ein Leben ohne dich wieder vorstellen. Irgendwie kann man lernen, mit dem Tod umgehen.
Jeder macht das anders, geht dabei seinen eigenen Weg, im eigenen Tempo.
Der Glaube hilft dabei, „Glauben heißt mit dem Tod umgehen“ hat Martin Luther mal gesagt. Für jene Mutter war das so. In der schweren Zeit hat ihr der Glaube geholfen: Sie hat gespürt, da ist ein Gott, der mir selbst jetzt nahe sein will. Einer, der genau weiß, wie ich leide, weil er selber seinen Sohn verloren hat. Diesem Gott hat sie vertraut.
Und das ist eben auch der Gott, der den Tod überwunden hat. Bei dem unsere Lieben, auch wenn sie sterben, gut aufgehoben sind. Daran hat sie festgehalten.
Daran darf auch ich mich festhalten, wenn’s hart auf hart kommt, wenn das Herz schwer wird. Und Sie auch!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17711
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Und ich dachte immer, ich wäre was Besonderes. Aber eigentlich bin ich nur Durchschnitt. Sagen mir jedenfalls  alle Studien und Statistiken über meine Generation. Weder meine Begeisterung fürs Ausland oder für Sport, nicht mal meine Berufswahl machen mich besonders. Alles passt irgendwie ins Raster. Mehr oder weniger bin ich typisch für meine Generation, ein Kind meiner Zeit. Wie viele andere auch.
Ziemlich ernüchternd. Dabei wär ich doch so gern was Besonderes! Aber wie?
Eigentlich gibt es nur eins, was mich besonders macht. Wenn mich jemand liebt. So wie ich bin. Wir alle sind immer dort was Besonderes, wo uns jemand liebt- genau so, wie wir sind. Wenn wir so geliebt werden, brauchen wir uns nicht mehr hervorzutun. Dann tun das Andere für uns. Uns hervorheben. Durch ihre Liebe.
Das kann man bei verliebten Pärchen beobachten. Die entdecken ganz viele Besonderheiten aneinander: die schöne Stimme zum Beispiel oder das einzigartige Lächeln. Ganz egal, was die Statistik sagt.
Bei Eltern ist das auch so. Die finden ihr Kind meistens unvergleichlich. Dafür tun müssen die Kinder eigentlich nichts und dürfen sich trotzdem besonders fühlen. Und gerade das ist so schön!
Und wie ist das mit den unglücklich Verliebten? Deren Liebe auf keine Gegenliebe stößt? Die niemanden haben, der das Besondere in ihnen entdeckt? Manche fallen dann regelrecht in ein tiefes Loch.
Das war beim Propheten Jeremia auch so. Und er hat mit der Welt und mit Gott gehadert. Und dann auf einmal geht ihm ein Licht auf. Und er spürt, dass da einer zu ihm spricht und sagt: Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. (Jeremia 31,3)
Im Nachhinein versteht Jeremia: er war immer was Besonderes. Vor Gott jedenfalls. Gott hat nie aufgehört, ihn zu lieben. Und er begreift: auch wer mit der Liebe schlechte Erfahrungen macht, auf  Gottes Liebe kann er immer vertrauen. Jetzt und auch in Zukunft.
Das sage ich mir, wenn ich mal wieder allzu durchschnittlich bin oder mich so fühle.
Und wenn Sie sich mal wieder für etwas Besonderes halten- lassen Sie sich das bloß nicht ausreden. Sie haben damit vollkommen Recht!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17710
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Wer etwas erreichen will, muss auch was riskieren.
Zum Beispiel in der Liebe. Da muss man sich manchmal einfach was trauen. Einen Liebesbrief schreiben, die Liebe gestehen – auch wenn die Liebe vielleicht nicht in dem Maß erwidert wird, wie man sich das erhofft hat.
Wer viel einsetzt, kann viel gewinnen– aber eben auch jede Menge verlieren. Und wenn das passiert, steht man erst einmal vor einem Scherbenhaufen. Nicht nur in der Liebe ist das so, auch im Beruf.
So ist es einmal dem Propheten Elia vor vielen tausend Jahren gegangen. Großes hatte er vor. Die Menschen wollte er zur Vernunft bringen und bekehren. Dafür war er auch bereit, sich mit den ganz Großen anzulegen.
Und da geht es ihm plötzlich an den Kragen. Statt kleinbeizugeben, rüsten seine Gegner auf und wollen ihn vernichten; sind ihm sogar schon auf den Fersen.
Elias Leben steht auf dem Spiel.
Er merkt: „Dieses Mal bin ich wohl zu weit gegangen“, und flüchtet. In die Wüste.
Und da bleibt er. Bitter enttäuscht. Am Boden. Sogar bereit, zu sterben. So viel hat er riskiert, um dann am Schluss doch zu scheitern. Elia ist am Ende.
Seine Geschichte aber nicht. Denn Gott schaltet sich ein.
Der zeigt Verständnis für den enttäuschten Elia und lässt ihn schimpfen und sich ausweinen. Schön ist seine Situation ja nicht, obwohl Elia damit in guter Gesellschaft ist. Scheitern ist menschlich.
Aber deshalb noch lange kein Grund zum Aufgeben, meint Gott. Im Gegenteil.
Es ist die Gelegenheit, um zu lernen: wenn ich mit meinem Latein am Ende bin, ist Gott es mit mir noch lange nicht.
Das Ende ist der Anfang von etwas Neuem. Zeit, einen neuen Weg auszuprobieren. Und dazu schickt Gott dem Elia Reiseproviant: Brot und Wasser. Zeit zum Ausruhen und Nachdenken.
Das zeigt Wirkung. Elia erholt sich. Dann macht er sich auf einen langen Marsch und kehrt verändert zurück. Mit neuen Ideen und Zielen. Und es kann weitergehen.
Manchmal muss man was riskieren, um herauszufinden: wenn ich am Ende bin, ist Gott es noch lange nicht mit mir. Auch wenn der große Plan nicht aufgeht, auch wenn die Liebe nicht erwidert wird. Es ist nicht das Ende. Sondern der Anfang eines neuen Weges. Dazu schickt Gott Reiseproviant. Ganz bestimmt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16776
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Ein Blick in die Zukunft – der wäre doch schön. Dann wüsste man, worauf man sich einstellen kann.
Und für 2014 schaut es schon mal gut aus. Zumindest wenn es nach den modernen Propheten geht. In Jahresvorausblicken, Horoskopen und Wirtschaftsprognosen prophezeien sie für das noch junge Jahr Gutes.
Aber wie kommt es eigentlich zu diesen Prognosen? Setzen die Propheten da auf Wahrscheinlichkeit? Oder gar Gerechtigkeit?
Mit beidem kann man jedenfalls, wenn es um Voraussagen geht, ganz schön auf dem Bauch landen. Die Erfahrung zeigt, Propheten liegen mit ihren Prognosen ziemlich oft daneben. Wenn sie schwarz malen, genauso wie wenn es um gute Aussichten geht.
Das musste sogar der Prophet Jona am eigenen Leibe erfahren. Dabei war der noch nicht einmal ein selbstberufener, sondern von Gott höchstpersönlich eingesetzt.
Jona soll in die damalige Weltmetropole Ninive und der Stadt den Untergang ansagen. Widerwillig fügt er sich in sein Schicksal – geht hin und prophezeit in den schwärzesten Farben - nur um dann zu erleben, dass seine Prophezeiung nicht eintritt. Statt dass Ninive vernichtet wird, erinnert sich Gott an seine Güte und verschont die Stadt.
Jona ist sauer. Er hat auf die Gerechtigkeit Gottes gesetzt. Und wahrscheinlich kam ihm die auch vor. Und nun kann man sich noch nicht einmal mehr darauf verlassen.
Aber da gibt es doch etwas, auf das man sich verlassen kann. Jetzt und in Zukunft. Es ist Gottes Güte. In seinem Zorn wirft Jona Gott genau die vor:“Ich habe es von Anfang an gewusst, Du bist voll Liebe und Erbarmen, du hast Geduld, deine Güte kennt keine Grenzen.“ (Jona 4,2) sagt er.
Von Anfang an hat es Jona also geahnt: Gott meint es gut mit den Menschen. Und deshalb geht es für sie auch gut aus.
Das heißt wohl: in manchen Bereichen des Lebens zählt nicht, was wahrscheinlich gerecht wäre, sondern was gut für mich ist. Zumindest wenn es nach Gott geht.
Wenn das keine guten Aussichten für die Zukunft sind!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16775
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Was ist wohl das Geheimnis einer glücklichen Ehe?Was ist das Geheimnis, einer liebevollen und tragfähigen Beziehung?
Ein älterer Herr – schon viele Jahrzehnte glücklich mit seiner Frau zusammen - hat mir das mal so gesagt:
„Wir mussten beide lernen, dass wir einander nicht gehören. Auch wenn wir zusammen sind, gehört kein Mensch dem anderen.“
Zuerst hat mich das befremdet. Das klingt ja erst mal nach Abstand. Als ob man sich in so einer Beziehung nicht sicher wäre: der andere steht zu mir und läuft sicher nicht weg, wenn’s hart auf hart kommt.
Dagegen Besitzansprüche zu hegen, auch Menschen gegenüber, die einem lieb sind, finde ich doch irgendwie menschlich.
Und sogar göttlich. Denn in der Bibel sagt Gott zu den Menschen, die er lieb hat: Ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! (Jes 43,1)
Das klingt doch auch ein wenig nach Besitzanspruch. Du bist mein. Mit Haut und Haaren, sozusagen.
Aber Gott kennt sich mit Beziehungen aus und weiß deshalb sehr genau: jemanden besitzen zu wollen oder ihn gar für sich zu vereinnahmen, damit ist bei den meisten Menschen kein Blumentopf zu gewinnen. Im Gegenteil, je mehr man den anderen festzuhalten versucht und Sicherheit erzwingen will, desto unsicherer und instabiler wird die Beziehung.
Deshalb setzt Gott auf freiwillige Entscheidung. Und zwar zuallererst seine eigene.
Du bist mein, heißt bei ihm nicht: Mensch, du gehörst mir! Sondern: ich, dein Gott, gehöre zu dir und bin für dich da – weil ich dich lieb habe.
Gott macht also den ersten Schritt. Er schenkt sich selbst. Einfach so. Ohne etwas zu erwarten. Gott lässt mir meine Freiheit. Und das tut gut. In jeder Beziehung.
Was ist das Geheimnis einer glücklichen Beziehung? Wenn niemand unter Druck gesetzt wird. Wenn niemand Ansprüche erhebt. Wenn mir jemand entgegenkommt und sagt: „Ich bin für dich da“. Dann bin ich dem Geheimnis einer glücklichen Beziehung auf der Spur.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16774
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Jeder Mensch hat ein Recht auf Hoffnung!" Das könnte auch Jesus gesagt haben - aber gehört habe ich diese Aussage im Zusammenhang mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der vor kurzem entschieden hat: Auch lebenslang verurteilte Straftäter dürfen nicht ohne Aussicht auf Freilassung eingesperrt werden. Selbst für die muss es eine Chance auf Bewährung oder Gnade geben, denn jeder Mensch braucht Hoffnung.
Vor allem für die Opfer ist so ein Urteil bestimmt schwer nachvollziehbar. Hoffnung für Täter erscheint gerade angesichts schwerer Verbrechen ungerecht. Und wenn sie erst einmal tatsächlich frei gelassen werden, gehen die Probleme weiter. Die Angst vor ehemals Straffälligen spielt da bestimmt eine Rolle. Verständlicherweise.
Aber mit seiner Entscheidung für die Hoffnung trägt der Gerichtshof zu einer Rechtsprechung bei, in der nicht allein Strafe, sondern auch Gnade eine Rolle spielen.
Und für Gnade hat sich Jesus vor knapp 2000 Jahren noch viel radikaler ausgesprochen.
Zum Beispiel als einmal eine Frau zu ihm gebracht wird, über die er urteilen soll. Sie ist schuldig, denn man hat sie auf frischer Tat beim Ehebruch ertappt. Nach damaligem Gesetz steht darauf der Tod durch Steinigung. Als die Leute ihn fragen, was nun zu tun ist, sagt er: Wer von euch noch nie einen Fehler gemacht hat, der werfe den ersten Stein. (Joh 8,7) Sein Einwurf hat durchschlagenden Erfolg. Kein Mensch traut sich, zu werfen. Einer nach dem anderen geht, bis die Frau mit Jesus alleine dasteht.
Für die Frau geht die Geschichte gut aus. Ihre Lage erscheint zunächst hoffnungslos, aber sie findet Gnade. Obwohl sie einen Fehler gemacht hat, darf sie neu anfangen. Und darauf will Jesus hinaus: auch wer einen Fehler macht  - egal wie schwer - darf hoffen.
Auf Jesus bestimmt, denn der ist gnädig.
Natürlich ist dieser Fall aus heutiger Sicht überhaupt nicht mit Schwerverbrechen zu vergleichen. Aber auch an diesem Fall zeigt Jesus doch, dass wir Menschen entweder Gnade brauchen oder sie eben ausüben sollten, weil keiner ohne Fehler ist.
Dass unsere Rechtsprechung das in den Blick nimmt, finde ich wichtig und ermutigend.
Jesus hätte das unterstützt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16203
weiterlesen...

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Euer Feindbild - ab jetzt bin das ich!" So hat sich vor vielen Jahren mein neuer Klassenlehrer uns Schülern vorgestellt. Er meinte auch: „Feindbilder habt ihr ja sowieso und ihr braucht jemanden, auf den ihr mal schimpfen könnt."
Natürlich war das nicht ganz so ernst gemeint. Sein Ziel war wohl eher das Gegenteil: nämlich mit Feindbildern aufzuräumen. Denn gerade diesen Lehrer habe ich gut in Erinnerung, weil er immer versucht hat, mit allen auf Augenhöhe zu bleiben. Auch wenn's schlechte Noten gab. Sein Ziel war es, gemeinsam eine Lösung zu finden. Ganz egal, welche Schüler-Lehrer-Fronten sich aufgebaut hatten.
Und damit hat er was bewirkt: ohne Feindbild im Weg haben einzelne überraschend ihr Interesse für die Schule entdeckt. Und unsere vorher so gefürchtete Klasse wurde zwar nicht „handzahm", aber eben für andere Lehrer und Schüler wieder viel zugänglicher. Das tat allen Beteiligten gut.
Vielleicht hat sich Jesus auch deshalb mal zu Feindbildern geäußert. Auch er meinte, Feinde haben ist menschlich. Aber Feindschaften pflegen, braucht man deshalb noch lange nicht. Ganz im Gegenteil. Liebet eure Feinde, sagt er.
Das ist allerdings eine ziemliche Zumutung. Ein Feind, das ist doch jemand, der mir schaden will. Wieso soll ich den lieben? Besser wäre doch wohl, sich zu verteidigen! Auch schon in der Schule.
Jesus ist da anderer Meinung. Vielleicht weil er genug Beispiele kennt, die zeigen: ein Feind ist nicht immer ein Feind oder muss kein Feind bleiben.
Und auch wenn man nicht immer Feinde in Freunde umwandeln kann, bringt es mehr, aufeinander zuzugehen, als weiter die Fronten zu verhärten. Ganz so wie bei meinem Klassenlehrer damals.
Also einfach: Ran an den Feind - ganz im Sinne von Jesus?
Einfach ist das bestimmt nicht. Aber Jesus hat das trotzdem getan - im ganz großen Stil - und damit Menschen einen Neuanfang ermöglicht. Auch seinen Feinden.
Und ein Neuanfang, der hat was. In der Schule, nach einer schlechten Note, aber auch sonst im Leben. „Liebet eure Feinde" ist vielleicht eine Zumutung, aber es macht Neuanfänge möglich. Im großen und im kleinen Stil
Und klein angefangen, heißt es doch erst einmal: Räum öfter mal mit deinen alten Feindbildern auf, denn schon das lohnt sich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16202
weiterlesen...