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SWR4 Abendgedanken

06OKT2023
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„Die größte Herausforderung war für mich die Himmelsleiter“ – das hat mir ein Mann vom Nachbartisch erzählt. Vermutlich habe ich ihn ein bisschen verwundert angeschaut. Deshalb hat er nachgeschoben, dass das in einem Klettersteig war. Wir waren im Urlaub in Österreich wandern und da sind wir ein bisschen ins Gespräch gekommen. Ich habe das dann gegoogelt und beschlossen, dass ich da nicht rauf muss. Aber – ich muss ja zugeben: als Pfarrer habe ich bei „Himmelsleiter“ direkt an die Bibelgeschichte von Jakob  denken müssen – vielleicht war ich auch deshalb so verwundert.

Jakob hatte sich mit seinem Bruder überworfen und der war zurecht sauer auf ihn. Er hatte ihn um sein Erbe betrogen und war deshalb geflohen. Nachts schlief er im Freien und träumte eben – genau von einer Himmelsleiter. Von einer Leiter, die auf dem Boden steht und die bis in den Himmel reicht. Soweit, dass auf dieser Leiter Engel hoch- und runtergeklettert sind.

Für Jakob war dieser Traum etwas ganz Besonderes. Weil er dadurch verstanden hat, dass Gott ihn nicht aufgegeben hat. Und das, obwohl er seinen eigenen Bruder betrogen hatte. Das hat ihm die Kraft gegeben weiterzugehen. Mit seinen Fehlern im Gepäck – und am Ende haben sich die Brüder auch wieder versöhnt.

Für mich ist diese Himmelsleiter auch etwas ganz Besonderes. Weil sie ein schönes Bild für die direkte Verbindung zwischen Gott und der Welt ist. Ich habe natürlich auch noch nie so eine Leiter gesehen. Und da bin ich eigentlich auch echt froh drüber – Mit Höhe habe ich es nicht so.

Aber dieses Bild steht genau dafür. Dass es eine Verbindung gibt zwischen uns Menschen und Gott. Dass es kein unüberwindliches Hindernis ist, das zwischen uns steht. Auch wenn wir eben ganz Menschen sind.

Und noch ein zweites: Die Himmelsleiter ist in beide Richtungen begehbar. Die Engel gehen als Boten auf und ab. Es ist also keine Einbahnstraße.

Ich kann mit Gott reden. Beten. Ihm erzählen, was mich alles so beschäftigt. Worüber ich mich freue und was mir das Leben manchmal schwer macht. Ich muss nicht raufsteigen. Das machen meine Gedanken, meine Gebete und Wünsche für mich. Und ich merke, dass dann auch was zurückkommt. Dass ich einfach spüre, dass ich nicht allein bin mit meinen Gedanken. Ein Stückchen Himmel, wenn man so will. Ganz oben von der Leiter.

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SWR4 Abendgedanken

05OKT2023
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Jetzt ist es tatsächlich soweit. Seit sieben Jahren bin ich nicht mehr umgezogen. Wir sind seit 2006 vier Mal umgezogen. Und wohnen jetzt eben seit sieben Jahren am Rande der Schwäbischen Alb. Und damit so fest an einem Ort, wie schon lange nicht mehr.

Dabei ist es mir trotz der vielen Ortswechsel eigentlich nie schwergefallen, den neuen Wohnort als mein Zuhause zu bezeichnen. Im Gegenteil. Ich habe schon oft schmunzelnd erzählt, dass ich von zu Hause nach Hause gefahren bin – weil ich zu meinen Eltern gefahren bin, oder so.

Für mich ist „zu Hause“ eigentlich mehr ein Gefühl, als ein Ort.

Die Bibel geht da sogar noch einen Schritt weiter.  Immer wieder ist in Geschichten und Gebeten davon die Rede, dass wir noch ein Zuhause haben. Ein Zuhause bei Gott.

Das finde ich eine tolle Vorstellung. Vor allem deshalb, weil es in der Bibel ganz viele Geschichten gibt, in denen Gott die Menschen begleitet. Dieses Zuhause bei Gott hat auch nicht immer den gleichen festen Ort. Und es ist auch eher ein Gefühl von Geborgenheit und Begleitung. Es ist ein Versprechen, dass Gott immer da ist. Gott schenkt uns Menschen also sowas wie ein „zuhause to go“.

Was für eine schöne Vorstellung! Vor allem für die Menschen, die gar kein Zuhause haben, oder ihr Zuhause verlassen mussten. Da gibt es einen Ort, der ihnen Sicherheit gibt – und mir. Da gibt es einen Platz bei Gott, weil wir ihm wichtig sind. Und genau deshalb ist dieser Platz da, wo ich bin. Den gibt es nicht irgendwann einmal. Der ist auch nicht irgendwo versteckt oder nur für ganz bestimmte Leute da. Bei Gott ist Platz für mich. Und für alle, die sich danach sehnen, ein Zuhause zu haben. Und gleichzeitig bedeutet dieses Zuhause bei Gott nicht Stillstand.

Denn: Ein Zuhause zu haben schließt immer auch einen Weg mit ein. Ein Stück Leben, das manchmal auch Umwege beinhaltet. Und ein Zuhause lässt mich auch immer wieder aufbrechen. Auf neuen Wegen, weil ich weiß, dass Gott immer mitgeht. Es tut mir gut zu wissen, dass ich diesen Platz bei Gott habe. Wo ich einfach sein kann. Wo ich dazu gehöre. So, wie ich bin. Wo ich akzeptiert werde und mich nicht rechtfertigen muss. Nicht erklären, warum ich da bin. Wo ich mich sicher und geborgen fühle. Und wo ich einfach spüre: hier bin ich zu Hause

Wo auch immer sie gerade sind. Kommen sie heute gut zu Hause an.

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SWR4 Abendgedanken

04OKT2023
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I han eich no was ibrichglasse – also: „Ich habe euch noch was übrig gelassen …“

… damit hat sich neulich morgens beim Bäcker ein Kunde verabschiedet. Alle anderen mussten natürlich schmunzeln. Im ersten Moment dachte ich: „Was für ein blöder Spruch“. Die Regale der Bäckerei waren ja noch voll mit frischen Brezeln, Brötchen und frisch gebackenen Broten. Je länger ich aber darüber nachgedacht habe, desto sympathischer wurde er mir. Vor allem, weil es der Mann mit diesem einen Satz geschafft hat, uns alle aus unserer morgendlichen Schlafzimmerstimmung zu holen.

Das kennen Sie bestimmt, wenn Sie morgens beim Bäcker sind. Alle schauen einfach nur müde vor sich hin. Und warten nur darauf mit den gefüllten Brötchentüten zu ihrem Kaffee nach Hause zu kommen.

Mittlerweile denke ich, dass es mehr so Menschen geben müsste. Die einfach Mal einen ganzen Laden zum Schmunzeln bringen. Die es schaffen, dass alle für einen kurzen Moment einfach nur lächeln müssen. Kinder können das auch. Ich weiß noch gut: Als unser Sohn noch klein war, und wir in Stuttgart in der U-Bahn unterwegs waren, genügte sein Lächeln und alle haben mitgelächelt.

Als Jesus einmal in der Nähe eines Dorfes war, da kamen auch Kinder angelaufen. Viele der Erwachsenen fanden das aber gar nicht gut. Sie wollten sie wieder wegschicken. Aber das hat Jesus nicht zugelassen. Im Gegenteil. Er hat seine Arme ausgebreitet und gesagt: „Lasst doch die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran! […] Wer sich das Reich Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt, wird nie hineinkommen.  Dann hat er sie auch noch gesegnet. Ich kann mir gut vorstellen, dass das dem ein oder anderen auch ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.

Vielleicht sogar denen, die vorher geschimpft hatten.

Manchmal braucht es einen Impuls von außen. So einen Lächel-Anstupser. Unser Alltag ist doch ernst genug. Dass ich über den Moment hinausdenken kann. Und es mich vielleicht aus einer bestimmten Stimmung rausholt – zumindest, wenn ich das in dem Moment zulassen will.

Genau das hat der Mann morgens beim Bäcker geschafft. Aus diesem müden jede und jeder für sich, ist ein gut gelauntes wir geworden. Das habe ich an dem Morgen mit nach Hause genommen. Und mir vorgenommen, dass ich genau da drauf mal achten möchte in nächster Zeit. Wo kann ich vielleicht meinen Teil dazu beitragen? In diesem Sinne: Lassen sie mir was übrig …

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SWR4 Abendgedanken

03OKT2023
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Tag der Deutschen Einheit – Das heißt für viele heute: Feiertag. Einheit was für ein großes Wort. Und auch ein schönes Wort. Es signalisiert: „Wir halten zusammen“. „Wir sind gemeinsam auf dem Weg“. Und vielleicht: „Wir sind uns einig“.

Allerdings finde ich, dass das, vor allem in den letzten Wochen und Monaten – vielleicht sogar Jahren – so gar nicht der Fall war. Dabei meine ich weniger die Diskussionen über Ost und West. Sondern ich erlebe beinahe täglich, dass das nicht so ist:

Wer darf denn alles nach Deutschland kommen und wer nicht? Kaum ein Thema in der Politik, um das nicht gestritten wird. Der Klimaschutz erhitzt die Gemüter. Wir haben einen Krieg auf unserem Kontinent. Und Nachbarn streiten sich um das Laub von Bäumen.

Mir ist klar, dass das auch die ganz großen Themen unserer Zeit sind. Und, dass es schwierig oder unvorstellbar wäre, dass wir zu jedem Thema eine einheitliche Meinung haben.

Jesus war immer mit ganz unterschiedlichen Leuten unterwegs. Mit seinen Freundinnen und Freunden und ganz fremden Leute. Kurz vor seinem Tod, hat er sich von seinen engsten Freunden verabschiedet und zu ihnen gesagt: Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieb haben. 

Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass sich auch in dieser kleinen Gruppe nicht immer alle einig waren. Auch da gab es Diskussionen, welchen Weg man nehmen soll. Wie man am besten die Leute erreichen kann. Und überhaupt, wie das alles werden wird. Mit diesem Jesus …

Es fanden sich auch sicher nicht alle gleich sympathisch. Ich glaube nicht, dass das Jesus so gemeint hat, dass sich alle nur in die Arme fallen sollen.

Ich glaube eher, dass es ihm um eine gewisse Grundhaltung gegangen ist. Dass man sich miteinander leidenschaftlich streiten kann – aber wohl immer weiß, dass das Gegenüber kein schlechter Mensch ist. Vielleicht eine gewisse Einigkeit darüber, dass wir uns gegenseitig als Menschen wahrnehmen und auch schätzen. Und mit dieser Grundhaltung auch diskutieren und unsere Konflikte austragen.

Ich glaube, das ist es, was ich mir im Moment in unserer Gesellschaft am meisten wünsche. Diese Wertschätzung von anderen – trotz aller Unterschiede.

Ich finde, dass so etwas von der Einheit spürbar werden könnte. Und das nicht nur am Tag der Deutschen Einheit.

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SWR4 Abendgedanken

02OKT2023
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Stellen Sie sich Mal vor, jemand sagt zu Ihnen: Lass Dein ganzes Leben hinter Dir und fang ganz neu an. Wo, verrate ich Dir noch nicht. Aber ich will Dich segnen und Du sollst ein Segen sein. 

Also ich glaube, dass ich vermutlich nur mit dem Kopf schütteln würde. Abraham, in der Bibel, hat aber genau das gemacht.

Er hat es gemacht, weil Gott ihm versprochen hatte, dass er ihn begleiten wird. Dass er ihn segnen wird und er so auch wieder zu einem Segen werden kann. Darauf hat Abraham sich verlassen. Das hat ihm Mut gemacht und ihm Kraft gegeben.

Wahrscheinlich ist dieser Satz deshalb ein so beliebter Taufspruch. Auch unser Sohn hat diesen Segensvers als Lebensmotto in der Taufe mit auf den Weg bekommen. Ich will Dich segnen und Du sollst ein Segen sein.

Ich will dich segnen: Das klingt gut. Gott wird mich nicht allein lassen und dafür sorgen, dass mein Leben gut wird – das ist zumindest der Wunsch, der da dahintersteckt.

Ich will dich segnen. Das verstehe ich. Aber das „… und du sollst ein Segen sein?" Wie kann ein Mensch ein Segen sein für andere?

Nun – zunächst sind ja Kinder an sich ein Segen. Sie sind für mich wie der Segen ein Geschenk. Einfach deshalb, weil sie da sind. Egal, ob sie lachen oder weinen. Sich freuen oder gerade ein bisschen bockig sind. Dadurch bereichern sie das Leben. Sie machen mich dankbar. Ihre Fragen machen mich weise, wenn ich über die Antworten nachdenken muss. Ihr Staunen zeigt mir, wie schön unsere Welt ist. Oder wie schrecklich.

Sie sind aber auch ein Segen, weil sie mich Zeit kosten. Ja sie haben mich richtig verstanden. Meine Kinder beispielsweise kosten mich Zeit. Und das ist gut so. Denn Zeit füreinander ist etwas sehr Wertvolles und kann zum Segen werden. Wenn ich mir Zeit für einen anderen Menschen nehme, dann reißt mich das raus aus meinem Alltagstrott. Es kostet mich Zeit und gleichzeitig teilen wir ein Stück Leben miteinander. Die kurze Begegnung bei der Kaffeemaschine im Büro. Das lange schon überfällige Eis mit der besten Freundin. Oder bei den leidlichen Hausaufgaben. „Was für ein Segen“ oder: „Dass du für mich in diesem Moment da warst, war ein echter Segen …", sind Aussagen, die genau das beschreiben. Und so bleibt für mich: Auch, wenn „Segen für andere“ sein, Zeit kostet, möchte ich sie mir gerne genau dafür nehmen.

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SWR4 Abendgedanken

19MAI2023
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„Ach wissen Sie, das größte Wunder sehe ich, wenn ich aus dem Fenster schaue …“ hat neulich ein älterer Herr zu mir gesagt, den ich im Pflegeheim besucht habe. Und er hat mir erklärt:  Für ihn ist es einfach ein Wunder, dass es jeden Frühling überall wieder anfängt zu wachsen. Dass die Bäume wieder blühen und Blätter bekommen. Dass die Blumen wieder anfangen zu wachsen. Das Gras, Die Büsche. Ja selbst das Unkraut.

Das hat mich beeindruckt. Sicher: Der Frühling ist auch meine Lieblingsjahreszeit. Aber irgendwie ist er für mich doch auch normal geworden. Das ist halt so, dass es im Frühling wieder losgeht. Und er ist nicht nur normal geworden. Manches am Frühling kann mich sogar nerven: Jetzt muss ich wieder Rasenmähnen und was am allerbesten wächst ist das Unkraut zwischen meinen Erdbeeren.

Frühling ist schön, aber eben auch normal. Und es lässt sich alles daran auch ganz problemlos wissenschaftlich erklären. Jahreszeiten, Lebenszyklus, Pflanzenwachstum und so weiter. Aber als ich so mit dem älteren Herrn am Fenster seines Zimmers im Pflegeheim saß, habe ich begriffen: Der Mann hat völlig Recht. Trotz allem ist und bleibt der Frühling ein Wunder. Das erzählen auch schon die Menschen, die die alten Gebete in der Bibel geschrieben haben. In einem heißt es: Gott, Du tränkst die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffest. Du lässt Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst, dass der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz glänze vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke.

Die Menschen zur Zeit der Bibel haben alles ganz direkt mit Gott in Verbindung gebracht. Deshalb war für sie auch alles, was ihnen die Natur gegeben hat, ein direktes Geschenk von Gott an die Menschen. Ein Wunder eben.

Irgendwie finde ich das eine schöne Vorstellung. Und ich meine: die letzten Jahre haben uns deutlich gezeigt, dass Frühling, Sommer, Herbst und Winter gar nicht so selbstverständlich sind, und wie zerbrechlich unser Leben doch ist. Wie schlimm es ist, wenn das Klima sich verändert, und wenn Kriege alles zerstören, was Menschen auf ihren Feldern und in ihren Gärten anbauen.

Mir hat es gutgetan, mit dem älteren Herrn aus seinem Fenster im Pflegeheim zu schauen, und den Frühlingsanfang wieder ein bisschen mehr als ein Wunder anzusehen.  Ja, ich mag Rasenmähen nicht besonders und das Unkraut ärgert mich jeden Tag. Und trotzdem ist es eigentlich doch wunderbar, dass alles wieder wächst und blüht. Gott sei Dank.

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SWR4 Abendgedanken

17MAI2023
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„Jetzt ist er wirklich weg. Dieses Mal kommt er nicht wieder – zumindest nicht so.“ Morgen ist Christi Himmelfahrt – und natürlich auch Vatertag. Aber den gibt es noch gar nicht so lange. Ungefähr seit 120 Jahren. Was die Bibel über diesen Tag erzählt, ist viel, viel älter – und was damals passiert ist, muss für die Freunde von Jesus ganz schön heftig gewesen sein.

Ich meine, was hatten sie für ein auf und ab erlebt : Erst waren sie fasziniert von Jesus und sind ihm gefolgt. Dann war Jesus irgendwie ein bisschen komisch geworden. Hatte von Abschied und Ende gesprochen. Und er wurde dann auch wirklich verhaftet und zum Tode verurteilt. Gekreuzigt hatten sie ihn. Da dachten sie schon, dass jetzt alles vorbei wäre. Schluss und Ende. Aber nein.

Jesus ist von den Toten wieder auferstanden. Nach drei Tagen. Was für ein Osterfest. Das konnten sie erst gar nicht glauben. Aber immer wieder ist er ihnen erschienen. Hat mit ihnen gegessen und es war fast wie vorher. Also alles wieder gut. Aber nur bis zu diesem besonderen Tag – Christi Himmelfahrt: Eben waren die Freunde noch froh, Jesus wieder in ihrer Mitte zu haben. Und plötzlich war er weg. Wie in eine Wolke gehüllt. Und dann im Himmel verschwunden. Verschwunden in der Ewigkeit.

Was für ein Auf und Ab.

Die Freunde hatten so viele unvorstellbare Sachen mit diesem Jesus erlebt. Wie er Menschen geheilt hat. Wie er selbst Tote wieder ins Leben zurückgeholt hat. Seine ganze Art zu reden, Hoffnung zu verbreiten, Sicherheit zu geben…

Tja und jetzt? Jetzt, wo er wirklich weg ist, und nicht wiederkommt?

Jesus hatte ihnen vor seiner Himmelfahrt einen Auftrag gegeben: Sie sollten von jetzt an genau da weitermachen, wo er selbst aufgehört hatte. Ab jetzt selbst für andere da sein, heilen und helfen. Vom Leben erzählen, Hoffnung verbreiten und auch Sicherheit. Und sie sollten weitererzählen, was sie mit Jesus erlebt haben. Vom ganzen auf und ab. Und auch von seiner Himmelfahrt, und dass Jesus nun wirklich weg ist, und auch nicht wiederkommt – zumindest nicht so, wie bisher. Denn das hat er seinen Freunden fest versprochen, dass er immer bei ihnen sein wird. Nicht mehr so, wie es früher war. Anders. Wie durch eine unsichtbare Verbindung zum Himmel.

Jesus hält seine Versprechen. Und mir tut es gut zu wissen, dass er da ist. Besonders, wenn ich versuche, da weiterzumachen, wo er aufgehört hat. Wenn ich versuche, ihm nachzufolgen. Himmelfahrt bedeutet, dass Jesus wieder zu seinem Vater zurückgekehrt ist. Von daher passt das mit dem Vatertag morgen ja doch auch ganz gut.

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SWR4 Abendgedanken

16MAI2023
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„Und? Wie geht’s Dir?“ Eine typische Frage, wenn zwei sich begegnen – meist gefolgt von der typischen Antwort: „Ganz gut, danke.“ Smalltalk eben. Aber neulich hat mich eine Freundin genau das gefragt. Ich habe ihr erzählt, was mich gerade alles so beschäftigt. Und dann habe ich sie natürlich auch gefragt, wie es ihr geht. Und ihr geht es im Moment gar nicht gut.

Davon hatte ich keine Ahnung und das hat mich ziemlich nachdenklich gemacht. Denn eigentlich sehen wir uns ziemlich oft. Nur sind wir eben über den Smalltalk nie rausgekommen, weil wir uns zu wenig Zeit genommen haben. Schade eigentlich.

Klar. Dass ich es jetzt weiß, dass es ihr nicht gut geht, macht ihre Situation nicht wirklich besser. Und trotzdem glaube ich, dass es guttut, das Schwere im Leben mit jemandem zu teilen – und die schönen Dinge genauso. Und ich denke, Jesus hat deshalb seinen Freunden genau das mitgegeben: Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander liebhaben.

Das hat Jesus seinen Freunden auch vorgelebt. Er ist zu denen gegangen, zu denen sonst niemand gegangen ist. Er hat mit Leuten gegessen, mit denen sonst niemand was zu tun haben wollte. Und er hat keinen Unterschied gemacht, was für einen Stand jemand hatte, oder wo jemand herkommt oder was jemand glaubt. Das Leben miteinander teilen: das Schwere genauso wie das Schöne. Es ist eben nicht egal, wie wir Menschen miteinander umgehen. Und es tut uns nicht gut, wenn wir über Smalltalk nicht hinauskommen.

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir Menschen nur noch nebeneinanderher leben. Jeder auf seine Weise. Viele denken vielleicht: Was andere machen, geht mich nichts an. Andere denken nur an sich selbst. Oder wollen niemandem zur Last fallen.

Jesus gibt uns eine andere Haltung mit, ein neues Gebot: Liebt einander. Nehmt Anteil am Leben eurer Mitmenschen. Das soll euer Erkennungszeichen sein. Und genau das möchte ich wieder ernster nehmen. Denn ich möchte gerne in einer Welt leben, in der wir Menschen füreinander da sind. In der wir miteinander leben und nicht nebeneinanderher. Deshalb habe ich mir vorgenommen: Weniger Smalltalk. Stattdessen das Gebot von Jesus ernst nehmen. Und wenn ich dann jemanden frage: „Wie geht’s?“ Dann möchte ich das wirklich wissen.

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SWR4 Abendgedanken

15MAI2023
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Gott sagt „Ja“ zu mir – einfach „Ja“. Was das bedeutet, haben wir in unserer Kirchengemeinde ein dreiviertel Jahr versucht 42 jungen Menschen zu zeigen. Gestern war unsere letzte Konfirmation. Die meisten der Jugendlichen wurden schon als kleine Babies getauft. Das haben natürlich ihre Eltern so entschieden. Mit 14 Jahren wird man in Deutschland aber religionsmündig – also sowas wie volljährig in Glaubensfragen. Deshalb ist das bei der Konfirmation anders. Da können sich die Jugendlichen dann selber dafür entscheiden. Und damit auch selber Ja zu ihrer Taufe sagen.

Deshalb haben sie in den letzten Wochen und Monaten viel über den Glauben und die Kirche gelernt: Über den Gottesdienst, über biblische Geschichten, über die Taufe. Und eine Sache finde ich bei allem Lernen und Erklären immer ganz besonders wichtig: Glaube kann sich verändern – immer. Mein Glaube heute ist sicher ein ganz anderer als mit 14. Und vermutlich auch ein anderer als mit Mitte 20. Ich habe heute andere Fragen an Gott als früher. Manchmal geht mir das Vertrauen verloren, das ich gekannt habe – und dann entdecke ich es neu an einem ganz anderen Ort.

Aber egal, wie ich im Moment selber zum Glauben stehe: Gott sagt schon mein ganzes Leben Ja zu mir. Mit allem, was ich gut kann. Und mit allem, was ich gar nicht kann. Und wo ich auch unzufrieden mit mir bin. Gott schätzt mich. Er hilft, begleitet, und er vergibt.

Diese Jugendlichen sind gerade in einer ganz besonderen Phase. Sie sind keine Kinder mehr, aber erwachsen sind sie auch noch nicht. Sie verändern sich selbst. Andere Themen sind plötzlich unglaublich wichtig. Wie nehmen mich die anderen wahr. Wie stelle ich mich selbst auf Instagram dar. Gerade in dieser Zeit finde ich das total wichtig, dass sie spüren, dass Gott auf ihrer Seite ist.  Dass sie sich da nicht mal anstrengen müssen. Um ein besonders gutes Bild abzugeben. Für Gott braucht es keinen besonderen Filter oder Weichzeichner.

Und das gilt eigentlich auch nicht nur für junge Menschen. Ich muss als Erwachsener in so viele Rollen schlüpfen und in so vielen Sachen gut sein. Bei Gott muss ich nichts leisten. Nichts beweisen. Mich nicht verstellen oder besonders stark und männlich sein. Gott sagt mein ganzes Leben schon Ja zu mir.

Für die Jugendlichen war das eine intensive Zeit. Jetzt ist sie zu Ende und sie gehen wieder ihre eigenen Wege. Manche sieht man hin und wieder. Manche eher nicht. Das finde ich aber auch nicht schlimm. Sie sollen ja ihre eigenen Erfahrungen machen. Ihre eigenen Wege gehen. Aber in dem Wissen, dass Gott sie immer und überall begleitet. Und für uns da ist.

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SWR4 Abendgedanken

10FEB2023
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Komme, was Wolle, ich Schaf das. Das steht auf meinem neuen Pulli drauf. Natürlich ist da ein kleines Schaf drauf. Deshalb ist das Wort Wolle großgeschrieben und aus dem schaffen mit zwei f wird das schaf mit einem f. Komme, was Wolle ich Schaf das. Ich mag solche Wortspiele. Und ich finde diesen Satz einfach klasse. Ich schaff das. Egal was kommt.

Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich kein Schaf bin. Und trotzdem werden wir Menschen in der Bibel immer mal wieder mit Schafen verglichen. Das vermutlich bekannteste Gebet in der Bibel beginnt genau mit dieser Vorstellung: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Das ist ein Satz, der so gar nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheint. Ich bin es doch gewohnt, dass ich für mein Leben selber verantwortlich bin. Ich will ja schließlich meine eigenen Entscheidungen treffen. Und ich weiß – glaub ich – auch ganz gut, was gut für mich ist und was nicht. Ich will doch nicht irgendeinem Hirten einfach so hinterherlaufen.

Ich glaube aber, dass das so gar nicht gemeint ist. Es geht nicht darum, einfach jemandem blind hinterherzulaufen. Sondern vielmehr darum: wie kann ich wirklich mein Leben so leben, dass ich sagen kann: Komme, was wolle ich schaff das. Und muss ich das wirklich alles ganz allein schaffen. Die Frage ist deshalb vielleicht eher: Wem kann ich in meinem Leben so vertrauen, dass ich mir auch was sagen lasse. Ich glaube: Wenn ich mein Leben nur so für mich lebe. Und immer nur das tue, was ich will und was mir in dem Moment guttut, dann macht mich das auch einsam. Außerdem tut es – zumindest mir – gut, wenn ich alles, was mich beschäftigt, auch mit jemandem teilen kann. Mit meiner Familie, meinen Freunden und auch mit Gott.

So kann ich viel besser mit dem leben, was mir in meinem Alltag so unterkommt. Wenn ich mich freue, kann ich das teilen. Wenn ich mir Sorgen mache, dann kann ich das auch teilen. Ich glaube genau das hilft mir: zu wissen, dass da immer jemand für mich da ist. Der mir nicht immer nur sagt, was ich alles falsch mache, oder, dass ich es doch lieber ganz anders machen soll. Es hilft mir, dass ich mein Leben selber in die Hand nehmen kann. Es gestalten kann und was draus machen kann. Und immer wieder sagen kann: Komme, was Wolle, ich Schaf das.

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