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SWR3 Gedanken

01OKT2023
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Himbeeren! Liebe ich. In allen Variationen. Und Kartoffelsuppe. Vor allem im Herbst. Gerne auch mit Lauch. Brot, wenn es frisch aus dem Ofen kommt – das geht dann auch ohne Butter. Der Geruch von Kaffee am frühen Morgen, wenn ich eigentlich noch müde bin. Und diese getrockneten Tomaten in Olivenöl. Gibt’s auf dem Markt neben dem Stand mit den wunderschönen Blumen.

In meinem Garten steht eine riesige Rotbuche und spendet Schatten. Bei klarem Himmel zähle ich nachts durch mein Dachfenster die Sterne. In der Stadt singt ein Typ zur Gitarre. Einfach so. Die Melodie klingt in mir nach. Eine Weinprobe. Ganz kleine Schlucke. So viele Aromen. Ich suche nach Worten, um den Geschmack zu beschreiben.

Und dann: Spaziergang durch den Herbstwald. Die Luft duftet nach Pilzen, Laub und Erde. Was für eine Welt. Wieviel Staunen. Wieviel Schmecken, Hören, Spüren, Sehnen. Und heute ist Erntedank. Danke, Gott!

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SWR3 Gedanken

06MAI2023
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Die Erde, die Sonne und die Sterne – sie sind alle Gottes Schöpfung. Das ist eine sehr alte Überzeugung. Sie steht ganz am Anfang der Bibel. Dass Gott einen Stern im Namen hat, ist dagegen eine recht junge Schöpfung. Immer öfter begegnet mir für das Wort Gott die Schreibweise G Sternchen t t.

Bevor ihr jetzt hochgeht, weil auch hier nun angeblich der Genderwahnsinn zugeschlagen hat:
Diese Schreibweise denkt eine jüdische Tradition konsequent weiter. Denn aus Respekt vor Gott und Gottes Namen ersetzen viele jüdische Gläubige den Vokal o mit einem Apostroph: G’tt.

Die Irritation ist volle Absicht: Wer hier beim Lesen stolpert, soll nachdenken über das eigene Gottesbild. Und es gerne erneuern und erweitern. Immer wieder. Und dieses Auslassungszeichen ist nun manchmal durch ein Sternchen ersetzt. Das Stolpern beim Sprechen ist einkalkuliert. Denn: alle Gottesbilder, auch die allzu männlichen werden hier in Frage gestellt. Und das ist richtig so.

Die Erzählungen über Gott in der Bibel sind von Menschen geschrieben, die so gedacht und geschrieben haben wie es in ihrer Zeit üblich war. Und die meiste Zeit ging es ganz schön patriarchal zu. Trotzdem finden sich da immer auch Zwischentöne. Der Gottesname zum Beispiel ist in der Bibel geschlechtslos. Und die Schöpfung Gottes ist ein Feuerwerk an Diversität. So viele Pflanzen und Tiere, die sich geschlechtlich nicht festlegen lassen.

Neben den Pflanzen, Tieren und Sternen hat Gott als eigenes Ebenbild auch den Menschen geschaffen. Und immer mehr Menschen nehmen wahr, dass die geschlechtliche Vielfalt auch bei uns größer ist, als wir uns das lange vorgestellt haben.

Gott mit Sternchen geschrieben – für mich ist das immer wieder ein Anstoß, meine eigenen Gottesbilder zu hinterfragen und zu erweitern.  Und deshalb finde ich gut, was der Theologe Jürgen Ebach sagt: »Wir haben schon gelernt, dass G*tt kein Mensch ist. Nun müssen wir noch lernen, dass G*tt kein Mann ist.«[1]

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[1] https://www.juedische-allgemeine.de/religion/sollen-wir-gott-gtt-oder-lieber-gtt-schreiben/

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SWR3 Gedanken

05MAI2023
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„Wie schön Sie zu sehen!“, rufe ich dem alten Mann zu. Er hat bis vor einigen Jahren in Gottesdiensten oft die Bibellesung übernommen. Ich habe seine tiefe volle Stimme gerne gehört.

Jetzt sehe ich ihn also wieder. In seinen Augen leuchtet es, als er mich begrüßt. Aber auf meine Frage, wie es ihm denn gehe, werden seine Augen plötzlich klein, und die Falten um den Mund werden tiefer. „Ach“, sagt er, „es geht. Aber“- er ringt kurz nach Worten. Dann purzelt es aus ihm heraus: „Ich habe meinen Glauben verloren.“

Ich schaue ihn bestürzt an: „Was ist passiert?”
„Nichts Besonderes”, antwortet er. Die vielen Vorlesungen und Reisen – ich habe erfahren, dass die Menschen überall auf der Welt eigentlich dasselbe glauben. Das Einzige, was das Christentum unterscheidet, ist Jesus Christus. Alles andere ist beliebig.“ Er seufzt.

Ich bin überrascht: „Ich finde es großartig, dass die Menschen überall auf der Welt auf ihre Weise von Gott erzählen. Was fehlt Ihnen?“
„Früher war ich so überzeugt davon, dass alles wahr ist, was man von Jesus erzählt“, sagt er. „Dass er der Sohn Gottes ist, dass er auferstanden ist. Aber das kann ich jetzt nicht mehr glauben. Ich habe zu viele andere Erklärungen gehört. Diese tiefe frühere Überzeugung, die ist einfach weg. Und: sie fehlt mir.“ Er schweigt.

„Das tut mir so leid“, sage ich, „ich habe es gerade andersherum erlebt. Ich konnte schon immer gut verstehen, warum vor 2000 Jahren Menschen auf diese bestimmte Weise über Jesus gesprochen haben. Und hab es aber trotzdem selber nicht geglaubt. Über die Jahre habe ich begriffen: Jesus verkörpert die Seite Gottes, die uns Menschen im Blick hat. Er steht dafür, dass Gott sich dem Menschen voller Liebe zuwendet. Und diese Liebe bewirkt selbst dann noch etwas, wenn sie scheitert. Auferstehung – für mich ist das die Gewissheit: Gott ist Liebe. Und diese Liebe, die ist nicht tot zu kriegen.“

„Reicht das?“ fragt er leise.
„Probieren wir’s aus.“, sage ich. Und dann tauschen wir unsere Telefonnummern.

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SWR3 Gedanken

04MAI2023
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Theodor Kalymon wurde nur 20 Jahre alt. Balthasar Kirchberger immerhin 49. Und Auguste Hägele war so alt wie ich, als sie starb, 52. Ihre Namen hat lange Zeit kein Mensch mehr gekannt. Denn Theodro Kalymon, Balthasar Kirchberger, Auguste Hägele und unzählige andere bekamen als verstorbene Häftlinge oder Hingerichtete der NS-Zeit kein Grab. Ihre Körper wurden nach ihrem Tod der Anatomie in Tübingen überstellt. Und so haben Generationen von jungen Erwachsenen mithilfe ihrer präparierten Organe Medizin studiert.

Inzwischen sind diese Präparate aussortiert. Sie wurden schon vor ein paar Jahren würdevoll bestattet. Und: eine Gruppe von Studierenden hat die Hintergründe dazu erforscht. Etliche Personen haben so ihren Namen und ihre Geschichte wieder bekommen.

In Tübingen hat jetzt eine Ausstellung eröffnet, um die Ergebnisse zu präsentieren. Wer den Ausstellungsraum betritt, wird von wehenden langen weißen Laken empfangen. Leichentücher, auf denen nun mit Tinte ein Name geschrieben ist. Zum Beispiel der von Augusta Hägele oder Theodor Kalymon. Wer möchte, kann die Namen nachsticken. Eine besonders eindrückliche Aktion.

Mich beeindruckt diese späte Würdigung der beinahe vergessenen Toten. Und ich denke dabei an einen Satz aus dem Prophetenbuch Jesaja. Da sagt Gott: „Fürchte dich nicht. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein.“ Das hoffe ich. Ich hoffe, dass dieser Zuspruch auch allen Menschen gilt, deren Würde den Menschen damals nichts galt.

Ich hoffe, dass Gott keinen einzigen Namen vergisst.
Ich hoffe, dass die Namen von Theodor Kalymon, Balthasar Kirchberger, Auguste Hägele und all den anderen nicht nur auf Leichentücher gestickt sind, sondern im Himmel geschrieben sind.

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SWR3 Gedanken

03MAI2023
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„Wenn mein Vater noch am Abend Kaffee gekocht hat und anschließend in der orangefarbenen Thermoskanne auf den Tisch gestellt hat, dann habe ich gewusst: jetzt verschwinde ich besser auf mein Zimmer.“ Das erzählt mir Martin aus seiner Kindheit.

Ganz deutlich erinnert er sich an die Stimmung, die mit der Thermoskanne in die Küche kam. Oder besser an die Stimmung, die schon vorher mit Händen zu greifen war.

Die Sache mit dem Kaffeekochen am Abend kam nämlich nur dann vor, wenn Martins Eltern sich vorher gestritten hatten. Erst gab es heftige Worte. Und dann hat keiner von beiden mehr was gesagt. Es konnten Stunden vergehen, ohne dass die beiden ein Wort miteinander gewechselt haben.

Aber dann kam der Abend. Und wenn es da immer noch keine Annäherung gegeben hatte, kochte sein Vater Kaffee. Und die Mutter verstand und setzte sich zu ihm an den Küchentisch. Die Kanne kam auf den Tisch, zwei große Tassen und sie begannen zu reden. Ohne laut zu werden.

Martin hat niemals gelauscht. Für ihn als Kind war das Ergebnis wichtig: Versöhnte Eltern, die ihn am nächsten Morgen mit einem Lächeln weckten. Streiten kann ganz schön anstrengend sein. Und manchmal auch verletzend. Aber es lohnt sich, die Dinge auszusprechen und zu klären. Und zwar nicht erst Tage später.

„Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen“ – eine uralte Weisheit aus der Bibel. Sie taugt immer noch. Nicht nur für Martins Eltern.

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SWR3 Gedanken

02MAI2023
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Neulich bin ich durch einen großen Stadtwald gewandert. Am Ende – also da, wo das Wohnviertel beginnt – bin ich auf einen kleinen Rasenplatz mit einem großen Hinkelstein gestoßen. Eine Erinnerung an Obelix? Nein! Diesen Stein hat der Verschönerungsverein der Stadt im 19. Jahrhundert aufgestellt. Stand auf der Tafel am Stein.

Was für eine Idee! Ein Riesenstein als Verschönerung für ein wunderbares, ja wunderschönes Waldgebiet. Und überhaupt:
Ich finde, die Natur braucht keinen Verschönerungsverein. Natur ist meistens dann schön, wenn der Mensch möglichst wenig mitmischt. Da wo wir Menschen reinpfuschen, da bräuchte es einen Verschönerungsverein.

Mir ist so allerlei eingefallen. Schließlich gibt es genügend hässliche Ecken in meiner Stadt. Da ließe sich schon hier und da was machen, also jenseits von Hinkelsteinen. Dann war ich in einem Gottesdienst mit guten Gedanken und viel Musik. Die Leute um mich herum haben aus vollem Herzen mitgesungen, haben sie haben sich angestrahlt und den Takt mitgeschnippt. Plötzlich sahen alle schön aus. Wie von innen beleuchtet. Der Gottesdienst war so eine Art Verschönerungskur für alle.

Seither weiß ich, dass ich bereits Mitglied eines Verschönerungsvereins bin, sogar in einem weltweiten. Ich bin Teil der Kirche Gottes.

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SWR3 Gedanken

01MAI2023
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Siebenhundert Millionen. Siebenhundert Millionen unbezahlte Überstunden sind im vergangenen Jahr bundesweit zusammengekommen. Wow! Und dazu kommen nochmal rund 580 Millionen bezahlte Überstunden!

Karoshi heißt es in Japan, wenn Menschen sich zu Tode arbeiten. Weil es dort immer mehr Fälle von Karoshi gibt, versucht die japanische Regierung gegenzusteuern. Ganz so schlimm ist es in Deutschland an den meisten Stellen noch nicht. Aber auch hier haben Menschen damit zu kämpfen, wenn die Arbeit zu viel wird.

In Deutschland sind es Gewerkschaften, die immer wieder zu Reformen aufrufen, damit Leben und Arbeiten nicht deckungsgleich wird.  Die Arbeiterbewegung hat in den vergangenen Jahrhunderten Urlaubsansprüche, Krankheits- und Unfallversicherung durchgesetzt und sich immer wieder für reduzierte Arbeitszeiten eingesetzt.  

Und so gesehen könnte Gott eigentlich als erster Gewerkschafter zählen! Die Idee, dass mindestens ein Tag der Woche völlig arbeitsfrei sein soll, stammt schließlich laut biblischer Erzählung von Gott selbst. Gott hat am siebten Tag der Schöpfungswoche geruht. Und erst mit diesem Ruhetag war die Schöpfung vollkommen. Und siehe, es war sehr gut, heißt es dann abschließend. 

Gut finde ich deshalb, dass es einen Tag im Jahr gibt, der Arbeit zum Thema macht. Heute soll alles laut werden, was besser werden muss. Damit das Wort Karoshi und 700 Millionen Überstunden möglichst bald der Vergangenheit angehören. Und das wäre dann endlich mal wieder "sehr gut"!

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SWR3 Gedanken

30APR2023
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Wie geht’s eigentlich dir, Gott?
Ständig liege ich dir in den Ohren mit meiner Sicht auf die Welt; was mir Angst macht und wofür ich dich um Hilfe bitte. Oder ich überschwemme dich mit Dank und Jubeltönen, wenn ich einen guten Tag hatte. Aber wie es Dir geht, Gott? Keine Ahnung.

Das ist doch komisch. Eine Beziehung, in der immer nur eine sich öffnet, bezeichnet man als schief. Haben wir eine schiefe Beziehung, Gott?
Hm, ja. Wahrscheinlich ist das so: Wir haben eine schiefe Beziehung.
Weil Du ja nicht nur mit mir in engem Kontakt bist, Gott. Du hast ja für alle Menschen ein offenes Ohr und ein weites Herz. Du bist allen Menschen ganz nah.

Warte mal – wenn Du allen Menschen so nah bist, wenn du dich mit ihnen mitfreust, wenn du mit ihnen mitleidest. Dann weiß ich ja doch wie es dir geht!

Ich kann es an den Menschen um mich herum ablesen. Du machst Dir manchmal Sorgen, liebst mit ganzer Seele, kannst tieftraurig sein, unendlich müde und dann auch wieder jubelglücklich.

In der Summe bist Du wohl vor allem eins: zuverlässig nahe, egal wie es uns geht. Und das ist nicht schief. Das ist die Basis einer lebenslangen Beziehung!

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SWR3 Worte

11MRZ2023
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Das Leben macht weise, findet die Schriftstellerin Anne Lamott. Sie erinnert sich:

„Als Kind habe ich mir immer vorgestellt, dass Erwachsene eine innere Werkzeugkiste voll glänzender Werkzeuge besitzen:

Die Säge des Urteilsvermögens,

den Weisheitshammer,

das Schleifpapier der Geduld.

Aber als ich älter wurde, stellte ich fest, dass einem das Leben nur verbogene, rostige Werkzeuge reicht –

Freundschaft,

Gebet,

ein Gewissen,

Ehrlichkeit

- und sagt:

„Mach das Beste draus, die müssen genügen“.

Und das tun sie meistens tatsächlich.“

 

 

Quelle: https://www.kleintalk.de/gedankensplitter/ letzter Aufruf 2.2.2023

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SWR3 Worte

10MRZ2023
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Wie die Villa Kunterbunt stellt sich die Bloggerin Andrea Kuhla auch den Himmel vor:

„Einmal, das glaub ich, lädt uns G*tt in ihre Villa Kunterbunt ein.

Die Tür ist immer offen

Und wenn nicht, liegt der Schlüssel links unterm Blumentopf beim Lavendel.

Wenn es draußen dunkel wird, brennt drinnen noch ein Licht für mich

Und im Baum hinterm Haus ist die Limo schon kaltgestellt.

Da sitzen wir dann am großen, gedeckten Tisch

Mit unseren süßen Sachen und denen, die nach Tränen schmecken.

In unseren zu großen Schuhen und bunten Socken,

in unseren Prinzessinnenkleidern, Kimonos, Paillettenröckchen und zerschlissenen Jeans,

unsere bunten und stürmischen Herzen nach außen gekehrt.

Wir sind wir.

Sind angekommen bei uns selbst. Beieinander.

Und bei der, die uns ansieht und sagt:

Ich freu mich über dich! Willkommen im Himmel Kunterbunt!“

 

Quelle: www.segenssachen.de

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37244
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