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SWR Kultur Wort zum Tag

07MAI2025
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Heute, vor 80 Jahren, ist der Zweite Weltkrieg in Europa Geschichte: Die Deutsche Wehrmacht kapituliert bedingungslos. Ein Tag später, am 08. Mai 1945, tritt die Kapitulation in Kraft. Seitdem wird gestritten: Ein Tag der Niederlage? Ein Tag der Befreiung? Ein Tag der Erleichterung?

Ein Tag der Niederlage: Für alle, die die NS-Herrschaft bis zum Schluss verteidigt haben. Ein Tag der Befreiung: Von einem rassistischen, grausamen und menschenverachtenden Regime. Ein Tag der Erleichterung: Endlich keine Bomben mehr, keine Angst, endlich Frieden.

Niederlage, Befreiung, Erleichterung. Große Worte, die vor allem auf die Menschen zielen, die den Weltkrieg und den Terror der Nationalsozialisten überlebt haben. So wie meine Eltern. Die haben mir vom Fliegeralarm erzählt, vom Geräusch der Bomben, von der Verschickung mit der Eisenbahn.

Das waren schreckliche Zeiten, aber sie haben den Krieg überlebt. Millionen Soldaten dagegen starben grausam, Millionen Menschen wurden durch die Nazis verschleppt, vergast, erschossen, ermordet.

Meine Eltern haben beides in unserer Familie wachgehalten. Sie waren erleichtert über das Kriegsende, fühlten sich befreit. Und sie haben die grausamen Taten der Nazis weitererzählt. Haben in mir dieses Wissen gesät: So was darf nie wieder passieren. Sicher: Meine Eltern waren kleine Kinder im Krieg. Sie waren weder Nazis noch Mitläufer. Aber sie waren von ihrem christlichen Glauben her zutiefst davon überzeugt: Glaube, Herkunft, Name, Sprache, Hautfarbe – das alles darf keine Rolle spielen. Und meine Eltern haben das auch gelebt. Sie haben sich in unserer Pfarrgemeinde engagiert. Eine Partnerschaft zu einer französischen Gemeinde aufgebaut. Für sie war klar: Wenn wir andere Menschen kennen lernen, sie zu verstehen versuchen, Erfahrungen miteinander teilen, dann fängt der Friede erst richtig an.

Niederlage, Befreiung, Erleichterung. Das war meinen Eltern unwichtig. Wichtig war: So einen Krieg und so ein Terrorregime, das darf es nicht mehr geben. Meine Eltern wussten aus ihrem Glauben heraus: Jeder Mensch hat das Recht, in Frieden zu leben. Daran denke ich heute auch. In unserer aufgeheizten politischen Lage.

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SWR Kultur Wort zum Tag

06MAI2025
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Manchmal packt mich zu Hause der Rappel und ich miste aus. Ich habe viel, ohne Zweifel. Und ich brauche vieles eigentlich nicht. Gut ist, man muss nicht alles wegschmeißen. Ab und zu kann man auch kleinere Sachen vor die Haustür stellen. Sehe ich immer wieder, wenn ich durch unsere kleine Stadt gehe. Da gibt’s eine Kiste, da steht „Zu verschenken“ drauf. Und da finden sich dann Spiele und ein paar einzelne Tassen, eine Vase, ein Schreibblock oder anderes.

Manchmal gucke ich in so eine Kiste rein. Bin aber streng zu mir. Ich nehme nie was mit. Aber mich interessiert, was die Leute so weggeben. Oft denke ich, wie auch bei meinen Sachen: Viele Menschen haben einfach viel zu viel.

Da ist mein Glaube oft ein Stachel im Fleisch. Jesus formuliert ziemlich radikal: „Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.“ (Lk 14) Das lässt wenig Spielraum. Entweder – oder. Entweder Besitz oder ein Christ. Und Besitz denkt dieser Jesus ganz weit. Das umfasst all den Kram, den ich habe. Aber auch all das, was mich festhält und engt und verpflichtet. All das, was ich noch in die Kiste „Zu verschenken“ rein legen könnte. Meine vorschnellen Urteile anderen Menschen gegenüber. Mein Getrieben-sein durch den Beruf. Meinen Zwang, alles immer genau planen zu müssen. Meine genaue Vorstellung, wie das Auto für dem Urlaub richtig bepackt werden muss. Auch das gehört zu meinem Besitz. Und nimmt mich oft genug in Beschlag.

„Auf seinen ganzen Besitz verzichten,“ das heißt dann: Ausmisten. Den Keller und das Wohnzimmer, aber auch den Kopf und das Herz. Ab und zu probiere ich das. Gehe bewusst neue Wege zum Einkaufen. Lasse mich auf ein Telefonat ein, obwohl ich eigentlich meine Ruhe haben will. Versuche ganz bewusst zu verstehen, was mir jemand sagen will, ohne direkt die Gegenargumente zu formulieren. Oder stelle einfach nur eine kleine Kiste an die Straße mit dem Schild „Zu Verschenken.“

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SWR Kultur Wort zum Tag

05MAI2025
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Man ist nicht behindert, man wird behindert. Das ist mal ein Satz. Und passt auf den Tag heute. Denn jedes Jahr am 5. Mai gibt es europaweit einen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.

Da liegt der Gedanke nahe: Es gibt also doch Menschen, die behindert sind. Ja, selbstverständlich. Aber es kommt drauf an, wie man Behinderung definiert. Für viele ist klar: Behindert ist jemand, der körperliche oder geistige Handicaps hat. Das zielt auf individuelle Eigenschaften. Aber seit vielen Jahren setzt sich eine andere Definition durch. Da wird Behinderung sozial gedacht. Wenn der öffentliche Raum voller Barrieren ist. Zu hohe Stufen, Türen durch die kein Rollstuhl passt, die winzige Schrift am Automaten. Da werden Menschen behindert. Auch negative Einstellungen von Mitmenschen gehören dazu. Wenn jemand auf Behinderte herabsieht. Wenn Menschen, die Hilfe brauchen, zu wenig unterstützt werden. Da wird behindert. Behinderung geht auch damit einher, dass manche Menschen unbewusst oder ganz gezielt vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Kurz: Man ist nicht behindert, man wird behindert.

Eine alte Weisheit. Denn schon in biblischen Zeiten werden Menschen ganz systematisch ausgegrenzt. Da gibt es den blinden Bartimäus (Lk 18). Der lebt am Rand der Gesellschaft. Und er will geheilt werden. Er trifft auf Jesus. Und Jesus fragt: „Was willst du, dass ich dir tun soll?“ Eine ganz simple Frage. Aber die verändert alles. Bartimäus ist plötzlich auf Augenhöhe mit Jesus. Er, der Behinderte, er darf sagen, was er braucht, was ihm gut tut, was er will.

Ist eigentlich was ganz Normales. Dass ich frage: Was willst du? Was brauchst du? Was kann ich für dich tun? Und auch gut, wenn es darum geht, gehandicapte Menschen einzubeziehen, statt sie auszugrenzen.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

04MAI2025
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Hilfe wofür

Vor ein paar Tagen bin ich auf dem Weg zum Bäcker fast vom Fahrrad gefallen. Da ist direkt neben mir ein Rasenmäher aus seiner Garage gefahren. Der Mähroboter war gar nicht laut. Aber das leise Surren hat mich trotzdem erschreckt.

Solche Roboter sieht man jetzt überall. In manchen Science-Fiction-Serien sind die von Menschen kaum zu unterscheiden. Die Realität im Haushalt sieht aber noch ganz anders aus. Da finden sich Saug- und Putzmaschinen, die im Wohnzimmer ihre Runden drehen. Mini Tischstaubsauger. Roboter für den Swimmingpool – wenn man denn einen hat. Fensterputzroboter gibt’s. Und auch Koch-Roboter. Maschinen, die ganze Mahlzeiten zubereiten, die schneiden, rühren und kochen können.

Viele solcher Haushaltshilfen sind praktisch. Putzen, Rasen mähen, Kochen. Das kann manchmal ganz schön lästig sein. Und wenn das Kreuz zwickt oder das Bücken schwer fällt, dann kann so ein Roboter entlasten. Aber sicher ist auch: Einen Haushaltsroboter muss man sich leisten können.

Als ich vom Bäcker zurückgefahren bin, da ist mir ein Gedanke durch den Kopf geschossen. Wenn ich einen Backroboter hätte, dann hätte ich mir die Fahrt heute Morgen wohl erspart. Nur: Will ich das wirklich? Maschinen, die mir alles abnehmen? Und damit meine ich nicht nur die Arbeit. Sicher, zum Bäcker fahren, das kostet Zeit. Aber ich bewege mich dabei auch, spüre die frische Luft, die letzte Schlafmüdigkeit wird weggeblasen. Ich freu mich unterwegs schon auf das Frühstück. Da fängt mein Tag gut an.

All das kann ein Backroboter nicht liefern. Der nimmt mir zwar vielleicht die Fahrt zum Bäcker ab. Aber alles anders würde mir fehlen. Ganz ähnlich geht’s mir bei den anderen Robotern. Wenn ich abends was koche, dann lasse ich den Tag an mir vorbeigehen. Oder ich muss mich so konzentrieren, dass ich all das vergesse, was mir heute Stress gemacht hat. Da bin ich froh, dass ich keinen Roboter habe.

 

 

Hand anlegen

Immer mehr Roboter gibt’s für Wohnung und Garten. Aber wofür brauche ich die eigentlich? Darum geht es heute in den Sonntagsgedanken in SWR 4.

Saugen, putzen, kochen, Rasen mähen, reinigen, für all das und vieles mehr gibt es Roboter. Die können ein Segen sein, weil sie lästige Arbeiten abnehmen oder helfen, wenn ich etwas selbst nicht so gut kann. Trotzdem finde ich es wichtig, dass ich Dinge selbst mache.

Selbst machen. Klingt einfach. Fällt aber oft schwer. Eine Geschichte dazu. Ein paar Fischer fahren wie üblich nachts zur See. Sie werfen Netze aus. Warten. Holen die Netze wieder ein. Nichts. Kein einziger Fisch. Stundenlang geht das so. Bis der Morgen dämmert. Enttäuscht fahren Sie wieder ans Ufer. Da kommt ein Mann und sagt: Probiert es noch einmal. Ein letztes Mal. Die Fischer fahren raus, werfen das Netz ins Wasser – und tatsächlich: Nun fangen sie unzählige Fische.

Eine Erzählung aus der Bibel. Ich finde: ziemlich nah an der Realität. Gut, ich bin kein Fischer. Aber mir geht’s oft so: Dass ich was probiere und es einfach nicht schaffe. Ich such dieses eine verdammte Puzzleteil. Nicht zu finden. Und da kommt jemand anders und fischt es für mich aus 1000 Teilen heraus. Oder beim Einkaufen. Ich tue mich da so schwer. Keine Ahnung wieso, aber ich find einfach keine passenden Hosen. Mit Hilfe geht’s da leichter. Jemand der aus den vielen Hosen dann doch die passende heraussucht.

Ein anderer Blickwinkel wirkt manchmal Wunder. Ein Mensch, der mich unterstützt. Jemand, der mir auf die Sprünge hilft. Ein Mensch, der sagt: Komm, probiere es noch mal. Oder: Machs so. Und dann wird das Puzzle fertig. Und die Hose passt. Doppeltes Glück. Ich hab was erledigt. Und jemand teilt das mit mir. Dieses Glücksgefühl, das macht das Leben rund. Kein Roboter der Welt kann mir das schenken.

 

 

Joh 21, 1–7

In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tibérias, und er offenbarte sich in folgender Weise. Simon Petrus, Thomas, genannt Dídymus, Natánaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr!

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SWR Kultur Lied zum Sonntag

20APR2025
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Ein Leben ohne Sonne – auf der Erde undenkbar. Für viele Religionen ist die Sonne aber noch mehr als ein astronomisches Phänomen. Im Christentum ein Symbol für die Auferstehung. Davon singt auch der österliche Kanon Vom Aufgang der Sonne.

 

Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn!

 

Die Sonne: eine gigantische Energiequelle. Sorgt für Licht und Wärme auf der Erde. Ohne die Sonne gäbe es kein Leben. Ich spüre das, gerade nach den langen und dunklen Wintertagen. Scheint die Sonne, steigt die Laune. Ich tanke Wärme und Energie. So geht es praktisch allen Lebewesen auf der Erde.

 

Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn!

 

Die Melodie dieses Kanons stammt von Paul Ernst Ruppel. Das Lied scheint auf den ersten Blick kaum zu seiner Lebensgeschichte zu passen. Ruppel, Jahrgang 1913, studiert Musik. Kurz nach seinem Abschluss bricht der II. Weltkrieg aus. Ruppel wird eingezogen und in Dünkirchen schwer verwundet. Er kommt ins Lazarett. Muss wieder als Soldat ran. Gerät auf Sizilien in Kriegsgefangenschaft. Er wird in die USA gebracht, dann nach Schottland. Fünf lange Jahre. Erst 1948 wird Ruppel entlassen. Und hat jahrelang Tod und Leid gesehen und erlebt. Wie er trotzdem ein so bejahendes und fröhliches Lied schrieben kann, finde ich beeindruckend. Vielleicht, weil er neben allem Tod erfahren hat, dass auch Leben blüht, Überleben möglich ist.

 

Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn!

 

»Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn«, ein Zitat aus den Psalmen, dem Liederbuch von Juden und Christen. Die Melodie bleibt ganz eng am Text und deutet ihn aus. „Vom Aufgang der Sonne“: Da steigen die Töne im Dreiklang auf. Eine aufgehende Sonne. „bis zu ihrem Niedergang“: Hier geht’s genau so runter: Der Sonnenuntergang ist förmlich zu hören. Ungewöhnlich: Der ganze Kanon braucht nur einen Akkord. D-Dur. Die Zeile „sei gelobet der Name des Herrn!“ füllt diesen Akkord aus. Im Kanon gesungen klingt dieser Akkord in allen Facetten, leuchtet, wie eine helle Sonne.

 

Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn!

 

Die Sonne gilt im Christentum als das Symbol für die Auferstehung, die heute, an Ostern, gefeiert wird. Mit dem Sterben und Tod Jesu geht die Sonne symbolisch unter, mit seiner Auferstehung geht sie wieder auf. Jesus wird selbst als die Sonne interpretiert, die den Menschen leuchtet. Auferstehung, das heißt, dass mit dem Tod nicht alles aus ist, dass das Licht eines Menschen weiter leuchtet.

Ich erlebe das in meinem eigenen Umfeld. Ich erinnere mich an die Toten in meiner Familie, in meinem Freundeskreis – für mich bleiben sie so lebendig. Ihre Sonne leuchtet immer noch in mein Leben.

Ganz ähnlich deuten Christinnen und Christen den Tod Jesu. Was er gesagt und getan hat, das geht nicht verloren, sondern lebt weiter. Geht immer wieder auf wie ein helles Licht. Wie die Sonne, auch an diesem Ostermorgen.

 

Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

19APR2025
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Ich mag die deutsche Sprache. Sie ist so vielseitig. Kennt so viele Ausdrücke. Und doppeldeutige Begriffe. Zum Beispiel: Ausschweigen. Ist ein scherzhafter, spöttischer Ausdruck. Jemand schweigt sich aus, das heißt: Ist durch nichts zum Reden zu bringen, hält sich bedeckt.

Aus Schweigen kann aber auch heißen: Dass etwas aus der Stille, aus dem Schweigen, aus der Ruhe kommt.

Beides passt zum Tag heute. Zum Karsamstag. Ein Tag, der zwischen allen Stühlen sitzt. Gestern Karfreitag, der Tag, an dem Christinnen und Christen auf der ganzen Welt an den Tod Jesu denken. Und morgen: Ostersonntag. Ein Tag, an dem das Leben gefeiert wird.

Zwischen Tod und Leben: der Karsamstag. Ein stiller Tag, trotz aller Hektik, die vielleicht heute ausbricht. Von wegen Einkaufen und Kochen und Putzen und Auto waschen oder auch Arbeiten.

Frage ich aber, was dieser Tag bedeutet, dann gibt’s keine einfache Antwort. Der Karsamstag ist so ein Tag, der sich ausschweigt. Der nicht von allein zu erkennen gibt, was Sache ist. Weder Tod noch Leben, weder Fisch noch Fleisch. Wofür dann dieser Tag? Eine Antwort: Heute ist ein Tag zum Innehalten. Es ist ja eine alte Binsenweisheit, dass aus der Stille Großes entstehen kann. Und genau davon erzählt dieser Tag heute. Macht das auch symbolisch deutlich. Heute läuten etwa keine Kirchenglocken. Als würden sie den Atem anhalten: Um dann in der Osternacht richtig loszulegen. 

So geht’s mir manchmal auch im Leben. Dass es die Ruhe braucht. Ich muss Atem holen. Vor einer neuen Aufgabe brauchts diesen Anlauf. Einem neuen Job. Oder nach einem runden Geburtstag. Überall braucht es Zeit, sich auf Neues einzustellen. Wie am Karsamstag. Der aber verspricht: Neues kommt. Und das wird gut.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

17APR2025
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Viele von ihnen, die mich jetzt im Radio hören, frühstücken gerade oder haben gegessen. Ein altes Ritual am Morgen. Schon bei den Ägyptern und Römern gabs morgens Obst und Mandeln, Brot und Brei, Bier oder Wein. Mit Essen und Trinken den Tag starten, das tat damals und tut heute gut, stärkt.

Der Tag heute hat noch aus einem anderen Grund mit Essen und Trinken zu tun. Mit Kraft tanken. An Gründonnerstag dreht sich alles um ein letztes gemeinsames Essen von Jesus und seinen Freunden. Ein karges und doch komplettes Mahl. Brot, Wein, Kräuter. Mehr braucht es nicht. Diese letzte Mahlzeit macht, wie unter einem Brennglas, deutlich, was für Leben und Überleben wichtig ist. Essen, Trinken und Gemeinschaft. Klingt simpel. Ist es auch.

Essen und Trinken sind für den Körper wichtig. Aber auch für den ganzen Menschen. Wenn ich Brot kaufe, dann kann ich mich manchmal nicht bezähmen. Beiße noch auf dem Weg nach Hause in das frische Brot. Schmecke und merke, wie ich belebt werde. Ein wohliges Gefühl.

Genauso gut tut es, gemeinsam mit anderen an einem Tisch zu sitzen. Miteinander reden, zuhören, erzählen vom Job und den Kindern und der Fahrradreparatur und dem Lieblingsverein. Gemeinsam essen, das heißt auch: das Leben miteinander teilen. Auch so kann mein Leben gelingen.

Heute an Gründonnerstag, ist das Bild vom letzten gemeinsamen Essen, vom letzten Abendmahl ein Gegenbild gegen den Tod. Gründonnerstag sagt: Leben beginnt immer wieder neu, wenn Menschen miteinander essen.

Deshalb will ich heute beim Frühstück und den anderen Mahlzeiten darauf achten. Statt schnell alles in mich reinzuschieben, will ich versuchen, das Leben zu spüren, das im Essen steckt. Und es mit anderen Menschen teilen. In der Kantine, in einer Arbeitspause oder wo auch immer.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

16APR2025
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Bürokratie. Davon kann sicher jeder ein Lied singen. Von irren Vorschriften, von x-fachen Kopien von Anträgen, von zehn unterschiedlichen Stellen, die alle mit einem Problem befasst sind. Die Rede vom »Bürokratiemonster« ist da eindeutig: Bürokratie frisst Gesellschaft und Menschen, Initiativen und kreative Prozesse auf. Und spuckt einen Dschungel an Vorschriften aus, in dem sich alle verheddern.

Aber es gibt auch eine andere Seite. Der Sozialwissenschaftler Max Weber hat schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Lanze für die Bürokratie gebrochen. Seine Idee: Bürokratie schützt vor der Willkür. Sie ist für eine vernünftige, nachvollziehbare Form der Herrschaft wichtig. Kurz: Bürokratie dient der Demokratie. Denn die Demokratie braucht eine Verwaltung, die gut und gerecht arbeitet. Demokratie heißt: Es gelten Regeln – und nicht das Recht des Stärkeren. Und dafür braucht Demokratie Bürokratie. Bürokratie sorgt dafür, dass es Behindertenparkplätze gibt, dass im Glas im Supermarkt auch wirklich drin ist, was drauf steht, dass Weiterbildungen für alle angeboten werden, dass ich zum Arzt gehen darf, wenn ich krank bin, dass Müll regelmäßig abgeholt wird. All das geht, weil es Regeln gibt. Für sie sorgt die Bürokratie.

Zu viel oder zu wenig Bürokratie? Ich halte mich an den biblischen Satz: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ (Mt 7,16). Also: Wie gut funktioniert die Bürokratie? Geht es in Regeln und Anordnungen wirklich um die Menschen, die Tiere, die Umwelt? Schützt Bürokratie die Schwächeren? Und nicht zuletzt: Wie geht Verwaltung mit den Menschen um, die ein Anliegen haben? Wenn der Mensch und seine Welt im Mittelpunkt steht, dann erfüllt die Bürokratie ihren Zweck. Das Leben planbarer und gerechter zu machen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

15APR2025
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Die Fastenzeit biegt in dieser Woche auf die Zielgerade ein. Zeit, Bilanz zu ziehen. Die einen wollten auf Alkohol verzichten, andere das Auto stehen lassen. Ich wollte meinen Süßigkeitenkonsum reduzieren. Hat leider nicht so gut geklappt.

Was mich in dieser Zeit aber auch begleitet hat: Die Aktion »Klimafasten«. Fasten hat hier weniger mit Verzicht zu tun. Stärker geht es um einen neuen Blick auf das alltägliche Leben. Es geht sozusagen um ein Gewohnheiten-Fasten. Die Fastenzeit ist hier eine Zeit, in der ich meinen Lebensstil überprüfen kann. Das macht die Aktion Klimafasten mit ganz konkreten Fragen und Impulsen.

So steht die letzte Fastenwoche unter der Frage: Was kann ich heute tun, damit morgen ein besserer Tag ist? Klar, heute sieht vieles so aus, als wäre die Lage morgen schlechter. Aber ich kann auch bei guten Veränderungen anknüpfen, die es gibt. Ein Beispiel: Der Rhein war vor fünfzig Jahren so verschmutzt, dass es in den Niederlanden unmöglich war, einwandfreies Trinkwasser aus Rheinwasser zu gewinnen. Heute ist der Rhein von der Quelle bis zur Mündung deutlich sauberer.

Konkret heißt das: Man kann an einem besseren Morgen arbeiten! Die Aktion Klimafasten greift einen Spruch auf, der Martin Luther zugeschrieben wird: »Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.« Heißt übersetzt: Es geht um den kleinen Anfang. Ein Samenkorn zum Beispiel. Ich weiß nicht, was draus wird. Aber ich hoffe mal, ein großer Apfelbaum. Ein kleiner Anfang, das wäre: Ganz bewusst zu Fuß zum Einkaufen gehen; eine Patenschaft für die Baumscheibe vor dem Haus übernehmen; kürzer duschen; die Heizung schon runterdrehen, auch wenn die Nächte noch kalt sind. Alles ein kleiner Anfang. Aber ein Fasten, das über die Fastenzeit hinauswirkt.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

14APR2025
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Es gibt so Tage, da verdichtet sich das Leben. Bei der Geburt eines Kindes. Am Grab eines Freundes. An einem runden Geburtstag. Solche Tage haben nicht mehr Stunden als andere. Aber in die passt so viel mehr rein. Gespräche, die lange dauern. Geschichten erzählen von damals. Gemeinsame Tränen voller Glück und Schmerz. Lachen, das noch Jahre später in den Ohren klingt.

So dicht sind auch die Tage in dieser Woche. Die trägt deshalb auch ganz besondere Namen: Karwoche, Heilige Woche, Große Woche. Sie umfasst die Tage zwischen Palmsonntag und dem Ostermorgen. Tage, in die ein ganzes Leben gepresst ist: Da gibt es ausgelassenes Feiern und todtraurige Stunden, da werden Liebe und Einsamkeit zum Thema, da schwören sich Menschen ewige Freundschaft und verraten sich. Eine Woche wie das Leben.

Es ist die letzte Woche von Jesus. Am Anfang kommt er nach Jerusalem. Wird wie ein Popstar empfangen. Alle wollen, bildlich gesprochen, ein Selfie mit ihm. Und Jesus macht seinem Namen als Fresser und Säufer alle Ehre. So beschimpfen ihn seine Gegner. Doch es trifft einen zentralen Kern seiner Botschaft. Viele Geschichten über Jesus haben damit zu tun, dass er mit anderen Menschen isst und trinkt. Gemeinsam Essen, das stiftet und vertieft Freundschaften.

Aber nur wenige Tage später steht er allein da. Kaum noch jemand will mit ihm zu tun haben. Und als er stirbt, da zerstreuen sich die Fans in alle Himmelsrichtungen.

Diese Bandbreite an Leben, die fasziniert mich in diesen Tagen. Sie macht mir deutlich, was alles zum Leben gehört. Höhen und Tiefen und die vielen Zwischentöne. Diese Woche hat auch mit mir und meinem Leben zu tun. Kann mir Hoffnung geben, dass alles, was passiert, wichtig ist. Vielleicht sogar einen Sinn hat.

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