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SWR Kultur Lied zum Sonntag
Nur noch zwei Tage, dann ist das Jahr auch schon wieder vorbei. Und schließt mit einem besonderen Tag: Silvester. In den Stunden vor dem Jahreswechsel ziehen viele Bilanz, lassen das alte Jahr Revue passieren. Auch der Entertainer Max Raabe mit seinem Lied Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern.
Also eins ist mal klar, das war ein tolles Jahr. / Manches lief anders als gedacht. / Das kümmert mich nicht heute Nacht. / Wir sind immer noch schön. / Was morgen ist, wird man sehen. / Ein Stern fällt am Fenster vorbei. / Einen Wunsch hab' ich jetzt frei.
In der ersten Strophe finde ich mich wieder. Auch bei mir lief manches anders, als gedacht. Wie Raabe damit umgeht, finde ich stark. Der sieht mehr als das, was danebenging. Sieht: Menschen sind schön, sieht: einen wunderbaren Stern. Hält fest: Was morgen ist, das liegt nicht in meiner Hand. Ganz ähnlich formuliert die Bibel: Warum sich sorgen und dann den Tag heute und den Moment jetzt verpassen? Raabe macht damit ernst. Sieht den Augenblick, der wichtig ist und der jetzt glücklich macht: Der eine Wunsch, der hier und jetzt zählt.
Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern. / Mit dir fängt alles gut an. / Mit dir könnt ich glatt den Vatikan erneuern. / Mit dir ruf ich meine Mama an. / Mit dir bekomm‘ ich noch mal einen Preis verliehen. / Mit dir krieg' ich alles hin.
Viele feiern Silvester mit Familie, Freunden oder Bekannten. Max Raabe „mit Dir“. Da denke ich an eine Freundin, einen Freund, einen Menschen, der für mich da ist. Mich unterstützt. Mich tröstet. Mich aufrichtet. So „Mit dir“ zu sagen, das klingt für mich auch nach einem Gebet. „Du Gott, mit dir,“ fängt das an. Mit dir kann ich die Dinge anpacken, die mir auf der Seele brennen. Die Großen und Kleinen. Wie: die eigene Mutter anrufen. Vielleicht gabs Streit. Oder schon lange keinen Kontakt. Silvester: auch ein guter Startpunkt für einen Neuanfang.
Oft merkt man erst am Ziel: / Das ist es nicht, was ich will. / Und manchmal, wenn man nicht dran denkt, / bekommt man es geschenkt. / Fehler sind zu verzeih‘n, sonst bleibt man allein. / Ein Stern fällt am Fenster vorbei. […]
Raabe packt in sein Lied viele kleine Alltagsweisheiten. Die mögen banal klingen. Und sind trotzdem so viel mehr. Überleg dir, was du eigentlich willst. Sei offen für das Unerwartete. Lass dich beschenken, von anderen, dem Moment. Mach aus einer Mücke keinen Elefanten. Wunderbare kleine Silvestergedanken, von denen der Entertainer so leicht singt. Raabe fordert mich auf: Guck auf die alltäglichen Sternstunden. Und geh mit Menschen durchs Leben, die dich größer, mutiger, freundlicher machen.
Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern. / Mit dir fängt alles gut an. / Mit dir könnt ich glatt den Vatikan erneuern. / Mit dir ruf ich meine Mama an. / Mit dir bekomm‘ ich noch mal einen Preis verliehen. / Mit dir krieg' ich alles hin.
Ich wünsche Ihnen allen diesen wachen Blick auf die wunderbaren Momente, die das Leben immer wieder bereithält. Heute, morgen und im neuen Jahr.
Mit dir möcht' ich immer Silvester feiern
Text: Max Raabe, Annette Humpe
Musik: Annette Humpe, Max Raabe, Christoph Israel
Decca 275 539-5
Auf: Max Raabe, Küssen kann man nicht alleine, 2011, Track 10
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41253SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken
Veränderung erreichen
Ich versuche für meine Überzeugungen einzustehen. Ich will Menschen gerecht behandeln. Ich will anderen ohne Vorurteile begegnen. Ich glaube, dass Freundlichkeit das Leben für alle leichter macht – und versuche deshalb auch freundlich zu sein. Diese und andere Überzeugungen sind wichtig. Aber sie kosten mich auch nicht viel. Im Gegensatz zu den Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzen für Ihre Überzeugungen. Menschen, die sich gewaltlos gegen Gesetze zur Wehr setzen. Weil sie ungerecht sind. Zwei Beispiele.
Großbritannien 1903. Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten stören Parlamentssitzungen, ketten sich an Geländer, verteilen Flugblätter, demonstrieren. Sie wollen wählen dürfen. Heute selbstverständlich, damals nur in wenigen Staaten der Welt möglich. Die sogenannte Suffragettenbewegung in Großbritannien protestiert gewaltfrei für dieses Recht. Und muss Verfolgung, Verhaftung und harte Strafen erdulden. Aber 1928 ist sie am Ziel: Das volle Wahlrecht gilt auch für Frauen.
Indien 1930. Mahatma Gandhi beginnt einen Protestmarsch. Mit wenigen Anhängern macht er sich auf einen über 200 Kilometer langen Weg zum Meer. Sein Ziel: Das Salzgesetz von 1882 friedlich zu beenden. Die britischen Herrscher verbieten darin dem indischen Volk jeglichen Handel mit Salz. Das Salzmonopol beschert den Briten saftige Gewinne. Und sorgt für Leid. Gerade die Armen können sich das Salz nicht leisten. Als Gandhi aufbricht, schließen sich zehntausende an. Am Meer angekommen, heben die Protestierenden getrocknete Salzbrocken vom Boden auf. Und begehen damit eine Straftat. Ghandi sitzt auch dafür über acht Jahre lang im Gefängnis. Doch der Protest zieht Kreise. Knapp zwanzig Jahre später wird Indien unabhängig.
Ich finde es unglaublich beeindruckend, wie die Suffragetten und Ghandi sich für ihre Überzeugungen einsetzen. Ihr Leben riskieren. Und gewaltlos die Welt verändern. An sie denke ich auch, wenn ich den Eindruck habe, dass ich gar nichts ausrichten kann. Wenn ich gerecht bin, was ändert das schon an der weltweiten Ungerechtigkeit? Da machen mir die Beispiele Mut, die zeigen: Doch, es sind einzelne Menschen, die Veränderung in Gang bringen können.
Überzeugungen haben
Heute, am zweiten Weihnachtsfeiertag, wird in vielen christlichen Kirchen an Stephanus erinnert. Auch einer, der für seine Überzeugungen einsteht. Und das ganz bitter bezahlt. Mit seinem Leben.
Jesus ist schon ein paar Jahre tot, da betritt Stephanus die Bühne. Die ersten christlichen Gemeinden entstehen. Und damit gibt’s auch die ersten heftigen Konflikte. Mit Menschen, die den Glauben an Jesu nicht teilen. Aber auch unter den Anhängern Jesu. So kennt man das ja auch heute noch. Selbst in noch so harmonischen Familien gibt es unterschiedliche Meinungen. Da kann es auch mal krachen. Auf der Arbeit ist es auch so. Oder im Sportverein. Warum soll es da in der Kirche anders sein?
Worum genau die ersten Christinnen und Christen streiten, das wissen wir heute nicht mehr. Aber dass der Streit schnell eskaliert. Die Fronten verhärten sich. Es kommt zu Gewalt und dann zu einer Gerichtsverhandlung. Stephanus wird der Prozess gemacht. Und ganz egal, was ihm auch vorgeworfen wird, Stephanus verteidigt seinen Glauben. Das Urteil: Stephanus soll sterben. Und er wird gesteinigt.
Auf den ersten Blick hat diese Geschichte mit Weihnachten nichts zu tun. Aber: Ohne Menschen wie Stephanus wüssten wir heute nichts vom christlichen Glauben. Menschen, die ihre Überzeugungen weitererzählen, für sie einstehen, auch für sie sterben. Weihnachten erzählt zudem auch davon, dass jeder Mensch wichtig ist. Dass jeder Mensch zählt. Und dass Menschlichkeit und Güte und Freundlichkeit mit einer ganz unscheinbaren Geburt beginnen können. Irgendwo am Rand der Welt, unbeachtet von den Mächtigen. Stephanus glaubt an diese Botschaft. Und er verkörpert sie.
Mich provoziert dieser Stephanus noch heute. Lässt mich fragen, ob und wie ich für meine Überzeugungen einstehe. Nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern das ganze Jahr über.
Apostelgeschichte 6,8-10; 7,54-60
In jenen Tagen tat Stéphanus aber, voll Gnade und Kraft, Wunder und große Zeichen unter dem Volk. Doch einige von der sogenannten Synagoge der Libertíner und Kyrenäer und Alexandríner und Leute aus Kilíkien und der Provinz Asien erhoben sich, um mit Stéphanus zu streiten; aber sie konnten der Weisheit und dem Geist, mit dem er sprach, nicht widerstehen. […] Als sie seine Rede hörten, waren sie in ihren Herzen aufs Äußerste über ihn empört und knirschten mit den Zähnen gegen ihn. Er aber, erfüllt vom Heiligen Geist, blickte zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und rief: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten einmütig auf ihn los, trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß. So steinigten sie Stéphanus; er aber betete und rief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Dann sank er in die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Nach diesen Worten starb er.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41252SWR1 Anstöße sonn- und feiertags
Heute wird Geburtstag gefeiert. Der Tag der Geburt Jesu. Aber ist Jesus wirklich am 25. Dezember geboren worden? Ein paar Fakten. Die Forschung ist sich einig: Es gab Jesus und er kam aus Nazaret, seine Familie lebte dort. Er predigte und wurde hingerichtet. Damit enden allerdings die Fakten.
»Jesus« heißt übersetzt: Gott rettet. Der 25. Dezember untermauert diesen hohen Anspruch. Bei den Römern wird an diesem Termin die Geburt des Sonnengottes gefeiert. Das Christentum setzt dann Jesus an seine Stelle. Jesus steht für das Licht, das die Welt ins Helle rückt.
Die Geburtsgeschichten Jesu sind also demnach keine historischen Berichte. Sie werden von Menschen aufgeschrieben, die glauben, dass Jesus rettet. Und woher das die Menschen glauben? Sie haben Jesus erlebt, wie er auf Kranke zugeht und Außenseiter in die Mitte stellt. Wie er Menschen Mut gibt und sie so lebendig macht. Krankheit und Tod haben bei Jesus nicht das letzte Wort. Die Weihnachtsgeschichten spiegeln diese Erfahrungen wider. Sie werden vom Leben Jesu, von Tod und Auferstehung inspiriert. Es sind Geschichten, die vom Ende Jesu her seinen Anfang erzählen.
Eine Geschichte von hinten nach vorne zu erzählen, das kenne ich gut. Zum Beispiel, wenn ich neue Leute kennen lerne. Oft sprechen wir dann über die Gegenwart. Über Beruf, Familie, Hobbys, Interessen. Und arbeiten uns langsam in frühere Etappen des Lebens zurück. Schritt für Schritt verstehe ich so, wie mein Gegenüber zu dem Menschen wurde, der er heute ist.
Die Weihnachtsgeschichten interessieren sich auch dafür, wer dieser Jesus war. Und sie antworten: Ein Mensch, der andere mit Hoffnung erfüllt. Der unter einem guten Stern geboren wird. Dem es darum geht, dass Menschen Glück und Orientierung finden. Wann genau dieser Jesus dann zur Welt gekommen ist, ist da zweitrangig.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41249Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Heute Abend stelle ich zu all den Kerzen am Weihnachtsbaum auch eine brennende Kerze ins Wohnzimmerfenster. Hab ich noch nie gemacht. Aber vor kurzem habe ich von diesem Brauch gelesen. Er führt ins Jahr 1952. Deutschland liegt in Trümmern. Und obwohl der zweite Weltkrieg schon vor sieben Jahren geendet hat, werden immer noch tausende deutsche Kriegsgefangene in russischen Lagern festgehalten. Da ruft Ernst Reuter, der Bürgermeister von Berlin, zu einer besonderen Aktion auf. Um an die Kriegsgefangenen zu erinnern, sollen die Menschen an Heiligabend brennende Kerzen in die Fenster stellen.
Heute wird überall auf der Welt Heilig Abend gefeiert. Und gleichzeitig gibt es so viel Unheil und Elend. Soldaten halten in Schützengräben die Stellung. Flüchtende sterben auf ihrem Weg in sichere Länder. Menschen haben kein Dach über dem Kopf. Daran kann ich heute nichts ändern. Aber mit einer Kerze im Fenster kann ich deutlich machen, dass mir all diese Menschen nicht gleichgültig sind. Dass ich an sie denke, wenn ich heute Weihnachten feiere.
Seit fast vierzig Jahren pflegt auch der Papst diesen Brauch. Stellt heute Abend um 18 Uhr eine Kerze in sein Fenster. Entzündet sie mit einem Licht, das in der Geburtsgrotte Jesu in Bethlehem angezündet wurde.
Die Kerze im Fenster ist ein starkes Zeichen. Sie sagt: Du kannst was tun. Kannst deine Solidarität zeigen. Mit allen Menschen, die eben keine friedliche, heilige Nacht verbringen. Kannst aus deiner Ohnmacht ausbrechen.
Deshalb zünde ich heute Abend eine Kerze an. Und lade Sie ein: Machen sie mit. Denn die Welt wird auch heller durch Menschen, die mit anderen solidarisch sind.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41251Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Heute ist Generalprobe für das Krippenspiel in unserer Gemeinde. Vierzig Kinder spielen und singen in der Kirche. Sind Sterndeuter und Ochse und Esel und Hirten und Engel. Das Stück heißt »Der rettende Strohhalm«.
Mit einem Strohhalm lassen sich Getränke aller Art schlürfen. Doch eigentlich ist ein Strohhalm ein getrockneter, hohler Getreidehalm. Der es in sich hat. Strohhalme lassen, mit Erde vermengt, Pflanzen gut wachsen. Stroh dient als Tierfutter. Es kann als Brennmaterial benutzt werden. Mit Stroh lassen sich Häuser bauen, Wände dämmen, Dächer decken.
Strohhalme sind unglaublich stabil und schwimmen auf dem Wasser. Darauf spielt die Redensart vom rettenden oder letzten Strohhalm an. Die Bedeutung: Dass Menschen einen Ausweg aus einer verzweifelten Lage suchen. Dafür klammern sie sich, bildlich gesprochen, auch an einen dünnen Strohhalm.
Auch in der Weihnachtsgeschichte greifen Menschen nach einem rettenden Strohhalm. Da sind die Sterndeuter, die sich an diesem einen Stern orientieren. Da sind die Hirten, die ihren Traum von einem menschlichen Leben festhalten. Da sind Maria und Josef, die hoffen, dass alles gut geht: Mit ihrer Beziehung, der Geburt.
Die Weihnachtserzählung ist eine Geschichte der rettenden Strohhalme. Sie setzt auf den kleinen Neubeginn, den ersten Schritt. Was oft genug viel mehr ist, als erwartet wird. Weihnachten macht Mut, auf die Hoffnung zu setzen. Und sei sie noch so klein. So klein wie ein Strohhalm oder ein Kind zum Beispiel.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41250SWR Kultur Wort zum Tag
In Deutschland leben etwa 35 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Davon pendeln etwa 40% zur Arbeit. Jeden Tag sind bei uns also ungefähr 14 Millionen Menschen unterwegs von zu Hause zum Arbeitsplatz. Und auch wenn die Straßenbahn voll ist oder auf der Straße Stau: In aller Regel kommen wir irgendwann gut und sicher an.
Ganz anders geht’s den fast 200 Millionen Wanderarbeitern, die weltweit unterwegs sind. Vor allem in Nordamerika und in den arabischen Staaten, aber auch in Europa. Wanderarbeiterinnen und -arbeiter gehen ihrer Arbeit weit weg von zu Hause nach. Helfen bei der Ernte, auf dem Bau, in Fabriken. Für all diese Menschen gilt die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen der UN. Heute, am 18. Dezember, wird an die Rechte der Wanderarbeiter erinnert. Denn Menschen, die ihr Geburtsland verlassen, um in einem anderen Land Arbeit zu suchen, die erfahren oftmals: Ich werde diskriminiert, werde ausgebeutet, bin schutzlos. Wen wunderts? Viele Wanderarbeiterinnen und -arbeiter sprechen die Landessprache nicht, wissen nichts über ihre Rechte. Oder werden als Migrantinnen und Migranten sowieso schlechter gestellt.
Die Konvention soll all diese Menschen schützen. Doch daran hapert es: Fast keines der großen Industrie- und Einwanderungsländer hat die Konvention unterzeichnet oder gar in Kraft gesetzt. Dabei fordert die Konvention vor allem Selbstverständliches: Grundrechte für alle, die arbeiten, moderne Sklaverei und Zwangsarbeit sind verboten.
Gerade in der Adventszeit rührt mich das Schicksal der Wanderarbeiter in besonderer Weise an. Das Christentum beginnt mit Menschen, die ihre Heimat verlassen. Sterndeuter, die sich auf den Weg machen, Maria und Josef, die verfolgt werden und nach Ägypten flüchten. Später sind es dann die Freunde Jesu, die alles stehen und liegen lassen und mit ihm durchs Land ziehen. Ohne Menschen, die unterwegs sind, gäbe es keinen christlichen Glauben. Ich finde: Das ist auch ein guter Grund sich als Christ für alle die einzusetzen, die ihre Heimat verlassen müssen, die ihr Geld fern der Heimat verdienen müssen, die in der Fremde arbeiten, damit zu Hause Menschen leben können.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41162SWR Kultur Wort zum Tag
Manchmal bietet mir mein Handy völlig ungefragt eine Fotoshow an. Eine heißt: „Die magische Stunde“. Angezeigt werden dabei Bilder, die ich gemacht habe – mit Sonnenuntergängen und -aufgängen, Abend- und Morgenstunden. Oder „Vor einem Jahr“. Oder „Den Moment noch mal erleben“ Und dann gibt es immer die passenden Bilder dazu.
Ein bisschen erschreckt mich diese Bildershow. Sie zeigt mir, wie viele Fotos ich so nebenbei mache – und wie schnell ich sie vergesse. Wenn es wichtig ist, greife ich immer noch zu einem richtigen Fotoapparat. In den Ferien, bei besonderen Anlässen, immer, wenn ich richtig gute Fotos machen will. Das Handy ist bei allem anderen Gelegenheiten schnell gezückt. Ruckzuck sind ein paar Schnappschüsse gemacht.
Aber gleichzeitig begeistert mich auch die automatische Diashow. Sie führt mir immer wieder vor Augen, was ich Schönes erlebe. Gar nichts Spektakuläres. Aber doch: Wunderbare Momente. Der Besuch bei unserem ältesten Sohn und ein Spaziergang. Die Abendsonne, die mich bei einer Zugfahrt begleitet. Der erste Frost auf dem Rand eines großen verwelkten Blattes.
Ich merke aber auch: Von den schwierigen Situationen in meinem Leben, da gibt’s keine Fotos. Da lasse ich das Handy stecken. Abschied nehmen und Tod, wenn ich mich durch den Tag quälen muss, mich einsam fühle. Davon mache ich keine Fotos.
Das zeigt mir: Mein Leben ist mehr als die Summe meiner Bilder. In einem biblischen Text heißt es: „Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht töricht, sondern klug. Nutzt die Zeit.“ (Eph 5,15-16) Ich muss selbst auf die Tage und Stunden achten, ihnen Bedeutung geben. Kein Bild tut das. Eine alte Weisheit. Die Bilder im Handy können mich aber dabei unterstützen. Können mir vor Augen führen: Ja, da habe ich den Augenblick genossen, da war ich aufmerksam. Aber sie erzählen auch von den vielen Leerstellen, von Situationen, bei denen ich keine Fotos mache – und erst nachher kapiere, wie wichtig diese Momente eigentlich waren.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41161SWR Kultur Wort zum Tag
Seit heute wird in Mexiko und anderen Ländern Lateinamerikas groß gefeiert. Neun Tage lang erinnern sich Christinnen und Christen. An die Reise von Maria und Joseph von Nazaret nach Bethlehem. Las Posadas heißt das Fest. posada ist spanisch für Unterkunft, Herberge. Das Fest knüpft an die Weihnachtserzählung an. Da müssen Josef und die schwangere Maria nach Betlehem gehen. Dorthin reisen sie wegen einer Steuerschätzung. In Zeiten ohne Finanzamt und Konto ein ganz normaler Vorgang. In den biblischen Texten wird auch erzählt, dass die beiden keine Unterkunft mehr in Betlehem finden. Alles ausgebucht.
Daran knüpft Las Posadas an. Neun Tage lang wird hier nämlich die Herbergssuche des jungen Paares nachgespielt. Dabei treffen sich die Feiernden, tragen in einer kleinen Prozession Statuen von Maria und Josef zu unterschiedlichen Häusern, klopfen an, bitten um Unterkunft.
Während vor der Haustür dann sozusagen Maria und Josef stehen, spielen die Menschen hinter der Haustür den Gastwirt und seine Gäste. Und es ist Teil des Spiels, dass den draußen Wartenden die Unterkunft verweigert wird. Zugleich aber bieten die Gastgeber Erfrischungen und Kleinigkeiten zu Essen an. Stärken sozusagen Maria und Josef auf ihrer Suche nach einem Quartier.
Las Posadas macht aus einer weit zurückliegenden, legendarischen Geschichte Gegenwart. Unterwegs sein, nicht wissen, was einen erwartet, nicht dazugehören – das sind Erfahrungen, die viele Menschen kennen. Und geht über die Frage nach einer Unterkunft für eine Nacht weit hinaus. Las Posadas bringt diese Erfahrungen ins Spiel. Und erzählt auch von einem Schimmer Hoffnung: So wie in der Weihnachtsgeschichte Maria und Josef dann doch Unterschlupf in einem Stall finden, so endet Las Posadas in einem Fest für alle, mit Spielen für Kinder, mit Essen und Getränken.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41160SWR Kultur Lied zum Sonntag
Es ist erster Advent, aber überall sind schon lange Weihnachtslieder zu hören. In Geschäften, auf Marktplätzen und auch im Radio. Da kann man leicht überhören, was da besungen wird – vor allem, wenn es ein Lied in einer fremden Sprache ist. In dem polnisches Weihnachtslied Lulajże, Jezuniu, einem Wiegenlied für Jesus, wird die Sehnsucht nach einer friedvollen Zeit besungen.
- Lulajże, Jezuniu, moja perełko, lulaj, ulubione me pieścidelko.
Lulajże, Jezuniu entstand wohl im 17. Jahrhundert. Übersetzt heißt es: „Sei in den Schlaf gewiegt, Jesulein“. Also ein weihnachtliches Schlaflied für das neugeborene Kind. Solche Wiegenlieder gibt’s in so gut wie allen Sprachen. Oft waren sie mit einem Brauch verknüpft: Dem Kindleinwiegen. Bevor es Weihnachtskrippen gab, stand in vielen Haushalten eine Wiege mit einer Jesuspuppe drin. Die wurde sanft geschaukelt. So, als wäre das Kind echt und müsste in den Schlaf gewiegt werden.
- Lulajże, Jezuniu, moja perełko, lulaj, ulubione me pieścidelko.
Wie in einem Spiel greifen die Bräuche rund um das Jesuskind die biblischen Geschichten auf. So erzählt das Lukasevangelium, dass Maria ihr Neugeborenes in Windeln wickelt. Daraus entsteht im Mittelalter das „Fatschenkind“. Fatschen kommt aus dem lateinischen und meint die Windel, mit denen ein Baby gewickelt wird. Das machten die Menschen auch mit der Jesuspuppe. Und diesem Fatschenkind wurden dann auch Schlaflieder gesungen. Für viele Menschen eine ganz konkrete Möglichkeit, die weihnachtliche Geschichte in ihre Welt zu übertragen.
Richtig bekannt wurde das polnische Weihnachtslied in Deutschland übrigens durch Mark Forster. Der Popmusiker, Sohn einer polnischen Mutter und eines deutschen Vaters, stimmte Lulajże, Jezuniu vor einigen Jahren in einer Fernsehsendung an.
- Lulajże piekniuchny mój aniołeczku, lulajże wdzieczniuchny świata kwiateczku.
|: Lulajże, Jezuniu, lulajże, lulaj! A ty go, Matulu, w płaczu utulaj.:|
Forsters Version ist romantisch und sehnsüchtig aufgeladen. Das Schlaflied erzählt von Weihnachten als einer Zeit voll Wärme und Licht. Gepackt hat mich allerdings noch mehr eine Version des Jazz-Gitarristen Pat Metheny zusammen mit der Sängerin Anna Maria Jopek. Sanfter kann man kaum in den Schlaf gesungen werden.
- Lulajże, Jezuniu, moja perełko, lulaj, ulubione me pieścidelko.
Lulajże, Jezuniu ist ein Lied für jeden musikalischen Stil – von Chormusik über Jazz bis Pop. Aber auch in der Klassik zu finden. So zitiert der polnische Komponist Frédéric Chopin das Lied in seinem Scherzo Nr. 1 in h-Moll.
Chopin entfaltet in seiner zarten Variation die Sehnsucht, die Lulajże, Jezuniu auszeichnet. Eine Sehnsucht, die sich mit einem Kind verbindet: Das sanft einschläft, liebevoll behütet, friedlich gewiegt wird. Gerade in unfriedlichen Zeiten ein zu Herzen gehendes Bild für die Sehnsucht nach Frieden.
Musik 1
Lulajże Jezuniu
Sing meinen Song - Das Weihnachtskonzert, Vol. 4
Forster, Mark
Musik 2
Lulajze, Jezuniu. Für gemischten Chor a cappella
Strålande jul
MDR Rundfunkchor; Ahmann, Philipp
Musik 3
Lulajze jezuniu
Upojenie
Metheny, Pat; Jopek, Anna Maria
Musik 4
Lulajze Jezuniu
A Ceremony of Carols
Boni Pueri; Musica Bohemica Praha; Martinec, Jakub
Musik 5
Scherzo für Klavier Nr. 1 h-Moll, op. 20
Chopin, Frédéric
Lisitsa, Valentina
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41102SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken
Leben umbauen
Das Leben ist doch ganz einfach. Zumindest wenn ich den meisten Ratgeber und Umfragen Glauben schenke. Ein ordentliches Einkommen, ein Dach über dem Kopf, Familie. Das reicht. Vielleicht auch noch Gesundheit und ein paar Tage Urlaub. Das Problem dabei: Auch wer all das hat, kann unglücklich sein. Irgendwas scheint da also noch zu fehlen.
Das spürt auch ein junger Mann in einer biblischen Geschichte. Der kommt nämlich zu Jesus, so wird erzählt. Und der Mann macht alles richtig. Er hat Geld. Verhält sich tadellos. Tötet nicht, stiehlt nicht, lügt nicht, geht mit seinen Eltern gut um. Und doch: Glücklich macht ihn das nicht. Irgendwas fehlt. Und so fragt er: Was soll ich tun, dass ich auf ewig glücklich bin? Die Antwort ist radikal. Verkauf alles, sagt Jesus, gib es denen, die es nötig haben. Und folge mir nach.
Jesus fordert in der Geschichte eine 180-Grad-Wendung. Krempel dein Leben um, sagt er. Die Richtung, in die du läufst, die ist die falsche. Da hilft nur eins: Sich umdrehen, anders werden.
Eine ganz schöne Zumutung. Ich finde es schon schwierig, weniger Süßigkeiten zu essen. Obwohl ich weiß, dass zu viel Zucker ungesund ist. Trotzdem landet beim Einkauf immer irgendwie Schokolade oder Lakritz im Einkaufswagen. Das ganze Leben umkrempeln ist da nochmal eine ganz andere Hausnummer.
Allerdings: In der Geschichte geht es nicht einfach darum, arm zu werden, sondern sein Leben auf eine besondere Art und Weise umzukrempeln. Auf die Jesus-Art. Dazu gehört vor allem der Kontakt mit anderen Menschen. Jesus ist ziemlich gut darin, Beziehungen aufzubauen. Ganz egal zu wem. Fischer, Soldaten, Kranke, Reiche und Arme, sogar Tote, und immer wieder: Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen. In diesen Begegnungen macht Jesus klar: Ich mag dich. Ich hör dir zu. Ich setz mich mit dir an einen Tisch. Und dann merken die Menschen: Das macht mich gesund. Macht mich zufrieden. Gibt mir Sinn. Leben auf die Jesus-Art, das heißt: Sich mit anderen Menschen verbinden. Beziehungen lebendig halten. Jesus macht klar: Geld und Ressourcen und Wahlmöglichkeiten – das ist zu wenig für ein rundum gelungenes Leben. Es ist nötig, dem wirklich nahe zu kommen, was lebendig ist und macht: Andere Menschen.
Glück finden
Das eigene Leben leben. Das ist eine ganz schöne Herausforderung. Und dann auch noch so zu leben, dass man glücklich ist. Eine noch größere Herausforderung. Darum geht es heute in den Sonntagsgedanken in SWR 4.
Wie finde ich Glück? Auf die Frage gibts viele Antworten. Eine lautet: Halt dich an ein paar grundlegende Regeln. Das Leben achten, niemandem Schaden zufügen, die Wahrheit sagen, Beziehungen respektieren, mit deiner Familie gut umgehen. Dann wirst du glücklich.
In allen großen Religionen gibt’s solche Anleitungen zum Glücklich-Werden. In Judentum und Christentum die Zehn Gebote. Die haben einen schlechten Ruf. Werden oft als Verbotskataloge wahrgenommen. Und sind doch genau das Gegenteil. Die Zehn Gebote bündeln ganz zentrale Lebensregeln. Ohne die es keine Freiheit gibt. Denn frei bin ich doch nur, wenn ich sorglos leben kann. Wenn ich ohne Angst lebe. Wenn mein Leben sicher ist. Wie wichtig das ist, lässt sich in den Kriegsgebieten der Welt sehen. Wenn ich dauernd Angst haben muss, dass eine Rakete in mein Haus einschlägt, dann kann ich nicht frei sein. Dann bindet mich die Angst und die Sorge.
Ganz ähnlich wollen alle Sätze aus den Zehn Geboten ein gutes Leben vermitteln: Nicht töten. Nicht lügen. Nicht stehlen. Das sind alles Grundregeln, die Menschen brauchen, um friedlich und frei miteinander zu leben. Pause machen – das ist auch so eine Regel. Denn wer nie abschalten kann, wer immer auf sein Handy guckt, wer dauernd nur im Kopf hat, was noch alles im Haus und Garten und am nächsten Tag und nächste Woche zu tun ist, der ist wenig frei.
Die Zehn Gebote wollen Freiheit sichern. Und legen damit auch die Basis für ein glückliches Leben. Denn ohne Freiheit, da hat es das Glück schwer. Ohne Freiheit spielen meine Interessen und Wünsche keine Rolle. Ohne Freiheit sagen mir andere, was ich tun und lassen soll.
Ich weiß: Sich an diese grundlegenden Regeln zu halten, das ist noch keine Garantie für ein glückliches Leben. Aber: Ein guter Anfang.
Zu Mk 10, 17-27
In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer der eine Gott. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, umarmte ihn und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber gerieten über alle Maßen außer sich vor Schrecken und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.
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