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SWR4 Abendgedanken RP

Die Narren sind los! In allen Dörfern und Städten treffen sich Menschen um die kürzeste Karnevalssaison seit langem zu feiern. Überall wird gelacht und ist man fröhlich. Überall? – Nein, einen Ort gibt es, da bleibt das Lachen oft und zu oft wohl außen vor. Das sind unsere Kirchen. Muss das so sein? Sollte ein Glaube nicht auch fröhlich und über sich selbst lachend gelebt werden dürfen?

Teil 1

Ein Pfarrer konsultierte einen Psychiater. Dieser fragt ihn unter anderem: "Reden Sie im Schlaf?" "Nein", antwortet der Pfarrer. "Ich rede nur, wenn andere schlafen".

Wie viele Pfarrerwitze kennen Sie eigentlich? Manchmal kommt es mir so vor als ob es keinen anderen Berufsstand gäbe, über den man so herrliche Witze machen kann wie über „Gottes Bodenpersonal“, die „irdischen Gottesboten“, die „Pfaffen“ oder „Schwarzkittel“. Und selbst über die Amtstracht darf gelacht werden. Kennen sie den?

Am Stammtisch grübelt einer vor sich hin, bis die anderen ihn fragen, was denn los sei. Da fragt er: "Gibt es eigentlich schwarze Katzen, die einen halben Meter groß sind?" Nach eingehender Diskussion bildet sich eine Mehrheit heraus, dass das durchaus möglich sein könnte. "Gibt es auch schwarze Katzen, die einen Meter groß sind?" Die meisten Stammtischbrüder glauben, das sei kaum denkbar. "Und gibt es eigentlich schwarze Katzen, die einen Meter siebzig groß sind?" "Unmöglich!", lautet die einhellige Meinung. Darauf der Betroffene: "Ich glaube, dann habe ich heute früh unseren Pfarrer überfahren".

Nun, es mag ja sein, dass manche, die als himmlisches Bodenpersonal unterwegs sind, darüber nicht lachen können. Sollten sie aber.
Immerhin: Den ersten Witz über sie hat wohl Gott selbst erzählt. So hörte es sich jedenfalls in den Ohren des alten Vater Abrahams an. Gott hatte schon eine lange Geschichte mit ihm. Hatte ihn ausgesucht als Stammvater seines Volkes, war mit ihm und seiner Familie weite Wege gegangen, bis nach Ägypten und weiter. Hatte mit ihm einen Bund geschlossen und ihn gesegnet. Und als Abraham alles im Sinne Gottes erledigt hatte und sich auf ein ruhiges Alter freute, da verkündete ihm Gott: „Abraham, deine Frau Sara wird einen Sohn bekommen. Du wirst Vater!“ Das ist ein Witz, dachte Abraham. Denn seine Reaktion, die wir im ersten Buch Mose erfahren, war so:
Da fiel Abraham auf sein Gesicht nieder und lachte. Denn er dachte: Können einem Hundertjährigen noch Kinder geboren werden und kann Sara als Neunzigjährige noch gebären?

So ging es also zu, damals. Gott spricht – und Abraham wälzt sich vor Lachen auf dem Boden. Jede Reaktion hätte Gott sich vorbehalten können. Doch was macht er. Er scheint über seine eigene Ankündigung mitgelächelt zu haben. Und so setzt er noch eins drauf. Er sagt zu Abraham: Nenne deinen Sohn „Isaak“. Und das bedeutet übersetzt: Gott lächelt.
Wenn also Gott selbst schon damals Humor hatte, dann würde er bestimmt auch heute über den einen oder anderen Witz lachen, für das sein Bodenpersonal immer noch herhalten muss.

Der Pfarrer hatte die Eltern einer Konfirmandin getroffen. Am anderen Tag ist die Konfirmandin dem Pfarrer gegenüber sehr gereizt: ,,Herr Pfarrer, ich war mit ihnen auch schon oft unzufrieden. Aber bin ich je auf die Idee gekommen, ihre Eltern darüber zu informieren?"

Aber nicht nur auf Gottes Bodenpersonal sollte der humorvolle Blick gestattet bleiben. Schauen wir mal in die Bibel – dort gibt es so viele Geschichten und so viele Gestalten, auf die solch ein humorvoller Blick lohnt. Denn auch so können wir aus der Bibel etwas für unseren eigenen Glauben gewinnen.


Teil 2

„In unserer Kirche, Herr Pfarrer, ist es manchmal so wie im Film „Der Name der Rose“. Da gibt es ja so einen grimmigen Mönch, der allen das Lachen verbietet. Dürfen wir in der Kirche eigentlich wirklich nicht lachen?“ So fragte mich vor einiger Zeit ’mal jemand aus unserer Gemeinde. Und wenn wir im Konfirmandenunterricht über den Gottesdienst nachdenken, dann kommt das auch immer wieder.
„Nichts für junge Leute!“ „Da sind nur ernste Gesichter!“ „Die Lieder sind alt und traurig!“ „Keiner lacht!“. So sagen es die Konfi’s seit Jahren. Dabei geht es in den Gottesdiensten doch ums Evangelium. Die frohe und froh machende Botschaft. Ich würde den Konfirmanden ja gerne widersprechen. Aber irgendwie haben sie ja auch recht.
Vielleicht sollten wir es ja wirklich einmal anders versuchen. Auch mit einem Augenzwinkern. Da ist z. B. die Geschichte vom alten Noah, seiner Arche und den Tieren. Von der Bosheit der Menschen, von Gottes Zorn, in dem er beschließt, alles in einer Sintflut untergehen zu lassen, vom Befehl an Noah eine Arche zu bauen und von allem, das lebt, ein Paar mitzunehmen. – über all das könnten wir predigen. Man könnte die Geschichte von Noah, der Sintflut und der Arche aber auch ganz anders sehen. In wenigen Sätzen hier auch einmal die etwas andere „Moral von der Geschicht’“:

1. Nicht das Boot verpassen!
2. Denke daran, dass wir alle im selben Boot sitzen.
3. Plane vorausschauend! Es hat nicht geregnet, als Noah die Arche baute.
4. Höre nicht auf die Kritiker; tue einfach deine Arbeit weiter, die getan werden muss.
5. Um der Sicherheit willen, reise paarweise.
6. Geschwindigkeit ist nicht immer ein Vorteil. Die Schnecken waren ebenso an Bord wie die Geparde.
7. Denke daran, dass die Arche von Amateuren gebaut wurde; die Titanic von Profis!
8. Mache dir keine Sorgen um den Sturm! Wenn du mit Gott unterwegs bist, wartet immer ein Regenbogen auf dich.

Von den großen und wichtigen Gestalten der Bibel, die wir kennen, machen wir uns bestimmte Vorstellungen. Wir haben sie von Jesus, wir haben sie von seinen Jüngern und wir haben sie auch von jenem Mann, über den eine kurze Anekdote erzählt.

Ein Kirchenvorstand soll einen neuen Pfarrer wählen. Wie im richtigen Leben ist keine Bewerbung gut genug. Da sagt die Vorsitzende schließlich seufzend: "Tja, nun habe ich hier noch eine Bewerbung. Aber sie klingt nicht sehr Vertrauen erweckend. Der Mann schreibt von sich selber, er sei nicht ganz gesund, Krankheit mache ihm in der Arbeit immer wieder zu schaffen. Zwar verfüge er über weitreichende Erfahrungen, halte es aber nie lange in einer Gemeinde aus. Nur in einer sei er immerhin drei Jahre geblieben. Öfters habe er Streit mit Amtsbrüdern oder bestimmten Gruppen in der Gemeinde. Organisation sei nicht seine starke Seite. Gelegentlich vergesse er sogar, wen er getauft habe. Er möchte der Gemeinde - so gut es eben geht - dienen." Alles entrüstet sich. So einer wagt es tatsächlich, sich auf eine Pfarrstelle zu bewerben. Und es wird abgestimmt: Nein, keine Probepredigt! Da schließt die Vorsitzende seufzend die Akte und sagt: "Das habe ich mir schon gedacht. Aber Sie sollen doch wenigstens den Namen dieses bedauernswerten Mannes erfahren. Es ist der Apostel Paulus."

Mir gefällt solch eine durch und durch menschliche Sicht auf diesen Mann und auf das, was er uns hinterlassen hat, eben nicht als Übermensch, sondern als ein einfacher, aber doch besonderer Mensch.

Von einem – wie ich finde – besonderen Menschen unserer Zeit, der es versteht, seinen eigenen Glauben nachdenklich und augenzwinkernd zu betrachten und auszudrücken, möchte ich nach der Musik erzählen.

Teil 3
Schon im 5. Buch Mose legt Moses den Menschen seines Volkes nahe, nach den Geboten zu leben und bei aller Arbeit, bei allem, was das Leben bringt, die Fröhlichkeit nicht zu verlieren. Er sagt: Ihr sollt fröhlich sein, ihr und eure Familien, aus Freude über alles, was eure Hände geschafft haben, weil der Herr, dein Gott, dich gesegnet hat. Schon für Moses und somit auch für Gott gehört also die Fröhlichkeit mit zum Leben und zum Glauben.
Ein Mensch, der das in ganz besonderer Weise gelebt hat und der mit der Stadt Mainz sehr eng verbunden ist, war der Kabarettist Hanns-Dieter Hüsch. Er sorgte für viel feinsinnige Heiterkeit unter den Menschen und hatte selbst aber viele schwere Stunden auszuhalten. Und in einer dieser schweren Stunden schrieb er eines seiner – wie er selbst sagt – Bekenntnisse. In seinem Buch „Das Schwere leicht gesagt“ schreibt er:

Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit.
Mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
Das Elend und die Zärtlichkeit.

Was macht, dass ich so fröhlich bin
in meinem kleinen Reich.
Ich sing und tanze her und hin
vom Kindbett bis zur Leich.

Was macht, dass ich so furchtlos bin
an vielen dunklen Tagen.
Es kommt ein Geist in meinen Sinn,
will mich durchs Leben tragen.

Was macht, dass ich so unbeschwert,
und mich kein Trübsal hält,
weil mich mein Gott das Lachen lehrt,
wohl über alle Welt.


Mich berühren diese Zeilen. Ich erinnere mich besonders an eine persönliche Begegnung mit Hans-Dieter Hüsch in meiner Heimatstadt Dinslaken, in der nach seiner Meinung ja der liebe Gott zu Hause ist.
Als wir uns dann auf die fiktive Suche nach der Wäscherei machten, die die Schwester vom lieben Gott in Dinslaken betreibt und uns dabei unterhielten, dachte ich: So stelle ich mir den Apostel Paulus vor. Eigentlich unscheinbar, aber mit einem genauen Blick für die Situationen im Alltag, wenn nötig streitlustig, treffgenau im Reden und Schreiben, gottesfromm und missionarisch. Vielleicht mit dem kleinen Unterschied. Das verschmitzt fröhliche Augenzwinkern –das scheint dem Paulus manchmal gefehlt zu haben. Und mit genau diesem Augenzwinkern, mit viel Fröhlichkeit, aber auch aus dem eigenen Glauben heraus schaut Hanns-Dieter Hüsch auf diese fünfte Jahreszeit, in der wir uns gerade befinden, den Karneval. Und auch für diese Zeit findet er Worte, die er dem 147. Psalm nachempfunden hat.

Wir feiern das Fest, wir tanzen den Tanz,
wir singen und schunkeln,
Tag und Nacht.
Die Fröhlichkeit hat uns erfasst;
mit Haut und Haaren werden wir
in den Strudel gezogen;
Spaß und Frohsinn haben uns angesteckt,
die Raketen steigen zum Himmel.
Und Menschen, die wir nie kannten,
lachen uns zu.
Für ein paar Tage
entfliehen wir dem Alltag und Elend.
Unsere Masken verraten,
wer wir wirklich sind – für eine kurze Zeit –
oder schon ein ganzes Leben.
Du heilst die zerbrochenen Herzen, Gott,
und darum bitten wir dich:
dass wir nicht noch mehr zerbrechen.
Du verbindest unsere Wunden,
und deshalb bitten wir dich:
dass wir nicht noch weitere Wunden aufreißen.
Bei dir sind wir gut aufgehoben,
wenn wir singen und tanzen,
feiern und schunkeln –
vielleicht ein Fest der Befreiung.
Pass gut auf uns auf. Gott.


Mit diesen Worten von Hans-Dieter Hüsch wünsche ich Ihnen eine gute Zeit bis zum Aschermittwoch. https://www.kirche-im-swr.de/?m=2950
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SWR4 Abendgedanken RP

Von Herzen gern! Freiwillig und vorbildhaft. So beschreibt die Bibel an vielen Stellen den Dienst der Kirchenältesten, der Presbyter.
Sie leiten und entscheiden die gesamte Arbeit in den Kirchengemeinden. In diesen Tagen verabschieden sich viele Frauen und Männer aus diesem Dienst. Andere stellen sich neu zur Wahl. Was für ein Dienst wartet da auf sie? Was erwarten sie selbst, was die anderen von ihnen?

Teil 1
„Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist; achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt; nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund! Nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder der Herde!“

So heißt es in der Bibel, im ersten Petrusbrief über den Dienst der Ältesten. Der Schreiber des Jakobusbriefes geht sogar noch weiter. Für ihn gehört auch die Sorge um die Kranken zum Dienst der Ältesten:

„Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn!“

Ganz schön hohe Ansprüche hatten die damals an den Dienst der Gemeindeältesten. Wie sieht das heute aus? Hat sich das Bild einer Presbyterin oder eines Presbyters verändert? Wie sollen Presbyter heute sein?

… Vorbilder der Gemeinde.
… Ja, dass se eigentlich meine Wünsche in der Kirche vertreten.
… Ich würd’ mir vielleicht auch noch wünschen, dass er sich der Jugend stellt.
… bekennender Christ sein, öfter im Gottesdienst präsent sein und aufmerksamer Ansprechpartner für die Belange der Gemeindeglieder. Presbyter müssen nicht unbedingt fromm sein, aber ja sich als Christen outen.
… Ja, ganz, normale Menschen wie sie und ich so ungefähr.


Das waren Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde in Winzenheim, die ich nach dem Gottesdienst befragt habe.
So viel anders als in den ersten Gemeinden der Christenheit vor 200 Jahren hört es sich gar nicht an. Und eines bleibt seitdem unverändert: Sie sind nötig, die „Arbeiter im Weinberg des Herrn“ wie es im Matthäusevangelium heißt. Und dass man dafür beten soll, dass es genügend davon gebe, ist so dringend und aktuell wie damals vor 2000 Jahren.
Ich bin zu jung, sagen die einen. Ich bin zu alt, sagen die anderen. Ich weiß zu wenig davon. Ich bin nicht fromm genug. Dann muss ich ja jeden Sonntag in die Kirche! Mich wählt ja doch keiner!
Solche und ähnliche Antworten bekam ich oft zu hören, wenn ich Menschen zu einer Kandidatur einladen wollte.
In vielen Gemeinden gibt es zu wenige, die für dieses Amt kandidieren wollen. Gibt es weniger oder genauso viele Kandidaten wie man eigentlich braucht, werden diese nicht gewählt, sondern lediglich berufen. Das ist schade. Denn eine Wahl hat doch viele Vorteile:
Eine Gemeinde kann dabei verborgene Talente entdecken und fördern. Sie kann mitentscheiden, welche Experten die Geschicke der Gemeinde gestalten sollen. Helga Feilen hat sich vor einigen Jahren ins Presbyterium der Lukas-Kirchengemeinde in Winzenheim wählen lassen und wird es wieder tun.

Für mich war praktisch die Entscheidung für das Presbyterium, weil ich wissen wollte, wie sieht Leitung einer Kirchengemeinde aus. Das wollte ich mal erfahren und erleben, welche Pflichten und Aufgaben da auf einen zukommen.

Welche Aufgaben warten ihrer Meinung nach auf sie und die neuen Presbyterinnen und Presbyter:

Also einmal, denke ich, ist wichtig, Gemeindeglieder dazu zu gewinnen, es wird auch die Finanzierung der Gemeinde immer eine Sorge und ein Problem bleiben.

Aber trotzdem, sie wird weiter machen, wie einige andere auch. Warum sie das tun, darüber gleich mehr nach der Musik.

Teil 2
Es ist ein Ehrenamt - das Amt des Kirchenältesten oder Presbyters. Bald werden sie neu gewählt.
Aber was für ein Amt ist das - eine Kirchengemeinde zu leiten?
Schon die ersten Gemeinden nach Jesu Tod haben es sich damit nicht leicht gemacht. Da gab es Wahlkämpfe. Da gab es Knatsch und Missstände. Selbst die Apostel stritten mit den Ältesten der Gemeinde in Jerusalem darüber, wie es denn nun weitergehen sollte. So vieles war zu regeln. Sollte man sich in Jerusalem eher auf die Juden konzentrieren, die damals zum Christentum übergetreten sind? Oder sollte man eher in die neue Welt ziehen, um die Heiden zu bekehren? Sollte man alte Traditionen und Bräuche beibehalten? Und was sollte mit dem gesammelten Geld geschehen?
Ich kann mir gut vorstellen, dass es hoch her ging damals und so manche Wogen überschwappten und zu glätten waren! Paulus – der wohl erste weltweite Gemeindeberater - konnte davon seitenlang in seinen Briefen erzählen.
Auch heute bringt so ein Amt nicht nur eitel Sonnenschein mit sich, sondern manchen Ärger. Detlef Scheidt legt nach vier Jahren Arbeit im Presbyterium im Frühjahr sein Amt nieder.

Am meisten ärgert mich an der Kirche, dass sie das Vertrauen zu Gott verloren hat. Das geht nur darum: die Altersstruktur, wir werden älter, wir werden ärmer und wir werden kleiner, anstatt mit Zuversicht in die Zukunft zu gehen.

Bernhard Lichtenthaeler war zwölf Jahre lang Presbyter. Rückblickend meint er:

Ja, was mir gefehlt hat und was mich immer wieder gestört hat, ist, dass wir immer wieder die vorletzten Dinge oft zu den letzten Dingen erklärt haben. Das heißt, wir haben eher mehr verwaltet als gestaltet. Wir haben uns meines Erachtens zu wenig Gedanken über Inhalte gemacht. Das sollte doch stärker im Mittelpunkt stehen.

Natürlich gab es für beide auch Highlights in ihrer Zeit als Presbyter.

Zu den ganz großen Highlights gehört natürlich der Einsatz der Zeltmission hier in Winzenheim im Jahr 2001. Weitere Highlights sind die regelmäßigen Gemeindefeste, erst recht seitdem sie sich über ein ganzes Wochenende erstrecken - mit vielen verschiedenen Aktivitäten.
Hier ist also intensiv zusammengearbeitet worden und hier war eine vernünftige Gemeinschaft.


Paulus hatte zu seiner Zeit schon früh erkannt, dass er nicht unbedingt zu dem engsten Kreis der Ältesten gehören musste. Aber aus dieser Arbeit heraus wurden ihm seine Talente, z. B. das Predigen und das Besuchen der Gemeinden, deutlicher bewusst. Auch für Bernhard Lichthentaler und Detlef Scheidt hört das Engagement in der Gemeinde nicht einfach auf, nur weil sie ihr Amt niederlegen. Das ganz eigene Talent, das beide während ihrer Zeit als Presbyter entwickelt haben, wollen sie weiter in die Gemeinde einbringen. Detlef Scheidt hat seine Liebe zum Gemeindebrief, dem „Theophilus“ entdeckt.

Den Theophilus hab ich also lieb gewonnen. Ich hab mich in den vier Jahren intensiv eingearbeitet. Und das macht mir Freude und ich würde es gerne weiter tun.

Bernhard Lichtenthaeler möchte gerne predigen lernen und würde sich dafür sogar ordinieren lassen.
Könnte sein, dass das der Bereich des Prädikanten nachher sein wird. Hier könnte ich durchaus einen neuen Schwerpunkt sehen, auch außerhalb der Tätigkeit als Presbyter.

Wie man in ein solches Amt des Presbyters hineinwächst und warum Menschen heute dafür kandidieren, dazu gleich mehr.

Teil 3
Trotz aller Schwierigkeiten - in vielen Kirchengemeinden sind auch heute Menschen bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Sie stellen sich in den nächsten Monaten zur Wahl als Presbyter oder Älteste, wie die Gemeindeleiter in der evangelischen Kirche heißen. Dass man in ein solches Amt nicht einfach hineingeboren wird, das war auch schon eine Erfahrung der ersten Christen. Älteste wurden berufen oder eben gewählt.
Sie waren in der Gemeinde bekannt, hatten sich engagiert und bewährt. Ihnen trauten die anderen das Amt zu, sie vertrauten ihnen. Das Vertrauen der Gemeinde genießen die Kandidatinnen und Kandidaten auch heute. Nur ihre Wege in die Gemeinde und in dieses Amt sind vielleicht andere.
Gabriele Schmidt ist Friseurmeisterin in Winzenheim. Sie kam über ihre Kinder, durch Krabbel- und Familiengottesdienste in die Gemeinde. Mittlerweile leitet sie eine Kindergruppe und hilft im evangelischen Gemeindehaus in der Hausaufgabenbetreuung für Grundschulkinder. Für sie ist die Zeit reif für eine Kandidatur.

Ich wurde schon vor vier Jahren angesprochen wegen einer Kandidatur, nur war es da noch nicht möglich, weil die Kinder noch zu klein waren und ich abends nicht so weg konnte. Ja jetzt sind die Kinder älter und mich interessiert die Sache an sich. Was ganz genau auf mich zukommt, das weiß ich noch nicht.

Auch Michael Kistner möchte jetzt Presbyter werden und kam über seine Kinder zur Gemeindearbeit.

An die Gemeinde bin ich gekommen, dadurch dass unsere Tochter, die Nadine, in der Krabbelgruppe angefangen hat. Zurzeit bin ich Vorsitzender des Jugendausschusses des Ökumenischen Kinder- und Jugendhauses in Winzenheim und helfe dort dem Andreas Duhrmann, unserem Diakon, wo ich halt kann.

Wunderbar finde ich als Pfarrer, wenn in einem Presbyterium viele verschiedene Talente und Generationen zusammenkommen. Man muss nicht alles können - denn jeder bringt sein besonderes Talent mit - das ist eine schöne Erfahrung. Das hält auch die Freude am Wachsen der Gemeinde lebendig und spornt immer wieder neu an. Und es sind viele Gaben die eingebracht werden können.
Jürgen Petermann ist Maurermeister und Bautechniker. Als Mann der Tat, weiß er, wo er - unter anderem - mit anpacken möchte.

Sollte ich als Presbyter gewählt werden, so werde ich mich für die kirchliche Arbeit verwenden außerdem bei baulichen Aktivitäten gerne mithelfen.

Hans-Jörg Fiehl hat vor vielen Jahren seine besondere Liebe zur Gospelmusik entdeckt und hilft auch an der Orgel aus. Er leitet mehrere Chöre und möchte Menschen durch Musik für die Gemeinde begeistern. Er möchte …

… nicht nur den Gottesdienst als Kern des gemeindlichen Tuns verstehen, sondern eben auch aus der Kirche rausgehen, Kirche oder Gemeinde ist eben mehr als nur Gottesdienst. Und ich hab da auch im musikalischen Bereich schon einige Ideen, die man da vielleicht umsetzen könnte.

Thomas Hartmann, Versicherungsfachmann, hat natürlich als Vater zweier kleiner Kinder die ganz Kleinen und die Familien im Blick. Im Presbyterium möchte er sich trotzdem aber auch für die alten Menschen einsetzen. Und das hat bei ihm seinen ganz persönlichen Grund:

Ich hab Zivildienst gemacht beim Diakonischen Werk. Und da waren alte Menschen mein Berufsfeld, mein Tätigkeitsfeld für 20 Monate, und das war eine tolle Erfahrung.

Ganz verschiedene Ansätze, ganz verschiedene Begabungen und Motivationen. Und gerade davon lebt eine Gemeinschaft von Christinnen und Christen. Ganz normale Gemeindeglieder sollen die neuen Leiter der Gemeinde sein, aber doch auch ein bisschen besonders, wie Marianne Förster, ehrenamtliche Leiterin eines Kreises für Seniorinnen, wünscht sie sich so:

Das sollen Menschen sein, die auch mal helfen können, die auch mal zupacken können in der Gemeinde. Die sollen fröhlich sein und sollen Gottesdienste besuchen und sollen eben da sein.https://www.kirche-im-swr.de/?m=2744
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SWR4 Abendgedanken RP

Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. –
Jesus hat das gesagt und bei uns in Bad Kreuznach nehmen das einige Familien wörtlich. Sie nehmen Kinder und Jugendliche aus Weißrussland für einige Zeit bei sich auf. Seit dem Reaktorunfall von Tschernobyl vor 21 Jahren helfen sie Kindern, über die Folgen dieser Katastrophe hinwegzukommen.

Erika Vollmer:
Ich mache diese Arbeit, weil ich hoffe, wenn ich nur einem einzigen Kind helfen kann, dass es als Erwachsene sein Leben verändern kann – dort – dann ist das schon ein Gewinn.


Wie diese Arbeit begann, wie sie heute aussieht und wie aus Fremden Freunde werden, darum soll es im heutigen Blickpunkt gehen.

Teil I
Seit dem Reaktorunfall von Tschernobyl gibt es eine Aktion verschiedener Kirchengemeinden rund um Bad Kreuznach. Sie nehmen Kinder aus Tschernobyl bei sich auf. Zum Beispiel, Lena, Katja und Sergej, 10, 13 und 14 Jahre alt

Lena, 10 Jahre alt, aus Krasnopolje
Übersetzung: Als ich zum zweiten Mal kam, kannte ich meine Gasteltern schon sehr gut. Und sie halfen mir, diese Angst vor dem fremden Land zu besiegen. Und jetzt fühle ich mich nicht mehr fremd.
Katja, 13 Jahre alt, aus Krasnopolje
Hier essen wir pünktlich und gesund. Zum Frühstück essen wir hier nur Milchprodukte. Zu Hause esse ich ein bisschen anders.
Sergej, 14 Jahre alt
Von einer Seite ist es natürlich sehr schwierig. Ich liebe meine Gasteltern. Aber auf der anderen Seite bin ich froh, wenn ich auch wieder nach Hause fahre. Das ist meine Heimat.


Von weit her haben sich Lena, Katja und Sergej aufgemacht, um hier für einige Wochen auszuruhen und sich zu erholen. Alle sind nicht zum ersten Mal hier, und die Gegend rund um Bad Kreuznach ist ihnen schon zur zweiten Heimat geworden. Sie lieben ihre Gasteltern, genießen das gesunde Essen. Und trotz allem, sie freuen sich auch wieder auf zu Hause. Zu Hause, das ist für sie die Stadt Krasnopolje in Weißrussland. Dort verbindet Lena, Katja, Sergej und die anderen Kinder das gleiche Schicksal.
Sie leiden – wie die Generation ihrer Eltern – heute noch an den Spätfolgen des Reaktorunglücks von Tschernobyl, bei uns fast schon in Vergessenheit geraten. Es war der 26. April 1986, als eine radioaktive Wolke über Weißrussland, Russland, Nordeuropa und sogar teilweise bis zu uns kam. 10 Millionen Menschen, darunter 500.000 Kinder in der direkten Region um den Reaktor waren, sind seitdem davon betroffen. Immunschwächen und vergrößerte Organe sind die häufigsten Beeinträchtigungen, die sie zu tragen haben.
Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Einfach gut, wenn Menschen ’mal ganz wörtlich nehmen, was Jesus sagt.
Erika Vollmer und viele andere bei uns in der Gegend um Bad Kreuznach tun das seit nunmehr 20 Jahren. Gleich nach der Katastrophe haben sie 6 Hilfskonvois mit 91 Tonnen Hilfsgüter nach Krasnopolje geleitet. Aus einer Elterninitiative entstand der Verein “Den Kindern aus Tschernobyl“, dessen Mitglieder seit mehr als 15 Jahren Kinder und Jugendliche aus der Gegend um Tschernobyl aufnehmen. Erika Vollmer ist unermüdlicher Motor dieser Aktion von Anfang an.

Erika Vollmer
Mir gibt die Arbeit Unheimlich viel. Ich muss sagen, ich hab in meinem Leben noch nie etwas gemacht, was mich so zufrieden gemacht hat, befriedigt hat.


Teil II
Menschen engagieren sich für Kinder aus der Gegend von Tschernobyl – darum geht es im heutigen SWR 4 Blickpunkt Kirche.

Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen, sagt Jesus. Für Erika Vollmer wurde das konkret, als sie vor 15 Jahren einen Aufruf der Landesregierung hörte. Man suchte Gasteltern, die Kinder aus der verstrahlten Gegend von Tschernobyl aufnehmen könnten. Eigentlich wollte sie nur zwei Kinder aufnehmen. Doch damit die beiden nicht allein bleiben, machte sie eifrig Reklame für die Idee. Im Nu hatte sie Gastfamilien für 60 Kinder gefunden. Mit viel Freude organisierte sie den Aufenthalt für alle. Spätestens beim Abschied der Kinder war ihr klar, dass sie mit dieser Aktion eine Lebensaufgabe gefunden hatte.

Erika Vollmer
Alle Kinder haben geweint, alle Erwachsenen haben geweint, das waren herzzerreißende Szenen. Wir haben zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, ob die Kinder jemals wieder kommen können. Aber es war dann auch relativ schnell klar, dass die Kinder weiter kommen können. Wir haben viele Brücken gebaut von Familien zu Familien, von Kindern zu Kindern.


Und so stehen ihnen die Folgen der Katastrophe heute noch vor Augen. Zwanzig Jahre ist das nun her. Aus unseren Köpfen ist das Grauen längst verschwunden. Krankheiten in den Familien, verstrahlte, unbebaubare Erde, von all dem konnte sich Erika Vollmer bei vielen Besuchen, auch in den heute noch verbotenen Zonen, selbst überzeugen.

Erika Vollmer
Nun das macht mich schon sehr traurig. Und es ist für die Menschen dort einfach katastrophal, dass es hier vergessen wird, dass die gesundheitlichen Auswirkungen in vielen hundert Jahren noch sind und noch stärker werden als sie waren bisher .


Jesus ruft immer wieder dazu auf, das eigene Verhalten zu überdenken und es zu verändern. Zum Beispiel in der Geschichte vom barmherzigen Samariter. Da fällt einer unter die Räuber und liegt verletzt am Wegrand. Einige gehen vorbei, haben es eilig. Aber einer hält an, ändert seine Pläne und tut, was für den Verletzten gerade mal nötig ist. Er verbindet seine Wunden und sorgt für ihn in der nächsten Herberge. Am Ende dieser Geschichte wendet sich Jesus an seine Hörer und sagt zu ihnen: „So geh hin und handle ebenso!“ Erika Vollmer:

Erika Vollmer
Ich denke, mein Glaube und meine Sichtweise war vorher auch schon da. Nur habe ich jetzt zum ersten Mal etwas praktisch tun können oder das Gefühl gehabt, praktisch etwas tun zu können. Das hat mich schon auch verändert. Für mich ist das einfach praktizierte Nächstenliebe.


Teil III
SWR 4 Blickpunkt Kirche – Wie aus Fremden nicht nur Freunde, sondern Familienmitglieder werden, hat Kläre Kolb aus Bad Kreuznach erlebt. Sie nimmt seit vielen Jahren Kinder aus Tschernobyl bei sich zu Hause auf.

Kläre Kolb
Das mache ich sehr gerne und habe von Anfang an die Betreuerin Ludmilla bei uns wohnen mit ihrer Tochter am Anfang, dann mit anderen Kindern und jetzt sogar mit ihrer Enkelin. Für Ludmilla ist es wie ein Zuhause, sie lebt in unserem Haus wie unsere Schwester, ihre Familie ist uns sehr, sehr nahe, es ist praktisch unsere Familie geworden.


Und sie freut sich jedes Mal, wenn der Besuch wieder ansteht. Selbst war sie oft schon zu Gegenbesuchen und freut sich, eigentlich in zwei Familien leben zu dürfen. Gleichzeitig macht sie sich aber auch Sorgen um die Zukunft.

Kläre Kolb
Es drängt für die nächsten Jahre, vor allem, dass wir junge Gasteltern finden, weil wir sind ja jetzt schon in der zweiten, fast in der dritten Generation, wo wir Kinder einladen aus der Gegend von Tschernobyl.


Aber es müssen nicht nur junge Gasteltern sein. Das Ehepaar Buchmann hat diese Aktion eine Zeitlang beobachtet. Seit beide im Ruhestand sind, haben sie sich dem Verein „Den Kindern von Tschernobyl“ angeschlossen. Gisela Buchmann erinnert sich noch gut an den Moment, als sie ihre beiden Ferienkinder, zwei siebenjährige Mädchen zum ersten Mal sah.

Gisela Buchmann
Als sie aus dem Bus stiegen, standen sie so wie zwei scheue Rehe am Bus und guckten, welche Gasteltern wir wären. Und dann haben wir sie ins Auto geladen. Und als wir zu Hause waren, sind wir gleich mit unseren Hunden spazieren gegangen. Und da war der Kontakt ganz schnell geschlossen.
Gisela und Irmfried Buchmann wissen, dass sie in den Augen der Kinder eher Großeltern sind. Aber sie haben für den großen Altersunterschied gleich eine praktische Lösung gefunden.

Irmfried Buchmann
Ja, das war gleich am Anfang, da haben wir gleich beim ersten Spaziergang gesagt, das ist die Babuschka und ich bin der Diebuschka, das ist also Großmutter und Großvater. Das haben die auch gleich angenommen. Und seit der Zeit haben die ersten Kinder das so behalten und jetzt die zweiten auch.


Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen, sagt Jesus. Die Begegnung zwischen den Gasteltern und den Kindern aus Weißrussland lassen das Wirklichkeit werden. Evangelium konkret. Dieses Beispiel kann Mut machen, sich auch irgendwo zu engagieren. Dazu fordert uns Jesus auf, wenn er hinzufügt: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Gisela Buchmann möchte sich so von Jesus leiten lassen.

Gisela Buchmann:
Es gibt so einen Satz, der für mich immer so wie ein Leitfaden gewesen ist: Denke bei allem, was du tust, hätte Christus das getan? Das ist genug!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1718
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SWR4 Abendgedanken RP

„Wegweiser durch’s Leben“ können sie sein, Hilfe in schwierigen Zeiten, Ermutigung an fröhlichen Tagen. Ich meine Konfirmationssprüche. Ganz eigene und persönliche Worte zur Feier der Konfirmation, die viele Jugendliche in diesen Tagen feiern. Wie hilfreich solche Sprüche fürs Leben sein können, darum geht’s im heutigen Blickpunkt Kirche.
Musik

Teil 1

In diesen Tagen wird bei uns landauf landab wieder Konfirmation gefeiert. Dabei bekommen die Jugendlichen einen Satz mit, der sie im Leben begleiten soll. Es gibt aber auch Sprüche zur Taufe und zur Trauung. Erinnern sie sich noch an solche Worte, die sie auf ihrem Weg begleiten? Ich habe mich mal bei uns im Ort umgehört.

Nein! Ich hab’s vergessen.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele und so weiter und so fort. Das ist mein Konfirmationsspruch, mein Taufspruch, das ist der Konfirmationsspruch von meinen Eltern. Das bleibt alles in der Familie sozusagen.
Ich weiß, dass in einem Konfirmationsspruch was mit Licht der Welt vorkam, eigentlich wenig.
An meinen Konfirmationsspruch erinnere ich mich noch: Säe Gerechtigkeit und ernte nach dem Maß der Liebe.


Zu meiner Einsegnung habe ich mir damals eher unscheinbare Sätze ausgesucht, aber ich weiß sie noch. Sie beschreiben für mich den Gott, an den ich bis heute glaube und der mir wichtig geblieben ist. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn lässt sich der Sohn sein Erbteil auszahlen, verprasst das ganze Geld, gerät an falsche Freunde und kehrt schließlich doch mit gemischten Gefühlen nach Hause um. Aber er wird schon erwartet. Da heißt es nämlich am Ende:
Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
Der Gott, an den ich glaube, ist für mich so wie ein guter Vater. Er kann mitleiden, mitfühlen. Und er freut sich eben über mich, auch dann, wenn ich Fehler gemacht habe, kommt mir mit offenen Armen entgegen und hält mich. Für mich war es nicht immer leicht, mir dieses Bild vom gütigen Vater zu bewahren. Aber wenn es mir schlecht geht, lasse ich mich gern daran erinnern. Dann weiß ich, er ist da – für mich. Und das hilft mir. Diese Worte haben mich geprägt.
Heute kann ich jedoch sagen: was der Satz bedeutet, habe ich erst nach und nach verstanden. Erst im Nachhinein habe ich den wirklichen Wert dieses Wortes begriffen. So ging es auch Frau Feld. Sie hat sich ihr Leben lang für benachteiligte Kinder eingesetzt und dabei oft auf Gottes Wort vertraut.

Ich Nachhinein bin ich froh, das ich so manches gute Wort bekommen habe. Und ich finde es gut, wenn Menschen, vor allem auch junge Menschen ein Ziel haben, und ein Wort, an dass sie sich halten können, wenn irgendwelche Bedrängnisse, Schwierigkeiten oder Fragen kommen, dass man weiß: ich kann mich im Vertrauen an Gott wenden, er hat ein Wort für mich bereit.
Gerade ältere Menschen leben mit solchen Sätzen schon seit ihrer Kindheit.

Teil 2
Konfirmationssprüche als Wegweiser durchs Leben – darüber geht es im heutigen Blickpunkt.

Mein Konfirmationsspruch heißt: Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Es war kurz vor dem zweiten Weltkrieg. Damals auch Nazi-Zeit, war vieles nicht einfach für den Pfarrer. Dass er damals gesagt hat: Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele, das ist mir noch lange nachgegangen - von wegen Übel, was hat er damit wohl gemeint, mit Übel. Dass er auch meine Seele meinte und die bewahren wollte, das ist mir erst viel später gekommen.

Frau Feld, heute 81 Jahre alt, aber immer noch in der Gemeinde sehr aktiv, versteht den Satz, den der Pfarrer ihr damals mitgegeben hat. Nicht dem Zeitgeist des Nationalsozialismus verfallen, ein Satz des 121. Psalms sollte sie dazu ermahnen.
Konfirmationssprüche können aber noch mehr. Sie können trösten. Sie können daran erinnern, dass Gott mit seiner Kraft alle Wege mitgeht. Sie können ermutigen. Sie sind Hilfe und Wegbegleiter.
Früher war es vor allem die Aufgabe der Pfarrer, sich jeden jungen Menschen vorzustellen und dann einen Satz auszusuchen, der diesem Jugendlichen eine Hilfe für’s Leben sein könnte. Manche Sätze waren sehr eindeutig und leicht zu verstehen. Bei anderen erschloss sich der Sinn erst viel später. Vielleicht sogar erst durch ein ergänzendes oder erklärendes Wort. Bei Frau Feld war dies so 50 Jahre nach ihrer Konfirmation.

Das Bewahren meiner Seele, das ist mir erst Wirklichkeit geworden bei meiner Goldenen Konfirmation, als der Pfarrer mir auch ein Wort sagte. Und zwar: Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Und da ist es mir eigentlich erst wirklich klar geworden, wie viel Gutes ich in meinem Leben erfahren habe und wie gerade meine Seele Gott behütet und bewahrt hat.

Ja, so ist das oft. Wir gehen gesegnet los, in der Taufe, bei der Konfirmation, in der Trauung. Wie gehen los und haben diese Worte mit. Manchmal in einer Urkunde an die Wand gehängt. Manchmal versteckt wie einen Schatz. Und nur ganz selten immer präsent. Und manchmal da tauchen solche Worte immer wieder auf.
Gabi Schmidt erinnert sich, wie das damals bei ihrer Tochter Lena war.

Als wir uns damals überlegt haben, welchen Taufspruch wir nehmen könnten für unsere Tochter Lena, da fanden wir es schön, meinen Konfirmationsspruch zu nehmen: Wer ist’s der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert?

Mittlerweile gehört Lena wie viele andere zu einer Gruppe junger Menschen, die in diesen Tagen auf ihre Konfirmation zugehen. Ein Jahr treffen sie sich dazu in unserer Gemeinde wöchentlich im Ökumenischen Kinder- und Jugendhaus, um über den eigenen Weg mit Gott nachzudenken. Am Ende dieses gemeinsamen Weges steht die Konfirmation. Die Gruppe bereitet diesen Gottesdienst selbst vor.

Teil 3
Sie lachen viel, haben Spaß. Bei einem dreitägigen Seminar bereiten junge Menschen ihre Konfirmation vor, die sie am kommenden Sonntag feiern.
Im Intercooler, einem fiktiven Zug, machen sie sich auf die Reise in ihr Leben. Aber schon kurze Zeit später erlebe ich sie ganz anders.
Schweigend oder flüsternd knien sie im Kreis auf dem Boden. Vor ihnen viele, viele ausgeschnittene Bibelsprüche. Sie suchen einen Spruch für sich selbst, der sie durch ihr Leben begleiten soll. Nadine nennt zwei Sprüche, zwischen denen sie sich nicht entscheiden kann:

Also ich hab einmal: ich will dich segnen und dir einen großen Namen machen und du sollst ein Segen sein. Und dann: Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Die anderen versuchen ihr, bei der Entscheidung zu helfen. Sie beraten sie.
Und Nadine hat sich für den kommenden Sonntag den zweiten Spruch ausgesucht.
Als Pfarrer sind mir aber nicht nur schöne Worte ganz wichtig. Ich möchte, dass sie sich diese Worte so wie ein kostbares Bild behalten, Sie sollen es mit sich tragen und spüren, wie nahe ihnen Gott in ihrem Leben ist. Deshalb gestalten die jungen Menschen ihren Spruch als ein kleines Kunstwerk. Einen ganzen Tag lang beschäftigen sie sich so mit ihrem Satz. Sie machen ihn für andere sichtbar und buchstäblich fassbar. Und für sich selbst somit auch unvergesslich!
Joachim verarbeitet in seinem Konfirmationsspruch schon Erfahrungen aus seinem noch jungen Leben:

Ich habe in die Mitte einen Stein gestellt. Der symbolisiert das Böse im Leben. Und aus diesem Stein wachsen Blumen, die den Stein aufbrechen und das ist das Gute im Leben. Ich hab den Spruch halt gewählt, weil ich schon oft falsche Freunde hatte. Das soll sich ändern in Zukunft in meinem Leben. Mein Spruch heißt: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Wie ist das mit Ihnen? Erinnern Sie sich noch an einen Bibelspruch, der Ihnen jemand mit auf den Weg gegeben hat? hat er in Ihrem Leben seine ganz eigene Gestalt bekommen? Aber auch wenn Sie sich nicht daran erinnern. Vielleicht gibt es ja einen Satz, den Sie sich jetzt noch einmal vornehmen. Einen Satz, der Ihnen viel zu sagen hat und den Sie mit sich gehen lassen wollen. Anna, die am kommenden Sonntag konfirmiert wird, hat sich einen Spruch ausgesucht, der sie zukünftig begleiten soll

Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht sind. Wunderbar sind deine Werke. Das erkennt meine Seele.https://www.kirche-im-swr.de/?m=1234
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