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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21NOV2023
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Sie haben sich schon im Mutterleib gekappelt. Die Zwillinge Jakob und Esau. Die Bibel erzählt, dass sie sich schon bei der Geburt auf den Fersen waren. und Jakob den erstgeborenen Esau daran festhielt, weil er als Erster auf die Welt kommen wollte.

Aber Esau hat sich durchgesetzt. Und der Zweikampf hat sich dann auch so fortgesetzt. So verschieden die Beiden wohl auch gewesen sind. Esau ein struppiger Jäger und herumstreunender Sammler, und Jakob der sesshafte Hirtenjunge und Mamas Liebling. Zwei Welten, Zwei Menschen- wie das so ist. Kurz vor dem Tod des Vaters Isaak passiert dann der Skandal. Jakob gibt sich mit Mamas Hilfe gegenüber dem inzwischen blinden Vater als der erstgeborene Sohn aus und bekommt darum den väterlichen Segen, der eigentlich seinem Bruder zusteht. Aber auf Lug und Betrug ruht eben kein Segen. Im Gegenteil! Streit und Neid und Herzeleid sind die Folge. Zorn und Rache und Flucht obendrein. Esau schwört auf Rache und Jakob rennt um sein Leben davon. Und es vergehen mühselige Jahre, bis Jakob sich wieder nachhause traut.

Auf seinem weiten Weg zurück schickt er vorsichtshalber Gastgeschenke voraus, die seinen betrogenen Bruder wohl besänftigen sollen. So groß ist sein schlechtes Gewissen. Jede Menge Ziegen und Schafe, Kamele, Kühe und Esel von denen er selber wohl der größte ist.

Und das weiß er. Und darum hat Jakob Angst vor dem Wiedersehen. Und Esau kommt ihm tatsächlich entgegen. Er bringt auch seine Familie mit, seine Kinder, seine Frauen, das ganze Aufgebot. Das zeigt, dass auf sein Leben doch auch Gottes reicher Segen gefallen ist. Und das hat wohl den Bann aller Vorbehalte und Verbitterung gebrochen. Schließlich weinen sie Beide bittere Tränen. Weil Versöhnung eben so herzzerreißend und gewaltig ist.

Eine gescheiterte Beziehung zurück zu gewinnen, das ist wahrscheinlich das Größte, was wir uns überhaupt antun können. Und es ist möglich- beziehungsweise - alle Mühe wert!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

20NOV2023
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Als Kind war ich viel bei uns im Dorf unterwegs. Zusammen mit den andern Kindern. Wir hatten viel Spaß auf der Gass. Überhaupt hat sich das Leben viel mehr vor der Tür auf den Straßen und Plätzen abgespielt. Die Leute waren zugange im Hof und im Garten, waren auf dem Weg ins Feld oder um etwas anderes zu erledigen. Und wer nicht draußen war, stand zumindest am offenen Fenster, um Anteil zu nehmen an dem Treiben und Kommen und Gehen. Und da hat man sich natürlich auch getroffen und gegrüßt und den Hut gezogen und ausgefragt. Mich haben die älteren Leute dann manchmal neugierig angeschaut, sich zu mir herunter geneigt, was man vielleicht auch Zu-neigung nennen  könnte und dann interessiert gefragt:  „Wem gehörst denn DU?“ Dann habe ich brav geantwortet, wie sich das gehört und gesagt: „Den Burgdörfers!“ Mehr oder weniger zufrieden haben sie mich dann meines Weges weitergehen lassen Und ich habe immer besser verstanden, dass es wohl für die Imagepflege in der Dorfgemeinschaft von Bedeutung sein könnte, dass man jemandem gehört. Nicht auszudenken jedenfalls, wenn ich hätte sagen müssen: „Ich gehöre niemandem!“ Und so habe ich schon ganz früh gelernt, dass ich nicht nur mir gehöre. Dass es gut und wichtig ist, zusammen zu gehören.

Man spricht ja auch von „den Angehörigen“, wenn man seine Familie meint. Es ist womöglich der wirklich wahre Sinn unseres Lebens, dass wir zueinander gehören, dass wir in Beziehungen leben und eine Gemeinschaft sind. Das mag manchmal mühsam sein und stressig auch, aber wenns drauf ankommt, sind wir zum Glück zusammen und stehen so manche Tiefen miteinander durch und teilen die Hoch-Zeiten mit Freude zusammen. Kein Solist zu sein, nicht ganz und gar isoliert und allein, das gibt uns Halt und Kraft und schenkt uns Geborgenheit. Und weil Gott will, dass wir das spüren und genießen, will auch er in Beziehung zu uns stehen. Und sagt zu Jedem und Jeder: „Hab keine Angst! Fürchte Dich nicht! Du, mein geliebtes Gotteskind! Du gehörst zu mir.  Hast Du das gehört?“

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Anstöße sonn- und feiertags

19NOV2023
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„Immer wieder Sonntags, kommt die Erinnerung…“ So heißt ein alter Schlager von Cindy und Bert aus den 70er Jahren. Der Sonntag ist der Tag, an dem wir aneinander denken können.

Er unterbricht die Werktagsroutine für einen Moment, schenkt uns freie Zeit und lädt uns ein, uns aneinander zu erinnern, einander zu schreiben, uns anzurufen oder sogar persönlich zu besuchen. Damit wir einander nicht ganz vergessen. Wir sind nämlich allesamt Beziehungsmenschen. Wir brauchen einander. Das hat sich Gott so ausgedacht für uns. Die Lebensweise, die er uns wünscht ist eine Beziehungsweise.

Schon ganz am Anfang  der Schöpfung sagt er darum über uns Menschen. „Es ist nicht gut für den Menschen ganz allein zu sein. Ich will ihm ein Gegenüber schenken, das ihn ergänzt!“ Wir spüren uns erst dann richtig, wenn wir uns hinziehen lassen zueinander, wenn wir denken und leben und handeln – und zwar immer mit einem Bezug auf andere. Und am Sonntag ist die beste Zeit, sich daran zu erinnern. Wie wärs also heute mit einem Nachmittagsbesuch bei Kaffee und Kuchen. Vielleicht laden Sie spontan jemanden zu sich ein. Oder Sie bekommen eine Einladung und nehmen sie an. Oder Sie statten jemandem ganz spontan einen Besuch ab. Und dann sitzen sie zusammen am Tisch und beziehen sich ein in das Leben, wie es sich gerade anfühlt. Vielleicht gibt es dann noch ein Glas Wein. Und sie stoßen miteinander an. Mein Freund Gernot sagt dann immer, wenn wir das Glas erheben: „Vertragen wir uns wieder!“ Und schon geht es heiter weiter. Das ist nämlich das ganze Geheimnis von Beziehungspflege überhaupt: Dass wir uns wieder und wieder vertragen. Also Nachsicht üben, vergeben und verzeihn.

In Beziehungen zieht es nämlich auch oft und zerrt womöglich. Weil wir uns nur dann auf die Füße treten können,  wenn wir uns auch nahestehen. Und da brauchen wir immer wieder einen Neuanfang. Jesus wurde mal gefragt, wie oft man sich in einer Beziehung verzeihen soll, ob es reicht, wenn wir das 7 mal machen. Da hat er den Kopf geschüttelt und gesagt: Nicht nur 7 mal, sondern 7x70 mal sollt ihr das machen. Mit anderen Worten: Immer wieder, immer öfter, immer wieder Sonntags….

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

05AUG2023
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Späte Hilfe ist auch Hilfe. Das Reden von „Erster Hilfe“ ist leicht missverständlich. Es bedeutet nämlich nicht unbedingt, dass sie schnell und sofort kommt. Es gibt auch erste Hilfe, die erst spät kommt, aber nicht zu spät. Eine der besonderen Eigenschaften Jesu ist es wohl gewesen, nie zu spät zu kommen. Spät schon, aber noch rechtzeitig genug. Und das kann natürlich eine rechte Geduldsprobe sein. So zum Beispiel als Jesus einmal nach einem langen Tag voller Helfen und Heilen und Jubel und Trubel seine Leute schon mal weg schickt. Sie sollen ins Boot steigen und ans andere Ufer des Sees vorausfahren, an dessen Ufer sie den ganzen Tag für die Leute dagewesen sind.

Die Jünger tun, was ihnen gesagt wird, rudern also los und Jesus bleibt zurück. Zuerst schickt er die Menschen alle weg, weil er nicht grenzenlos für sie da sein kann. Er ist erschöpft und braucht jetzt seine Ruhe. Die sucht er sich beim Beten, zu dem er sich ganz allein zurückzieht. Die Jünger sind inzwischen schon weit auf dem See, als starker Wind aufkommt. Bald geraten sie in Seenot und drohen unter zu gehen. Es ist mitten in der Nacht. Und sie sind allein, allein mit ihrer ganzen Untergangsstimmung und Angst. Erst gegen Morgen taucht Jesus endlich auf. Aber das muss dann so dermaßen unheimlich für seine Leute gewesen sein, dass ihnen erstrecht himmelangst geworden ist. Sie halten ihn für ein Gespenst. Denn Jesus kann zum Entsetzen der ganzen Mannschaft über genau das Wasser gehen, das ihnen gerade bis zum Hals steht. „Erschreckt nicht, ich bin es, Ihr braucht keine Angst zu haben!“ sagt Jesus sein wasserdichtes Versprechen. Er kommt reichlich spät, aber seine erste Hilfe ist gewiss. Das sollte uns bei jedem Wellengang Zuversicht und Hoffnung geben. Wenn wir auch dabei seekrank werden. Hauptsache,- wir müssen nicht untergehen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

04AUG2023
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Wenn ich zu spät komme, dann ist das vor Allem für die Andern ärgerlich. Für mich selbst ist es vielleicht peinlich, aber ein echtes Problem habe ich ja eigentlich nur, wenn die andern irgendwann aufhören, auf mich zu warten. Wenn sie dann zum Beispiel ohne mich aufbrechen ins Kino oder zu einer Wandertour.

In der Bibel steht die Geschichte von der Arche Noah, diesem Rettungsschiff, das Noah im Auftrag von Gott mitten auf trockenem Land baut, um für die große Sintflut gerüstet zu sein. Die soll kommen, weil Gott es bereut, die Menschen erschaffen zu haben. Sie sind nämlich inzwischen hoffnungslos gottlos. Und das ist nicht ganz im Sinne des Erfinders. Die Bibel berichtet ausführlich davon, wie nun Noah ein riesiges Schiff genau nach Gottes Anweisungen zusammen zimmert, um dann, wenn die Welt untergeht, eben doch von allen Geschöpfen ein Paar zu retten. Denn am Ende will Gott eben doch Zukunft und Hoffnung für seine Schöpfung.

Und jetzt kommen eben alle in dem Tempo, das ihnen eigen ist. Die flinken und schnellen Exemplare sind natürlich gleich da, wie immer, die haben die Nase vorn und wären längst zur Abfahrt bereit. Aber Noah wartet. Ich stelle mir vor, dass er wohl zu allen noch so ungeduldigen Gesellen gesagt hat: „Wir fahren erst ab, wenn die Schnecken da sind! Solange bleiben die Türen und offen. Erst wenn die Langsamsten an Bord gekommen sind, ist das Schiff komplett besetzt.  Vorher nicht!“

Oft haben wir zu wenig Geduld und können es nicht abwarten, bis der Wagen rollt. Dabei sind wir angehalten, auch auf die Spätankömmlinge zu achten. Alle sollen mitgenommen werden, ohne mitgenommen auszusehen. Ans rettende Ufer wird diese Welt nur kommen, wenn auch die Langsamen lange genug Zeit haben, in Gottes Rettungsboot zu steigen. Und dann geht die Fahrt erst richtig los.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

03AUG2023
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Es gibt Leute, die kommen immer zu spät. Die kommen nie dran, kommen immer zu kurz, sind immer im Nachteil. Einen solchen Kandidaten lernt Jesus einmal am Teich Bethesda kennen.

Das ist ein kleines Heilbad, ein Kurort für allerlei Gebrechen.  Und der Mensch mit dem ausgeprägten Talent immer zu spät zu kommen, liegt schon seit Jahr und Tag dort, ist wie gelähmt vor Angst und Schrecken davor, wieder und wieder zu spät zu kommen und bestätigt sich das Tag um Tag selbst. Denn manchmal bewegt sich das Wasser am Teich, weil es da wohl unterirdische Quellen gibt.

Und dann – so der Glaube damals – werden die gesund, die es als erstes schaffen, ins Wasser zu steigen. Aber wer spät kommt, war eben zu langsam hat sich zu lange eingerichtet in seiner Krankheit. Jesus kommt nun ausgerechnet zu einem dieser Unglückskandidaten, einem, der wie gelähmt da liegt auf seinem Lager. Und anstatt ihn für sein immerwährendes Elend zu bedauern, fragt er ihn ganz forsch und frech: „Willst du gesund werden?“ „Dann steh auf, nimm dein Bett und geh heim!“

Die Lektion hat gesessen, weil der Betroffene das „zu spät“ zu lange hat auf sich sitzen lassen. Weil er inzwischen zu sich und seiner Umgebung tagtäglich gesagt hat: „Mir geht’s gut, ich kann klagen!“

Jesus macht ihm Beine, inszeniert seine Auferstehung von den Toten auf ganz eigenwillige Art und Weise. Wer immer zu spät kommt, muss eben versuchen, früher aufzustehen. Wenn das bloß immer so einfach wäre…

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

02AUG2023
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Irgendwann ist es vielleicht doch zu spät. Kann sein, dass wir uns am Ende himmelschreiend verspekulieren, wenn wir meinen, Gottes Geduld mit seiner Welt sei grenzenlos.

Nachdenklich macht mich da ein Gleichnis, das Jesus einmal erzählt hat. Es macht mir Mühe schon, seit ich es zum ersten Mal gehört habe. Jesus vergleicht da einmal den Himmel mit einem Hochzeitsfest. Die Gäste sind alle schon da, aber der Bräutigam fehlt noch. Und während sie auf der Straße nach dem Bräutigam Ausschau halten, haben sie sich mit Öllampen ausgestattet. Einige haben sogar noch weitergedacht. Sie haben noch Öl in Reserve dabei. Und als sich die Ankunft des Bräutigams immer wieder verzögert, geht allen auf einmal das Licht aus. Aber diejenigen, die vorgesorgt haben, können ihre Lampen am Leuchten halten.  Die anderen müssen sich auf die Suche nach neuem Lampenöl machen. Während sie suchen, kommt der Bräutigam zum Fest. Und als sie zurückkommen, hat alles schon ohne sie begonnen und sie müssen draußen bleiben. So gesehen, sagt die Geschichte einigermaßen gnadenlos, dass es eben doch ein ultimatives „zu spät“ gibt.

Dass es sein kann, dass wir den Himmel mit seinem ganzen Fest schon auf der Erde verpassen, weil wir nicht klug genug gewesen sind, weil wir den Ernst der Lage falsch eigeschätzt haben und die Tür der Zukunft versperrt bleibt, endgültig. Lange genug hätten wir angesichts der Herausforderungen auf unserem Planeten aus Erfahrung klug werden können. Vom Wandel des Klimas zum Beispiel spricht die Wissenschaft schon seit mindestens 60 Jahren. Alle globalen Probleme von Armut, Krieg und Flucht, das Aufbrauchen von Ressourcen und die Grenzen des Wachstums sind uns längst bekannt. Aber wir kommen womöglich zu spät dahinter, was zu tun und zu lassen ist. Und dann Gnade uns Gott, wenn wir nur noch schwarz sehen. Noch ist es hoffentlich nicht zu spät!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

01AUG2023
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Es ist hoffentlich nie zu spät für die Hoffnung – zumindest soll es nie zu spät sein. Sie stirbt bekanntlich zuletzt und am Besten gar nicht. Gott jedenfalls gibt die Hoffnung so schnell nicht auf.

Das jedenfalls erzählt Jesus einmal anhand einer kleinen Geschichte. Sie handelt von einem Gärtner und von einem Feigenbaum. Der ist nicht nur feige, sondern auch noch faul. Er steht da im Garten seines Besitzers und tut sonst gar nichts, will heißen: er bringt keine Früchte. Und das nicht nur einmal, sondern schon jahrelang. Und da ist es dem Besitzer irgendwann zu viel bzw. zu wenig, auf jeden Fall für den Baum zu spät. “Hau ihn ab!““ sagt er verärgert zu seinem Gärtner.

Mir ist das unerträglich, dass er nichts trägt. Der Ärger ist so groß wie verständlich, aber der Gärtner will die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben. Er widerspricht ganz mutig und sagt: „Gib ihm noch ein Jahr!“ Und er verspricht, sich noch einmal ganz besonders um den Baum zu kümmern, ihn zu hegen und zu pflegen, auf dass er im nächsten Jahr vielleicht doch noch aufblüht und gedeiht, ehe es wirklich zu spät für ihn ist. Und genau so, meint Jesus, macht es Gott mit seinen Menschen, wenn sie feige und faul zu sein vorgeben, sich hängen lassen und es zu nichts bringen. Ein Jahr auf Bewährung, ein Jahr Bewahrung, weil es noch nicht zu spät ist. Weil doch noch so viel in uns steckt, womöglich volle Blüten und tolle Früchte nicht auszuschließen sind, weil es noch nicht zu spät ist, was die Hoffnung auf unser Wachsen und zu Werden anbelangt. So dass wir am Ende doch noch in den Himmel wachsen, dass wir uns kraftvoll durchästeln und ausstrecken nach dem Licht, das uns antreibt und den Garten dieser Erde zum Paradies macht, ein bisschen wenigstens, weil unser Gärtner einen grünen Daumen hat.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

31JUL2023
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Wir wollen nicht zu spät kommen. Schon gar nicht Montags! Pünktlichkeit ist noch immer eine sehr geschätzte Tugend. Es gilt als unhöflich, zu spät zu kommen. Wem das ein paarmal passiert, hat bald ein Imageproblem. Bei manchen Terminen ist es halb so schlimm. Man kann ja mal den Bus verpassen, zu spät zum Arzttermin kommen, weil kein Parkplatz zu finden war,  zum Abendessen dazu stoßen, wenn die  andern schon angefangen haben. Auch wer im Stau steht oder im verspäteten Zug sitzt, kann mit Nachsicht für seine Unpünktlichkeit rechnen.  Aber verpasste Gelegenheiten, rechtzeitig füreinander da zu sein, wenn es wirklich drauf ankommt, die scheinen unverzeihlich und tun besonders weh. Und doch passiert es uns ab und zu. Es ist einfach menschlich.

Und es ist sogar Jesus selbst passiert. Einmal ist es besonders peinlich. Da kommt er nicht rechtzeitig zu einem ziemlich besten Freund Der heißt Lazarus und ist todkrank. Und als Jesus endlich da ist, ist es zu spät. Lazarus ist tot. Die beiden Schwestern schauen ihn vorwurfsvoll an und sagen: „Wärst Du rechtzeitig hier gewesen, unser Bruder wäre nicht gestorben!“

Das ist das Schlimmste, was passieren kann, wenn Hilfe nicht rechtzeitig kommt. Nicht ohne Grund hat sich das geflügelte Wort durchgesetzt: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“

Und obwohl Jesus in dieser zum Schluss atemberaubenden Geschichte das Blatt dann doch noch einmal wenden kann und seinen Freund zurück ins Leben ruft, es bleibt da doch diese Enttäuschung des „zu spät“ irgendwie hängen. Darum sollten wir immer wieder bemüht sein, rechtzeitig nacheinander zu sehen, Krankenbesuche nicht hinauszuschieben, Anrufe und Rückfragen ganz nach oben auf unsere to do Listen zu setzen. Wir können einander wirklich helfen und gut tun, wenn wir möglichst nicht zu spät kommen. Manches, was wir aneinander versäumen, ist nämlich später einfach nicht mehr gut zu machen. Lazarus kann nicht warten. Er braucht uns heute.

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Anstöße sonn- und feiertags

30JUL2023
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Am Sonntag darf alles ein bisschen später sein. Gott sei Dank! Das macht ja diesen Tag so wertvoll. Er unterbricht den Alltag und schenkt uns Zeit. Ich wünsche Ihnen, dass Sie das jetzt wirklich genießen können. Pfarrerinnen und Pfarrer allerdings müssen auch und gerade heute Morgen unbedingt pünktlich sein, damit sie nicht ausgerechnet zu einem Gottesdienst zu spät kommen.

Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Als Wanderprediger bin ich nämlich schon lange quer durch die Pfalz unterwegs. Da gilt es, früh zu starten und allerhand Risiken einzuplanen. Das ist ganz normal -  und normalerweise auch nicht schlimm. Nur wenn ich die falsche Adresse bekommen habe, dann kann es eng werden. Wie an einem wunderschönen Sommersonntagmorgen. Ich bin wirklich frühzeitig gestartet, die Straßen sind frei, der Tank voll, die Stimmung zuversichtlich. Eigentlich bin ich zu früh. An meinem Zielort ist alles still und friedlich. Rund um die Kirche kein Mensch zu sehen.

Ich schaue in den Schaukasten neben der Kirche auf den ausgehängten Gottesdienstplan und sehe, dass es an diesem Sonntag auch gar keinen Gottesdienst geben soll an diesem Ort. Natürlich habe ich mein Handy zuhause auf dem Küchentisch liegen lassen. Ich klingle am ersten Haus neben der Kirche. Jemand macht ein Fenster auf. Zum Glück weiß die freundliche Nachbarin Bescheid und lässt mich wissen, dass der Gottesdienst heute im Nachbarort ist, 15 Km entfernt, inklusive Baustelle auf der Strecke und Umleitung.

Ich komme zu spät! Das ist jetzt ganz klar. Obwohl ich schneller fahre, als die Polizei erlaubt, bin ich 15 Minuten später am Ziel. Die Glocken läuten. Ich stürze in die Kirche, nicke der Organistin an der Orgel zu, sie spielt wunderbar und wir singen: „Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte“. Meine Güte, wie peinlich ist das denn? Erst später am Ende des Gottesdienstes erkläre ich kurz den Grund für meine Verspätung. Bis dahin ist mein Puls auch wieder fast normal und ich schaue in kein böses Gesicht. Auf der Heimfahrt kommt mir in den Sinn, dass die viel gelobte Sonntagsruhe wirklich eine göttliche Erfindung sein muss.

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