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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

22APR2023
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„Ich bin nicht krankenversichert.“ Wer das zugeben muss, der hat schlechte Karten. Schlimmer noch: Das ist lebensgefährlich. Solche Fälle dürfte es in Deutschland eigentlich gar nicht geben. Denn seit 2009 gibt es eine Versicherungspflicht. Und doch sind viele Menschen, nicht nur Obdachlose, nicht oder nur unzureichend krankenversichert. Es dürften insgesamt mehr als 800.000 sein! Wenn sie richtig krank werden, dann ist guter Rat teuer. Viele verzweifeln dann, weil es für sie keine Hilfe gibt.

Das hat Dr. Uwe Denker keine Ruhe gelassen. Er ist Facharzt für Kinder - und Allgemeinmedizin in Bad Seegeberg. Als er in den Ruhestand ging, hat er sich weiter als Arzt engagiert - für diejenigen, die der Krankheit schutzlos ausgeliefert sind. Für sie gründete er die bundesweit erste „Praxis ohne Grenzen“. Seine Sprechstunde ist für viele die letzte Hoffnung. Dr. Denker untersucht und behandelt sie kostenlos. Und er gibt ihnen die nötigen Medikamente, die er aus Spendengeldern kauft. Im Schnitt für 2.000 Euro im Monat. Wenn nötig, bezahlt er auch eine Krankenhausrechnung. Zum Beispiel, wenn jemand als Krankenversicherung nur einen Notlagentarif hat. Das bedeutet: Wer dann etwa mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert wird und glücklicherweise doch keinen hatte, der wird selbst zur Kasse gebeten!

Der Großteil derer, die in die Praxis kommen, sind alleinerziehende Mütter, Menschen mit Migrationshintergrund - und gestrandete Mittelständler und Selbständige, die die hohen Beiträge zu ihrer Privatversicherung nicht mehr zahlen konnten. Sie alle sind aus unserem Gesundheitssystem herausgefallen oder waren nie drin - und das ist wirklich lebensgefährlich. Deshalb behandelt Dr. Denker sie nicht nur unentgeltlich, sondern setzt sich auch politisch für sie ein. In Berlin versucht er, dem Menschenrecht auf Gesundheit Geltung zu verschaffen. Er fordert u.a. eine Grundversicherung mit bezahlbaren Beiträgen für alle.

Gut, dass es Menschen wie Dr. Denker gibt. Gut, dass sein Beispiel Schule gemacht hat und dass es inzwischen eine Reihe solcher Praxen gibt. Menschen, die die Bedürftigen und Schwächsten im Blick haben, die sind ein Schatz für unsere Gesellschaft.

 

 

Für die Ansprache stütze ich mich auf den Artikel „Nicht krankenversichert zu sein ist lebensgefährlich“ von Andrea Hösch in „Sozialcourage. Das Magazin für soziales Handeln.“ (www.sozialcourage.de), hg. vom Deutschen Caritasverband, Freiburg, Ausgabe Frühling 2023, S. 22-23.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21APR2023
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„Ich bin ja quasi wieder auferstanden.“ So formuliert Gordon Hinkfoth seine Erfahrung nach einem schweren Schicksalsschlag. Er hatte einen Herzstillstand. Die Reanimation gelang, dann lag er zwei Wochen im künstlichen Koma. „Als sie mich aus dem künstlichen Koma geholt hatten“ sagt er, „habe ich erfahren, was passiert war. Und da habe ich mir meine Gedanken gemacht. Auch wenn ich der Schulmedizin sehr dankbar bin, muss es noch etwas Höheres geben. Ich bin ja quasi wieder auferstanden.“

Gordon Hinkfoth ist in der DDR aufgewachsen. Gott oder Kirche haben für ihn keine Rolle gespielt. Doch die Erfahrungen rund um seine lebensbedrohliche Erkrankung haben ihn auf die Spur des Glaubens gebracht. In seinem Nachttisch im Krankenhaus fand er eine Bibel. Er begann, darin zu lesen. Und er beschäftigte sich dann mit dem katholischen Glauben; seine Frau entstammte einer katholischen Familie. Und dann machte er noch eine weitere, für ihn überraschende Erfahrung: „Ich erfuhr, dass Leute aus dem Umfeld meiner Schwiegereltern während meiner Krankheit für mich gebetet haben. Das hat mich sehr berührt und auch erstaunt, denn die meisten kannten mich ja nicht. Diese Verbundenheit innerhalb der Glaubensgemeinschaft hat mir zu denken gegeben“ sagt er. Und seitdem wollte er auch dazugehören. In der Reha-Zeit setzte er sich mit seinen Gedanken und Fragen auseinander. Und dann entschloss er sich, sich taufen zu lassen. „Fast jeden Samstag sitzen der Pfarrer und ich zusammen, und wir sprechen miteinander. Oft geht es um die Bibel.“ erzählt Hinkfoth. Die Bibel will er besser verstehen; er hat erkannt, dass da viel für sein Leben drinsteckt.

Vor zwei Wochen, in der Osternacht, ist Gordon Hinkfoth getauft worden, mit 47 Jahren. Und er sagt: „Die Hinwendung zum Glauben hat mich schon verändert. Ich sehe jetzt einiges positiver. Vielleicht, weil ich das Gefühl habe, dass eine schützende Hand über mir ist.“

 

 

Für die Ansprache stütze ich mich auf den Artikel „Die Entdeckung des Glaubens. Gordon Hinkfoth war konfessionslos - Nach einem Schicksalsschlag lässt er sich nun taufen“ von Friederike Jung in „der pilger“, Kirchenzeitung der Katholiken im Bistum Speyer, 176. Jahrgang, Nr., 11, 19.03.2023, S. 21.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

20APR2023
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„König*innen - Portraits in Würde“. Eine Fotoausstellung, die unter die Haut geht. Sie zeigt nicht Majestäten und Herrscherinnen. Auf großformatigen Schwarzweiß-Aufnahmen sieht man Menschen in prekären Beschäftigungen und Lebenssituationen. Jeder von ihnen hält eine kleine Holzfigur in der Hand, auf dem Kopf eine leuchtend goldene Krone: einen König, eine Königin.

Der Künstler verfolgt mit seiner Ausstellung ein klares Ziel: Er will auf die Würde jedes einzelnen Menschen aufmerksam machen. Ralf Knoblauch war Tischler, ist dann Pastoralreferent geworden und schließlich Diakon. Und deshalb hat er bei seiner Seelsorge und in seiner Kunst gerade die Menschen in Not und am Rande im Blick. Seit 16 Jahren schnitzt er Königinnen und Könige. Die Figuren sind ganz unterschiedlich, aber alle tragen eine goldene Krone. Die soll zum Ausdruck bringen: Jeder Mensch ist wie ein König. Will heißen: Jedem Menschen kommt eine unendliche Würde zu. Die kann keinem genommen werden, weil sie von Gott stammt; denn der hat den Menschen als sein Ebenbild geschaffen. Die Frage ist nur, ob ich mir der Würde des anderen immer bewusst bin und ihm entsprechend begegne. Ob ich ihn würdige, ihr mit Achtung und Respekt begegne, ehrerbietig - wie einem König oder einer Königin. Oder ob ich den anderen Menschen als irgendwas Dahergelaufenes betrachte und herabwürdige.

In einem Gottesdienst habe ich einmal über die Würde jedes Menschen gepredigt. Und dann habe ich die Mitfeiernden gebeten: „Drehen Sie sich mal nach allen Seiten zu ihren Nachbarinnen und Nachbarn um. Nehmen Sie dabei die Krone wahr, die jede und jeder auf dem Kopf hat, die Würde, die ihn als Menschen auszeichnet. Und verneigen Sie sich dann einmal ein wenig vor dem anderen - als Zeichen, dass die anderen dabei ihre Würde erleben.“ Alle haben mitgemacht, und anschließend standen alle irgendwie anders da, gelöst und zugleich aufrecht, ja erhaben.

Probieren Sie es doch heute mal aus, auch ohne Verneigung - es geht ja um die innere Haltung. Wenn Sie die Krone auf dem Kopf der Mitmenschen sehen, wenn jeder ein König oder eine Königin ist, dann macht das etwas mit Ihnen, dann wird der Umgang miteinander anders. Menschen, die ihre Würde spüren, leben auf. Wenn wir immer so miteinander umgehen würden, dann hätten wir schon fast den Himmel auf Erden.

 

Näheres zum Künstler, seinen Königsskulpturen und Ausstellungen unter www.ralfknoblauch.de oder unter +49 15 78 / 34 83 014.

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11JAN2023
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38,6 Millionen Euro! So viel Geld haben Kinder letztes Jahr in Deutschland bei der Sternsingeraktion gesammelt - als Spenden für Kinder, denen es in ärmeren Ländern viel schlechter geht als ihnen selbst.

In der letzten Woche waren sie wieder unterwegs. Mehr als 300.000 Mädchen und Jungen. Verkleidet als die heiligen drei Könige mit dem Stern bringen sie den Segen Gottes von der Weihnachtskrippe in die Häuser ihrer Pfarrei. Und das sieht man dann auch. Auf die Türen schreiben sie mit Kreide oder mit einem kleinen Aufkleber „CMB 2023“ - was bedeutet: „Christus mansionem benedicat“ - „Christus segne dieses Haus“.

Die Sternsinger bringen nicht nur den Segen, sie sind auch ein Segen für Kinder in Not. In der Vor-Corona-Zeit haben sie jedes Jahr über 50 Millionen Euro gesammelt. Die Spenden fließen in etwa 1300 Hilfsprojekte für Kinder in 100 Ländern. Gefördert werden zum Beispiel Programme zu Bildung, Gesundheit, Ernährung.

Und die Kinder erfahren bei ihrer Vorbereitung viel über die Lebenssituation von Gleichaltrigen in Entwicklungsländern. Was alles denen zu einem guten Leben fehlt. Das motiviert sie umso mehr, sich für andere einzusetzen.

Mitmachen kann bei der Sternsingeraktion jeder, unabhängig von Religion oder Herkunft. Die Kinder tun einen Dienst für eine gute Sache. Dafür muss man nicht katholisch oder getauft sein. Jeder kann zum Segen für andere werden!

Genau das erleben die Kinder dann auch, wenn sie an den Häusern ihre Lieder singen und die Spenden sammeln. Die Leute freuen sich, dass die Sternsinger kommen und ihnen den Segen ins Haus bringen. Und die Kinder stehen mit strahlenden Augen da, weil sie spüren, dass sie willkommen sind und etwas Gutes und Hilfreiches tun.

Es tut ihnen gut, wenn sie die Erfahrung machen: „Wir bringen den Segen Gottes zu den Menschen und wir sind selbst ein Segen für andere!“ Das gilt übrigens nicht nur für die Sternsinger. Jeder Mensch kann auf seine Weise ein Segen für andere sein.

Wer mehr über die Sternsingeraktion erfahren möchte: https://www.sternsinger.de/sternsingen/

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10JAN2023
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„Wir wollen keine schlechten Nachrichten mehr lesen oder hören!“ Das sagen 47% der Menschen. Denn andernfalls bekämen sie schlechte Laune und seien erschöpft. Das ist das Ergebnis einer alljährlichen Untersuchung. Sie erforscht in 46 Ländern, wie die Menschen Nachrichten nutzen.

Ist es nicht verständlich, dass viele von Krieg, Energiepreisen und anderen negativen Entwicklungen nichts mehr hören wollen? Unsere Welt wird immer komplexer und anstrengender. So manches Krisenhafte wirkt bedrohlich; es kann Angst machen. Es hat konkrete Auswirkungen auf unser bisheriges Leben, auf den persönlichen Alltag. Kein Wunder, dass das viele verunsichert und runterzieht. Negative Nachrichten sind wie eine Störung. Weil sie in die persönliche Welt einbrechen und das Lebensglück irgendwie in Frage stellen.

Doch auch die unerfreulichen Seiten gehören leider zu unsrem Leben dazu. Eine Vogel-Strauß-Taktik nützt da nichts. Wenn ich einfach wegschaue, ist es eben nicht weg. Im Gegenteil: Es kann dann umso mehr über mich herfallen, weil ich mich nicht darauf eingestellt habe. Also ist es besser, auch die schlechten Nachrichten bewusst wahrzunehmen.

Aber was können wir tun, damit sie in unserem Inneren nicht Oberwasser bekommen und uns runterziehen? Ein Vorschlag: Schaffen Sie einfach ein positives Gegengewicht dazu. Nehmen Sie bewusst all das Gute und Schöne wahr, das sehr wohl auch zu unserem Leben und zu unserer Welt dazu gehört. Das können Sie regelrecht einüben, trainieren. Zum Bespiel, indem Sie am späten Nachmittag oder frühen Abend eine kleine Auszeit machen. Vergegenwärtigen Sie sich den erlebten Tag nochmals, indem Sie ihn wie einen Film vorbeiziehen lassen. Dabei können Sie ganz bewusst auf das schauen, was Ihnen an diesem Tag gut getan hat: Worüber habe ich mich heute gefreut? Was ist mir gut gelungen? Bei welcher Begegnung ist mir das Herz aufgegangen? Was habe ich heute an Schönem erlebt? Wenn Sie das im Rückblick genauer anschauen und es in Ihrem Herzen verkosten, dann wird Sie das aufbauen und stärken. Weil Sie dann die hellen und bunten Farben des Lebens intensiver erleben. Je mehr die aufleuchten, desto besser können Sie auch mit dem Widrigen und Unliebsamen umgehen.

Von der erwähnten Untersuchung habe ich erfahren durch den Artikel des RHEINPFALZ-Chefredakteurs Michael Garthe in der Zeitung vom 14.12.2022 „Von schlechten Nachrichten“.

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09JAN2023
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„Meinen Alarm-Piepser trage ich immer am Gürtel.“ Das sagt Sr. Andrea. Sie ist Benediktinerin und seit 35 Jahren im Kloster Eibingen. Und seit 8 Jahren ist sei bei der Freiwilligen Feuerwehr ihres Dorfes. Und dort auch immer wieder im Einsatz. Deshalb der Piepser am Gürtel ihres Ordensgewands.

„Ora et labora“, „bete und arbeite“ - das schrieb der Ordensgründer, der heilige Benedikt, seinen Mönchen und Nonnen ins Stammbuch. Sr. Andrea tut das auf ihre Weise. Sie ist gelernte Buchbinderin und hat im Kloster auch schon als Winzerin gearbeitet. Und da sie sehr praktisch veranlagt ist und noch dazu technisch begabt, kümmert sie sich im Kloster um die Haustechnik. Samt Brandschutz. Und darüber kam sie dann zur Feuerwehr. Damals als erste Frau in der Eibinger Feuerwehr.

Sie selbst sagt dazu: „Es kommt schon vor, dass der Alarm losgeht, wenn ich in der Kirche bin, und dass ich dann hinausrase. Daran haben sich meine Mitschwestern gewöhnt. Sie beten immer, wenn ein Einsatz stattfindet.“ Und Sr. Andrea betet nach dem Einsatz für die Menschen, die zu Schaden gekommen sind, und für alle, denen sie in solchen Extremsituationen begegnet ist. Und ganz automatisch ist sie so etwas wie eine Seelsorgerin für ihre Feuerwehrkameraden. Die wenigsten von ihnen haben mit Kirche etwas zu tun - aber auf ihre Hauptfeuerwehrfrau Sr. Andrea lassen sie nichts kommen. Die bedient auch immer am Feuerwehrfest, das gehört für sie auch dazu. Eine Nonne im Ordensgewand serviert dann Essen und Trinken - für viele ein ungewohntes Bild. Und ihre Feuerwehrkameraden unterstützen sie selbstverständlich auch, wenn es nötig ist - zum Beispiel weisen sie am Tag des Offenen Denkmals im Kloster den Besuchern die Parkplätze zu.

Sr. Andrea sagt: „Als Feuerwehr-Schwester möchte ich etwas von meinem Leben mit Gott zu den Menschen tragen - nicht mit Worten, sondern allein durch mein Dasein, durch mein Engagement. Ich sehe darin eine große Chance, Kirche mal anders zu verkörpern.“ Der Feuerwehr-Nonne gelingt das offensichtlich sehr gut.

Für die Ansprache habe ich mich gestützt auf den Artikel „Die Feuerwehr-Nonne“ von Pia Scheiblhuber in der Zeitschrift „Kontinente“ 6-2022, S. 22, hg. vom katholischen Hilfswerk „missio“, missioMagazin@missio-hilft.de">missioMagazin@missio-hilft.de, www.missio-hilft.de

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08OKT2022
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„Wer nix werd, werd Wert.“ Auf Hochdeutsch: Wer nichts wird, wird Wirt. Diesen Satz habe ich schon öfter gehört. Ich finde es daneben, wenn so abschätzig über Gastwirte geredet wird. Ich kenne ein paar davon näher und weiß aus eigener Erfahrung, dass diese Aussage so nicht stimmt.

„Wer nichts wird, wird Wirt.“ - damit ist gemeint: Zum Gastwirt braucht man keine besondere Ausbildung und keine speziellen Kompetenzen - Wirt kann jeder werden, auch der, der sonst nichts hinbekommt. Das stimmt überhaupt nicht. Es ist zwar keine direkte Ausbildung dazu nötig, um Gastwirt zu werden oder ein Restaurant zu leiten. Aber dazu braucht man Fähigkeiten auf mehreren Ebenen: Speisen und Getränke, Küche, Personalführung, Betriebswirtschaft, soziale und kommunikative Kompetenz, also menschliche Fähigkeiten - und noch dazu einen guten Riecher für vieles, vor allem für die Menschen, für ihre Bedürfnisse und für das, was ihnen gut tut. All das muss ein Wirt beherrschen, wenn sein Lokal gut gehen soll.

Ich habe einen Wirt vor Augen, der seine Kunst beherrscht. Nikolaus leitet ein Restaurant, ein beliebtes Vereinslokal direkt bei Sportstätten. Es hat Hunderte von Stammgästen, die z.T. auch zum Mittagstisch kommen und dort ihre Familienfeste feiern. Nikolaus kennt sie alle persönlich. Und er geht auf sie zu. Ein kleines Schwätzchen beim Bedienen - das tut den Gästen einfach gut. Nikolaus strahlt etwas aus: Man spürt, dass er Freude an den Menschen und am Leben hat. Das prägt die Atmosphäre im Restaurant. Die Gäste fühlen sich wohl. Es ist wunderbar, wenn man bei einem guten Essen und im Gespräch miteinander mal abschalten und es sich gut gehen lassen kann. Wenn ein Gastwirt das möglich macht, dann ist das viel wert!

Also ist es auch kein Wunder, dass in der Bibel Gott auch als Gastwirt, als Gastgeber gezeichnet wird: Der Prophet Jesaja beschreibt die Vollendung des Lebens, den Himmel, als ein großes Festmahl mit den feinsten Speisen und erlesenen Weinen. Dazu lädt Gott zu sich ein. Ein schönes Bild von Gott! Möge er auch unsere Gastwirte beschützen und segnen, damit sie ihren Gästen schon einen kleinen Vorgeschmack des Himmels bereiten!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

07OKT2022
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Vor kurzem ist ein Freund gestorben. Nach der Beerdigung hatte ich noch einen Gedankenaustausch per Mail mit einem seiner Söhne. Ich habe ihm dabei auch geschrieben: „Dass ich bei der Beerdigung dabei war, das war für mich eine Ehren-Sache; ‚jemandem die letzte Ehre geben‘ ist mir wichtig - auch wenn ich weiter an ihn denken und für ihn beten werde. In Zukunft werde ich jedes Jahr an seinem Geburtstag und Todestag eine Messe für ihn feiern.“

Auf diese Passage antwortete der Sohn: „Es tröstet mich wirklich sehr, dass mein Vater nicht vergessen wird. Ich bin ihm sehr dankbar für ganz Vieles! Der Begriff der Ehre scheint mir in diesen Zeiten nicht besonders en vogue zu sein.Umso mehr beeindruckt mich diese Haltung, wenn ich das sagen darf.“

Für mich steckt in dieser Redewendung „jemandem die letzte Ehre geben“ sehr viel drin.

Direkt gemeint damit ist, dass man mit der Beerdigung mitgeht, dass man den Toten auf seinem letzten Weg begleitet. Das ist ein äußeres Zeichen, das etwas Inneres widerspiegelt. Darin kommt meine Beziehung zu dem Verstorbenen zum Ausdruck, dass er mir wichtig war, dass ich ihn schätze, dass er mir etwas bedeutet. Mehr noch: Die Redewendung „jemandem die letzte Ehre geben“ macht darauf aufmerksam, dass jedem Menschen Ehre zukommt. Jeder Mensch trägt in sich eine ihm eigene, unverlierbare Würde, einen unbedingten Wert, seine Ehre. Ich kann den anderen ent-würdigend und ent-ehrend behandeln - und ich kann so mit ihm umgehen, dass er seinen Wert und seine Ehre spürt.

Wenn ich einem Menschen schon zu Lebzeiten so begegnet bin, dann ist umso mehr dahinter, wenn ich ihm auch „die letzte Ehre gebe“. Dann hängt die „letzte Ehre“ nicht in der Luft, sondern dann ist sie die Vollendung der Wertschätzung, die ich diesem Menschen vorher schon entgegengebracht habe. Darauf kommt es letztlich an.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

06OKT2022
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Derzeit liegt vieles in der Luft, was bedrückend ist und Angst macht. Vor allem der Ukraine-Krieg und seine Folgen: Neue weltpolitische Gefährdungen, bei uns die Energiekrise, die enorm steigenden Preise. Unser gewohnter wirtschaftlicher Wohlstand schwindet dahin. In mancher Hinsicht ist nicht klar, wie es weiter geht. Verunsicherung greift um sich. Es breitet sich ein Gefühl der Ohnmacht aus. Und wir können nichts dagegen oder auch dafür tun, dass der Spuk bald vorbei ist.

Ohnmacht zu spüren ist kein gutes Gefühl. Deshalb wird es oft abgetan oder verdrängt. Aber das hilft nicht weiter. Es rumort dann im Inneren umso mehr. Das lähmt, lässt uns resignieren, gar depressiv werden - oder lässt uns in Aktionismus verfallen, der eine Art „Befreiungsschlag“ sein soll. Aber auch der führt nicht aus der Ohnmachts-Situation heraus.

Doch kann ich auch heilsam mit Ohnmachtsgefühlen umgehen - indem ich sie wahrnehme und zulasse. Indem ich mir eingestehe: „Ja, wir sind jetzt in mancher Hinsicht ohnmächtig. Und das setzt mir innerlich zu. Mein Ohnmachtsgefühl ist da, es gehört derzeit zu mir. Und deshalb nehme ich mein Ohnmachtsgefühl an, weil ich mich annehme mit dem, wie es mir derzeit geht. Gott nimmt mich ja auch so an.“ Wenn ich in diesem Sinn „Ja“ sagen kann zu meinem Ohnmachtsgefühl, dann hat es keine Gewalt mehr über mich, dann kann es mich nicht mehr blockieren oder ungut antreiben. Wenn ich die Ohnmachtserfahrung annehme, dann kann es gut weiter gehen – dann schenkt das innere Freiheit, dann können genau dadurch neue Kraft und neue Kreativität wachsen – und dann kann ich besser mit der schwierigen Situation umgehen.

Übrigens hat auch Jesus in mancher Hinsicht Ohnmacht erlebt. Viele Menschen haben ihn nicht verstanden oder gar abgelehnt - bis er dann zum Verbrechertod am Kreuz verurteilt worden ist. In seiner Passion hat er sich ganz in diese Ohnmacht hineinbegeben. So hatte sie innerlich keine Macht über ihn. Und Gott hat in der Auferweckung Jesu deutlich gemacht: Gottes Macht ist größer als alle Ohnmacht. Das kann auch uns helfen, so dass wir aus einer Ohnmachtserfahrung gestärkt und mit neuer Lebendigkeit herauskommen können.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

13JUL2022
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Ferien, Urlaubs: Die beste Möglichkeit, einmal ein wenig Abstand zu gewinnen.

So gern ich meinen Beruf ausübe: Ich freue mich auch sehr auf meinen Urlaub. Ich werde ein paar Freunde besuchen, und dann mache ich eine Rundreise durch Portugal. Mal ‘was Anderes sehen, neue Welten kennenlernen. Mich mit lieben Menschen austauschen, die weiter weg wohnen.

Das bringt mir Abstand vom Alltag. Und das ist wichtig, zumindest von Zeit zu Zeit. Schon nach Ostern war ich eine knappe Woche weg - aber das hat gereicht, dass ich auch innerlich rauskommen konnte aus dem, was mich allzu sehr beschäftigt hat, was mich im Griff gehabt hat. Ich konnte ein wenig aufatmen und neue innere Freiheit gewinnen. Der äußere Abstand hat einen wohltuenden inneren Abstand mit sich gebracht. Ich konnte dann meinen Dienst und meinen Alltag wieder mit anderen Augen sehen - und manches auch anders angehen. Und dann kam ich auch wieder auf neue Ideen.

Das Gegenteil habe ich auch schon erlebt. Einen Mann in den besten Jahren, der ganz in seinem Beruf aufgegangen ist. Er hat sich gerühmt, dass er nie einen freien Tag macht, braucht er nicht. Ich hatte schon bei der Begegnung mit ihm einen zwiespältigen Eindruck. Und der hat sich dann leider bestätigt: Acht Wochen später hatte er einen burn out. Am Ende musste er seinen Beruf aufgeben.

Sich eine Unterbrechung gönnen ist lebensnotwendig. Nicht nur durch Urlaub und Wegfahren. Auch im Alltag. Auch Jesus hat sich immer wieder rausgezogen aus seinem Dienst für die Menschen, auch, wenn er damit noch nicht fertig war. Eine Ruhepause mit seinen Jüngern, eine Nacht für sich allein auf einem Berg, das Gebet zu Gott - dabei konnte er den nötigen Abstand gewinnen, um mit neuer Kraft und mit neuer Freiheit das Seine zu tun.

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