SWR1 Begegnungen

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Teil 1: Soldat und Christ

Karl-Heinz Lather hat das hinter sich, was man eine Bilderbuchkarriere nennen könnte. Er war über 40 Jahre lang Soldat und am Ende bis zu seiner Pensionierung vor wenigen Wochen als Vier-Sterne-General Stabschef im europäischen Nato-Hauptquartier in Belgien. Und er ist bekennender Christ.

Wir haben uns am Rande einer Sitzung  des Zentralkomitees der deutschen Katholiken verabredet, denn Karl-Heinz Lather ist nicht nur hoch dekorierter Soldat und militärische Führungspersönlichkeit, sondern auch aktiver Katholik und als solcher im Zentralkomitee engagiert, das sozusagen die Führungsspitze der katholischen Laien in Deutschland darstellt. Wie Soldat und Christ sein zusammen passen, das ist mein Hauptinteresse, aber dann überrascht mich der 62-Jährige gleich zu Beginn unseres Gesprächs. Denn der Katholik Lather stammt aus einer evangelisch-lutherischen Familie in Nordhessen.

 Dann habe ich eine katholische Frau in Rheinland-Pfalz geheiratet, unsere Kinder sind katholisch aufgewachsen, und in der Zeit, als die Kirche, die protestantische Kirche im wesentlichen, sehr politisch wurde in den sechziger und siebziger Jahren, bin ich persönlich auf Distanz gegangen, weil es mir insgesamt zu politisch war, zu polarisiert war, nicht mehr verkündet wurde von der Kanzel, sondern mehr Politik gemacht wurde. Das hat mich dann dazu gebracht, weil mir Kirche, weil mir Glauben wichtig war, und weil ich parallel diese Prozesse in der Schärfe in der katholischen Kirche nicht erlebt habe, den Wechsel zu machen.

 Meine Kirche zu wechseln - das kann ich mir für mich kaum vorstellen. Deshalb muss ich einfach nachfragen. Wie heimisch ist er geworden in der katholischen Kirche?

 Also die Ökumene ist mir natürlich wichtig, aber ich bring das immer auf eine einfache Formel, die da lautet: Der liebe Gott ist immer der gleiche, der ist ja nicht katholisch und der ist nicht evangelisch oder orthodox oder sonst irgendwie, sondern ist alles unser gemeinsamer Gott, und deswegen bin ich schon in der katholischen Kirche sehr heimisch geworden.

 Jetzt aber ohne Umschweife zu dem, was mich besonders interessiert. Soldat und Christ sein, wie geht das zusammen. Was sagt ein Vier-Sterne-General zum Beispiel zur Bergpredigt, dieser großen Rede Jesu, in der ganz klar zum Frieden aufgefordert wird, zur Gewaltlosigkeit?

 Gut, wenn man auf die Bergpredigt geht als den Kernpunkt der Verkündigung im Neuen Testament, dann ist da natürlich eine radikale Forderung nach Frieden drin. Für mich in meinem Verständnis ist das eine Vision, nach der wir zu streben haben, das ist damit auch ein Auftrag, nach dem wir zu streben haben. Aber die Menschen sind nicht so, und nicht alle Menschen teilen ja das, was in der Bergpredigt steht und verhalten sich schon gar nicht so.

 Natürlich ist da auf der einen Seite die Bergpredigt, sagt Lather, aber da gibt es eben auch die Stellen der Bibel, in denen der Militärdienst als durchaus selbstverständlich gilt. Lather erinnert an den  Soldat unter dem Kreuz, der bekennt: Dieser Jesus ist wahrhaftig Gottes Sohn.

 Und wenn wir über das Heimisch-Fühlen in der katholischen Kirche sprechen, dann sage ich haben wir dort eine gewisse ungebrochene Tradition, die den Dienst der Soldaten, wenn er recht getan wird. Das recht muss man dick unterschreiben, bewusst recht getan wird, die diesen Dienst mit rechtfertigt.

 Teil 2. Der Glaube als Wertesystem 

Er ist vor wenigen Wochen mit einem großen Zapfenstreich der Bundeswehr in den Ruhestand verabschiedet worden. Er ist als einziger Militär von Verteidigungsminister zu Guttenberg in die Strukturreformkommission der Bundeswehr berufen worden. Und er ist bekennender Christ und Katholik. Karl-Heinz Lather, Vier-Sterne-General, zuletzt Stabschef im Nato-Hauptquartier Europa, zuvor in Koblenz, Idar-Oberstein und Bosnien stationiert. Karl-Heinz Lather ist mit sich und der Welt im Reinen. Soviel wird mir in unserem Gespräch schnell klar. Da ist jemand, der die Fragen von Krieg und Frieden für sich geklärt hat, seine Rolle als Soldat und militärische Führungspersönlichkeit klar hat. Das Völkerrecht, die Genfer Konvention, die Menschenrechte, das sind die Vorgaben, an die ein Soldat sich zu halten hat, sagt er. 

Das heißt, wir können nicht beliebig drauf los schlagen, sondern wir haben die Verhältnismäßigkeit der Mittel anzuwenden. Man kann nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.

 Dennoch: Ich habe eine Menge an Fragen an ihn, zum Beispiel die nach der Rolle der Bundeswehr als Interventionsarmee. Dass also die Bundeswehr auch dort eingreift, wo es darum geht, sicherzustellen, dass unser Land mit Rohstoffen versorgt werden kann. Für Lather kein Problem:

 Nein, das Grundgesetz spricht ja allgemein davon, dass der Bund Streitkräfte zu seiner Verteidigung aufstellt. Was das meint, zu verteidigen, muss politisch interpretiert werden. Und das gelingt offenbar nichtvollständig, das heißt die Kommunikation von der politischen Leitung, vielleicht auch von der militärischen Leitung in die Bürger hinein, da sind wir nicht gut genug.

 Das zeigt sich für den Vier-Sterne-General und Vater zweier erwachsener Kinder auch in der Frage des Afghanistan-Einsatzes, den die Mehrheit der Bevölkerung ablehnt. Lather war oft in Afghanistan und hat gesehen, dass Vieles sich zum Positiven hin entwickelt hat.

 Das Kernbeispiel sind immer Mädels, junge Frauen, die in die Schule gehen, und die sich, wenn Sie durch Kabul gehen heute oder durch Herat, oder in Dschalalabad, die sich dort frei über die Straße bewegen. Das ist etwas, was es zu Anfang überhaupt nicht gab.

 Das soll die gewaltigen Probleme in Afghanistan nicht verkleistern, sagt Lather. Die Terrorgefahr, die Verluste in der Zivilbevölkerung, gefallene Soldaten. Lather ist sich bewusst, wie schwer die Aufgabe des Soldaten ist. Ein Soldat muss auch töten können, werfe ich ein. Aber gerade der christliche Glaube ist für Lather das Wertsystem, dass in all diesen Fragen Orientierung geben kann.

Zum Soldaten gehört nach meiner Auffassung ein relativ festes Wertekorsett. Dass muss aber den Menschen bewusst werden, das hat mich eigentlich dazu gebracht, das immer wieder zu sagen.

 Für mich scheint in der Advents- und Weihnachtszeit viel von diesen Werten auf. Deshalb will ich von Karl-Heinz Lather wissen, was Weihnachten für ihn bedeutet.

 Erst mal ist natürlich Geburt eine Riesenfreude. Ich habe gerade am letzten Wochenende bei uns zu Hause in der Gemeinde zwei Taufen mit erlebt. Und drei Tage darauf einen nahen Verwandten beerdigt. Da wird so absolut deutlich, dass die beiden Dinge absolut zusammen gehören, und das wird in der Person Christus ganz, ganz deutlich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9601
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