SWR1 3vor8

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Zu Johannes 2.1-11 Die Hochzeit zu Kana

Ich bin Peter Kottlorz von der Katholischen Kirche. Einen schönen guten Morgen!
Ein junges Paar hat zu seiner Hochzeit all seine Lieben und Freunde eingeladen. Weil die beiden arm sind, bitten sie jeden Gast eine Flasche Wein mitzubringen und den Wein in ein großes Fass am Eingang hineinzuschütten. Als der Wein in Becher geschöpft wird – welch ein großes Entsetzen! Es ist kein Wein, es ist Wasser! Jeder Eingeladene hatte gedacht, bei so viel Wein wird keiner merken, dass ich Wasser in das Fass geschüttet habe. Alle gehen bedrückt nach Hause, das Fest findet nicht statt.
Abgesehen davon, dass sich bei jedem Weinliebhaber beim Gedanken an das zusammen gepanschte Weinfass die Geschmacksnerven verkrampfen, ist diese chinesische Parabel ein wunderbares Gegenstück zu der Geschichte, die heute in den Katholischen Kirchen gelesen wird: die Hochzeit zu Kana. Denn dort geht es genau anders herum. Dort wird Wasser zu Wein verwandelt. Jesus war mit seiner Mutter auf dieser Hochzeit und jüdische Hochzeiten waren richtig fette Feste. Sie dauerten eine Woche, das ganze Dorf kam zusammen und es wurde heftigst gebechert. Und zwar nicht selten so lange bis auch die Rabbis angesäuselt waren. Und da war es für die Gastgeber schon der Supergau, wenn der Wein aus ging. Die Mutter Jesus bemerkt diese Peinlichkeit und wendet sich an ihren Sohn. Der reagiert nach anfänglichem Zögern, lässt sechs riesige Fässer mit jeweils 100 Litern Wasser füllen. Und als der Mundschenk dann davon probiert, stellt er fest, dass in allen sechs Fässern der beste Wein ist.
Diese Geschichte steht im Johannes-Evangelium und mit ihm will der Verfasser dieses Evangeliums das erste öffentliche Zeichen Jesu beschreiben. Und zwar mit einem Wunder!
Angesichts unserer so erklärungssüchtigen Welt hätte ich gute Lust dem Johannes einfach zu glauben und zu sagen, ja, warum denn nicht. Es gibt so vieles zwischen Himmel und Erde, das wir nicht oder noch nicht erklären können. Tue ich aber nicht, weil es auch ein Verständnis dieses Wunders gibt, das ganz gut zu der chinesischen Parabel vom Anfang passt. In ihr wird einer Hochzeitsgesellschaft das Fest verdorben, weil die Leute sich eben menschlich, allzu menschlich verhalten haben. Geizig und tricksend. In der Hochzeit zu Kanaan passiert das Gegenteil: Indem Jesu Mutter und Jesus helfen, wie auch immer, ermöglichen sie, dass das Fest weitergeht, ja dass es so viel schöner wird. Und so sehe ich die Hochzeit zu Kanaan als ein Bild für das Leben, das durch Jesus und seine Botschaft verändert werden kann. Das Wasser ist da ein Bild für die Freudlosigkeit, der Wein ein Bild für die tiefste Lebensfreude, die durch die Gemeinschaft, Solidarität und Glauben entstehen kann. Und immer wenn das passiert, könnte man das als kleine Wunder bezeichnen. Oder – wenigstens – als wunderbar.
Einen schönen Sonntag wünsche ich Ihnen! https://www.kirche-im-swr.de/?m=7354
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