SWR4 Abendgedanken BW

SWR4 Abendgedanken BW


In Reutlingen ist vor einiger Zeit ein Kind gestorben. Ein drei Monate alter Säugling ist an seinen schweren Schädelverletzungen gestorben. Anscheinend hat seine Mutter ihm das zugefügt. Das Jugendamt stand in der Kritik. Aber es trägt keine Schuld, das hat jetzt die behördliche Aufklärung des Falls bestätigt.
Keine Schuld!?
„Wenn am Ende ein Kind tot ist, kann niemand für sich in Anspruch nehmen, dass es gut gelaufen ist.“ Das hat der Reutlinger Landrat in einer Pressekonferenz gesagt. Und hinter diesen Worten klingt die leise Ahnung mit, dass es vielleicht doch eine Schuld geben könnte, die jenseits der offiziellen Rechtsprechung steht.

Warum tun wir uns eigentlich so schwer damit, Schuld zu tragen und Schuld zuzugeben? Warum streiten wir unsere eigene Schuldhaftigkeit so konsequent ab?

Auch ich nehme mich da nicht aus. Ich kann es auch nicht gut haben, wenn ich an irgend etwas schuld bin. Das Gefühl, jemandem etwas Schlimmes angetan zu haben, und sei es nur ein böses Wort, nagt dann in mir und ich versuche, es zu vergessen und zu verdrängen.

Es tut weh, wenn andere einen verurteilen. Und wenn ich mich selbst verurteilen muss, dann schäme ich mich vor mir selbst. Das ist, finde ich, das Schlimmste an der Schuld, das nagende Gefühl in mir selbst, in meinem Gewissen, das keine Ruhe gibt. Man kann versuchen zu vergessen, zu verdrängen, aber davon wird man die Schuld nicht los. Im Gegenteil, sie beherrscht einen immer mehr.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Gewissen erst dann Ruhe gibt, wenn ich hin stehe und zu meiner Schuld stehe, wenn ich darüber rede, wenn ich mich entschuldige für ein unbedacht ausgesprochenes Wort oder eine falsche Handlung.

Und was mir auch hilft, ist das Versprechung, dass ich immer auch zu Gott kommen kann.

Das Neue Testament ist voll von Geschichten, wo Menschen mit Schuld auf dem Gewissen zu Jesus kommen – und sie werden nicht enttäuscht. Denn Jesus wendet sich nicht von ihnen ab. Er schaut sie liebevoll an und spricht sie frei von ihrer Schuld: „Dir sind deine Sünden vergeben – gehe hin in Frieden“.

Gott kann Schuld vergeben. Ihm kann man die Schuld eingestehen. Und weiterleben und versuchen, es anders und besser zu machen.
„Geh hin in Frieden“ - ich finde das befreiend – für meine Gewissen und vor Gott.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6580
weiterlesen...