SWR4 Abendgedanken BW

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„So, das ist jetzt auch erledigt.“ Erwin ist erleichtert. Er und Erika hatten ein schwieriges Gespräch mit ihren erwachsenen Kindern, genauer gesagt: mit zwei von den dreien, ein Sohn ist nicht gekommen. Patientenverfügung. Vorsorgevollmacht. Das sind ja keine einfachen Themen.
„Mir war’s ja schon ein bisschen komisch vorhin“, sagt Erika, als sie wieder allein sind, „aber ich bin wirklich froh, dass wir das endlich gemacht haben.“
„Und ich bin vor allem froh, dass es vorbei ist“, sagt Erwin.
„Die haben sich ganz tapfer gehalten, die beiden“, sagt Erika. „Nur der Thomas hatte eine Zeitlang Tränen in den Augen. Ich glaube, der hat heute zum ersten Mal darüber nachdenken müssen, dass wir irgendwann nicht mehr da sind. Aber die Irene - die hat doch tatsächlich selber schon eine Patientenverfügung. Hab ich nicht gewusst. Aber so wie sie es bei ihrer Freundin miterlebt hat, kann ich es verstehen. Der Vater plötzlich auf der Intensivstation, man kann nichts mehr machen, und die Ärzte wollen wissen, was denn jetzt wohl in seinem Sinn ist, und keiner kann was dazu sagen, weil sie nie darüber geredet haben. Da hat die Irene sich gesagt, dass sie ihre Familie nicht in diese Situation bringen will.“
„Na ja“, sagt Erwin, „aber uns hat sie nie danach gefragt. Wir haben das schon selber ansprechen müssen.“
„Ach, das verstehe ich“, sagt Erika. „Das hat schon von uns kommen müssen. Obwohl, wenn sie gefragt hätte,– sag mal, wollt ihr nicht mal vorsorgen für den Fall, dass ihr selber nicht mehr könnt, also mit Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht und diese Dinge -, ach, ich glaub, die Irene, in ihrer sachlichen Art, von ihr hätt’ ich mir das sagen lassen, aber ich bin schon froh, dass wir es angesprochen haben.“
„Ja“, sagt Erwin, „jetzt haben wir das erledigt, und weißt du, was das Beste dran ist? Dass wir es jetzt ganz einfach wieder vergessen können. Und die Kinder im Grund auch. In die Schublade damit. Fürs erste wenigstens mal.“
Erika seufzt ein bisschen. „Aber dass der Stefan nicht gekommen ist... Glaubst du, der hat wirklich unbedingt arbeiten müssen heute?“
„Na, wenn er das sagt... Aber schade find ich’s auch“, sagt Erwin.
„Ich glaub“, sagt Erika, „der will sich einfach nicht mit so was beschäftigen. Hat genug eigene Probleme. Da will er sich nicht auch noch für uns verantwortlich fühlen müssen.“
„Aber genau deshalb“, sagt Erwin „haben wir doch mit den Kindern reden wollen, damit sie es leichter haben, wenn’s mal drauf ankommt.“
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